Die Geschichte des Waldes in Mitteleuropa ist sehr wechselhaft, vor allem seit der intensiven Nutzung des Waldes durch den Menschen in den letzten Jahrhunderten bis Jahrtausenden. Diese hat sich tiefgreifend auf den Waldbestand und die ökologische Zusammensetzung der Wälder ausgewirkt. (Der Begriff Mitteleuropa bezieht sich in diesem Artikel auf den Bereich etwa zwischen Nordsee und Alpen sowie zwischen Ostsee und Schwarzem Meer und schließt damit den Wald in Deutschland vollständig mit ein.) Die Geschichte des Waldes beginnt als botanische Naturgeschichte, deren Erforschung vor allem in das Gebiet der Paläobotanik fällt. Sein ursprünglicher natürlicher Zustand sowie sein Flächenanteil an der gesamten Natur vor der Beeinflussung durch den Menschen ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Gemäß der verbreiteten Megaherbivorenhypothese wurde das Wachstum des Waldes hauptsächlich durch die größten Pflanzenfresser (Megaherbivoren) kontrolliert und Wald war dadurch weltweit komplex mosaikartig verteilt. Seit der Ausbreitung des Menschen in Mitteleuropa wurde die Zahl dieser Tiere vor allem durch Jagd über die Zeit deutlich reduziert. Erst dadurch konnte sich Wald stark ausbreiten und bedeckte irgendwann flächig den Großteil Mitteleuropas. Wissenschaftlich gesichert ist, dass zu Beginn der Neolithischen Revolution der Waldanteil in Mitteleuropa sehr hoch war (über 90 %). Mit der sesshaften Besiedelung durch die bandkeramische Kultur begann vor etwa 7500 Jahren die intensive Nutzung des Waldes durch den Menschen, mit der sich die Geschichtswissenschaften und die Kulturwissenschaften beschäftigen. Durch die Übernutzung (v. a. wegen des nicht nachhaltig gestalteten Abbaus von Holz als Baustoff und Energieträger sowie wegen Rodungen für Ackerflächen) sank der Waldanteil vor allem ab dem Mittelalter stark. Damals neu entstehende Eigentums- und Nutzungsrechte am zuvor für alle frei verfügbaren Wald konnten diese Entwicklung nur teilweise dämpfen. Die Phase der Exploitation dauerte bis in das 18./19. Jahrhundert an, der Waldanteil lag damals regional deutlich unter 10 % (z. B. 2–3 % in Dänemark um das Jahr 1800), unter 30 % in Gesamt-Deutschland um das Jahr 1900. Dies beförderte die Entwicklung des Konzepts der Nachhaltigkeit durch die deutsche Forstwirtschaft und seine Verbreitung in der gesamten Waldwirtschaft. Der Waldanteil nahm seither nur leicht zu, stark gesteigert wurde stattdessen die Flächenproduktivität durch Erkenntnisse der Forstwissenschaft. Das heutige Landschaftselement „Wald“ in Mitteleuropa ist eine in Jahrtausenden geschaffene Kulturlandschaft, die fast ausschließlich auf Ersatzgesellschaften beruht. Die heutigen Waldgesellschaften Mitteleuropas sind größtenteils Wirtschaftswälder. Diese vom Nutzen einzelner Baumarten geprägten Wälder sind entweder als künstlich angelegte Forste oder durch mehr oder minder starke menschliche Eingriffe entstanden. „Naturnaher Wald“ ist die Ausnahme. Die dominierenden Baumarten in den Wirtschaftswäldern Mitteleuropas sind heute Fichte, Kiefer, Buche sowie Eichenarten. Dieselben waren zwar auch ursprünglich die dominierenden Baumarten in Mitteleuropa, allerdings in stark unterschiedlicher Häufigkeit und regionaler Verteilung. So würde zum Beispiel im Gebiet Deutschlands ohne die menschliche Zivilisation größtenteils die Buche dominieren, durch intensiven Umbau vor allem im 20. Jahrhundert ist dies heute stattdessen die Fichte. Seit einigen Jahren gibt es einen neuerlichen intensiven Umbau des Waldes in Mitteleuropa unter anderem zur Anpassung an die globale Erwärmung und ihre Folgen sowie zur Bereitstellung vielfältiger Ökosystemdienstleistungen. Die strukturelle Komplexität des Waldes sowie teilweise auch die Biodiversität im Wald erhöhen sich dadurch neuerdings wieder. In dieser Hinsicht wird der Wald derzeit wieder naturnäher. Eine zukünftige Rückkehr in seinen „ursprünglichen“ oder in irgendeinen vergangenen Zustand ist aber ausgeschlossen: Einige Waldlandschaften wurden unwiederbringlich zerstört, viele heimischen Arten ausgerottet und manche fremdländischen Arten unumkehrbar etabliert. Außerdem können durch die veränderten Umweltbedingungen vielerorts die ursprünglich heimischen Arten nicht mehr überleben. Hierbei ist vor allem die zunehmende Trockenheit zu nennen, die bei der derzeit erwarteten Erwärmung besonders Fichte, Kiefer und Buche bis in das Jahr 2100 in Mitteleuropa großflächig kein Überleben mehr ermöglichen wird. (de)
The history of the forest in Central Europe is characterised by thousands of years of exploitation by people. Thus a distinction needs to be made between the botanical natural history of the forest in pre- and proto-historical times—which falls mainly into the fields of natural history and Paleobotany—and the onset of the period of sedentary settlement which began at the latest in the Neolithic era in Central Europe - and thus the use of the forest by people, which is covered by the disciplines of history, archaeology, cultural studies and ecology. The term Central Europe is generally used both geographically and ecologically to describe the area that lies roughly between the North Sea, the Alps, the Baltic Sea and the Black Sea. (en)