Daniell Porsches Gespür für Geld: Das Kreuz mit der reichen Familie (original) (raw)

Geld macht nicht automatisch glücklich. Auch reiche Menschen haben so ihre liebe Not damit. Vor allem, wenn sie nie dafür arbeiten mussten und ihr berühmter Name sie eigentlich zu beruflichem Erfolg verpflichtet. Peter Daniell Porsche, der Urenkel von Auto-Pionier und Käfer-Erfinder Ferdinand Porsche, hat zum Glück einen Plan.

Peter Daniell Porsche.

Peter Daniell Porsche.

Geld hat man oder man hat es nicht. Auf jeden Fall spricht man nicht darüber. Wenn einer ständig kein Geld hat, nervt es. Wenn einer zu viel davon hat, gibt er damit an, macht andere neidisch und nervt damit auch. Über Familienangelegenheiten spricht man erst recht nicht. Schon gar nicht, wenn man aus einer reichen Familie kommt. So halten es auch die Familien Porsche und Piëch. Doch Peter Daniell Porsche, der Urenkel von Ferdinand Porsche, bricht dieses Tabu. In seinem Buch "Es gibt noch mehr im Leben als Autos bauen" spricht er ausgiebig über beides, über Geld und seine Familie.

Der ausgebildete Waldorf-Pädagoge und Musiktherapeut ist mit 38 Jahren hauptberuflich Wohltäter. Das Besondere an seinen Wohltätigkeiten ist, dass er Gutes mit den finanziellen Mitteln seiner Verwandten tut. Er selbst hat nie Geld verdient. Er partizipiert an dem Vermögen, das die anderen angehäuft haben. Wie es scheint, bedarf dieses Lebenskonzept für ihn einer Rechtfertigung. Und wo ließe die sich diese besser manifestieren als in Form eines Buches? Daniell, wie sein Rufname lautet, will Verantwortung für das Geld der Familie übernehmen. Und er will sein soziales Wirken auf eine ebenso feste und überzeugende Grundlage stellen wie es die Porsches und Piëchs Generation für Generation mit der Auto-Dynastie gemacht haben.

Die mächtige neue Generation

Daniell Porsche ist trotz seines sozialen Touches kein Leichtgewicht in der mehr als 80 Köpfe zählenden Großfamilie. Er ist nicht nur Multimilliardär, er hält ein Achtel der Firma Porsche und zwei Prozent am VW-Konzern. Weil er Einzelkind ist, wird sein Aktienbesitz im Zuge der Erbfolge nicht weiter aufgesplittet. Das heißt, er wird einmal sehr viel Einfluss haben. Angeblich wird er eines Tages zehn Prozent an Porsche SE halten. Das ist ungefähr so viel wie der große Ferdinand Piëch. Das nennt man Macht, auch wenn er das Wort selbst vermeidet.

Er selbst könnte in Saus und Braus leben, das Geld mit vollen Händen ausgeben. Aber das war kein Lebensplan für ihn. Schon alleine deshalb nicht, weil seine Eltern es ihm anders vorgelebt haben. In die Fußstapfen seines Vaters Hans-Peter Porsche zu treten und in die Wirtschaft zu gehen, war keine Option. Seine Eltern – insbesondere seine Mutter Kuni mit ihrer Affinität zur Anthroposophie – haben ihm die Freiheit gelassen, seinen eigenen Weg fern des Ökonomischen zu finden. Das ist nicht unbedingt üblich in der Familie. Sein Vater, ein ausgebildeter Ingenieur, zugegebenermaßen manchmal nur mit Murren. Aber er ließ sich am Ende doch immer von seiner Frau überzeugen, dass es der beste aller Wege für seinen einzigen Sohn sei.

