Betrugsaffäre vor Gericht: Erstes Geständnis im Wettskandal-Prozess (original) (raw)

Wettskandal im Fußball: Der erste Angeklagte hat gestanden

Wettskandal im Fußball: Der erste Angeklagte hat gestanden

Foto: Bernd Weiflbrod/ picture-alliance/ dpa

Hamburg - ImWettskandal-Prozess am Bochumer Landgericht hat es am Donnerstag ein erstes Geständnis gegeben. Der 35-jährige Angeklagte Nürettin G. hat am sechsten Verhandlungstag zugegeben, Wetten auf angeblich sichere Fußballspiele platziert zu haben. Außerdem will er in die Bestechungsversuche gegenüber Profis des Zweitligisten VfL Osnabrück verwickelt gewesen sein. "Es hat genaue Anweisungen gegeben, was zu tun ist. Wenn es schief läuft, sollten Elfmeter oder rote Karten gemacht werden", erklärte der Angeklagte.

Den insgesamt vier Angeklagten wird vorgeworfen, über 30 Spiele beeinflusst zu haben. Die Wettgewinne sollen sich auf rund 1,6 Millionen Euro belaufen.

Nürretin G. galt schon vorProzessbeginn als aussagebereit. So hatte er bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft ein Teilgeständnis abgelegt. Sein Verteidiger hatte frühzeitigangekündigt, sein Mandant werde umfassend gestehen. Der Angeklagte pflegte gute Kontakte zu den Osnabrücker Spielern Thomas Cichon undMarcel Schuon. Schuon sollen im Vorfeld der Partie zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem VfL vom 13. Mai 2009 seine gesamten Wettschulden in Höhe von 25.000 Euro erlassen worden sein. Cichon hat laut Anklage 5000 Euro erhalten.

Detaillierte Beschreibung der Manipulationsversuche

In der Befragung des Vorsitzenden Richters Carsten Schwadrat beschrieb G. detailliert die Vorgehensweise bei den ersten beiden Spielen VfB Lübeck gegen Fortuna Düsseldorf II (April 2008) und Carl Zeiss Jena gegen VfL Osnabrück (Mai 2008). Schlüsselfiguren bei der Manipulation der Osnabrücker Spiele sollen die damaligen VfL-Profis Cichon, Schuon und Aziz, die teilweise bei Nürretin G. hoch verschuldet waren und deshalb zu Manipulationen beigetragen haben sollen, gewesen sein.

"Wir spielen gegen unsere Mannschaft", habe ihm Bilal Aziz vor dem Spiel der Osnabrücker in Jena versichert. Der Betrugsversuch ging in diesem Fall allerdings schief. "Schuon hat seinem Gegenspieler in der 90. Minute eine Chance ermöglicht, aber der trifft das leere Tor nicht. Da war ich natürlich sauer." Schuon ist bereits vom Deutschen Fußball-Bund bis 31. August 2012 gesperrt. Cichon spielt derzeit bei den Moroka Swallows in Südafrika. Aziz wurde nach seinem Wechsel in die Türkei von seinem neuen Klub Kayserispor suspendiert und verhaftet, ist aber wieder auf freiem Fuß.

Schon im Vorfeld Sapina belastet

Bei der Staatsanwaltschaft hatte G. vor allem den in Untersuchungshaft sitzenden Ante Sapina massiv belastet. Sapina galt bereits als Schlüsselfigur im Fußballskandal um den früheren Schiedsrichter Robert Hoyzer.

Die Verteidigung denkt derweil über eine Anhörung von Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer und Fußball-Kommentator Marcel Reif als Experten nach. Zuvor sollen Videoaufzeichnungen von mehreren Oberliga-Partien angesehen werden. Rechtsanwalt Udo Klaus Duits kündigte am Rande des Prozesses einen entsprechenden Antrag an. Beckenbauer und TV-Experte Reif sollen dann bewerten, ob die Spiele der Mannschaften des VfB Pößneck, Germania Halberstadt, SC Borea Dresden und FC Carl Zeiss Jena II im Jahr 2009 ihrer Meinung nach verschoben wurden.

Verteidiger, Gericht und Staatsanwaltschaft versuchten zu Beginn des Verhandlungstages zu klären, welche Strafen den beiden Hauptangeklagten Nürettin G. und Tuna A. möglicherweise in Aussicht gestellt worden sind. Nach Angaben des Staatsanwalts und einiger Verteidiger wurde vor dem Prozess von fünfjährigen Mindeststrafen gesprochen.

Beim kommenden Verhandlungstermin am 10. Dezember soll die Befragung von G. fortgesetzt werden. Dann soll auch dessen Mitangeklagter Tuna A. aussagen. Die Anwälte der bislang nicht aussagewilligen beiden Angeklagten Kristian S. und Stevan R. hatten wie schon in den vergangenen Wochen auch am Donnerstag zunächst versucht, mit zahlreichen Anträgen die Verhandlung weiter zu verzögern.