Brauron (original) (raw)
Das Artemis-Heiligtum in Brauron
Einleitung:
Das Artemis-Heiligtum ist eine der ältesten Stätten in Attika und mit zahlreichen Sagen und Legenden verbunden. Hier lag ein uraltes Heiligtum der Artemis Brauronia. Es wird berichtet, dass Einwohner der hier gelegenen Siedlung einen Bären, der ein Mädchen getötet hatte, erlegten. Da es ein Tier der Artemis war, erlegte diese den Bewohnern den Artemis-Kult auf. Dem Kult wurden junge Mädchen geweiht, die hier vor dem Altar als Bärinnen verkleidet tanzten. Die Mädchen von 5 bis 10 Jahren lebten wahrscheinlich, wie vor allem die Ausgrabungen bestätigt haben, bis zur ihrer Heiratsfähigkeit in einer Art klösterlicher Gemeinschaft. Sie wurde durch ein Kollegium der zehn Hieropoien (Opferer), die der Göttin eine Ziege opferten, zu „Bärinnen" (Arktoi) geweiht und trugen safrangelbe Gewänder, die wohl das Bärenfell andeuten sollten.
Bildquelle: http://www.culture.gr/2/21/211/21102a/00/mk02a021.jpg
Alle fünf Jahre wurde im Frühling das Fest der Brauronien gefeiert, bei dem eine Prozession von Athen nach Brauron zog. Seit 416 v. Chr. wurde neben Artemis auch Apollon hier verehrt. Historisch gesehen dürfte der Artemis-Kult in Brauron seit mykenischer Zeit gefeiert worden sein. – Die Artemis von Brauron hieß auch Artemis Iphigeneia. Es gibt zwei Versionen der Iphigenie-Sage: In der einen Version wird die Opferung der Iphigenie von Aulis nach hier verlegt. In der anderen wird überliefert, dass Iphigenie nach der Rückkehr von den Taurern in Brauron gelandet sei und hier den Artemis-Kult eingeführt habe, dem sie sich bei den Taurern geweiht hatte. Die alte, holzgeschnitzte Kultstatue der Artemis soll sie von den Taurern mitgebracht haben. Nach Euripides („Iphigenie bei den Taurern") wurde Iphigenie in Brauron begraben und an ihrem Grab wurden ihr die Gewänder aller Frauen geweiht, die bei einer Kindergeburt ums Leben gekommen waren. Artemis Iphigeneia war ursprünglich eine Mondgöttin, die Einfluss auf die stürmische See und auf die Kindergeburt hatte. – Ende des 6. Jh. v. Chr. wurde auch Peisistratos, der aus Brauron stammte, ein Tochterheiligtum der brauronischen Artemis auf der Akropolis in Athen eingerichtet; wahrscheinlich wurden dahin in Notzeiten auch die Tempelschätze aus Brauron gebracht.
Rundgang:
Auf dem Ausgrabungsgelände vorne rechts steht eine restaurierte Georgs-Kapelle (1) des 15. Jh. mit einigen Fresken. Die älteren stammen aus der Erbauungszeit (z. B. der Hl. Kosmas an der Ostwand), die jüngeren von 1580. Unmittelbar links daneben liegen die Fundamente eines verhältnismäßig kleinen Artemis-Tempel (2) (ca.10 x 20 m) aus der 1. Hälfte des 5. Jh. v. Chr. Er stand teilweise auf gewachsenem Felsen, teilweise auf einem künstlichen Fundament. Wie die Grabungen ergaben, lag an der gleichen Stelle vorher ein älterer Tempel. Entlang der Nordseite des Tempels zog sich gegen Osten die Mauer eines Temenos, die den Tempelbezirk nach Norden begrenzte.
Wohl die älteste Ställe des Heiligtums war eine Kultgrotte der Iphigenie 25 m südwestlich vom Tempel am Hang, dort wo heute der am Hang parallel laufende Felseinschnitt liegt. Hier wurde die Artemis Iphigeneia wohl in ähnlicher Weise verehrt, wie die Göttin der Kindergeburt Eileithyia. Die Höhle galt auch als Grab der Iphigeneia. Nachdem der Eingang der Höhle einstürzte, baute man davor ein kleines Heiligtum mit einem nach Nordwesten gerichteten Eingang (3) (neben der großen Kiefer). Auf der anderen Seite der Höhle steht ein etwas größeres Gebäude (4) ähnlichen Grundrisses, das als sogenanntes Heiliges Haus bezeichnet wird und möglicherweise die Wohnung der Artemis-Priesterin war.
Zwischen 430 und 420 v. Chr. wurde der Tempelbezirk nach Norden durch eine größere Hofanlage erweitert. Die Südseite des Hofes wurde von den eben beschriebenen Bauten begrenzt. Die anderen drei Seiten waren mit durch Säulen gestützten Hallen umschlossen, von denen die kannelierten, dorischen Säulen des Nordflügels mit einem Teil des Architravs wieder aufgerichtet worden sind. Hinter den Hallen der Nord- und der Westseite liegen im Norden sechs und im Westen drei Räume (5) von durchschnittlich 6 x 6 m. Dies waren mit Sicherheit die Zellen der „Bärinnen". An den Wenden entlang standen je 11 Liegebetten (Klinai) um Tische herum. Die Füße der Betten waren mit Bleidübeln am Boden befestigt, die auch noch erhalten sind.
Hinter dem Nordflügel liegt eine lange, schmale Stoa (6), die der Aufstellung von Weihegeschenken, insbesondere auch Statuen von Mädchen und Jungen, die man ebenfalls noch im Saal II des Museums betrachten kann, diente.
Zwischen dieser Halle und der Rückwand des Zellenbaus verlief der Durchgang in den Tempelbezirk. Im Osten und Westen des Durchganges waren die Rückwand des Zellenbaus und die Halle mit den Weihegaben durch je ein Propylon (7) verbunden. Der Zugang verlief dann über eine Brücke zum Tempel. Im Westflügel des Zellenbaues ist ein Durchgang (8) zu erkennen, der jedoch erst nach der Zerstörung der Hofanlage angelegt worden ist. Der Zellentrakt scheint nur eine verhältnismäßig kurze Zeit verwendet worden zu sein. Um die Wende des 4. zum 3. Jh. v. Chr. hat der Erasinos genannte Bach den Nordflügel zerstört und mit Schlamm überspült.
Der Berg, an dem das Heiligtum liegt, war schon in neolithischer Zeit besiedelt. In mittelhelladischer Zeit war der Berg von einer festen Mauer umgeben, von der an der Südseite und oberhalb der Agios Georgios-Kapelle Spuren im Fels zu erkennen sind.
Quellen:
- Internet: http://www.culture.gr/
- Richard Speich: Kunst- und Reiseführer Südgriechenland I, Stuttgart ( Kohlhammer) 1978
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