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Ihre Briefwechsel
Zur Einführung - Zitat von Goethe: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk.
Tagebuchblätter und Briefe. 1853 - 1871
Verlag von Alexander Duncker, Berlin 1904
Die Familie Wesendonck, und Mathilde insbesondere, unterhielt einen regen Schriftwechsel mit angesehenen Leuten ihrer Zeit - Musiker, Schriftsteller, Architekten, Philosophen ...
(u. a.: Richard Wagner, Johannes Brahms, Ödön von Mihalovich (1889 - 1897) (Publ.: Inge Pechotsch-Feichtinger) [Fonds 50 IMBA 328], Conrad Ferdinand Meyer (1869 - 1880, ), Emil Hess (1889 - 1901) u. w. Persönlichkeiten [SAZ VII.84 I]).
Ich möchte an dieser Stelle auf zwei Personen verweisen: Richard Wagner und Johannes Brahms.
Neben Briefen mit alltäglichen Informationen gibt es auch welche, die ein besonderes Licht auf die Zeit und ihrer Verfasser selbst werfen. Wie im obenstehenden Zitat angedeutet, sind solche Briefe - wie andere Archivalien auch - wichtige Zeitzeugen und helfen uns, manche Gedankengänge, manche geschichtlichen Entwicklungen besser zu verstehen.
Beilage zum Brief vom 19. Dezember 1859: Schluß zum Vorspiel von Tristan und Isolde
Richard Wagner
Natürlich ist der Briefwechsel zwischen den Wesendoncks und Richard Wagner ein zentraler.
So ist den Wesendoncks zu verdanken, dass Wagner in seinem Züricher Exil durch die Unterstützung Otto Wesendonk ein schöpferisches Leben führen konnte.
Andererseits ist es Wagner zu verdanken, dass der Name Wesendonck als Mäzen des "Meisters" in die Geschichte einging.
Zunächst erschienen jedoch im Jg. 1897 der "Allgemeinen Musik-Zeitung" des Otto Leßmann in Charlottenburg (Berlin) die Briefe Richard Wagner's an Otto Wesendonk (98 + III S.) mit Erläuterungen von Albert Heintz.
1898 erschienen sie dann mit einigen Ergänzungen im Verlag der "Allgemeinen Musik-Zeitung", Charlottenburg (Berlin) (103 S.) [Taschenbuch: Reprint: Verlag BiblioBazaar 2008, 108 S.] (vgl.: Hofmeister XIX Monatsberichte).
Albert Heinz hatte im Auftrag von Mathilde Wesendonck diesen Briefwechsel Ottos bearbeitet und erläutert. Auf Grund seines hohen Alters konnte er eine Neubearbeitung nicht durchführen. Auf Wunsch von ihm und im Auftrag der Erben, Dr. von Wesendonk und Frhr. von Bissing, hat Wolfgang Golther diese Aufgabe übernommen und konnte im Jahre 1905 eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe herausgeben - es sind ja inzwischen im Jahre 1904 (1. - 18. Aufl.) die Briefe an Mathilde Wesendonck erschienen.
Nach: Zur Einführung: Wolfgang Golther: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk.
1852 - 1870. Alexander Duncker, Berlin 1905
Erläuterung aus: Albert Heintz: Briefe Richard Wagner's an Otto Wesendonck (1898)
Kurz vor ihrem Tode bereitete Mathilde Wesendonck ihre Briefesammlung für eine Veröffentlichung vor. Nach einem Rechtsstreit konnten die Briefe Wagners an Mathilde 1904 erstmals veröffentlicht werden. Doch man wird Mathilde Wesendonck nicht gerecht, wenn man ihr Leben nur auf die Begegnung mit dem Genie bezieht. Sie war von tiefen Gefühlen geprägt und von Bildungseifer erfüllt, war liebend und entsagend. "Sie war eine edle Frau und eine vornehme Seele", schrieben die Bayreuther Blätter 1902 in einem Nachruf.
