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Sterbehilfe, Bioethik, Sterben in W�rde, Euthanasie, Klonen, Bioethik, ...

Blick vom Schmittenbach auf St. Peter (Hornhof rechts), 25.5.2004 Die Rechtslage beim Thema Sterbehilfe ist kompliziert. Jemanden nach seinem eigenen Wunsch ums Leben zu bringen, wird nach deutschem Recht als "T�tung auf Verlangen" mit bis zu f�nf Jahren Haft bestraft. Straflos ist dagegen die Beihilfe zum Suizid - womit es theoretisch erlaubt w�re, dem Lebensm�den die t�dliche Dosis zu reichen. Allerdings w�re der Sterbehelfer im n�chsten Moment wieder zur Rettung verpflichtet, um sich nicht

Keine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe - Stellungnahme von "Autonom Leben"

Der Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat eine Gesetzes�nderung zur Freigabe der "aktiven Sterbehilfe" gefordert: "Verantwortungsvolle, mitf�hlende Sterbehilfe ist f�r mich kein Versto� gegen humane Grundwerte, sondern ein Gebot christlicher N�chstenliebe."
In Deutschland konnte bisher anders als in den Niederlanden oder Belgien die gesetzliche Freigabe der "Aktiven Sterbehilfe" nicht durchgesetzt werden. Ein Grund sind die Erfahrungen mit der Gesundheitspolitik des Hitler-Faschismus. Die Nationalsozialisten kn�pften an der Propaganda f�r die angeblich so segensreiche und humane Freigabe der "aktiven Sterbehilfe" an, um ihr Programm der Vernichtung "lebensunwerten Lebens" und der Endl�sung der sozialen Frage zu verwirklichen.
Im Zusammenhang mit den Prozessen gegen die "Euthanasie"�rzte des Dritten Reiches schrieb 1949 der amerikanische Arzt Leo Alexander, "dass allen, die mit der Frage nach dem Ursprung dieser Verbrechen zu tun hatten, klar wurde, dass sie aus kleinen Anf�ngen wuchsen. Am Anfang standen zun�chst feine Akzentverschiebungen in der Grundhaltung. Es begann mit der Auffassung, die f�r die Euthanasiebewegung grundlegend ist, dass es Zust�nde gibt, die als nicht mehr lebenswert zu betrachten sind. In ihrem Fr�hstadium betraf diese Haltung nur die schwer und chronisch Kranken. Nach und nach wurde der Bereich jener, die unter diese Kategorie fielen, erweitert und auch die sozial Unproduktiven, die ideologisch Unerw�nschten, die rassisch Unerw�nschten dazugerechnet. Entscheidend ist jedoch zu erkennen, dass die Haltung gegen�ber den unheilbar Kranken der winzige Ausl�ser war, der diesen totalen Gesinnungswandel zur Folge hatte."

Wir halten es daher f�r gef�hrlich und grundfalsch, die "T�tung auf Verlangen" und die "aktive Sterbehilfe" gesetzlich zuzulassen:
l Wenn der Staat es erst einmal zul�sst, dass �rzte ihren Patienten Tabletten oder Spritzen verabreichen, die als einziges Ziel haben, Patienten umzubringen, dann ist nicht nur der Missbrauch programmiert. Eine genaue gesetzliche Regelung f�hrt auch dazu, dass auch der letzte Abschnitt des Lebens voll in der Routine des medizinischen und betreuungsrechtlichen Alltags aufgeht, dass sich dabei pragmatisch zweckgerichtetes Handeln durchsetzen und die Todesspritze zu einer normalen, gleichrangigen Alternative �rztlichen Handelns wird.
l Auch der Kommerz wird sich rasch der ge�nderten Rechtslage annehmen. Es wird einen Handel mit diesen Giften geben, das unkontrollierbare Internet bietet sich nahezu daf�r an. Es wird einen "Sterbehilfe"-Tourismus und verst�rkt spezielle �rzte und Kliniken geben, deren bevorzugtes Gesch�ft es sein wird, schwerkranke und schwerstbehinderte Menschen zu t�ten.
l Die Rechtsprechung der letzten Jahre, aber auch die 1999 vorgelegten "Richtlinien zur Sterbebegleitung und Behandlungsabbruch" der Bundes�rztekammer haben zudem das Tor zur "aktiven Sterbehilfe" weit aufgesto�en. Die Rechtsprechung in Deutschland verlangt vor einem Behandlungsabbruch die Pr�fung, ob "ein bewu�tes oder selbstbewu�tes Leben f�r den betroffenen Patienten zu erwarten sei" (OLG Frankfurt 1998). Dieses Kriterium aber f�hrt unausweichlich in ein Wertesystem, das menschliches Leben erster und zweiter Klasse unterscheidet, mit unterschiedlichem Anrecht auf Schutz und Menschenw�rde. Das ist eine direkte �bernahme der Pr�misse der Bioethik, dass es einen grunds�tzlichen Unterschied gibt zwischen einem bewussten und selbstbewussten Leben von Personen, die deshalb ein volles gesch�tztes Lebensrecht haben, und einem menschlichen Leben von "Nichtpersonen", dem Bewusstheit und Selbstbewusstsein abgesprochen wird und das deshalb vernichtet werden darf, wenn das f�r die Gesellschaft insgesamt n�tzlicher erscheint.
l Wenn aktive Sterbehilfe generell freigegeben w�rde, dann sind sich Kranke und Behinderte buchst�blich ihres Lebens nicht mehr sicher. Permanent st�nde ihnen die Aufforderung im R�cken: Warum stirbst du nicht endlich? Warum bittest du nicht um dein Ende?
l Von einem freien Willen kann bei der Bitte um die Giftspritze �berhaupt nicht die Rede sein. Die Einsamkeit, die unzureichend behandelten Schmerzen, die schreckliche Situation in den Kliniken und Pflegeheimen, das Gef�hl, nur noch anderen zu Last zu fallen, der mehr oder weniger direkte Druck des sozialen Umfeldes werden weit h�ufiger diese Bitte um den schnellen Tod bestimmen als der "freie" Wille.
l Als eine wesentliche Hilfe f�r das Handeln des Arztes sollen demn�chst auch in Deutschland verbindliche Patientenverf�gungen dienen. Aber diese sogenannten Patiententestamente sind ja in der Regel in einer ganz anderen Lebenssituation verfasst worden. Und selbst wenn die Patientenverf�gungen schon bei sehr fortgeschrittener Krankheit oder zu einem Zeitpunkt kurz vor Eintreten der Nichtzustimmungsf�higkeit verfasst werden, ist ihre Aussagekraft h�chst zweifelhaft. .
Und bei nichteinwilligungsf�higen Patienten sollen gesetzliche Betreuer, Angeh�rige, �rzte und Vormundschaftsrichter den "mutma�lichen Willen" der Betroffenen ermitteln. Was ist aber der "mutma�liche Wille" und kann er �berhaupt ermittelt werden? Der mutma�liche Wille ist ein sehr manipulatives Instrument; er richtet sich nach dem Ma� des durchschnittlich Vern�nftigen. Die Gesunden w�rden also einem Kranken, in dessen Lage sie sich gar nicht hineindenken k�nnen, ihre Auffassung aufpressen.
l Dass Menschen in kritischen Lebenslagen mit Selbstt�tungsw�nschen reagieren, ist normal. Die Frage ist dann, wie mit solchen W�nschen respektvoll umgegangen wird. Das Angebot des schnellen Todes ist hier ganz sicher der falsche Weg. Aufgabe des Arztes, der Pflegenden und der Angeh�rigen ist es vielmehr, in solchen Situationen die Not hinter dem T�tungswunsch sensibel wahrzunehmen und ernst zu nehmen. .
Und wenn es nicht zu verhindern war, dass sich Menschen selbst t�ten, dann ist das allemal Anlass zu trauern, innezuhalten, nachzudenken, was falsch gelaufen ist. Es darf aber nicht zum Anlass genommen werden, neue Gesetze zu fordern, die die Selbstt�tung oder das T�tung auf Verlangen erleichtern, oder gar eine neue "praktische" Ethik oder Moral als sozial notwendig zu verlangen, die das T�tungstabu grunds�tzlich aufhebt.
l "Sterbehilfe" ist nicht zuletzt eine �konomische Frage. 60 bis 70 Prozent der gesamten Behandlungskosten eines Lebens fallen in den letzten zwei Lebensjahren an. Da ist die Versuchung gro�, die maroden Gesundheitssysteme durch die T�tung dieser Patienten zu sanieren. Die Praxis der "Sterbehilfe" in den Niederlanden oder Belgien ist f�r die Kosten und Nutzen abw�genden Sozial- und Gesundheitspolitiker weltweit daher durchaus Vorbild. .
Rund 40.000 Menschen fallen zum Beispiel in Deutschland jedes Jahr ins Koma, die meisten f�r wenige Tage oder Wochen, rund 3000 aber f�r mehr als ein halbes Jahr. Die Behandlung eines Komapatienten kostet monatlich mindestens 5.000 Euro. Es ist daher kein Zufall, dass diese Menschen am h�ufigsten als Argument f�r die "aktive Sterbehilfe" herhalten m�ssen. .
Ein radikales "Sterbehilfe"-Gesetz, die Zulassung der Giftspritze ist daher weit mehr ein Gebot des Wettbewerbs- und Standortvorteils als ein Gebot christlicher N�chstenliebe.
Autonom Leben e.V., Hamburg, www.autonomleben.de, 1.12.2005
newsletter Behindertenpolitik Nr. 22 (erscheint als Beiheftung der Zeitschrift BIOSKOP Nr. 32)
Redaktion: Volker van der Locht, eMail:volkervanderlocht@t-online.de

