Durchlaufzeit (original) (raw)

Die Durchlaufzeit (englisch throughput time, lead time) ist im Arbeitsstudium die Zeitspanne, die ein Arbeitsobjekt oder eine Entität zum Durchlaufen eines Systems benötigt.

Bei der Durchlaufzeit handelt es sich um einen Zeitraum, der von einem beliebigen Objekt benötigt wird, um ein System zu durchlaufen. Die Kenntnis der Durchlaufzeit ist für die Unternehmensplanung von großer Bedeutung.[1] Die Durchlaufzeit ist ein zentraler Begriff der Fertigungssteuerung.[2] In der Produktionswirtschaft bemisst sie die Dauer, die ein Produktionsprozess von Anfang bis zu seinem Ende erfordert.[3] Durchlaufzeit ist in der Produktionswirtschaft jener Zeitraum, die der Input (etwa Fertigungsmaterial, Daten, Geld, Kunden) benötigt, um einen Produktionsprozess zu durchlaufen und diesen als Output (Güter, Dienstleistungen) zu verlassen.[4] Sie ist funktional die Zeitdauer vom Auftragseingang bis zum Warenausgang.[5]

Die Durchlaufzeit in der Fertigung D L Z {\displaystyle DLZ} {\displaystyle DLZ} setzt sich aus der Durchführungszeit D f z {\displaystyle Df_{z}} {\displaystyle Df_{z}} (bestehend aus der Bearbeitungs- und Rüstzeit), der Übergangszeit U z {\displaystyle U_{z}} {\displaystyle U_{z}} (bestehend aus Liegezeiten und Transportzeiten) und der Zwischenzeit Z z {\displaystyle Z_{z}} {\displaystyle Z_{z}} (bestehend aus Wartezeit und Liegezeit) zusammen:[6]

D L Z = D f z + U z + Z z {\displaystyle DLZ=Df_{z}+U_{z}+Z_{z}} {\displaystyle DLZ=Df_{z}+U_{z}+Z_{z}}.

Im Rahmen des Reihenfolgeproblems, das durch Scheduling gelöst wird, werden die Zeiten folgendermaßen unterschieden:

Verlängert sich nur eine dieser Komponenten, erhöht dies automatisch die Durchlaufzeit.

Durchlaufzeit nach REFA

Allgemein unterscheidet REFA nach Ablaufarten für

Da die Unterscheidung für die Durchlaufzeit unerheblich ist, und die Zeiten für die Arbeitskraft und das Betriebsmittel symmetrisch definiert sind, spricht man für die Durchlaufzeit als Überbegriff von Durchführung. Dabei bilden Haupt- und Nebendurchführung die Durchführungszeit. Zusammen mit der aus dem ablaufbedingtem Unterbrechen hervorgehenden Zwischenzeit bilden sie die planmäßige Durchlaufzeit (durch ein Arbeitssystem). Die tatsächliche Durchlaufzeit kann gegenüber der geplanten noch verlängert sein durch eine Zusatzzeit, gebildet aus Zeiten für störungsbedingtes Unterbrechen und zusätzliche Durchführungen.

Für die Durchlaufzeit durch mehrere Arbeitssysteme addiert man deren einzelnen Durchlaufzeiten unter Hinzufügung jeweils einer Zwischenzeit, die Liege-, Lager- und Transportzeiten zwischen den Arbeitssystemen repräsentiert. Damit veranlasst REFA angesichts der faktischen Unschärfe der obigen, üblichen Definition (Wann genau ist Beginn der Bearbeitung: Erteilung des Fertigungsauftrages, Bereitstellung des Materials oder erster Arbeitsgang. Wann genau ist Fertigstellung des Erzeugnisses: Letzter Arbeitsgang oder Bereitstellung im Versand) zu einer klaren Angabe, was zur Durchlaufzeit gehört und was nicht.

Zur Nutzung als Betriebswirtschaftliche Kennzahl kann man Durchlaufzeit in mittlere Durchlaufzeit und auftragsbezogene Durchlaufzeit unterteilen. In diesem Zusammenhang bildet die Zykluszeit die Zeit für die Herstellung ganzer Auftragskomplexe. Die Zykluszeit ist identisch mit der längsten Durchlaufzeit eines Auftrags.[7]

Bei komplexen technischen Produkten, die sich aus vielen Einzelteilen und Baugruppen zusammensetzen und die in heterogenen Fertigungsbereichen hergestellt werden, sind die jeweiligen Durchlaufzeiten oft sehr unterschiedlich. Eine Möglichkeit, die Durchlaufzeiten zu senken ist es, aus sequentiellen Fertigungslinien einzelne Fertigungsabschnitte auszulagern und die Fertigung partiell zu parallelisieren. Dieses Vorgehen findet man häufig in der Automobilindustrie. Dort werden z. B. die Fahrzeugtüren zu Beginn der Endmontage ausgebaut und dann in separaten Türmontagen komplettiert. Am Ende des Montagebandes werden diese Türen dann wieder ans Endmontageband geliefert und eingebaut. Oder es werden bestimmte Fertigungsumfänge von einem Dienstleister oder einem Lieferanten in eine Vormontage verlegt. Das vormontierte Modul wird dann, oftmals Just-in-sequence (Just-in-Reihenfolge), in das Fahrzeug eingebaut.[8] Wenn sich die Taktzeiten zwischen den Fertigungsbereichen stark unterscheiden besteht eine weitere Möglichkeit darin, für bestimmte Teile oder Baugruppen mehrere parallele Fertigungslinien oder flexible Fertigungszellen einzurichten.