Nach: StadtMuseum Bonn
In seinem Vortrag anlässlich der Kuratoriumssitzung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth am 24. Mai 1968 im Rietberg-Musem in Zürich sprach Joachim Bergfeld auch zu den Wesendonck-Briefen. Dazu führte er aus:
Nun scheinen aber all diesen Feststellungen (TS: vorherige Ausführungen) die Briefe Wagners an Mathilde zu widersprechen, diese glühenden Bekenntnisse, nach denen man auf durchaus reale Vorgänge schließen müßte. Wir haben uns daher zu fragen, was es mit diesen Briefen auf sich hat. Den Eingang hierzu weist uns Wolfgang Golther. Er sagt gleich im Absatz der Einleitung seiner Briefausgabe: "Wie Selbstgespräche erscheinen viele dieser Briefe." So ist es in der Tat. Es fehlt Wagners Äußerungen jedes Echo. Er beklagt das auch immer wieder. Da heißt es z. B. "Ich bedarf der Nachricht von Ihnen" oder "Ihr letzter Brief sagte mir wieder fast gar nichts" und ein andermal "Sie wissen doch, daß mir sonst nichts Freude macht, nur wenn ich mir mit Ihnen zu tun mache", wobei die Formulierung "mit Ihnen zu tun mache" deutlich darauf hinweist, daß es sich bei den Briefen um einseitige Äußerungen Wagners handelt, gerichtet an eine imaginäre Gestalt, die in der Wirklichkeit nicht existiert und die darum auch nicht antworten konnte.
Joachim Bergfeld: Wagners Briefe an Mathilde Wesendonck. In: Otto und Mathilde Wesendoncks Bedeutung für das Leben und Schaffen Richard Wagners. Zürich 1968
Vorbemerkungen zu: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk.
Tagebuchblätter und Briefe. 1853 - 1871
Verlag von Alexander Duncker, Berlin 1904
Wagners Briefe an Mathilde und Otto Wesendonk gehören zu den glutvollsten Bekenntnissen des temperamentvollen Künstlers und sind zum wahren Verständnis seines Schaffens von ungeahnter Bedeutung. Wagner wünschte, wohl mit Rücksicht auf Frau Cosima, deren Vernichtung, doch Frau Wesendonk bewahrte sie der Nachwelt auf und bereitete selbst noch kurz vor ihrem 1902 erfolgten Tode die Herausgabe vor. Die in ihrem Nachlaß enthaltenen Blätter wurden dann ihrer Verfügung gemäß 1904 veröffentlicht. Daß in dieser Sammlung zahlreiche Stücke fehlen, namentlich aus der Zeit vor der Flucht aus dem Asyl, so der Briefwechsel während Wagners Aufenthalt in Paris (Januar 1858) und mehrere andere bedeutungsvolle Briefe, auf die an anderen Stellen Bezug genommen wird, ist leicht ersichtlich, aber wohl kaum zufällig, sondern auf die bestimmte Absicht der Empfängerin zurückzuführen, alles sich noch auf den inneren Kampf der beiden Liebenden Beziehende und mit der späteren Resignation zu stark Kontrastierende auszuschließen.
Auszug aus dem Vorwort: Julius Kapp: Richard Wagner an Mathilde und Otto Wesendonk.
Tagebuchblätter und Briefe. Hesse & Becker, Leipzig 1915
Zehn Jahre, von 1852 - 1862, hat die Liebesepisode gedauert, die in Richard Wagners Leben einen höchst wichtigen Abschnitt bedeutet und seinen gefeierten Namen für immer mit dem der Mathilde Wesendonk verbinden wird. Als 1904 seine Briefe an die Frau erschienen, die in jener denkwürdigen Züricher Zeit ihm so nahe gestanden hatte, war der Eindruck ganz gewaltig. Tiefe Herzensgeheimnisse wurden hier aufgedeckt; auf die Jahre, in denen er die erste Hälfte seines Nibelungenwerkes, vor allem "Tristan und Isolde" geschrieben hatte, fiel ein ganz neues, leuchtendes Licht, und er selbst, so sehr man ihn schon als Briefschreiber geschätzt hatte, gewann durch d i e s e Briefe neue Freunde und Verehrer, eine neue Glorie, die um sein energisches, von tiefem Leid durchfurchtes Haupt sich legte und ihn vielen, die ihn nur bewundert hatten, nun erst auch liebenswert machten.
