Mott T. Greenes phänomenale Biographie Alfred Wegeners (original) (raw)
Alfred Wegener starb mit weit geöffneten Augen. So jedenfalls fand man ihn im Mai 1931, sorgfältig im ewigen Eis bestattet von seinem Begleiter Rasmus Villumsen, mit dem er Anfang November 1930 von der Mitte des grönländischen Eisschildes aus zur Küste aufgebrochen war. Wahrscheinlich war er während einer Rast in seinem Zelt einem Herzinfarkt erlegen. Bereits als junger Mann hatte Wegener unter Herzproblemen gelitten, war zudem schwerer Raucher von Pfeife und Zigarren und hatte sich wohl schlicht überanstrengt. In den letzten Tagen vor seinem Tod muss er bei minus fünfzig Grad Kälte über fünfzig Kilometer auf Skiern zurückgelegt haben. Doch die genauen Umstände seines Endes sind ebenso wenig bekannt wie der exakte Todestag. Denn auch Villumsen schaffte es nicht. Der Grönländer blieb verschollen und mit ihm Wegeners Aufzeichnungen aus den letzten zwei Monaten seines Lebens.
Dieses Leben währte gerade einmal fünfzig Jahre und ist einem weiteren Publikum durch eine einzige Leistung bekannt: Wegeners zuerst 1912 veröffentlichte Theorie der Kontinentalverschiebung, die aber - so wird es oft kolportiert - zu seinen Lebzeiten keine Beachtung fand. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod setzte sie sich durch und gilt heute als der wichtigste Pfeiler unseres Wissens über die Erde und ihre Geschichte, in einer Reihe mit den Theorien eines Kopernikus oder Darwin. In dieser Wahrnehmung ist Alfred Wegener ein verkanntes Genie, ein am Establishment Gescheiterter.