Eintracht Frankfurt - Archiv (original) (raw)

Eintracht in Derby-Laune

Alfred Pfaff wie in alten Tagen

Eintracht Frankfurt — FSV Frankfurt 4:1 (2:0)

Das 116. Derby ist vorbei. Mit viel Pessimismus hatte man ihm in Bornheim entgegengesehen. Aber auch bei der Eintracht machte man etwas in Zweckpessimismus, man wußte wie irreal es oft in derartigen Lokalderbys zugeht, wie oft der Favorit schon auf die Nase gefallen ist. Und Favorit war die Eintracht, ganz ohne Zweifel und zweifeln konnte man immerhin eine halbe Stunde lang, ob sie das zu Recht war.

Denn der Sportverein spielte so unbekümmert auf, daß die Riederwälder nicht leicht in Tritt kamen. Gesetzt den Fall, Henig hatte nicht in der 1. Minute Schmeißers Schuß über die Latte gefaustet, das Spiel hatte eine andere Wendung nehmen können. Der Plan des FSV sah nämlich so aus: Blitzstart mit möglichem Führungstor und dann mit zurückgezogenen Halbstürmern die Eintracht kommen lassen.

Da Henig sich nicht überraschen ließ, blieb von der FSV-Taktik nur das Kommenlassen übrig. Jöst und Herrmann hingen stets zurück, und so kam der Eintrachtsturm mehr zum Zuge. Ganz gefährlich zum Zuge. Da setzte Sztani den Ball aus wenigen Metern neben Leichums Tor, da donnerte Mittelstürmer Weilbächer den Ball aus zwanzig Metern so gegen den Pfosten, daß das Tor wackelte. Da zog Meier den Ball am Tor vorbei, und da brachte Leichum Lindner im Strafraum zu Fall — und der Schiedsrichter gab nur indirekten Freistoß! Da konnte es nur Elfmeter geben, denn Lindner hatte Leichum schon passiert.

Die Chancen sprachen eindeutig für die Eintracht, aber im Sturm stellte man sich nicht frei. So nutzten die schönen Quer- und Langpässe der ganz hervorragenden Außenläufer Schymik und Stinka herzlich wenig, und noch stand bei Bornheim die Abwehr eisern. Nicht zuletzt, weil Geiger ihr Mittelpunkt war. Geiger spielte eine Läuferpartie, die einzigartig war. Aufbauend und abwehrend, Geiger brannte darauf, seinen ehemaligen Kameraden zu zeigen, was er wert war.

Die Taktik der Bornheimer schien aufzugehen, denn je mehr der Eintrachtsturm Leichums Tor anging, desto mehr verlor man die Uebersicht. Da fiel wie ein Blitz aus heiterem Himmel das Führungstor der Riederwälder. Krämer hatte Lindner zu Fall gebracht, 25 Meter vom FSV-Tor entfernt. Pfaff schnitt seinen direkten Freistoß so raffiniert an, daß der Ball sich förmlich in die obere Torecke drehte. Dieses Tor brachte die Eintracht auf die Siegesstraße!

Denn jetzt lief es im Sturm, jetzt machten sich in der Bornheimer Abwehr Unsicherheiten breit, von denen lediglich Leichum und Wagner verschont blieben. Aber Geiger und die weiterhin zurückgezogenen Halbstürmer halfen hinten fleißig aus. Doch gegen das 2:0 waren alle machtlos. Einen scharfen Schuß Meiers hatte Leichum abgewehrt, das nasse Leder sprang hoch und Meier so gerecht in die Bahn, daß der Linksaußen sich nach vorne werfen konnte und den Ball einköpfte.

Noch einmal hofften die Bornheimer mit einem Blitzstart (gleich nach der Pause) dem Derby noch eine Wendung geben zu können. Aber Herrmanns raffinierter Heber, den Henig nicht erreichen konnte, landete haargenau auf der Querlatte. Das Spiel der Eintracht lief auf vollen Touren, selbst Schymik beteiligte sich an dem Bombardement des FSV-Tores. Aber Leichum bewahrte mit tollen Faustparaden seine Mannschaft vor einer vernichtenden Niederlage. Nur Pfaffs raffiniert an die Innenkante des Pfostens gespitzelten Schuß mußte Leichum an sich vorbeilassen (3:0).