Selbstbestimmt und m�ndig sterben k�nnen

Vom rechten Zeitpunkt des endg�ltigen Abschiednehmens / Selbstbestimmt und m�ndig sterben k�nnen � das ist ein Wunsch, den nicht nur alte Menschen haben

Ein Mensch stirbt. Erst jetzt ist seine Zeit endg�ltig zu Ende. Selbst wenn er Jahre im Bett gelegen hat, �ein Pflegefall�, wie es hei�t, dement dazu und also wirklich nicht mehr von dieser Welt � solange er lebt, hat er noch Zeit. Ist noch � wie minimal auch immer � Ver�nderung m�glich. Mein Mentor und Freund starb, achtzigj�hrig. �Jetzt w�re es schwierig geworden�, sagte seine Frau bei der Beerdigung, �ich konnte ihn nur noch mit der Pipette f�ttern.� Und ich f�hlte mich in meinem hartn�ckigem Glauben best�tigt, dass der Mensch doch letzten Endes den Zeitpunkt seines Todes mitbestimmt. Er starb, als seine Anwesenheit mehr Last als Bereicherung bedeutet h�tte; er wollte sterben. Das sage ich mir. Ich sage mir das, seit ich den Abschiedsbrief eines Stiefonkels in den H�nden hielt: Im Kriegswinter 1945 schrieb der pensionierte Arzt, ersch�pft von den Strapazen der Flucht, seiner Frau, mit der er die H�rten der Flucht geteilt hatte, f�nf Zeilen des Abschieds, am Abend. Am n�chsten Morgen war er tot.

Selbstbestimmt sterben � ist diese Vorstellung vielleicht nur der letzte, �u�erste Wellenring jenes Aufkl�rungsglaubens, der Menschen M�ndigkeit zuspricht? Nicht wissen, nicht wenigstens mit bestimmen k�nnen � eine Zumutung, die am Ende des Lebens harrt. �Die Jugend ist eigentlich zu sch�n, um sie an die Jungen zu verschwenden� � eine k�hne Formulierung. Und das Alter? Nach all den Jahren des Wachstums, der Entwicklung zu einem � hoffentlich � immer klareren Selbstbild, bewegt der alte Mensch sich auf eine Nebellandschaft zu. Wie wird das Ende sein? Schnell und kurz in einem Unfall? Unvermerkt entschlummern? Oder im Kopf nichts mehr finden k�nnen, obwohl man doch immer Ordnung hielt? Oder dem K�rper ausgeliefert sein, der einem heimt�ckisch eingegebenen Verfallsdatum gehorcht? Habe ich noch zwanzig Jahre vor mir oder zwei? Ich kenne Beispiele. Der Freund, der sich monatelang allein durch die Wildnis des kanadischen Yukon schlug und dann auf einer Landstra�e vom Fahrrad kippte � Herzstillstand. Oder der Vater, den die geballten Morphiumspritzen zuletzt von der m�rderischen Atemnot befreiten. Aber auch die uralte Mutter, die meine Schwester und ich mit dem Singen ihrer Lieblingschor�le in den Tod begleiteten. Welchen Tod w�nsche ich mir? Doch einen, der mir noch eine Weile lebendige Lebenszeit gibt und dann einen bewussten, aber schnellen Abschied. So was wie eine Zusammenfassung: Den letzten Satz meines Textes selber sprechen. Mir nicht das Wort aus dem Mund nehmen lassen. Wenn die Art, wie ein Mensch stirbt, tats�chlich seine Art zu leben spiegelt, dann setzt das Sterben � wie der letzte Satz eines Textes � einen entscheidenden Akzent. Danach ist keine Korrektur mehr m�glich. Er hat das Wort abgegeben; jetzt haben es die �berlebenden. Deshalb schwingt bei Beerdigungen oft eine leise Heiterkeit mit.

Alles von Maria Bosse-Sporleder am 30.11.2005 auf www.bzol.de lesenDie Autorin lebt als Dozentin und Leiterin von Schreibwerkst�tten in Freiburg

Sterbehilfe in Deutschland - Hospiz Karl Josef Freiburg

Muss man sich hierzulande vor einem schmerzhaften Tod in Einsamkeit f�rchten? Eine Reise mit sechs Stationen

Die Hand, die sich zur Begr��ung entgegenreckt, ist weich, w�ssrig und prall geschwollen. Es ist alles andere als eine fr�hliche Gesellschaft, die sich hier um den Tisch versammelt hat. Der gemeinsame Ausflug in die Normalit�t beim Mittagessen im[Hospiz Karl Josef](littenweiler/senioren.htm#Hospiz Karl Joseph) gestaltet sich z�h, trotz Blumen auf dem Tisch, H�hnerfleisch und klassischer Musik. Walter Rudolf erz�hlt mit blutunterlaufenen Unterarmen von seinem Wochenende, einem Ausflug mit dem Rollstuhl zum Waldrand vor der T�r. Karin Solms versucht mit zitternder Gabel die wenigen Nudeln aus ihrem Sch�sselchen zu fischen, w�hrend sie und ihren Tumor die Worte der Mitpatienten und Pfleger am Tisch schon gar nicht mehr zu erreichen scheinen. Sterben � nur damit wir wissen, wovon wir reden � Sterben ist in Deutschland immer noch Sterben � nicht mehr und nicht weniger. Trotz Schmerzpumpe, Hospizstationen und aufopferungsvollen Menschen.