Professor W o l f g a n g G o l t h e r in Rostock war es, dem der unverhoffte Fund nach dem Tode der Besitzerin, die diese Briefe empfangen hatte, anvertraut wurde; und er hat sie ganz mustergültig herausgegeben, mit einer bis ins kleinste aufklärenden Einleitung versehen, zahlreiche erläuternde Anmerkungen hinzugegeben, spätere Erscheinungen von Briefen Wagners sowie ausdeutende Forschungen des Engländers Ashton Ellis sich zunutze gemacht, um seine Ausgabe in neuen Auflagen immer mehr der Vollkommenheit zu nähern und keinen Wunsch hierfür unbefriedigt zu lassen.
Auszug aus der Einleitung: Richard Sternfeld: Richard Wagner:
Tagebuchblätter und Briefe an Mathilde Wesendonk. 1853 - 1871.
Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin um 1920
Otto Wesendonk hat sich in dem schicksalschweren Sommer 1858, als Richard Wagner am 17. August sein Züricher Asyl aufgeben mußte und nach Venedig reiste, wirklich groß gezeigt. Er wußte, daß er seiner Frau ganz vertrauen durfte, daß ihre Liebe hoch über diesen Erdengründen in schmerzerrungener, reinster Verklärung schwebte. Hier war nur durch freie Gewähr Lösung zu gewinnen.
Am 29. November 1859 schreibt Wagner aus Paris an Frau Wesendonk:
"Kinder, dass wir D r e i sind, ist doch etwas wunderbar Grosses! Es ist unvergleichlich, mein und Euer grösster Triumph! Wir stehen unbegreiflich hoch über der Menschheit, unbegreiflich hoch! Das Edelste musste einmal Wahrheit werden: und das Wahre ist so unbegreiflich, weil es so ganz für sich ist. Geniessen wir diess hohe Glück: es hat keinen Nutzen, und ist zu nichts da - nur genossen kann es werden, und nur von denen, die selbst es sich sind." -
In diesen Worten ist das ganze Verhältnis ebenso wahr wie zart angedeutet. Nur Menschen von tiefem Seelenadel konnten aus mancherlei Verwirrung des Gefühls zur Klarheit sich durchringen und zu hilfreicher und dankbarer Freundschaft sich die Hand reichen.
Auszug Zur Einführung: Wolfgang Golther: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk.
1852 - 1870. Alexander Duncker, Berlin 1905
Inhalt der Briefausgaben:
Mathilde und Otto Wesendonck, Alexander Duncker, Berlin 1904/05
Mathilde und Otto Wesendonk, Hesse & Becker, Leipzig 1915
Briefe im Web
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853-1871. (Wolfgang Golther, 1904)
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853-1871. (Wolfgang Krebs, Website)
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853-1871. (24. Aufl. 1904, Projekt Gutenberg)
Richard Wagner to Mathilde Wesendonck. (William Ashton Ellis, 1905)
Briefe Richard Wagner's an Otto Wesendonck. (Albert Heintz, 1898, Google bücher)
Antiquarische Ausgaben der Briefwechsel
Albert Heintz: Briefe Richard Wagner's an Otto Wesendonk. "Allgemeinen Musik-Zeitung", Charlottenburg (Berlin) 1897, III + 98 S.
Albert Heintz: Briefe Richard Wagner's an Otto Wesendonk. Verlag der "Allgemeinen Musik-Zeitung", Charlottenburg (Berlin) 1898, 133 S. [Ergänzungen]
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe. 1853 - 1871. Alexander Duncker, Berlin 1904, XXXII + 366 S. [5 Notenbeispiele, 14 Briefe von Mathilde Wesendonk, Frontispiz (Wagner-Medaillon nach einer Photographie), 3 Bildtafeln (Mathilde Wesendonck, nach einem Ölbild von Dorner; nach einem Relief von Kopf; Villa Wesendonk und Asyl in Zürich) und 3 Faksimiles ("Parzival", "Tristan", "Meistersinger"), Namensverzeichnis]
Wolfgang Golther: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Alexander Duncker, Berlin 1905, 133 S. [Einleitung, Abb. Otto Wesendonk]
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe. 1853 - 1871, Alexander Duncker, Berlin 1909, XXVI + 366 S. [Bildtafeln und Faksimiles]
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe. 1853 - 1871. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1908/1913, XXXVI + 366 S. [Frontispiz, 3 Portr.-Tafeln, 1 Abb. der Villa und 3 Handschrift-Nachbildungen]
Richard Sternfeld: Richard Wagner: Tagebuchblätter und Briefe an Mathilde Wesendonk. 1853 - 1871. Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin um 1910 / 1920 / 1930, 411 S. [Erläuterungen, 3 Portraittafeln]
Wolfgang Golther: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1911, 133 S. [Erläuterungen]
Richard Wagners Briefe in Originalausgaben. Erste Folge V / VI Richard Wagner an Mathilde Wesendonk, Otto Wesendonk. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1912.
