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Philipp IV. der Schöne König von Frankreich (1285-1314)
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1268-29.11.1314
Fontainebleau Fontainebleau

2.Sohn des Königs Philipp III. von Frankreichaus dem Hause der **KAPETINGER**aus seiner 1. Ehe mit der Isabella von Aragon, Tochter von König Jakob I.

Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2061
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Philipp IV. der Schöne (�le Bel�), König von Frankreich 1285-1314
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* 1268, + 29. November 1314
Fontainebleau Fonrainebleau

Sohn von Philipp III. dem Kühnen und Isabella von Aragon

oo 1284 Johann von Navarra, die ihm Champagen und Navarra in die Ehe brachte

Auf dem Gebiet der Außenpolitik beendete Philip IV. der Schöne rasch den verhängnisvollen Aragon-Kreuzzzug, auf dem sein Vater verstorben war (Vertrag von Anagni, 1295). Gegenüber dem König von England, dem er Beginn seiner Regierung den Lehnseid abgefordert hatte, verfolgte Philipp IV. eine Politik, die als Vorspiel des Hundertjährigen Krieges gelten kann: Er ließ die Guyenne besetzen (1294-1299), doch folgte 1303 (im Vertrag von Paris) nochmals eine Wiederherstellung des Friedens. - Der bedeutungsvollste Konflikt entspann sich in Flandern. Der König ergriff die Partei des reichen städtischen Patriziats gegen den Grafen Gui III. von Dampierre, der nach einer Allianz mit dem König von England strebte, bei diesem aber auf nur laue Gegenliebe stieß. 1297 marschierte das königliche Heeresaufgebot in die Grafschaft Flandern ein, die konfisziert und okkupiert wurde. Doch erschlugen die aufständischen Flamen die französischen Besatzer (Mette von Brügge, 17./18. Mai 1302). Das nach Flandern entsandte französische Heer wurde in der 'Goldsporenschlacht' bei Kortrijk (11. Juli 1302) von den flämischen Stadtmilizen vernichtet. Philipp IV. der Schöneverstand es aber, durch persönliche Tapferkeit in der Schlacht von Mons-en-Pevele (18. August 1304) seine Ehre wiederherzustellen. Die Durchführung der Friedensbestimmungen von Athis (Juni 1305) vollzog sich freilich schleppend (Abtretung der Kastellaneien Lille, Douai und Bethune, sogenannte 'transport de Flandre', durch Graf Robert von Bethune, 1309). Dreimal noch wurden königliche Heere gegen Flandern eingesetzt (1312,1313,1314), eine dauerhafte Regelung der Beziehungen aber nicht erreicht. - An der Grenze zum Imperium erreichte die königliche Politik die Abtretung der Freigrafschaft Burgund durch Otto IV. (März 1295). Der Widerstand des Adels der Franche-Comte verebbte jedoch erst, als der König von Frankreich mit dem deutschen und römischen KönigALBRECHT I. VON HABSBURG ein Bündnis schloß (1299). Der Graf von Bar leistete für seine links der Maas gelegenen Territorien ('Barrois mouvant') dem König von Frankreich den Lehnseid (1301). Die Souveränität des KAPETINGERSwurde auch in Viviers und Lyon anerkannt (1307). Trotz des Scheiterns der Kandidatur Karls von Valois auf den deutschen und römischen Thron (1308) blieben die Beziehungen zum Imperium während der Regierung Philipps IV. im wesentlichen entspannt.
Dagegen war das Verhältnis zwischen Philipp IV. dem Schönen und Papst Bonfatius VIII. von schwersten Konflikten belastet. Als sich der König 1296 zur Besteuerung des französischen Klerus anschickte, reagierte Bonifatius VIII. mit der Dektretale "Clericis laicos", die das Verdikt jedweder Besteuerung des Klerus ohne Zustimmung des Papstes artikulierte. Allerdings lenkte der Papst in den Bullen "Romana mater" (Februar 1297) und "Etsi de statu" (Juli 1297) in gewissem Umfang wieder ein. Eine neue Krise wurde 1301 provoziert durch den Prozeß gegen den Papstanhänger Bernard Saisset, Bischof von Pamiers, der des Verrats angeklagt war. Der Papst erließ die Bulle "Ausculta fili" (Dezember 1301), die die Rechte des Heiligen Stuhles gegenüber den weltlichen Regierungen definierte und die französischen Bischöfe zu einem Konzil aufrief. Der König und seine Räte, allen voran Guillaume de Nogaret, entfachten gegen diese päpstliche Forderung einen vehementen Propagandafeldzug. Demgegenüber bekräftigte der Papst in der Bulle "Unam sanctam" (November 1302) seinen theokratischen Anspruch. Auf einer Versammlung (März 1303) forderte daraufhin die königlich-französische Partei die Absetzung des Papstes und seine Aburteilung durch ein Konzil. In dieser dramatisch zugespitzten Situation reisten wichtige Ratgeber des Königs nach Italien (Nogaret, Thierry d'Hirecon, Jacques de Jasseins, 'Mouche'); das "Attentat von Anagni" (7. September 1303) führte zur Gefangennahme und Mißhandlung des Papstes; nach dessen Tod (11. Oktober 1303) ebbte die Auseinandersetzung jedoch ab. Während der Pontifikate