Die Hospizschwester Warum Cornelia Netzer-Kaplanian als stellvertretende Leiterin im Hospiz Karl-Josef in Freiburg gelandet ist, wei� sie noch genau. Nach zw�lf Jahren auf der Krebsstation h�tte sie nach etwas anderem gesucht, sagt sie, an diesem Morgen in dem leeren Hospiz-G�stezimmer, w�hrend im Hintergrund nur das Rascheln der Kleidung und das Ticken der gro�en Standuhr im Flur zu h�ren ist. Tick, Tack; Tick, Tack � die Stunden zwischen Gongschlag und Gongschlag schleichen dahin in der T�rkenlouisstra�e Nummer 22 � unaufhaltsam. �Im Krankenhaus ist es ein Kampf bis zur letzten Minute�, erz�hlt sie, bei dem einem noch kurz vorm Tod die n�chste Blutkonserve angeh�ngt werde. �Aber wenn mir bis zum Ende immer wieder ein Strohhalm vorgehalten wird, dann greif ich doch zu�, sagt die 53-J�hrige. Die Bewerbung vor dreieinhalb Jahren im Hospiz sei f�r sie deshalb �die Suche nach einer menschenw�rdigen Medizin gewesen�. Unter Menschen, deren Angeh�rige die aufw�ndige Pflege ihre sterbenden Verwandten zu Hause nicht mehr stemmen k�nnen. Oder Sterbenden, die einfach niemand haben, der sie auf dem letzten Weg begleitet. Zwar ist auch im Hospiz, so ist zu erfahren, der Alltag f�r viele Menschen ein Warten auf den Tod. �Manche k�nnen nicht aufstehen�, erz�hlt Netzer-Kaplanian, �die Tage werden l�nger, sie wachen morgens auf, nur um festzustellen, dass sie immer noch nicht gestorben sind.� Das Nicht-aushalten-K�nnen dieses Zustands, lautet die Erfahrung der hageren Frau, sei oft das Qu�lendste f�r ihre G�ste, wie die Patienten hier genannt werden. Aber mit dem Entschluss ins Hospiz zu gehen, die Therapie abzubrechen und die Verantwortung f�r das eigene Leben abzugeben, w�rden viele noch einmal Kraft sch�pfen: Kraft beispielsweise, um unter H�chstdosen von Morphin noch ein ganzes Buch zu Ende zu schreiben. �Diejenigen, die mit ihrem Leben und Sterben hadern�, sagt Cornelia Netzer-Kaplanian, �haben es meist am schwersten.�Der Br�ckenpfleger
�Die Hoffnung stirbt zuletzt�, darin sind sich die zwei M�nner und zwei Frauen einig. �Im tiefsten Inneren des Herzens wissen unsere Patienten, dass sie keine Chance haben�, meint Astrid Ebach stellvertretend f�r ihre Kollegen. �Aber eine Etage dr�ber, da hoffen die meisten doch, das alles wieder gut wird.� Besuch bei der Br�ckenpflege, einmal durch den prachtvollen Parcours der Uniklinik hindurch, links hinten, im Tumorzentrum neben der Litfasss�ule. Rainer Fritsche, Astrid Ebach, Annemarie Sch�ll und Ulrich Knapp betreuen mit zwei weiteren Kollegen momentan 32 Krebspatienten, in den eigenen vier W�nden. Sie organisieren das Lebensnotwendige, den Pflegedienst und beraten bei den Tabletten und der Schmerzmedikation.
Und sie sind 24 Stunden am Tag erreichbar, wenn die Schmerzen zu qu�lend werden oder ein pflegender Ehemann ins Krankenhaus muss. Die z�he Hoffnung der Patienten zeigt sich zum Beispiel darin, dass rund die H�lfte der Betreuten versucht, mit Mistel-, Magnetfeldtherapie oder Vitaminpr�paraten noch ein Wunder zu bewirken. Dass jemand den Tod akzeptiere, passiere meist sp�t, sagen die Pfleger. Erst dann, wenn den Kranken die Kraft zum K�mpfen verlasse.
Sterbehilfe? Alle Vier geben zu, im Zusammenhang mit dem eigenen Tod dar�ber nachgedacht zu haben. Aber die Frage scheint eher ein Problem der Gesunden zu sein. Derjenigen, die den Berg noch vor sich sehen und sich dessen Bew�ltigung nicht vorstellen k�nnen. Ein Krebskranker, hei�t es, sei aber oft zu schwach, um �berhaupt �ber den n�chsten Tag hinaus zu denken. Geschweige denn, dass er einen Blick Richtung Gipfel werfen m�chte. �F�r viele Patienten ist jeder Tag ein eigenes Universum�, sagt Fritsche. Allein im letzten Jahr hat die Br�ckenpflege 300 Krebskranke �bernommen. Umgebracht haben sich in den zehn Jahren seit der Gr�ndung nur zwei.

Der Angeh�rige
Wenig sp�ter klingelt Ulrich Knapp an der T�r von Wolfgang Roth, dem Mann einer ehemaligen Patientin. Ein Haus zwischen Kaiserstuhl und Tuniberg, d�rfliche Umgebung, gutb�rgerlich, hell, behaglich und � leer. �Am 3. August hat Karin aufgeh�rt zu atmen�, sagt der 66-J�hrige mit belegter Stimme. Auf ihrem Klavier hinten in der Ecke hat er ihren Altar, wie er ihn nennt, aufgebaut. Zwei Kerzenleuchter, eine Rose, dazwischen Bilder vom Urlaub am Meer, Karins Jacke von der B� aufgebl�ht, die blonden Haare windzerzaust. Das Haus in der Provence, die Wanderung in den Bergen. �Und auf allen Bildern�, sagt Roth, �tr�gt sie das Monster schon in sich.� Das Monster, der Tumor im Darm, der sich immer weiter ausbreitete � zehn Jahre lang. �Ein Kampf mit partiell begrenzten Siegen�, sagt der sanfte, intellektuelle Mann mit Tr�nen in den Augen. Im Dezember 2004, als die von Metastasen zerfressenen Wirbel im R�cken brachen, habe Karin schlie�lich endg�ltig aufgegeben: �Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr.� Im April 2005 sagte sie: �Mein Gott, wie geht es mir gut.� Karin lag im Bett, um mit dem Rollstuhl auf die Terrasse gefahren zu werden, war sie bereits zu schwach. �Aber alle waren da�, sagt ihr Mann, �so oft sie konnten.� Die S�hne, die Schwestern. Die Familie sei um das Sterbebett zusammenger�ckt, und so sei es bis heute geblieben. �Es ist auch die Aufgabe des Sterbenden, seine Angeh�rigen auf den eigenen Tod vorzubereiten�, hatte eine Stunde vorher noch Astrid Ebach im Tumorzentrum gesagt. Vor allem, denjenigen, die ihre Angelegenheiten nicht geordnet h�tten, die ihre wichtigen Probleme und Konflikte nicht kl�ren konnten, falle es schwer, loszulassen.