In der Materialbedarfsplanung wird die Durchlaufzeit als Vorlaufzeit genutzt, um zu berechnen, zu welchem Zeitpunkt ein benötigtes Fertigungsmaterial vorher an einer anderen Stelle (z. B. im Lager) vorhanden sein muss, damit es rechtzeitig (z. B. an einer Montagelinie) zur Verfügung steht. Dies wird auch als retrograde Terminierung bezeichnet.

Das Gesetz von Little ist eine bedeutende Gesetzmäßigkeit in der Warteschlangentheorie. Es wurde 1961 von John D. C. Little formuliert und bewiesen:

D L Z = U B D S {\displaystyle DLZ={\frac {UB}{DS}}} {\displaystyle DLZ={\frac {UB}{DS}}}.

Die durchschnittliche Durchlaufzeit eines Arbeitsobjektes in einem Produktionsprozess – der sich in einem stabilen Zustand befindet – ist gleich der durchschnittlichen Anzahl eines Umlaufbestandes U B {\displaystyle UB} {\displaystyle UB} dividiert durch den durchschnittlichen Durchsatz D S {\displaystyle DS} {\displaystyle DS}, also der Anzahl von fehlerfreien Produkten, die den Prozess in einem bestimmten Zeitraum verlassen.[9]

Durchlaufzeiten können je nach Komplexität des Arbeitsobjektes und der erforderlichen Produktionstechnik sehr kurz sein (wenige Minuten wie bei Anfragen), einige Stunden betragen (wie in der Automobilindustrie) oder auch viele Monate dauern (Baugewerbe, Flugzeug- und Schiffbau). Eine betriebswirtschaftliche Kennzahl ist der Fließgrad als das Verhältnis der Bearbeitungszeit zur Durchlaufzeit (Der Kehrwert vom Fließgrad ist der Flussgrad).[10] Er misst den Anteil der wertschöpfenden Tätigkeiten an der Durchlaufzeit und liegt in der deutschen Industrie zwischen 5 % und 15 %.[11]

Um das Unternehmensziel der Gewinnmaximierung zu erfüllen, kann auch eine Kostensenkung durch Verkürzung der Durchlaufzeiten erreicht werden.

Durchlaufzeit verringern

Eine Verkürzung der Durchlaufzeiten kann auch mit Hilfe des Computer-integrated manufacturing erreicht werden. Hierdurch verringern sich die Kapitalbindung, Lager- und Transportkosten[12] bei verbesserter Kapitalumschlagshäufigkeit und Produktivität. Kurze Durchlaufzeiten führen zu geringeren Gemeinkostenanteilen und kürzeren Lieferfristen.[13]

Die Durchlaufzeit bestimmt die übergeordnete Betriebszeit. Beträgt beispielsweise die Betriebszeit einer Schicht 400 Minuten und die Nachfrage nach dem Produkt 400 Stück pro Schicht, so darf die Durchlaufzeit des Produkts eine Minute oder weniger betragen.[14] Erhöht sich die Durchlaufzeit etwa wegen längerer Liegezeiten, so stellt die Betriebszeit einen Engpass dar, der durch eine weitere Schicht beseitigt werden kann, wenn das Unternehmen keine Kunden verlieren möchte.

  1. Heinz Josef Stommel: Untersuchungen über Durchlaufzeiten in Betrieben der metallverarbeitenden Industrie mit Einzel- und Kleinserienfertigung. 1973, S. 7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Hans-Peter Wiendahl, Fertigungsregelung, 1997, S. 33 ff.
  3. Willy Schneider, Alexander Hennig: Lexikon Kennzahlen für Marketing und Vertrieb. 2008, S. 93 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Oskar Grün, Werner Jammernegg: Grundzüge der Beschaffung, Produktion und Logistik. Band 1, 2009, S. 179 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Sándor Vajna, Jürgen Schlingensiepen: CIM Lexikon. 1990, S. 162 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Johannes Pohl: Adaption von Produktionsstrukturen unter Berücksichtigung von Lebenszyklen. 2014, S. 65 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Karl-Werner Hansmann: Industrielles Management. 2006, S. 350 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Wilmjakob Herlyn: PPS im Automobilbau. 2012, S. 34 ff.
  9. Renata Meran, Alexander John, Christian Staudter, Olin Roenpage: Six Sigma+Lean Toolset. 2012, S. 180 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Juliane Gottmann: Produktionscontrolling: Wertströme und Kosten optimieren. 1. Auflage. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-01951-8, S. 124 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Sándor Vajna, Jürgen Schlingensiepen: CIM Lexikon. 1990, S. 208.
  12. Willy Schneider, Alexander Hennig: Lexikon Kennzahlen für Marketing und Vertrieb. 2008, S. 94
  13. Gablers Wirtschafts-Lexikon. Band 2, Verlag Dr. Th. Gabler, 1984, Sp. 1118.
  14. Jeffrey K. Liker, David Meier: Praxisbuch: Der Toyota-Weg. 2008, S. 186 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).