Benedikts XI.
(1303-1304) und insbesondere Clemens' V. (1305-1314) war das Verhältnis zwischen französischem Köngtum und Papsttum im wesentlichen ausgeglichen.
Der letzte schwere Konflikt, der Frankreich während der Regierung Philipps IV. des Schönen erschütterte, war die Zerschlagung des Templerordens. Im Oktober 1307 wurde die Verhaftung der Templer durchgeführt, der Orden nach langem Prozeß 1312 auf dem Konzil von Vienne durch Clemens V. aufgehoben. Auf dem Gebiet der Innenpolitik ist auch das gesopannte Verhältnis zwischen König, Häretikern und Ketzerinquisition im Languedoc zu erwähnen; es wird durch die Affäre um die Verfolgung des Franziskaners Bernard Delicieux illustriert.
Philipp IV. der Schönegilt oft als "Falschmünzerkönig". In der Tat erfolgten während seiner Regierung mehrere Münzverschlechterungen. Doch ist hierbei zu unterscheiden zwischen Sanierungsmaßnahmen des Währungssystems, das bereits von beginnender chronischer Instabilität der Wirtschaft geschwächt war, und den kurzfristigen finanziellen Bedürfnissen des Königs. Die Vertreibung der Juden (1306), die gegen die Lombarden verhängten Maßnahmen (121,1311), aber auch die Versuche, dem Klerus Steuern aufzuerlegen, waren bedingt durch akute Notlagen, infolge der gestiegenen finanziellen Bedürfnisse des Staates.
Die Persönlichkeit Philipps IV. des Schönen hat die französische Historiographie in starkem Maße beschäftigt. Eine strittige Frage war stets, ob er selbständig handelte oder vielmehr die Regierung weithin den 'Legitimisten' und anderen Vertrauten überließ. Der Meinungsstreit wurde durch die Zeugnisse von Zeitgenossen genährt. So äußerte sich der scharfzüngige Bernard Saisset höchst negativ überPhilipp IV. den Schönen: "Das ist weder ein Mensch noch eine Bestie, das ist eine Statue", um noch hinzuzufügen: "Unser König gleicht dem Uhu, dem prächtigsten der Vögel, der aber zu nichts nutz ist. Er tut nichts anderes, als die Menschen anzustarren, ohne ein Wort zu reden". In der Tat ließ der König die Geschäfte durch Leute, denen er sein Vertrauen schenkte, erledigen. Gleichwohl hatte er ein hohes Bewußtsein von seinem ihm durch die Königsweihe übertragenen Königtum und war durchdrungen von der Würde der KAPETINGER-Dynastie, in enger Anlehnung an seinen Vater und namentlich seinen Großvater,Ludwig den Heiligen. Auch wenn er die Abwicklung der politischen Geschäfte an andere delegierte, schaltete er sich bei Bedarf in der entscheidenden Phase ein. Er stand niemals abseits, verfolgte vielmehr wachsam die wichtigen Aktenvorgänge, um dann, gestützt auf die Vorbereitungen seiner Helfer, Entscheidungen zu treffen. Die Kriegfürung delegierte er zumeist an seinen Bruder oder den Connetable, konnte aber auch durch persönliche Tapferkeit beeindrucken. Er frönte seiner Jagdleidenschaft, war aber zugleich ein guter Familienvater und seiner Gemahlin zugetan. Seine starke Frömmigkeit nahm gegen Ende seines Lebens bigotte Züge an; durch seine rigorose Haltung während des Ehebruchskandals um die Schwiegertöchter des Königs gefährdete er die Erbfolge der Monarchie.
Philipp IV. der Schönedarf keineswegs als König, der nicht regiert hat, angesehen werden. Seine Konzeption des Regierens war vielmehr eine eher moderne, was oft nicht nur bei den Zeitgenossen, sondern auch bei den Historikern Unverständnis hervorrief. Seine epochale Regierung vollzog sich im entscheidenden Augenblick des Wiederaufstiegs des Staates, genährt vom Geist des römischen Rechts, und der Ausbildung der großen Verwaltungsinstitutionen des modernen Staates.