Die Patientin
Anita Vesper hat Krebs, Lungenkrebs. Vor allem mit der Luft habe sie manchmal Probleme, verr�t die 74-J�hrige. �Manchmal springe ich auf, renne auf den Balkon und schnappe nach Luft wie ein Fisch an Land.� Oft sind es auch die schmerzhaften Hustenanf�lle, die sie auf den Balkon treiben. Und weil sie die Nachbarn dort nicht so sehen sollen, so ohne Haare nach der Chemotherapie, tr�gt sie diesen roten Samtturban, zu Bademantel, Ohrringen und Nachthemd. Schmerzen? Am Anfang habe es schon wehgetan, sagt die Frau, bis der Arzt die richtige Arzneimischung gefunden hatte. Die Metastasen im Kopf, das Dr�hnen, das Rauschen, das Stechen. �Ohne die Medikamente w�re ich l�ngst vom Balkon gesprungen.� Schmerztherapie bei Tumorpatienten sei nur in optimaler Zusammenarbeit mit den beteiligten Berufsgruppen zu erreichen, sagt Rainer Fritsche, und meint damit auch die Haus�rzte. �Die Zusammenarbeit ist aber leider aber nicht immer vollst�ndig m�glich.� Dank des Zusammenspiels von einem Pflaster auf der Haut, das fortlaufend Opiate in ihre Adern sickern l�sst, und den Schmerztabletten sei von ihren Schmerzen ein dumpfes aber ertr�gliches Leiden �briggeblieben, sagt Anita Vesper. Das Leben verleiden k�nnen einem Krebspatienten aber auch chronische Durchf�lle, Verstopfungen oder der wunde Mund nach der Chemotherapie. �Das meiste kriegen wir mit den �rzten in den Griff�, versichert Fritsche. Bei Anita Vesper war es vor allem die Angst. Die Angst, sich hinzulegen beispielsweise. �Ich krieg den Spruch ,im Bett sterben die Leut � nicht mehr aus meinem Kopf�, sagt sie. Dank einer neuen Pille k�nne sie jetzt endlich einschlafen. �Man muss nat�rlich wissen, dass diese Tablette auf die Dauer s�chtig machen kann�, r�umt der Pfleger vor der Haust�r ein. Die M�glichkeit einer Medikamentenabh�ngigkeit erscheint dem Pfleger in dieser Situation eher unbedeutend. �Was ist schlimmer�, sagt er, �Angst oder Atemnot oder solche Nebenwirkungen?�Der Arzt �Medizinisch gesehen, br�uchte unter Schmerzen heute so gut wie keiner mehr zu sterben�, best�tigt auch Wilhelm Freiherr von Hornstein, der Leiter der Schmerzmedizin in der Freiburger Klinik f�r Tumorbiologie und Vorsitzender der Hospizgruppe Freiburg. Bei f�nf bis zehn Prozent scheitert allerdings oft auch seine Kunst. �Aber wenn Sie eine gute Schmerztherapie machen, fangen die Probleme oft erst an�, sagt er. Der Patient beginne Fragen zu stellen. �ber das Leben, den Tod. �Damit m�ssen sie erstmal klar kommen.� Leider sei es aber ein Grundproblem der �rzte, Erfolg und Selbstbest�tigung prim�r in der Heilung der Krankheit zu sehen, nicht in der Lebensqualit�t des Kranken. �Wir werden vor allem ausgebildet, in den Kampf gegen Infektionen und Tumoren zu ziehen�, sagt von Hornstein. Aber wie sieht eine gute Palliativmedizin aus? �Der Patient braucht Ehrlichkeit�, sagt der Mediziner, �und er braucht den Freiraum, selbst zu gestalten, was er noch gestalten kann. Auch wenn es nur die Dosierung der Schmerzpumpe ist. Die Autonomie, eine Botschaft zur�cklassen zu d�rfen. Kein Mensch m�chte einfach kommentarlos verschwinden.� Aber wer heutzutage hierzulande als Arzt Palliativmedizin machen wolle, m�sse daf�r Freizeit opfern. Entlohnt werde es ihm kaum.

Der Gesch�ftsmann Wahrscheinlich ist deshalb auch das Hospiz Karl-Josef f�r Helmut Schillinger ein Zuschussbetrieb, nur dass Schillinger kein Arzt, sondern Verwaltungswirt und Gesch�ftsf�hrer des Regionalverbunds kirchlicher Krankenh�user ist. Ein Engagement, das er und die Kirche sich j�hrlich rund 110000 Euro kosten lassen, wenn sie nicht �ber Spenden wieder hereingeholt werden k�nnen. Rund 170 Euro kostet eines der acht Hospizbetten am Tag, 85 Prozent �bernehmen die Kassen, der Rest bleibt beim Tr�ger . 22 Tage, referiert Schillinger, bleibt der durchschnittliche Gast in der T�rkenlouisstra�e.
In den Krankenh�usern sieht die Situation nicht besser aus. Weil die Politiker die Sterbemedizin ohne geeignete Fallpauschalen zum Verlustgesch�ft werden lie�en, steht in der Uniklinik Freiburg zwar eine neue Palliativstation � genutzt wird sie aber f�r gew�hnliche Privatpatienten. Sieben Palliativbetten auf eine Million Einwohner gibt es in Baden-W�rttemberg, elf duchschnittlich in Deutschland, 30 gelten international als erw�nscht. �hnlich das Bild bei den station�ren Hospizen. Neun gibt es f�r je eine Million Baden-W�rttemberger, 15 im Schnitt in Deutschland, 20 gelten als notwendig. Zwar hat die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag angek�ndigt, weitere Pl�tze zu schaffen. Schon jetzt merkt die deutsche Gesellschaft f�r Palliativmedizin aber kritisch an, dass jegliche konkrete Festlegung fehle. Zwar sei die Warteliste f�r das Freiburger Hospiz nicht immer ausgebucht, sagt Schillinger. Immer wieder st�nden auch G�stezimmer leer. Viel werde au�erdem in der Familie aufgefangen. Jeder dritte Tumorpatient stirbt zu Hause. �Und trotzdem gibt es anscheinend zu viele Menschen, die diesen Schritt heute noch einsam gehen m�ssen.� Zumindest in einem w�rden sich aber alle gleichen, sagt seine Angestellte Netzer-Kaplanian: �Wenn sie einmal gestorben sind, wirken alle Gesichter seltsam gel�st.
Alles von Michael Brendler vom 19.11.2005 auf www.bzol.de lesen

Ansichten einer Todgeweihten �ber Weiterleben, Sterben und Rechtslage

Wie weit darf das Selbstbestimmungsrecht �ber das eigene Sterben gehen? Mich treibt die Frage um, seit mein Brustkrebs vor f�nf Jahren Lungenmetastasen gebildet hat und damit nicht mehr geheilt werden kann. Da war ich 43 Jahre alt und hatte noch eine statistische Lebenserwartung von zwei Jahren. Als ich 45 war, bescherten mir erneute Lungen- und Rippenfellmetastasen neun schlimme Monate mit Schmerzen und Luftnot, bevor ein neues Medikament sie wieder eind�mmen konnte. Aber auch das wird mir nur noch im besten Fall wenige Jahre Lebenszeit gew�hren.

So droht mir ein fr�hzeitiges und wohl auch qualvolles Sterben � trotz aller Hilfe durch die Palliativmedizin, die ich sicher in Anspruch nehmen werde. Zudem habe ich mit ansehen m�ssen, wie meine Mutter vor f�nf Jahren an ihren Brustkrebsmetastasen starb. Zwar konnte ich sie nach einer Odyssee durch �berforderte Krankenh�user in einem Hospiz mit liebevoller Betreuung unterbringen � doch auch dort hielt sie an ihrem Wunsch nach Sterbehilfe fest. Und auch ich w�nsche mir, dass mich jemand ohne Angst vor Strafe beim Freitod begleiten darf, wenn ich nicht mehr leben will.

Dabei will ich den Wunsch nach Sterbehilfe nicht gegen das aufopfernde Engagement der Hospizbewegung und der Palliativmedizin ausspielen. Ich verstehe auch die Angst vor Missbrauch und einer zu liberalen Regelung, die den Druck auf kranke und alte Menschen erh�hen k�nnte, aus finanziellen oder sozialen Gr�nden aus dem Leben zu scheiden. Dennoch bin ich froh, dass endlich auch bei uns in Deutschland �ber Sterbehilfe gesprochen wird � trotz unserer NS-Vergangenheit mit einer �Euthanasie�, der von 1939 bis 1945 bis zu 250000 behinderte Menschen zum Opfer fielen.

