4000 Folgen "GZSZ": Charme des Schämens (original) (raw)

Die Sache mit Franzi macht mich fertig. Vor lauter Liebeskummer hat sie angefangen zu koksen. Hat sich einfach in Paula verknallt: die Frau des Bruders ihres eigenen Ex-Freundes. Kurz schien sich alles zum Guten zu wenden. Doch dann stieg Franzi - im Glauben, ihre angebetete Paula liebe sie doch nicht – mit Drogenfreundin Emily nachts in ein Restaurant ein, um eine wilde Koks- und Champagnerparty zu feiern. "Das Leben kann so schön sein", lallte das Mädchen und ging mit einem Kerzenleuchter in die Küche. Da ist der Gasherd explodiert. Damit hat es aufgehört am Freitag - was für ein Wochenausklang.

Franzi stirbt bestimmt: Die Schauspielerin hat schon angekündigt, aus der Serie auszusteigen. Wie schrecklich. Ich schwöre - sobald ich weiß, wie Paula mit ihren Schuldgefühlen klar kommt, höre ich auf. Nie wieder "Gute Zeiten schlechte Zeiten", heißt es dann für mich. Es reicht. Diesen Montag läuft die 4000. Folge von "GZSZ" - die erste kam 1992. Ich habe damals zufällig reingeschaltet und mich kaputt gelacht: Da waren Laienschauspieler am Werk, die mieser waren, als unsere Schultheater-Truppe.

Sehr viel besser ist es nicht geworden, wenn man ehrlich ist. Aber trotzdem bin ich seit damals dabei - seit mehr als 15 Jahren. Die leidende Franzi, den fiesen Anwalt Jo Gerner oder den attraktiven Werftbesitzer Marc sehe ich manchmal über Wochen hinweg öfter als viele meiner Freunde. Teilweise kenne ich sie auch länger. Wenn dereinst mein Leben kurz vor meinem Tod an mir vorbeizieht, ist bestimmt die ein oder andere Szene aus "GZSZ" dabei.

Ich habe mir schon öfter vorgenommen aufzuhören. Aber immer war irgendwas: Die zarte Café-Betreiberin Sandra musste im Brautkleid mit ansehen, wie ihr frisch Angetrauter aus dem Fenster geschubst wurde – und ich musste natürlich wissen, wie die auf so tragische Weise zur Witwe gewordene mit der Trauer umgeht. Das dauerte mindestens ein Dutzend Folgen. Dann fand sie eine neue große Liebe: Marc. Allerdings hatte der auch einen schizophrenen Zwillingsbruder, der Sandra entführte. Geschätzte 25 Folgen. Dann geriet das arme Mädchen in die Fänge einer Sekte (ihre Mutter war zu allem Überfluss noch bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen). Marc heiratete derweil eine andere Frau im Glauben, sie sei von ihm schwanger. Die machte ihm weis, er sei verrückt, setzte ihn unter starke Medikamente, um ihm mit fiesen Tricks seine Werft abzujagen.

"GZSZ" gilt als das Allerletzte

Oder die Machenschaften des bösen Anwalts Jo Gerner. Einmal hat der Kerl seine eigene Tochter entführt, weil er sie nicht mit deren Mutter teilen wollte – der eigentlich nicht minder fiesen Architektin Katrin Flemming. Die zeigte da allerdings plötzlich ihre weiche Seite und litt Höllenqualen, weil sie dachte, das Kind sei tot. Ich wusste es natürlich besser und wartete monatelang verzweifelt, bis sie ihr geliebtes Mädchen wieder in den Arm nehmen konnte.

Das ist auch schon wieder eine Weile her. Allerdings ist der Flemming jetzt ihre unbekannte Halbschwester auf den Fersen – die sich als Babysitterin tarnt. Auch wieder so eine Geschichte: Die schnöselige Architektin ist nämlich als bitterarme Gabi Galuba auf die Welt gekommen und hat den Kiosk ihrer Mutter angezündet, um mit dem Versicherungsgeld abzuhauen. Nun ist die Frage, ob ihre Halbschwester sie deswegen ins Gefängnis bringt. Oder entdecken die beiden plötzlich ihre familiäre Ader? Vielleicht warte ich diese Auflösung noch ab, bevor ich mich von der "GZSZ"-Familie lossage.

Man ist ja als "GZSZ"-Fan wirklich einsam. "Germany's Next Top-Model" – darüber kann man sich mit Freunden und Kollegen ohne jede Scham austauschen. Sich an dem Zickendefilee zu ergötzen, ist gesellschaftlich akzeptiert. Auch "Marienhof", "Verbotene Liebe" und "Lindenstraße" gehen bei Partygesprächen noch durch. Aber "GZSZ" gucken, gilt als das Allerletzte. Manchmal, zu ganz später Stunde, gestehe ich Freunden, dass ich mir ab und zu eine verpasste Folge aus dem Internet herunterlade. Kostet ja nur einen Euro, verteidige ich mich – jedes Kneipenbier ist teurer. Das Jahresabo von 60 Euro, mit dem ich liebäugele, erwähne ich nicht einmal.

Ich bin "GZSZ"

Genauso gut könnte man erzählen, dass man eine Dauermitgliedkarte für den Swingerclub hat oder sich nur alle zwei Wochen duscht. Wer sich zu "GZSZ" bekennt, dem erklären Umstehende mit mitleidschwangerer Stimme: "Du, ich hab den Fernseher schon vor Jahren rausgeschmissen und vermisse nichts."

Ich hatte meinen Fernseher auch schon verbannt. Aber irgendwann entschuldigte ich mich vor mir selbst, dass man als Wirtschaftsjournalistin ja zumindest ab und an die "Tagesschau" gucken sollte. Naja, nur leider überlappt sich die "Tagesschau" blöderweise mit "GZSZ".

Einmal habe ich es ja schon geschafft. Da war ich eineinhalb Jahre im Ausland. Und ich kann mit Fug und Recht sagen: Keine Sekunde habe ich an Jo, an Sandra oder sonst einen aus meiner "GZSZ"-Familie gedacht. Doch kaum war ich zurück, hatten sie mich wieder. Ich bin "GZSZ". Noch.


"GZSZ", montags bis freitags von 19:40 Uhr bis 20:15 Uhr, RTL