Die Auflehnung � Kritik zum Film bei Tittelbach.tv (original) (raw)

Eins Festival, 13.03.2011, 14:55 Uhr - Wiederholung

Jan Fedder, Andr� M. Hennicke und die dritte (leider) gescheiterte Lenz-Verfilmung!

Ein Teichmeister und seine Familie, sein Lieblingsfeind und ein Teeverkoster, der seinen Geschmackssinn verloren hat, taumeln dem Abgrund entgegen. "Die Auflehnung" besitzt ein paar starke Szenen; im Ganzen aber wirkt diese Romanverfilmung seltsam leblos, unfilmisch, unphysisch – das dramatische und das erz�hlende Prinzip finden nicht zusammen.

Frank Wittmann ist Fischmeister. Mit seiner Frau und seiner Tochter f�hrt er eine Teichwirtschaft. Es ging ihm wirtschaftlich schon mal besser. Die Kredite fressen ihn auf, jetzt kommen auch noch die Kormorane und weil er sich im Umgang mit den Fischr�ubern nicht an die Gesetze h�lt, steht bald auch der Dorfpolizist auf der Matte. Frank Wittmann wei� nicht recht, wie er es finden soll, dass in dieser angespannten Lage sich sein Bruder Willy nach Jahren mal wieder blicken l�sst. Der renommierte, weit gereiste Teeverkoster hat seinen Geschmackssinn verloren und seine Frau hat ihn verlassen. Jetzt sucht er nach einer Neuorientierung in seinem Leben. Ob da die alte Heimat das Richtige ist? Die Lage jedenfalls spitzt sich zu: der Fischmeister t�tet immer mehr Kormorane und seine Tochter, die er nicht gehen lassen will, verliebt sich in seinen Lieblingsfeind.

„Die Auflehnung“ ist die dritte Siegfried-Lenz-Verfilmung der Aspekt Telefilm mit Jan Fedder. Nach dem preisgekr�nten Sozialdrama „Der Mann im Strom“ und nach „Das Feuerschiff“, einer spannenden Parabel auf See, haben sich Produzent Markus Trebitsch und Autor Lothar Kurzawa an einen Roman gemacht, der nicht nur umfassender, sondern auch schwieriger telegen umzusetzen ist. Und so muss man sich als Zuschauer erst einmal „einlesen“ in diese f�r einen heutigen Fernsehfilm ungew�hnliche Geschichte mit einer noch ungew�hnlicheren Erz�hlhaltung. „Lenz erz�hlt eine Reihe von Geschichten, die ineinander wirken, sich spiegeln oder Kontrapunkte setzen“, sagt Lothar Kurzawa. Der Autor k�rzt, strafft, ver�ndert aber strukturell wenig. Er dramatisiert die Geschichten nicht zu einer Filmhandlung, wie sie im Fernsehen �blich ist, sondern erz�hlt die Geschichten weitgehend parallel. Das mag der Vorlage entsprechen, mag dem Wesen des Romans nahe kommen, mag ein respektvoller Umgang mit Lenz sein; es macht den Film aber auch schwer zug�nglich. Vielleicht liegt es auch nur an den vordergr�ndigen Geschichten, am Milieu, dass einem der Zugang erschwert bleibt. Will man sich �berhaupt auf so einen autorit�r gebenden Teichmeister einlassen?

Der Subtext, die Tragik der sich wiederholenden Familiengeschichte und die Titel gebende Auflehnung in dreifacher Ausf�hrung, findet irgendwo zwischen Roman und Filmhandlung, zwischen Dialogen und Konflikten statt, physisch, sinnlich, in den Bildern sp�rt man sie nicht. Man hat auch den Eindruck, die Tiefe der Charaktere bleibe unausgesch�pft. Der Film hat durchaus starke Szenen: vor allem f�r die unbeholfene „Sinnsuche“ von Bruder Willy findet Andr� M. Hennicke stets den passenden Ausdruck. Auch die Besetzung der jungen Frauen, die sich etwas anderes vom Leben erhoffen als die Elterngeneration, mit zwei weitgehend unbekannten Gesichtern, gibt einigen Szenen eine doppelte Frische. Im Ganzen aber wirkt der Film seltsam leblos, unfilmisch, unphysisch – das dramatische und das erz�hlende Prinzip finden nicht zusammen. Man sollte dankbar sein f�r jeden Versuch, den herk�mmlichen Schicksalsgeschichten und der sich am Krimi orientierenden Dramaturgie etwas entgegenzusetzen. Im Falle von „Die Auflehnung“ ist der Versuch weitgehend gescheitert.

Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, zehn Jahre FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr

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„Die Auflehnung“
NDR / Fernsehfilm / Literaturverfilmung
EA: 28.4.2010, 20.15 Uhr (ARD)
Mit Jan Fedder, Andr� M. Hennicke, Jodie Leslie Ahlborn, Daniela Schulz, Kirsten Block und Josef Heynert
Drehbuch: Lothar Kurzawa
Regie: Manfred Stelzer
nach dem Roman von Siegfried Lenz
Produktionsfirma: Aspekt Telefilm
Quote: 5,28 Mio. Zuschauer (18,1% MA)

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