Eigentlich hei�t Euthanasie �sch�ner Tod�. Und darum geht es mir: Endlich wird auch bei uns �ber das Tabu Tod gesprochen. �ber unseren Umgang mit dem Sterben, das wir so gerne verdr�ngen. �ber unseren Alltag in Krankenh�usern und Pflegestationen, �ber die Apparatemedizin, die Schwerkranken oft das Selbstbestimmungsrecht �ber ihr Sterben raubt. �ber den Widerspruch, Sterbebegleitung und Schmerztherapie sonntags zu loben, aber werktags nur unzureichend Geld daf�r bereitzustellen. Endlich wird auch �ber die Angst der Menschen vor einem unw�rdigen Tod, vor Siechtum und qu�lenden Schmerzen gesprochen; das sind die Gr�nde, weshalb laut manchen Umfragen 70 Prozent f�r aktive Sterbehilfe bei Schwerstkranken pl�dieren. Sicher w�rden viele anders stimmen, wenn sie sicher sein k�nnten, ausreichend schmerzlindernde Medikamente zu bekommen und menschenw�rdig beim Sterben begleitet zu werden. Doch immer noch gilt ein �u�erst rigides Bet�ubungsmittelrecht, das Experten f�r v�llig �berzogen halten. So hat Deutschland in Europa den niedrigsten Verbrauch an Morphinen. �ber 92 Prozent der 220000 Menschen, die j�hrlich an Krebs sterben, leiden aber in ihrer letzten Lebensphase unter starken Schmerzen. Von anderen grausamen Krankheiten abgesehen. F�r sie alle gibt es bundesweit nur 1000 ausgebildete Schmerzmediziner.

W�re nicht eine klare Rechtslage sch�tzender � f�r �rzte und Patienten?
Aber auch mit Palliativmedizin blieben f�nf bis zehn Prozent der Tumorkranken �brig, die trotzdem unertr�gliche Schmerzen leiden. Und die den Tod als Erl�sung herbeisehnen. Oder die die Begleitumst�nde ihrer Krankheit als so entw�rdigend empfinden, dass sie ihr Leiden beenden wollen.

Das habe ich auch pers�nlich bei Krebskranken miterlebt: Meine Mutter bekam zwar im Hospiz ausreichend Morphium, das ihre Tumorschmerzen linderte. Sie drohte auch nicht mehr wie im Krankenhaus, aus dem Fenster zu springen, ertrug ihre letzten Tage aber nur, weil ihr Wille akzeptiert wurde, nicht mehr zu essen und damit ihren Tod zu beschleunigen. Ich kann f�r mich nicht ausschlie�en, irgendwann �hnlich zu empfinden. Vielleicht erfahre ich dann trotz aller liebevollen Begleitung so wenig Lebensqualit�t, erlebe mein Sterben als so qualvoll, h�sslich und w�rdelos, dass ich nicht mehr will.

Ich finde es verk�rzt, wie der Palliativmediziner Eberhard Klaschik, argumentiert: �Wer keine Schmerzen hat, will nicht sterben.� Sicher ist Palliativmedizin �aktive Lebenshilfe�. Aber was ist mit all denen, die trotz aller Unterst�tzung durch Hospize und Angeh�rige immer noch selbst bestimmt ihrem Leben ein Ende setzen wollen und dabei Hilfe brauchen? Sie werden in aller Regel allein gelassen.

Sie treffen in Deutschland auf eine rechtliche Grauzone, die weder von �rzten noch Patienten richtig durchschaut wird: Aktive Sterbehilfe gilt laut Strafgesetzbuch als strafbares T�ten auf Verlangen oder sogar als Totschlag und kann mit Haft bis f�nf Jahren bestraft werden. Passive Sterbehilfe dagegen ist nach Urteilen des Bundesgerichtshofes straffrei, wenn �in unmittelbarer Todesn�he� lebensverl�ngernde Ma�nahmen beendet werden, indem zum Beispiel lebenserhaltende Maschinen ausgeschaltet werden. Indirekte Sterbehilfe ist im Prinzip ebenfalls straffrei, wenn sie dem erkl�rten oder �mutma�lichen� Willen der Sterbenden entspricht: Dann d�rfen �rzte Schmerzmittel auch verabreichen, wenn sie damit den Tod beschleunigen. Ebenfalls nicht strafbar ist Beihilfe zum Selbstmord: Der Arzt darf also dem Sterbewilligen ein t�dliches Medikament geben, darf sogar die Giftspritze anlegen, sofern sie sich der Patient dann selbst gibt.

Dann aber, wenn der Patient bewusstlos ist, muss der Arzt alles M�gliche tun, um dessen Tod zu verhindern � sonst droht ihm eine Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung. Er darf also nicht bei seinem sterbenden Patienten bleiben, sondern muss ihn allein lassen, um sich selbst zu sch�tzen. Mir erscheint das doppelb�dig und unmenschlich.

Bereits sieben Millionen Deutsche haben bislang Patientenverf�gungen verfasst. Doch noch nicht einmal diese Dokumente des Patientenwillens sind bislang rechtlich verankert. Immer noch nehmen manche �rzte lieber den weniger schlimm bestraften Vorwurf der K�rperverletzung in Kauf und behandeln ihre Patienten trotz gegenteiliger Verf�gungen weiter. Denn wenn sie dem Patientenwillen folgen und die Behandlung abbrechen, dann drohen ihnen h�here Strafen wegen unterlassener Hilfeleistung. Auch bei einer eindeutigen Willenserkl�rung des Patienten muss meist noch das Vormundschaftsgericht angerufen werden. Die vorige Regierung wollte Patientenverf�gungen mehr rechtliches Gewicht geben. Ob die gro�e Koalition aus CDU/CSU und SPD dieses hei�e Eisen noch einmal anpackt, ist fraglich. Besonders in der Union, aber auch in Teilen der SPD gibt es viel Widerstand. Damit r�ckt eine verbindliche Regelung der Patientenverf�gungen in weite Ferne - die rechtliche Grauzone bliebe bestehen. Nat�rlich bleibt Sterbewilligen noch die M�glichkeit, sich selbst zu t�ten. Das ist sogar bei uns straffrei. Aber meist wissen sie in ihrer gro�en Not einfach nicht, wie sie an Medikamente kommen sollen, mit denen sie auf schmerzfreie und sichere Weise ihr Leben beenden k�nnen. Nat�rlich gibt es �rzte, die ihren Patienten in irgendeiner Form beim Sterben helfen. Aus Angst vor Strafe reden sie nicht dar�ber. Sterbehilfe bleibt so in der Grauzone. Damit wird aber auch dem Missbrauch T�r und Tor ge�ffnet, dubiosen Sterbehelfern und Gesch�ftemachern. W�re da nicht eine klare Rechtslage sch�tzender, nicht nur f�r alle unertr�glich leidenden Menschen, sondern auch f�r ihre �rzte? Ich bin mir ganz sicher, dass ich dann viel leichter und angstfreier �ja� zu einem Leben sagen k�nnte, das ich sonst vielleicht nicht mehr aushielte.Jutta Redmann. 19.1.2005, Jahrgang 1957, freie Journalistin und lebt in Bonn

Sterbehilfe und Stammzellenforschung - Projekt Treffpunkt Ethik

Die Beteiligten am "Treffpunkt Ethik" diskutieren im Heinrich-Hansjakob-Haus �bers Internet ethische Fragen
Ein behindertes Kind abtreiben? Die Eltern ins Heim geben? Solche ethische Fragen sollen im Internet diskutiert werden. Das sieht das deutschlandweite Projekt "Treffpunkt Ethik" vor, das kl�ren m�chte, welche Chancen das Netz zum Bearbeiten ethischer Themen bietet. Dabei treten Menschen verschiedener Schichten und unterschiedlichen Alters per Computer in Kontakt. Das Bundesministerium f�r Bildung und Forschung f�rdert das Projekt, das die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Erwachsenenbildung ins Leben gerufen hat.