Philipp IV. wurde nach dem Tode seines Bruders Ludwig1276 Thronfolger. Durch seine Ehe hatte Philipp IV. der Schöne die Grafschaft Champagne unter Kontrolle gebracht, so dass nur noch das in der Hand des englischen Königs befindliche Herzogtum Guyenne, die Herzogtümer Bretagne und Burgund sowie die Grafschaft Flandern als größere, relativ unabhängige Machtbereiche geblieben waren. Er suchte seine Herrschaft weiter auszudehnen und eröffnete 1294 den Kampf gegen den englischen König; er konnte zwar einen beträchtlichen Teil des englischen Besitzes erobern, vermochte aber diese Gebiete nicht dauerhaft zu behaupten. Philipp IV. konzentrierte alle Anstrengungen auf die Eroberung der Grafschaft Flandern, die er bis 1300 tatsächlich in seine Hand bekam. Am 17./18.5.1302 erhob sich die Bevölkerung von Brügge (Brügger Mette), der sich bald Ypern und die Bauern in den Küstengebieten anschlossen. Das von Philippentsandte Ritterheer erlitt am 11.7.1302 bei Courtrai in der Sporenschlacht durch die aus unberittenen Bürgermilizen bestehende flandrische Streitmacht eine vernichtende Niederlage. Im Jahre 1305 schlossen Graf Robert III. de Bethune von Flandern und der König einen Vertrag, in dem Flandern unter anderem zu beträchtlichen Zahlungen an den König verpflichtet wurde, aber seine relativ eigenständige Existenz behauptete. Allerdings gingen die Städte Lille und Douai an Philippverloren. Bereits 1294 geriet Philippmit dem Papst in Konflikt, als er ohne dessen Zustimmung von der Geistlichkeit einen Zehnten forderte, der ihm jedoch 1297 vom Papst gewährt wurde. Als Philipp im Jahre 1301 erneut mit dem Papst in Konflikt geriet, setzte er den neugewählten Papst Clemens V. in Avignon gefangen. Bei diesem Streit hatte Philippim April 1302 erstmals Vertreter des Adels, der hohen Geistlichkeit und der Städte nach Paris berufen. In Gestalt dieser Versammlung traten in Frankreich erstmals die "Generalstände" (Etat generaux) zusammen. Durch die aggressive Politik bedingt, war der König ständig in Geldnot, die er in allgemeinen Steuern zu lindern suchte. Der Widerstand gegen diese Steuern trug dazu bei, dass Philippseit 1304 auf derartige Einnahmen verzichtete. 1306 wurden auf königlichen Befehl alle Juden in Frankreich festgenommen und ihr Vermögen beschlagnahmt. 1311 folgten ähnliche Maßnahmen gegen die "Lombarden" (italienische Geldwechsler und Kaufleute). Im Oktober 1307 ging Philippunter erfundenen Vorwänden gewalttätig gegen den Ritterorden der Templer vor, setzte alle Templer gefangen und beschlagnahmte das Vermögen des Ordens. Der unter Druck des französischen Königs stehende Papst mußte diesen Vorgang legitimieren. PhilippsBemühungen um die Kaiserkrone schlugen fehl. 1314 setzte er die Schwiegertöchter unter dem Vorwurf des Ehebruchs gefangen.
Philipp starb an den Folgen eines Jagdunfalls.

