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BLOIS
STAMMTAFEL im Anhang Band IX des Lexikons des Mittelalters
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 282
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Blois
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I. GRFASCHAFT UND DYNASTIE IM MITTELALTER
Blois (Dep. Loir-et-Cher), das Loieretal beherrschendes Castrum (keine Civitas, erst 1697 Bistum), war merowingischeund karolingische Münzstätte und Vorort des pagus Blesensis (Blaisois, Blesois), eines der 6 pagi der Civitas Chartres.
Von Blois im engeren Sinn zu scheiden ist das �Haus BLOIS-CHAMPAGNE� der TEDBALDINER (THIBAUDIENS), das, ein frühes Beispiel dynastischer Territorialpolitik, von der Bretagne bis Lothringen geherrscht, die Krondomäne bedrohlich umklammert und in burgundisch-deutsche und englische Verhältnisse eingegriffen hat. Nach Graf Wilhelm von Blois (gefallen 834), dem Bruder Odos von Orleans, war ein anderer Odo Graf von Angers, Chateaudun und Blois geworden, bevor dessen Verwandter Robert der Tapfere 852 mit der Mark gegen die Bretonen (um Angers) auch Blois aus Ausstattung erhielt, es 858 wegen Aufstandes gegen KARL DEN KAHLEN verlor, 861 aber restituiert wurde. Nach seinem Tod 866 fielen die Loire-Grafschaften an den WELFEN Hugo den Abt (+ 886), dann aber wieder an Roberts Söhne Odo(888 König) und Robert, der in Blois, wie andernorts, einen Vicomte einsetzte (Guarnegaud, 895-902 nachweisbar). Robert hat dann seinem Vasallen Thedbald (�dem Älteren; auch: Theobald bzw.Thibaut) 908 erstmals als vicecomes von Tours auftretend, die Grafschaft Blois übertragen. Ihm wird schon die Wiederherstellung der Abtei St-Laumer in Blois (früher in Corbion bei Chartres) zugeschrieben, und er hat sich durch einen Sieg über die Loire-Normannen im Berry (935) Ansehen im Adel südlich der Loire verschafft. In beiden Ämtern folgte ihm um 940 Tedbald I. (so die übliche Zählung - man hat lange Tedbald den Älteren und Tedbald I. für eine Person gehalten), in späteren Quellen �Tricator� genannt (daher französisch �Thibaut le Tricheur�), der die Machtstellung eines Hauses begründete, das nicht auf den sagenhaften Ingo (bei Richer von Reims) zurückgeht, sondern mit den burgundo-italienischen HUGONIDENim Zusammenhang steht. Nach erfolgreichem Kampf für Hugo den Großen in der Francia errang Tedbald 954/44 die Hand der Witwe Wilhelms von der Normandie, Ledgard, einer TochterHeriberts II. (+ 943), die ihm Stützpunkte an der unteren Seine (Beauvaisis) brachte und ihn zum Verbündeten der in Meaux, Soissons, dann auch Troyes mächtigen Söhne Heribertswerden ließ. Nach dem Tode Hugos956 nutzte er die Minorität Hugo Capets, um mit seinem Schwager Fulco dem Guten von Anjou den Loireraum zu beherrschen, die Lehnshoheit über die Grafschaft Rennes zu gewinnen, seinem BruderRicharddas Erzbistum Bourges zu verschaffen (956/57; auf ihn folgte als Erzbischof Tedbalds Sohn Hugo, 969-985) und vor allem sich der Grafschaften Chartres und Chateaudun zu bemächtigen. 