Am 17. Februar 2005 startet "Treffpunkt Ethik" im Heinrich-Hansjakob-Haus, einem Begegnungs-, Beratungs- und Bildungshaus f�r �ltere Menschen, dessen Tr�ger die Caritas und das Bildungs- sowie Altenwerk des Erzbistums Freiburg sind. Welcher Frage die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nachgehen werden, ist noch unklar. Aber Wilhelm Pfaff, Bildungsreferent im Heinrich-Hansjakob-Haus, kann sich vorstellen, "dass man dar�ber spricht, ob man seine Eltern ins Pflegeheim geben darf. Ein Thema, das jung und alt gleicherma�en besch�ftigt." Auf die ethische Frage, die er�rtert werden soll, m�ssen sich die Teilnehmenden einigen. Das soll beim ersten Treffen geschehen, bei dem sich alle kennen lernen und au�er dem Thema technische Fragen kl�ren werden. Anschlie�end wird die Diskussion �ber ein Forum im Internet gef�hrt. "Nur die Teilnehmer und Teilnehmerinnen k�nnen auf das Forum zugreifen - so oft sie wollen und jederzeit", sagt Wilhelm Pfaff. Nach vier Wochen tauschen dann alle Beteiligten ihre Erfahrungen aus. Sie k�nnen auch einen Fragebogen des Forschungsinstituts f�r Philosophie in Hannover ausf�llen, welches das Projekt wissenschaftlich betreut.

Kommt das Projekt bei den Teilnehmenden an, dann k�nne man k�nftig parallel zu Seminaren im Internet Foren einrichten, in denen die Teilnehmer zus�tzlich diskutieren und sich informieren k�nnen, so Wilhelm Pfaff. Am "Treffpunkt Ethik" k�nnen alle teilnehmen, die ein ethisches Thema �bers Internet bearbeiten m�chten. "Auch junge Leute k�nnen mitmachen. Zwar treffen sich im Heinrich-Hansjakob-Haus vorwiegend �ltere Menschen, aber sie freuen sich, wenn junge Leute vorbeischauen", sagt Wilhelm Pfaff. Wer keinen Computer hat, kann das Internetcaf� im Bildungshaus nutzen, um beispielsweise bei der Pflegeheim-Diskussion mitzureden.
MS, 25.1.2005

Treffpunkt Ethik beginnt am 17. Februar, 14.30 bis 17 Uhr; Kosten f�r f�nf Treffen: 22 Euro
Infos zum Heinrich-Hansjakob-Haus in Freiburg >Senioren

Diskussion mit Peter Singer �ber Menschenw�rde - eine Nachbetrachtung

Zum Auftritt Peter Singers bei der Internationalen Konferenz "Menschenw�rde & Wissenschaft" des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Heidelberg am 11.12.2004: Das Deutsch-Amerikanische Institut hatte sich vorgenommen, im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung zum Thema "Menschenw�rde & Wissenschaft" eine Versachlichung der Diskussion um den umstrittenen Ethiker Peter Singer herbeizuf�hren, dessen Auftritte in Deutschland bislang stets von Protesten begleitet waren und z.T. auch verhindert wurden. Singer sollte zwar geh�rt, seine Thesen aber vor allem einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Es sollte darum gehen, selbst�bewusst mit der Singer'schen Theorie umzugehen und sich der wissenschaftlichen Diskussion zu stellen.

Den Rahmen f�r diese Auseinandersetzung bot eine Konferenz, zu der als Garanten f�r eine versachlichte Debatte die Professoren Martha Nussbaum, Dietmar Mieth, Marcus D�well, Julian Nida-R�melin, Reinhard Merkel, R�diger Wolfrum und Shirin Ebadi eingeladen worden waren. Dabei wurde versucht, die Normalit�t einer wissenschaftlichen Business-as-usual-Veranstaltung zu vermitteln. Zwar hatte es am Vormittag auch eine kleine Anti-Singer-Demonstration vor dem Geb�ude gegeben, von Protesten war aber eine halbe Stunde vor Singers Auftritt nichts mehr zu sehen oder zu h�ren.

In seinem Vortrag "Dignity � What's so Special About Human Beings?" brachte Singer � ausgehend vom Begriff der Menschenw�rde, dem Thema der Tagung � einige seiner zentralen Thesen aus der "Praktischen Ethik". Danach sollte W�rde nicht nur Menschen, sondern entweder allen Lebewesen zukommen oder allen mit bestimmten F�higkeiten: Personen. Zum Personsein geh�rt nach Singer mehr als die Zugeh�rigkeit zur Spezies Homo sapiens, das entscheidende Kriterium sind f�r ihn die kognitiven F�higkeiten, die bei Tieren h�her entwickelt sein k�nnen als bei manchen Menschen (Babys, Gehirnkranke). Entsprechend m�ssten die Interessen von Tieren mit besonderen kognitiven F�higkeiten ber�cksichtigt und ggf. gegen die Interessen des Menschen abgewogen werden. So seien Tierversuche z.B. dann gerechtfertigt, wenn sie Menschen dazu verhelfen, weiterzuleben, denn das Interesse des Menschen, sein Leben fortzusetzen sei gr��er als das von M�usen und Ratten, weil diese im Ge-ensatz zum Menschen kein biographisches Ged�chtnis und keine Pl�ne f�r ein zuk�nftiges Leben h�tten. Gleichzeitig sollten Menschen, deren kognitive F�higkeiten unterhalb eines bestimmten Niveaus l�gen, weniger das Recht auf Weiterleben haben, denn sie bes��en ebenso wenig ein biographisches Ged�chtnis und Zukunftspl�ne wie M�use und Ratten. In bestimmten F�llen habe man sogar eine Verpflichtung, Menschen zu t�ten, n�mlich dann, wenn sie leiden.

Vielleicht lag es daran, dass diese Thesen Singers bereits zur Gen�ge bekannt sind und ebenso die Einw�nde gegen sie, dass es in der anschlie�enden Fragerunde keine grundlegende Kritik an Singers Theorie gab. Auch die anderen Referenten hielten sich weitgehend zur�ck, es wurden nur einige Detailfragen behandelt. Erst der Vortrag des explizit als Singer-Kritiker eingeladenen Utrechter Philosophen Marcus D�well und die darauf folgende Diskussion brachten die entscheidende Differenz auf den Punkt: W�hrend der Begriff der Menschenw�rde f�r D�well zentral ist, hat er im Konzept Singers keinen Platz. Gerade in diesem ma�geblichen Aspekt konnte allerdings auch D�well dem "rational" argumentierenden Singer wenig entgegensetzen, dessen Theorie den "Vorzug" hat, leicht verst�ndlich und auf den ersten Blick klar und einleuchtend zu sein, w�hrend sich Konzepte wie "Menschenw�rde" kaum anders als durch tradierte Moral und Kultur begr�nden lassen und so f�r viele letztlich "unlogisch" und damit inakzeptabel und bestenfalls Glaubensfragen sind.