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853 - 1871. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1914, 424 S. [1 Bildnis, Erläuterungen]
Julius Kapp: Richard Wagner an Mathilde und Otto Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe. Hesse & Becker, Leipzig 1915, 464 S. [Vorwort, 6 Bildnissen, 3 Handschriften, Gedicht Mathilde Wesendonks zur Beisetzung R. Wagners in Bayreuth, Register]
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853 - 1871. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1915, 424 S. [Volksausgabe, Frontispiz (Kupfertiefdruck: Mathilde Wesendonk v. Dorner), Erläuterungen, 31 S. Noten (Fünf Gedichte für eine Frauenstimme)]
G. Will: Richard Wagner an Mathilde und an Otto Wesendonk. Tagebuchblätter u. Briefe. Th. Knaur, Berlin um 1920 / 1925, 375 S. [Sammlung Phönix, Bd. 17, Einleitung]
Julius Kapp: Wesendonk-Briefe. Richard Wagner an Mathilde und Otto Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe. Hesse & Becker, Leipzig 1920. Die Schatzkammer, Band 125, 463 S. [Vorwort, 6 Bildnisse, 3 Handschriften]
Wolfgang Golther: Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe 1853 - 1871. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1920, 395 S. [Einleitung]
G. Will: Tagebuchblätter und Briefe: Richard Wagner an Mathilde und an Otto Wesendonk. Schreitersche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1925, 375 S. [Einleitung]
Es existieren eine Reihe weiterer Ausgaben und Nachauflagen sowie ausländische Ausgaben
Johannes Brahms
Während die Beziehungen Mathilde Wesendoncks zu Richard Wagner Gegenstand mannigfacher Veröffentlichungen geworden sind, hat ihr Verkehr mit Johannes Brahms bisher noch keine zusammenfassende Darstellung gefunden. Vorliegendes Buch versucht, einen Einblick in die Beziehungen, die zwischen Johannes Brahms und Mathilde Wesendonck bestanden haben, zu geben. Zugleich werden zum ersten Male die zwischen ihnen gewechselten Briefe veröffentlicht.
Aus Vorrede: Erich H. Müller von Asow: Johannes Brahms und Mathilde Wesendonck. Ein Briefwechsel. Ilse Luckmann, Wien 1943
Im Stadtarchiv Zürich befindet sich ein Teil des Briefwechsels [SAZ VII.84 I].
Wäre ich nun vom andern Geschlecht so setzte ich Ihre neuen Gedichte vermuthlich gleich in Musik.
Brief Johannes Brahms
... was liegt noch an Johannes Brahms! ... Sein Glück war ein deutsches Missverständniss: man nahm ihn als Antagonisten Wagners, - man brauchte einen Antagonisten!
Nach: Friedrich Nietzsche: Der Fall Wagner
Im Brahms-Briefwechsel-Verzeichnis (BBV) des Brahms-Instituts an der Musikhochschule Lübeck sind folgende Briefe gelistet:
Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms: 12. Juni 1867: "Immer hoffte ich der Frühling würde Sie im Schwalben Fluge zu uns führen"
Johannes Brahms an Mathilde Wesendonck: nach dem 20. September 1868: "Es war ein ganz eigen freundlich=ärgerliches Gefühl"
Johannes Brahms an Mathilde Wesendonck: vor dem 20. November 1868: "Ich habe bis Heute gezögert Ihr werthes Schreiben zu beantworten"
Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms: 30. Dezember 1868: "Zwei Worte sollen Ihnen Heute nur melden"
Johannes Brahms an Mathilde Wesendonck: Januar 1869: "Mein Versprechen zu halten theile ich Ihnen in wenig Worten mit"
Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms: 25. August 1869: "Heute nur eine Notiz die Ihnen vielleicht von Interreße ist!"