Die Vision von einer besseren Welt

So wurde Daniell Porsche, der "Gutmensch", leidenschaftlicher und allem Anschein nach auch noch begnadeter Konstrukteur in Personalunion ist, eben nicht Ingenieur oder Autodesigner in der familieneigenen Autoschmiede, sondern Waldorf-Lehrer und Musiktherapeut. Die Erkenntnis, die sich bei ihm festsetzte, war, dass Geld zu horten keinen Sinn ergibt. Porsche entschied, dass Geld nur etwas bedeutet, wenn es etwas Gutes bewegt. Mehr oder weniger zufällig ergab sich für ihn auf der Strecke die Möglichkeit, ein großes soziales Projekt mit aufzubauen. Der größte Teil seines Geldes, bis zu 800.000 Euro pro Jahr, wie er selber sagt, fließt jährlich in eine Salzburger Waldorfschule "für seelenpflegebedürftige junge Menschen" sowie einige andere Objekte. Für sich, seine Frau und seine vier Kinder behält er angeblich nicht mehr als 100.000 bis 200.000 Euro zum Leben. Das Geld reiche, behauptet er jedenfalls.

Wer denkt, das sei ein leichtes Leben, der täuscht sich. Denn Daniell Porsche versucht nicht weniger, als nach den Sternen zu greifen. "Ich möchte das realisieren, was unserer Gesellschaft fehlt: eine Wirtschaft mit menschlichem Antlitz. Im Grunde eine ideale Welt", schreibt er in seiner "Auto-Biografie". Dass dieses Vorhaben ambitioniert ist, ist ihm klar. Irgendwann sollen sich seine Projekte zwar selber tragen und das Ökonomische perfekt mit dem Sozialen verknüpft sein. Aber absehbar ist das längst noch nicht.

Finanziell unabhängig ist nicht gleich frei

Auch wenn Porsche finanziell unabhängig ist, frei ist er nicht. Der Name zieht falsche Freunde, Schmarotzer und Neider an. Das lernt er früh. Manchmal sei es besser, wenn er seinen Namen nicht nenne. Zum Beispiel, wenn er eine Immobilie kaufen wolle, schreibt Porsche. Mit dem Namen Porsche in Verbindung gebracht zu werden, bedeutet auch Gefahr. Entführung ist für seine Eltern zeitweise ein großes Thema. Das Elternhaus wird nach und nach gegen Eindringlinge hochgerüstet. Eine Erfahrung, die das Kind Daniell sehr nachdenklich stimmt. Ebenso wie die Erfahrung, dass ein tödlicher Unfall mit einem Porsche-Wagen allein wegen des Namens immer auch auf seine Person abstrahlt, selbst wenn er nicht am Unfall beteiligt war.

Diese Momente der Verunsicherung während seiner Kindheit wissen die Eltern gut aufzufangen. Sein Elternhaus ist liebevoll. Besonders seine Mutter ist eine wichtige Stütze in seinem Leben. Die Großfamilie Porsche-Piëch ist dagegen alles andere als ein Hort ausgesprochener Freude. Der Druck, den die Familie auf ihre Mitglieder ausübt, ist beträchtlich. Vor allem seine Mutter, die als nicht "standesgemäß" gilt, bekommt das zu spüren. Daniell Porsche dulden die Patriarchen als Erwachsenen zwar und respektieren ihn sogar, aber er ist und bleibt in der Großfamilie doch eher ein Sonderling, ein "Gutmensch" oder "Jesus Cayenne", wie eine Tageszeitung einmal titelte. Dass er respektiert werde, so Porsche, sei wohl der Tatsache zuzuschreiben, dass er das Geld nicht einfach verprasse, das die anderen mit eisernem Einsatz erarbeitet haben.

Willenskraft eint

Was alle Familienmitglieder eine, sei ihre Zielstrebigkeit und Willenskraft, schreibt Porsche weiter. Alle, inklusive ihm selbst, treibe die Idee um, "in die Zukunft hinein etwas Erfolgreiches betreiben zu wollen" und zum anderen die Möglichkeit "sich wieder mehr zu verbinden, die Divergenzen zu neutralisieren". Also innerhalb der Familie Frieden zu schaffen.