962 wurde er im Krieg mit den Normannen bei Ermentrouville vor Rouen geschlagen und verlor seinen gleichnamigen Sohn. In erfolgreicher Klosterpolitik nahm er die nach Burgund geflohenen Mönche von St-Florent-le-Vicil im Castrum Saumur auf und reformierte sie durch einen Abt von Fleury, ebenso wie die Mönche der restituierten Abtei St-Pere in Chartres. Sein NachfolgerOdo I. (975-996) ließ sich Marmoutier vom ROBERTINERverleihen, machte es zur Grablege seines Hauses und führte die cluniazensische Reform ein; Vasallen im weiten Machtbereich von Blois haben im 11. Jh. Priorate von Marmoutier begründet und beschenkt. Gemeinsam mit Heribert III. von Troyes stützteOdo die Politik des karolingischenKönigs Lothar und erhielt dessen Nichte Bertha, Tochter König Konrads von Burgund, zur Frau. Diese Hugo Capet abträgliche Haltung hat den Dynastiewechsel von 987 überdauert: Beim Versuch, 991 dem König Melun zu entreißen, wurde Odo von dessen Feldherrn Burchard von Vendome besiegt, aber er hat HugosKönigtum nur gegen Abtretung der Grafschaft Dreux anerkannt und ist im Kampf gegen den König und dessen Verbündeten, Graf Fulco Nerra von Anjou, im März 996 gestorben. Seine Witwe Bertharief mit Erfolg den Mit-KönigRobert II.zu Hilfe, der sie nach dem Tod des Vaters (Oktober 996) heiratete. Ihre Söhne Tedbald II. (+ 1004) und Odo II. profitierten von der königlichen Gunst, aus der sie durch die von ANJOUnahestehende nächste Gattin Roberts II.,Constanze, verdrängt wurden. Odo II. verlor wichtige Burgen der Touraine an Fulco, von dem er bei Pontlevoy im Jahre 1016 geschlagen wurde, und büßte 1026 sogar Saumur ein. Aber er setzte (nach 1019, vor 1025) seinen Anspruch auf das Erbe des Grafen Stephan von Troyes und Meaux gegenRobert II. durch, unterstützt von Fulbert von Chartres und dessen Freund, Herzog Wilhelm von Aquitanien, Sohn Emmas, der Tochter Tedbalds I. Odo, nun im Besitz der später �Champagne und Brie� genannten Grafschaften, zu denen ein Bündel von Lehnsgrafschaften gehörte, zählte dank der von den Grafen geordneten und beschützten Champagnermessen zu den reichsten Fürsten Frankreichs. 1032 entriß er dem König Sens und trat das Erbe seines Onkels Rudolf III. von Burgundan, scheiterte aber trotz burgundischer Unterstützung an der übermächtigen Koalition Kaiser KONRADS II. und König Heinrichs I. von Frankreich und verlor überdies Sens an König und Erzbischof. Dennoch ließ er sich auf ein italienisches Thronangebot ein, griff Lothringen an und fiel dabei am 15. November 1037 bei Bar-le-Duc.Graf Stephan, der ihm im Osten folgte, erlitt schwere Einbußen in den Bistümern Reims und Chalons-sur-Marne und mußte die herbertinische Hausabtei St-Medard in Soissons dem König überlassen; Tedbald III., sein Bruder (+ 1089) verlor im Westen die Touraine 1044 an dasHaus ANJOU, hat aber die 1048/60 wieder in seiner Hand vereinten Restgebiete konsolidiert und konnte 1081 seinen Sohn Stephan Heinrichmit Adela von England, der TochterWilhelms des Eroberers, vermählen. Dieser erhielt nach des Vaters Tod die Grafschaften des Westens und Meaux, während jüngere Brüder, Odo I. und dann Hugo I.,Graf von Troyes wurden. Adelahat für ihren ruhmlos am 1. Kreuzzug teilnehmenden und 1102 im Heiligen Land gefallenen Gemahl kraftvoll die Regentschaft geführt und Chartres zu einem politischen und kulturellen Zentrum gemacht. Als Hugo von Troyes, dessen Ehe mit Constanze, der TochterKönig Philipps I., geschieden wurde, 