Bei Bornheim begann die Zeit der Umstellungen: Krämer tauschte mit Hamann den Platz, konnte aber auch nicht Meier immer halten. Später rückte Dörr in die Verteidigung und Krämer übernahm seinen Läuferposten. Schließlich tauschten Pfeiffer und Hamann ihre Plätze. Alles vergebens, man hatte kein Glück als Schymik auf der Linie rettete, man kam auch nicht mehr recht zum Zuge als Pfaff (von Krämer zweimal hart angegangen) in der 71. Minute verletzt vom Platz gegangen war. Weilbächer brachte nach einem Zuspiel Sztanis die zehn Riederwälder 4:0 nach vorne. Schmeißer milderte eine Minute später die Derbyniederlage durch ein schönes Kopfballtor.

Der Eintrachtsieg war verdient. Die Abwehr war sicher, der Sturm fand erst Zusammenhang als mit dem 2:0 das Derby fast entschieden war. Glanzpunkt der Mannschaft waren Schymik und Stinka. Im Sturm war Pfaff in einer Spiellaune, wie man sie schon lange nicht mehr von ihm gesehen hat.

Beim FSV zeigten nur Leichum, Wagner, Geiger und Herrmann Format. Die Abwehr war Stückwerk (verständlich!), der Sturm oft von grotesker Hilflosigkeit. Ohne Herrmann geht es nicht, nur Schmeißer verdient die Bezeichnung Stürmer. Jöst rieb sich bei seiner Defensivaufgabe auf und Hofmann und Pfeiffer sind in ihrer derzeitigen Form für die Oberliga nicht diskutabel.

Ebenfalls nicht diskutabel war Schiedsrichter Treiber. Man merkte ihm an, daß er oft nicht im Bilde war und sich besonders bei Abseitsentscheidungen auf seine Linienrichter verließ. Horst Kickhefel

Stimmen zum Derby

Trainer Oßwald (Eintracht): Ich kann mich über diesen Sieg nicht recht freuen, denn er hat mich wieder einen verletzten Spieler gekostet. Pfaff wurde durch eine grobe Unsportlichkeit von Krämer am Bein verletzt. Die Haut über der Achillessehne ist durchgerissen und muß genäht werden. Es war ein gutes Spiel der Eintracht. Bedauerlich nur, daß nicht die klareren Torchancen ausgewertet wurden.

Trainer Windmann (FSV): Der Sieg geht in Ordnung. Rein konditionell hat unsere Mannschaft gut durchgehalten. Bei uns sind halt doch zuviele Spieler wegen Verletzung ausgefallen (Hammel, Krone, Mayer, Niebel, Straub, Buchenau und Muth), die man in der Oberliga braucht, und die man nicht ersetzen kann. So konnte Horvat unseren Innensturm zeitweise alleine halten. Wagner war, bis auf seinen Fehler beim 2. Tor, als er Leichum behinderte, sehr gut und Geiger hat eine gute Läuferpartie geliefert, später war Schmeißer recht ordentlich.

Torhüter Loy (Eintracht): Der Sieg war verdient, bedauerlich, daß Pfaff verletzt wurde, von da ab war der Faden gerissen.

Spielausschußvors. Berger (Eintracht): Ein verdienter Sieg, auch in dieser Höhe. Bedauerlich, daß Pfaff schwer verletzt wurde. Er" hat eine tiefe Fleischwunde, zum Glück ist die Achillessehne nicht verletzt, trotzdem wird er drei bis vier Wochen ausfallen. Viele Torchancen wurden bei uns nicht verwertet. Ich möchte unserer Mannschaft ein Gesamtlob spenden.

Spielausschußvors. Schilling (FSV): Von unserer reichlich ersatzgeschwächten Mannschaft wurde die Partie recht einsatzfreudig geführt. Aber nur Einsatz genügt nicht. Unsere besten Spieler waren Wagner, und Geiger.

Otto Dehm (FSV): Eintracht hat gut gespielt. Pfaff war bis zur Verletzung gut, auch Weilbächer sorgte für Druck im Angriff. Eintracht brauchte sich nicht weh zu tun wir hatten doch zuviele Stammspieler ersetzt und hoffen, daß sie bis zum nächsten Punktspiel wieder fit sind.

Paul Marhofer (Toto - Hauptstellenleiter): Bei soviel Ersatz war es ein recht gutes und anständiges Spiel. Ein verdienter Sieg, der höher hätte ausfallen können, wenn Leichum nicht ein so hervorragender Torhüter wäre.

Trainer Kreß (Wormatia Worms): Außer Richard Herrmann hatte der FSV keinen Routinier. Daß soviele Verletzte zu beklagen sind, mag gewiß auch an einer wenig guten Vorbereitung liegen. Deshalb kann man den jungen Spielern, die sich alle prächtig eingesetzt haben, diesmal keine Vorwürfe machen. ks. (aus 'Der neue Sport' vom 22.09.1958)

>> Spieldaten <<