Das war das Dilemma der gesamten Veranstaltung, die damit ihr Ziel der sachlichen Auseinandersetzung in Kernfragen verfehlen musste. Zwar war sowohl bei den anderen Referenten als auch im Publikum die Anti-Singer-Haltung nahezu einhellig. Dass fast alle Anwesenden im Grunde zu Singer v�llig kontr�re Auffassungen vertraten, erschloss sich jedoch nicht ohne Weiteres. Im Vergleich zu der demonstrativen Offenheit, dem Suchen von Gemeinsamkeiten und der W�rdigung bestimmter Teile der Singer'schen Theorie wurde das Abwegige grunds�tzlicher Theoreme Singers kaum thematisiert.

Anscheinend kann man einen so selbstverst�ndlich in unserer kulturellen Tradition verankerten Grundwert wie die Menschenw�rde nicht "wissenschaftlich" begr�nden und damit auch dessen Leugnung schwer widerlegen. Deshalb bleibt es aber auch fraglich, ob es sinnvoll sein kann, ihn in einer solchen Veranstaltung zur Disposition zu stellen.
Rosetta del Enzo in 1000fragen.de am 14.1.2004
www.1000fragen.de, www.aktion-mensch.de

Wird T�tungsphilosoph Peter Singer in Deutschland hoff�hig? Der umstrittene australische Philosoph Peter Singer erh�lt nach 15j�hriger Debatte �ber Redeverbot im deutschsprachigen Raum erstmals �ffentliches Podium. Auf einer internationalen Konferenz in Heidelberg spricht sich der Ethiker f�r die aktive T�tung schwerstbehinderter Menschen aus. Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) fordert, Peter Singer in Deutschland kein Podium f�r Agitationszwecke zur Verf�gung zu stellen. Auf seiner internationalen Konferenz zum Thema "Menschenw�rde und Wissenschaft" hat das Deutsch-Amerikanische Institut in Heidelberg dem australischen Philosophen und Ethiker Peter Singer am 11. Dezember Gelegenheit gegeben, seine menschenverachtenden Thesen von der T�tung behinderter Neugeborener vorzutragen. Peter Singer, der vor allem durch sein Buch �Animal Liberation� bekannt geworden ist, vergleicht darin menschliches Leben mit tierischem. Seit Jahren entbehren seine wissenschaftlichen Theorien jedweder neuen Erkenntnisse aus der therapeutischen Arbeit mit schwerstmehrfach behinderten und sch�delhirntrauma verletzten Menschen.
http://www.beb-ev.de/artikeldrucken.php?id_art=148 am 13.12.2004

Die W�rde des Menschen war unantastbar - Ernst-Wolfgang B�ckenf�rde aus Au

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang B�ckenf�rde aus Au bei Freiburg verteidigt die traditionelle Sicht von Menschenw�rde

"Die W�rde des Menschen war unantastbar" - mit diesem Satz hat Ernst-Wolfgang B�ckenf�rde Aufsehen erregt. Unter dieser �berschrift hat der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht und emeritierte Professor der Uni Freiburg im vergangenen Jahr in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das traditionelle Verst�ndnis der Menschenw�rde verteidigt. Damit hat B�ckenf�rde, der in Au bei Freiburg lebt, einen Streit �ffentlich gemacht, von dessen Ausgang beispielsweise abh�ngt, wie weit an embryonalen Stammzellen geforscht werden darf. Gestritten wird dabei nicht in erster Linie darum, was Menschenw�rde ist. (Darunter verstehen Juristen einerseits alles, was den Menschen vom Tier abgrenzt und andererseits die Einzigartigkeit jedes Menschen im Vergleich zu seinen Mitmenschen.) Bei dem Streit geht es vielmehr um die Unantastbarkeit der Menschenw�rde.

Anlass f�r den Aufsatz B�ckenf�rdes war die Neukommentierung des "Maunz-D�rig", des ma�geblichen Grundgesetzkommentars. Darin hat der Bonner Professor Matthias Herdegen eine neue Definition der Garantie von Menschenw�rde vorgelegt, die offen ist f�r Abstufungen und Relativierungen. Dies kritisiert der 73-j�hrige B�ckenf�rde und verteidigt die Unantastbarkeit der Menschenw�rde.

Ein Beispiel: Wenn man davon ausgeht, dass die Ausgabe von Berechtigungsausweisen an Fl�chtlinge deren Menschenw�rde ber�hrt (siehe Text oben), muss die Verwaltungspraxis von Stadt und Regierungspr�sidium nach der von Herdegen formulierten Auffassung dennoch nicht automatisch gegen Artikel 1 des Grundgesetzes versto�en. Denn danach ist es im Einzelfall m�glich, dass gewichtige Interessen der Wahrung der Menschenw�rde entgegenstehen und deren Beeintr�chtigung daher hinzunehmen ist. Damit wird die Menschenw�rde zu einer Abw�gungssache. Nach dem von B�ckenf�rde verteidigten traditionellen Verst�ndnis von Menschenw�rde darf es eine solche Abw�gung dagegen nicht geben - die Menschenw�rde ist in diesem Sinn tats�chlich unantastbar.

Ein zweites Beispiel: Der Freiburger Wulf beruft sich darauf, dass alle Teilnehmer der Fernsehsendung "Big Brother" freiwillig in dem Container waren (siehe Interview). Das entspricht der Argumentation Herdegens, der so lange keine Verletzung der Menschenw�rde erkennen will, so lange der Betroffene sich in "v�llig freier Selbstbestimmung" entschieden hat. Nach Ansicht B�ckenf�rdes spielt es jedoch keine Rolle, ob jemand sich freiwillig einer menschenunw�rdigen Situation aussetzt. Denn: Auch gegen�ber dem eigenen Willen ist die W�rde des Menschen unantastbar. Noch sieht B�ckenf�rde den Ausgang des Streits als offen an und will auf jeden Fall weiter f�r seine Sicht werben - damit in Zukunft wieder gilt: "Die Menschenw�rde ist unantastbar."
BZ vom 16.9.2004

Ethik-Konsil am ZERM - Zentrum f�r Ethik und Recht in der Medizin

Berater und Gutachter wollen dazu beitragen, dass der Grundgesetzartikel 1 auch im Alltag beachtet wird

Hanj�rg Just ber�t in Sachen Menschenw�rde. Sein Rat war zum Beispiel gefragt, als eine 76 Jahre Krebspatientin weitere Operationen ablehnte. W�hrend ihrer Behandlung waren "tausende Komplikationen aufgetreten", erinnert sich der Mediziner. Und dann auch noch Magenbluten. "Die Frau ergab sich in ihr Schicksal, empfand ihr Leben als Geschenk und hatte nun das Gef�hl, dass es zu Ende geht", sagt Just. Doch einen Wunsch hatte die Patientin noch: Sie wollte auf der Krebsstation liegen bleiben und dort sterben, weil sie sich von den Schwestern hier so gut behandelt f�hlte. Was die behandelnden �rzte vor eine schwierige Frage stellte, erinnert sich Just: "Das kostet 750 Euro am Tag, sollen wir das machen, nur damit die Frau sich wohl f�hlt?" Die Frau durfte bleiben und starb nach vier Tagen auf der Krebsstation.
F�r Just war es die richtige Entscheidung: "Das verstehe ich unter Menschenw�rde, dass man solche W�nsche ber�cksichtigt." Der 70-J�hrige ist der Arzt im Team des "Ethik-Konsils", einem Arbeitsbereich des "Zentrums f�r Ethik und Recht in der Medizin" (ZERM) des Universit�tsklinikums in Freiburg. In dem Konsil wirken au�er Just, der auch Sprecher des ZERM ist, noch zwei Theologen, ein Jurist, ein Neurologe und ein Ethiker mit. Die Arbeit dieses Beratungsgremiums diene der Wahrung der Menschenw�rde am Krankenbett, erl�utert Just. �rzte und Pflegepersonal der Uni-Klinik k�nnen sich mit ihren Fragen an das "Ethik-Konsil" wenden. Soll ein Kind, das viel zu fr�h geboren ist, um jeden Preis am Leben erhalten werden, auch wenn bleibende Sch�den sicher sind? Wie soll eine Schwerkranke, die mit gro�en Schmerzen lebt und nicht sterben kann, behandelt werden? Antworten auf solche Fragen suchen Just und seine Kollegen rund 60 mal im Jahr. "Wir verbreitern die Schultern der behandelnden �rzte, die Entscheidung abnehmen k�nnen wir ihnen aber nicht", sagt der Sprecher des ZERM. ...