Ohne Frage gab es tiefe Grabenkämpfe zwischen den Familien Piëch und Porsche. Damit wil sich Peter Daniell Porsche aber gar nicht aufhalten. Er beschreibt den Familien-Stammbaum vielmehr wie zwei Seiten einer Medaille, eine harte und eine weiche, die Ökonomische und die Soziale. Oder wie er es auch beschreibt: als die männliche väterliche einerseits und die mütterliche oder weibliche andererseits. Verkörpert werden die beiden Seiten von den beiden Kindern des Begründers der Auto-Dynastie Ferdinand Porsche. Die harte Seite von Louise Piëch, der Großtante Daniell Porsches, und die weiche, mütterliche von ihrem Bruder Ferry Porsche, seinem Großvater.

Das Sprachrohr der Familie

Ferdinand Piëch.

Ferdinand Piëch.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dass Porsche in VW aufgeht und nicht umgekehrt, beschreibt Porsche als schwierigen, aber nicht unerträglichen Zustand ohne jegliche Perspektive. Im Gegenteil: Als "Gutmensch" der Familie Porsche versucht er - ungefragt - Brücken über Gräben zu bauen. Von allen Fahrzeugtypen von VW lasse sich profitieren und lernen, schreibt der leidenschaftliche Ballon-Fahrer, der offenbar gerne versucht, den Überblick zu wahren. "Einer aus der Porsche-Familie muss mit solchen sozialen Gedanken an die Öffentlichkeit gehen." Es sei letztlich das Zeigen eines "verwandtschaftlichen Willens aus uralten Zeiten gewesen". Während Urgroßvater und Großvater mit ihrer Willenskraft "es zu etwas gebracht haben", schreibt sich Daniell Porsche auf die Fahne, es mit seiner "Willenskraft zur Mitmenschlichkeit" zu etwas zu bringen.

Seiner Ansicht nach werden die Mitglieder des Porsche-Clans durch die neuen Prozesse zwar noch viel Schmerzvolles erfahren, "doch zugleich entsteht auch viel Gutes". Das Heranwachsen zum drittgrößten Autokonzern der Welt mache Angst, aber durch einen Zusammenschluss könne "die Firma Porsche auch bodenständiger, solider werden", ist er überzeugt.

Eine Familie wächst wieder zusammen

Letztlich trägt das Duell Porsche-VW - unfreiwillig, weil die Finanzkrise ihren gehörigen Teil zur Entwicklung der Dinge beigetragen hat - zur Kontinuität der Unternehmen bei. Aus seiner Sicht wachsen die Chancen für die weiche Seite der Familie mit jeder Generation. Und damit gibt es auch mehr Platz für solche wie ihn. Die Familie, insbesondere die jüngeren Generationen, wachsen wieder zusammen, schreibt Porsche. Das habe mit der Größe wie mit dem Aufbrechen verkrusteter Machtstrukturen zu tun. "Seitdem Fedinand Piëch, Sohn von Louise und Anton Piëch, wieder die Geschicke unserer Firma mitlenkt und sich mit meinem Onkel Wolfgang auszusprechen vermag, fühlen wir uns mehr zu einer Familie gehörig."

Am Ende ist die Betrachtung seiner Welt eben nicht schwarz-weiß. Das Leben lasse sich nicht in Gut und Böse unterscheiden, heißt es an einer sehr frühen Stelle. Das habe er von Goethes "Faust" gelernt. "Diese Figur hatte mir zu verstehen gegeben, dass Mephisto im Grunde ein Teil des Guten war, ein Teil dessen, das aus dem Göttlichen kommt, auch ein Teil dessen, das der Mensch braucht, um sich weiterzuentwickeln." Das lässt sich nicht nur auf die Menschen übertragen, sondern auch auf ihren Umgang mit Geld. Die Familie scheint auf gutem Weg zu sein. So sieht es zumindest der gute liebe Rebell der Familie.

Der Tabubruch - das bleibt noch zu erwähnen - soll in der Familie zwar zu Irritationen geführt haben. Aber genauso schnell soll auch wieder Ruhe eingekehrt sein.

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