1125 in den Templerorden eintrat, fiel die Grafschaft zurück an die durch AdelasSohn Tedbald IV. (in Champagne: II.) repräsentierte ältere Linie. Als dem Enkel des Erobererswurde nach dem Tod Heinrichs I. von Englandzunächst ihm, dann seinem Bruder Stephan die Normandie angetragen, und Stephanwurde König von England (1135-1154), auch wenn er bald in der Normandie Geoffroy von Anjouund dessen Sohn Heinrich II. weichen mußte. Obwohl die Übermacht der ANJOUdie KAPETINGER ihren einstigen tebaldinischenFeinden annäherte, kam es zwischen Ludwig VII. und Tedbald zu bewaffneten Konflikten, in denen der Freund des Grafen Bernhard von Clairvaux, den König scharf verurteilte. Nach Tedbalds Tod 1152 verlagerte sich erstmals das Schwergewicht des Hauses nach Osten: Der älteste Sohn Heinrich I. (�le Liberal�) erhielt Troyes und Meaux, Tedbald V. die Grafschaften im Westen als Lehen von Heinrich, Stephan die Grafschaft Sancerre, die Odo II. 1015 erworben hatte. 1160 wurde ihre SchwesterAdelamit König Ludwig VII. vermählt, dem sie 1165 den Nachfolger, Philipp II., gebar; 1164 heirateten Heinrich und Tedbald, inzwischen Seneschall des Königs, die Töchter des Königs aus früherer Ehe,Maria (die DichterinMarie de France, die Troyes zum Hof der Dichtkunst machte) und Adela. Als Heinrichs Bruder Wilhelm1176 Erzbischof von Reimswurde, erreichte der Einfluß des Hauses BLOIS seinen Höhepunkt.Königin Adela ist endlich 1190, während des Kreuzzugs Philipps II.,Regentin Frankreichs gewesen. Während die ältere Linie,aus der Heinrich II. 1192König von Jerusalem wurde, ihre eigenen Wege ging, wurde die Rolle der Grafen des Westens immer unbedeutender. Mit dem Enkel Tedbalds V., Tedbald VI., starb dieser Zweig 1218 in direkter Linie aus. König Ludwig IX. hat schließlich die Lehnshoheit über die Grafschaften Chartres, Chateaudun und Blois durch Kauf erworben.
II. GRAFSCHAFT UND STADT IM SPÄTMITTELALTER
Der Tod Tedbalds (Thibauds) VI., des letzten Grafen, der in männlicher Linie von Tedbald I. abstammte, im Jahre 1218 markiert das Ende der Bedeutung der Grafschaft Blois. Weder TedbaldsTante und Erbin Marguerite (oo Gautier d�Avesne) noch deren TochterMarie(oo Hugues de Chatillon) spielten eine bemerkenswerte politische Rolle. Unter den Grafen aus dem Haus CHATILLON vollzog sich ein allmählicher Niedergang, der sich zum Beispiel am Verkauf der Grafschaft Chartres anKönig Philipp IV. durch Graf Jean I. ablesen läßt. Mit dem Verkauf der Grafschaft Blois an Ludwig von Orleans durch Guy de Chatillon im Jahre 1391 erlosch die Grafschaft als eigenständiges Territorium. Die lange Residenz verschiedener Mitglieder der königlichen Familie (Valentina Visconti, Witwe Ludwigs von Orleans; Charles d�Orleansnach seiner Rückkehr aus der Haft; Ludwig XII. vor seiner Thronbesteigung) auf Schloß Blois erklärt sich aus der Zugehörigkeit von Blois zu Herzogtum Orleans.
Im Mittelalter bildete Blois eine Grafschaft mit dem Orte Blesis, jetzt Blois. Nach Erlöschen des alten Grafengeschlechts (1218), dem auch Stephan von Blois,König von England angehörte, kam Blois durch Heirat 1230 an das Haus CHATILLON und 1391 durch Kauf an Ludwig Herzog von Orleans, Sohn Karls V., dessen Enkel König Ludwig XII. es mit der Krone vereinigte.