Alles von Stefan Waschatz vom 16.9.2004 lesen Sie aufwww.bzol.de

Die Menschenw�rde in der Verfassung

Artikel 1, Absatz 1, des Grundgesetzes lautet: "Die W�rde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu sch�tzen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Laut Bundesverfassungsgericht liegt ein Versto� gegen die Menschenw�rde vor, wenn der Mensch als blo�es Objekt behandelt wird. Die Menschenw�rde bedeutet danach zum Beispiel Schutz vor Erniedrigung, Dem�tigung oder Folter.
Darf ein Polizist einen Entf�hrer foltern, um den Aufenthalt des Opfers zu erfahren? Darf mit einem k�nstlich erzeugten Embryo grenzenlos geforscht werden? Fragen, die deutschlandweit diskutiert werden. Und immer wieder muss die Menschenw�rde als Argument herhalten. Auch in Freiburg wird um den Inhalt von Artikel 1, Absatz 1, des Grundgesetzes gerungen und gestritten.

Diskutieren auch Sie mit bei der zentralen Frage zur Sterbehilfe

Haben die Pro-Sterbehilfe-Anh�nger auch mal an die Rolle des Arztes dabei gedacht?"
Diese Frage wird aktuell in einem der Foren der Bioethik-Diskussion debattiert. Dr. Frank-Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes, ist Pate dieser Frage. In seinem Statement schreibt er: "Aus den �ber 9.000 Fragen, die bisher im 1000 Fragen gesammelt wurden, habe ich diese f�r die Diskussion ausgew�hlt, weil sie das Dilemma der Patienten und des Arztes beleuchtet.

'Sterben in W�rde' und �rztliche Sterbebegleitung k�nnen nur funktionieren,
wenn der Patient sicher sein kann, dass sein Arzt an sein Bett tritt, um zu helfen, zu heilen, zu lindern oder zu tr�sten -
und der Arzt muss die Gewissheit haben, dass der Patient in ihm nicht den potenziellen 'Todbringer' sieht."

W�rden Sie pers�nlich einem Arzt vertrauen, der Sterbehilfe leistet?
Diskutieren Sie mit unter: http://www.1000fragen.de/newsletter/040710.php

"Wird der Mensch zum Ersatzteillager herabgestuft?"
Diese Frage wird aktuell in einem der Foren der Bioethik-Diskussion debattiert. Der Schauspieler Jochen Senf ist Pate dieser Frage. In seinem Statement schreibt er:
"Aus den �ber 9.000 Fragen, die bisher im 1000Fragen-Projekt gesammelt wurden, habe ich diese f�r die Diskussion ausgew�hlt, weil es darum geht, ethische Grunds�tze zu formulieren, die mit therapeutischem Klonen, mit menschlichen 'Ersatzteilen' verantwortlich umzugehen erlauben."
Droht beim Therapeutischen Klonen die Ethik der Macht des Faktischen und dem Primat der �konomie zu unterliegen? Diskutieren Sie mit unter:
http://www.1000fragen.de/newsletter/040717.php

Bonndorfer Gespr�che - Moraltheologe Schockenhoff kritisiert in Euthanasie-Debatte

Kritik, dass "heiteres Sterben zur rechten Zeit" zum Ideal stilisiert wird

"Sterbehilfe soll �ffentlich akzeptabler gemacht werden durch eine fehlende Unterscheidung, was in Wirklichkeit Euthanasie ist." Und Bef�rworter der Sterbehilfe w�rden, indem diese als Akt der Selbstbestimmung und Autonomie prononciert werde, die �rztliche T�tungshandlung im �ffentlichen Denken zu verankern versuchen, sagt Professor Eberhard Schockenhoff.

Schockenhoff, Moraltheologe an der theologischen Fakult�t der Universit�t Freiburg, referiert beim letzten Abend der "Bonndorfer Gespr�che" zu einem heiklen Kapitel: die "W�rde des sterbenden Menschen". Nicht umsonst spricht Pfarrer Eckart Kopp in seiner Einf�hrung von einem "Thema, dem man sehr gerne aus dem Weg geht", n�mlich "dem letzten irdischen Weg des Menschen".

Jenseits der Denkfiguren, mit denen dem Recht auf Euthanasie der Weg bereitet werden soll, f�llt Schockenhoff vor allem eines ein: Dass es in erster Linie darum gehe, Zeitpunkt und Umst�nde des eigenen Todes bestimmen zu k�nnen und sich dazu der Hilfe von �rzten und Pflegepersonal zu bedienen, um sich eben nicht mit der eigenen Endlichkeit befassen zu m�ssen. Das "heitere Sterben zu rechten Zeit", es werde zum Ideal stilisiert, das den "Tod durch die Hand des Arztes" aber zwingend brauche. Frage man etwa Bef�rworter oder Gegner der Sterbehilfe, ob sie die eigene Mutter oder den eigenen Vater auf dessen Wunsch hin euthanisieren w�rden, s�he die Sache hingegen ganz anders aus: "Da sperrt sich etwas", wei� er.

Bei Eberhard Schockenhoff war h�ufiger von Grenzen die Rede, die verschwimmen oder nicht klar zu ziehen sind, und die werden auch von den Zuh�rern in der Diskussion angesprochen: Muss der leidende Todkranke, f�r den keine Aussicht auf Besserung besteht, um jeden Preis am Leben erhalten werden? Oder anders: Wann ist die Schmerzmittelgabe noch Therapie, wann ist sie bereits Euthanasie? F�r Schockenhoff eine eindeutige Angelegenheit: Wo die kurative Therapie aussichtslos wird, Heilung also au�er jeder Reichweite liegt, habe die palliative Therapie einzusetzen, die Schmerzen, Angst und innere Unruhe lindere. Das sei dann auch keine bewusste Hilfe zum Sterben, sondern eine Hilfe im Sterben, etwa dadurch, dass eine wirkungslose Therapie abgebrochen werde oder keine weiteren Ma�nahmen mehr eingeleitet werden - und ethisch akzeptabel. "Wie der Tod eintritt, macht moralisch durchaus einen Unterschied", so der Professor.
Eine Legalisierung der Sterbehilfe lehnt er vehement ab - vor allem, weil sie Todkranke unter Druck setzen k�nnten, die Alternative der aktiven Euthanasie auch anzunehmen, obwohl der Wunsch, unter welchen Bedingungen auch immer weiterzuleben, der st�rkere sei. Kritisch bleibe jedenfalls, den Willen zur eigenen T�tung zu unterstellen, wenn ein Mensch dauerhaft bewusstlos sei: Wer solle dann entscheiden - der Arzt vielleicht
Mehr von Christian Klesse am 2.7.2004 auf www.bzol.de lesen

� by freiburg-schwarzwald.de, www.frsw.de, Kontakt, Update 17.12.13