Johannes Brahms an Mathilde Wesendonck: August 1869: "Es soll dies keine Antwort bedeuten auf Ihren Brief"
Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms: 27. Mai 1873: "Wohl haben Sie mich niemals auch nur mit einem Worte ermuthigt, Ihnen meine Gedichte zu senden"
Johannes Brahms an Mathilde Wesendonck: Juni 1873: "Ich fühle mich wirklich beschämt Ihrer nachsichtvollen Güte gegenüber"
Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms: 24. November 1874: "Wer wollte es läugnen, daß wir in einer Zeit des Ueberganges leben?"
Sept. 68.
Verehrteste Frau,
Es war ein ganz eigen freundschaftlich-ärgerliches Gefühl, als mich, bei meiner Rückkehr aus der Schweiz, hier Ihre schönen, schlanken Schriftzüge empfingen.
Ich war kürzlich zweimal je einen halben Tag in Zürich u. obwohl sonst in Anspruch genommen, durchaus Willens Ihnen m. Besuch zu machen. Hegar sagte mir indeß Sie seien nicht daheim u. so unterblieb es leider.
Ich kann nun, wie es scheint durchaus hoffen das Versäumte bald nachzuholen. Ihre intendirten Reisen u. die meinen zeigen für's Erste einige freundliche Übereinstimmung. Vor Allem denke ich den Winter nochmals in die Schweiz zu kommen u. namentlich in Basel mein "Deutsches Requiem" selbst zu leiten. ...
Ich hätte allen Drang u. alle Lust recht viel zu erwiedern auf die freundlichen Worte Ihres Briefes, aber einstweilen - gönnen Sie mir Ihre Gudrun die denn mit derselben Liebe gelesen werden soll. ...
Ich ersuche nochmals die eilige Feder zu entschuldigen u. zeichne mich in ausgezeichneter Hochachtung u. Verehrung
Ihr sehr ergebener Jhs Brahms
Hamburg, Anscharsplatz 5.
In einem Brief vom 24.11.1874 aus Dresden schreibt Mathilde Wesendonck an Johannes Brahms:
Wienerstraße 14. Dresden Novbre 24. 74.
Hochverehrter Herr!
Wer wollte es läugnen, daß wir in einer Zeit des Ueberganges leben? Wir schleppen schwer an den Formen vergangener Jahrhunderte, deren Inhalt für uns verloren gegangen ist, u. schlecht genug steht uns das überkommene, aber unseren Gliedern nicht angepaßte Gewand, zu Gesichte, ähnlich den jüngern Kindern häuslicher Mütter, die vom Schicksal ausersehen wurden, die abgelegten Kleider ihrer aelteren Geschwister aufzutragen! Wenn es zu Leßing's Zeit sich darum handelte, zu erkennen, welcher von den drei Ringen der aechte Ring sei, u. ob es überhaupt einen aechten Ring geben könne, so haben wir heute die Aufgabe, mit Georg Förster offen u. ehrlich zu gestehen, "daß es Finger giebt, auf welcher [Sic!] der Ring, welcher er auch sei, gar nicht paßt, u. daß der Finger darum doch ein guter u. brauchbarer Finger sein könne!" -
Um mich kurz zu faßen: Ich möchte Ihr Intereße für die alte schöne Sitte der Leichenverbrennung gewinnen, die sich in jeglicher Beziehung, beßer mit den Anschauungen des 19t. Jahrhunderts verträgt, als die häßliche, semiische Unsitte des Begrabens, oder d. Todtenbestattung.
