Eintracht Frankfurt - Archiv (original) (raw)
Wieder ein echtes Feigenspan-Tor
Großes Spiel am Riederwald
Eintracht Frankfurt — Karlsruher SC 2:0 (2:0)
Das war ein Fußballspiel, so recht nach dem Geschmack des Fußballfeinschmeckers. Man sah gute Balltechnik, schöne Kombinationen und tolle Szenen vor beiden Toren. Als man in die Pause ging, da hatte man etwas Mitleid mit dem KSC, denn die Mannschaft hatte besser gespielt, hatte mit einem Blitzstart beinahe die stabile Eintracht-Abwehr an die Wand gedrückt und lag doch 0:2 zurück. Aber so ist das im Fußball: nicht die schönen technischen Dinge zählen, es zählen ausschließlich die Tore — und die Tore schoß die Eintracht.
Es ist in jedem Spiel dasselbe: der junge Feigenspan verdirbt durch seinen Uebereifer manches, was im Sinne der Mannschaftsdienlichkeit notwendig wäre. Und dann schießt dieser junge Irrwisch sein Tor, ein Tor, wie nur er es erzielen kann! Man denke sich, die Karlsruher hatten bis zu diesem Zeitpunkt ihren Gegner beherrscht und hätten gut und gerne 3:0 führen können. Da erreicht ein Steilpaß von Lutz Feigenspan, und ehe es sich Termath versah, war der Eintrachtmann an ihm vorbei und der Ball vorbei an dem ebenso überraschten Fischer.
Und das zweite Tor war ganz kurios. Ein KSC-Verteidiger schlug ab, und der Ball traf Lindner im Gesicht. Während sich der junge Spieler zusammenkrümmte, erwischte Pfaff das Leder, schoß — und traf Feigenspan. Den abspringenden Ball zog der herbeihüpfende Sztani mit sich und lief mit ihm ins Tor. Das war das reinste Fußballbillard.
Aber wir dürfen nicht verschweigen, daß eigentlich erst mit dem 2:0 Ruhe in die Eintrachtreihen gekommen ist. Wir dürfen auch nicht verheimlichen, daß das Eintrachtler etliche Male in höchster Gefahr gewesen ist. Da setzte Höfer eine Rückgabe beinahe ins eigene Tor (3.), da köpfte Herrmann knapp über die Latte (5.), da traf Reitgaßl den Pfosten (6,), da erwischte Loy im Hechtsprung gerade noch eine Bombe Matischaks (13.), da rettete Loy vor Matischak durch Fußabwehr und schlug Lutz vor Traub zur Ecke (34.), und da holte Schymik im Sprung einen Schuß Kunkels von der Torlinie (39.).
Gedenkminute
Die Mannschaft der Frankfurter Eintracht spielte zu Ehren des vor drei Wochen, kurz nach dem Spiel gegen den VfB Stuttgart, verstorbenen „Papa" Leunig mit Trauerflor. Nach einer Viertelstunde erhob sich alles zu einer Gedenkminute von den Plätzen und viele sahen das gütige Gesicht diese unvergessenen Sportfreundes noch einmal in ihrer Erinnerung vor sich. Es war sechzig Sekunden mäuschenstill. Lediglich zwei Polizeibeamte schlenderten ungerührt auf der obersten Stehterrasse weiter und unterhielten sich. Sie werden „Papa" Leunig nicht gekannt haben. hk
Man sieht, es hätte für die Eintracht auch schief gehen können. Horvat hatte mit dem glatten Rasen seine Mühe, und Höfer mußte sich auf Reitgaßl erst einstellen. Gut, daß Lutz von Anfang an auf dem Posten war, der flinke Traub war bei ihm völlig abgemeldet. Und der Sturm: Der Sturm konnte sich bis zur Pause nicht aus den Verstrickungen der Ruppenstein und Schwall befreien, im Sturm wurde deshalb zu viel auf eigene Faust gehandelt.
Das änderte sich grundlegend nach der Pause. Jetzt mußten sich die Karlsruher immer heftiger ihrer Haut wehren. Pfaff zog sein Spielehen auf, obwohl Ruppenstein jetzt nur noch defensiv eingestellt war. Weilbächer rackerte sich ab, daß die Funken stoben, und auch Schymik taute endlich auf. Lindner, Feigenspan und Kreß liefen jedem Ball nach. Schade daß Kreß oftmals zu eigensinnig spielte. Doch neben Pfaff war Sztani der Glanzpunkt im Eintrachtsturm. Fast schwerelos umging er immer wieder den schweren Brocken Schwall. Pfaff und Sztani sorgten dafür, daß die KSC-Abwehr nach der Pause nicht mehr so gut aussah. Weder Dimmel noch Baureis konnten an ihre Leistung in der ersten Spielhälfte anknüpfen, und Termath mußte seine Langsamkeit durch Unsauberkeiten im Zweikampf überbrücken.
Es war ein Spiel, das so recht die Schwäche der Eintracht aufzeigte: es fehlt das Zusammenspiel im Mittelfeld, es fehlen die fortlaufenden Kombinationen, im Sturm setzt sich alles mehr aus Einzelleistungen zusammen. Es war aber ein Spiel, das auch die Stärke dieser Mannschaft zeigt: man läßt keine Chance aus, und eine gegnerische Abwehr, die sich irgendwo eine Blöße gibt, sieht den Ball schnell im eigenen Tor. Mit Steilpässen kommt man in wenigen Zügen vor das Tor, da alle Stürmer körperlich fit und sehr schnell sind. Und die Abwehr ist für ihre Güte ja bekannt. Was fehlt, ist ein Außenläufer, wie es einmal Remlein war ein Außenläufer, der ebenso ein Techniker ist wie Sztani und Pfaff. Mit einem solchen Außenläufer dürfte die Eintracht den Fußballhimmel stürmen. Horst Kickhefel (aus 'Der neue Sport' vom 16.02.1959)