Es handelt sich zunächst darum, dem Aktus eine künstlerische u. ideale Weihe zu geben, um ihn zu einer, dem ersten CulturVolke würdigen, Handlung zu erheben. Wie könnte das beßer geschehen, als wenn man zur Todtenfeier die Musen ladet? Sie verstehen mich, daß ich eine Art von Oratorium oder Requiem im Sinne habe, aber freilich, ohne biblischen Text! Eine kurze Dichtung, dem Inhalte nach zweckentsprechend, lege ich Ihnen zur Prüfung bei! Es ist meine Ueberzeugung, daß, sobald die edle, schöne Form gefunden ist, sich alle Aufgeklärten u. Gebildeten zur Leichenverbrennung bekennen werden. Sie wissen zugleich, daß ich die Schwäche habe, Sie zu den Besten u. Vorurteilslosesten unserer Zeit zu zählen, u. hierin finden Sie den EntschuldigungsGrund u. verzeihen mir gewiß, wenn ich Ihnen Mühe mache! -
Werden Sie mich Diesmal wohl draußen vor der Thüre stehen laßen, mit meiner Bitte? Den Göttern sei's anheimgegeben! Immerdar, mit herzlichen Verehrung u. aufrichtiger Hochachtung, zeichnet
Ihre
Mathilde Wesendonck
Diesem Brief war die Ceremonie bei der Leichen-Verbrennung [Manuskript: SAZ VII.84.II.A] vom 21.11.1874 beigefügt.
Brahms Reaktion, der zu dieser Zeit in Wien in stark jüdisch beeinflußten Musikkreisen sich bewegte und dieses Stück mit einen Zettel an Theodor Billroth weiterleitete, war eher ablehnend, belustigend und spottend, wie der Antwortbrief Billroths vom 27.11.1874 an ihn belegt:
Ja! Ja! Wenn man wissen will, was sich ziemt, so soll man nur bei edlen Frauen anfragen. Oh! Mathilde! Wohin bist Du geraten! Sie scheint niemanden zu haben, der sie vor den Konsequenzen solcher Geschmacklosigkeit bewahrt. Meine Frau und ich haben tüchtig gelacht. Besten Dank für die Mitteilung! Die Flammen lodern durch den Rauch! Hinaus! Hinaus! Man stickt in diesem Qualm!
Dass Mathildes "Verbrennungskantate" doch beeindruckten, wenn auch im negativen Sinn, zeigt, dass Billroth darüber an Wilhelm Lübke und dieser wiederum an Julius und Clara Stockhausen, Berlin, berichtete, dass Brahms selbigen Text komponieren solle und dass dies die wichtigste Fortschrittsidee der Menschheit sei.
Ich sage, sie soll den Text dem eben erschienenen Streichquartett von Kirchner unterlegen; denn bei solchen Klängen wird man sich gern verbrennen lassen und nicht bedauern, daß man eine Welt verläßt, in welcher gute Freunde solche Musik niederschreiben und gar herausgeben.
Auch wenn Brahms zuerst gespottet hat, so ordnet er in seinem brieflichen Testament an Fritz Simrock (Mai 1891) an:
Schließlich, was mich selbst angeht, ich wünschte eigentlich, daß mein Körper verbrannt würde. Läßt es sich machen, so werden die Kosten natürlich dem Vermögen entnommen.
Nach: Erich H. Müller von Asow: Johannes Brahms und Mathilde Wesendonck. Ein Briefwechsel. Ilse Luckmann, Wien 1943
Gudrun und Brahms
Ihre Gedichte und Brahms
Ein Fazit kann gezogen werden - für Brahms war sie nicht die Muse!
Briefe im Web
Johannes Brahms. Life and Letters.
(Hrsg.: Styra Avins, Übers.: Josef Eisinger, 1997, Englisch, Zeno.org)
Antiquarische Ausgaben des Briefwechsels
Erich H. Müller von Asow: Johannes Brahms und Mathilde Wesendonck. Ein Briefwechsel. Ilse Luckmann, Officina Vindobonensis Kom.-Ges., Wien 1943, 128 S. [8 Bildtafeln, 2 Faksimiles]
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Richard Wagner
(Biografie bei documentamusica.de, Zeno.org)
Johannes Brahms
(Biografie bei documentamusica.de, Zeno.org)
Seine Briefwechsel (BBV - Brahms-Briefwechsel-Verzeichnis)