Pernoud Regine: Seite 11-29
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"Die Kapetinger"

Zu dieser Territorialmacht gesellte sich die Stabilität einer Dynastie, die nicht das mindeste Anzeichen von Degeneration zeigte. Den BeinamenPhilipps, "der Schöne", (1285-1314)trug auch der jüngste seiner Söhne,Karl; sein zweiter Sohn Philipp V. (1316-1322)erhielt den Beinamen "der Lange", er war demnach von hochgewachsener Gestalt. Der voraussichtliche Thronerbe, Ludwig X. (1314-1316), wurde Le Hutin genannt, was etwa soviel wie unruhiger Geist oder Zänker bedeutet, in jedem Fall ein Mensch voller Leben.
Nichts an der Regierung Philipps des Schönenwar menschlich erklärbar, und das gilt auch für seine Person. Nach und nach wurde er in einem Maße unbeliebt, dass, als er mit 46 Jahren starb, sein Sohn zu Zwangsmaßnahmen greifen mußte, um die Abhaltung von Gedenkgottesdiensten durchzusetzen. Von allen Augenzeugen wurde er als groß und schön beschrieben, mit einem Blick, den man mit dem eines Raubvogels verglich, und einem vollständig kalten, unbewegten Gesichtsausdruck, der niemals auch nur die geringste Andeutung eines Gefühls ahnen ließ. "Er ist kein Mensch, er ist eine Statue", hieß es von ihm. Joinville, ein Zeuge dreier Regierungen, richtete bereits 1303, als er seien Memoiren verfaßte, drohende Worte an Philipps Adresse: "Er, der gegenwärtig König ist, soll sich in acht nehemen..."
Im Jahre 1289 wurde die Universität Montpellier gegründet; man lehrte dort Römisches Recht. Später, im Jahre 1312, entstand in Orleans eine weitere Schule für Römisches Recht, das bis dahin nur in Italien, vor allem in Bologna und Neapel, gelehrt worden war. Diese Dinge sind von Bedeutung, denn im Gegensatz zu seinen Vorgängern umgab sich Philipp der Schönemit Rechtsgelehrten, Kennern des Römischen Rechts, das zum Feudalrecht in diametralem Gegensatz stand. Ein Wilhelm von Nogaret, ein Wilhelm von Plaisians, die faktisch die Staatsgeschäfte leiteten, ein Pierre Dubois und ein Pierre Flote, alles Vertreter des Römischen Rechts, träumten nur von der Wiederherstellung eines römischen Staatsbegriffs, einer autoritären Zentralgewalt, und nährten diesen Traum mit Formulierungen aus den Digesten und dem Justinianischen Codex: "Der französische König ist Kaiser in seinem Reich... Sein Wille hat Gesetzeskraft..." Es schwebte ihm gar eine universelle Monarchie vor, und damit standen sie vollends im Widerspruch zu den Sitten, zum Geist und zur Mentalität der Feudalzeit. Hier mag letztlich der Grund für die zahllosen Konflikte, Dramen und Kriege liegen, die diese Regierung im Innern und nach Außen, auf religiösem wie auf administrativem Gebiet, zur unruhevollsten in der Geschichte Frankreichs gemacht haben.
Mit England hatte Ludwig der Heilige Frieden geschlossen. Durch seine Politik war er sogar zum Schiedsrichter zwischen dem englischen König und seinem Baronen geworden. Philipp der Schöne dagegen brach einen Krieg vom Zaun, für den kein Historiker bisher eine einleuchtende Erklärung gefunden hat. Er bemächtigte sich Guyennes unter dem Vorwand eines Streites unter Seeleuten, für dessen Beilegung die lokale Gerichtsbarkeit völlig ausgereicht hätte. Letztlich setzte er sich jedoch nicht durch, und nach fünf Jahren mußte er das Gebiet wieder abtreten, für das der englische König den Lehnseid niemals verweigert hatte.
In Flandern war Ludwig der Heiligeeinst als Schiedsrichter in Familienstreitigkeiten aufgetreten, was die Lage in der Grafschaft nicht unerheblich kompliziert hatte. Philipp der Schöne dagegen ließ sich auf kriegerische Aktionen ein und unterstützte die reiche Bourgeoisie der Tuchmacher gegen das niedere Volk. Verlierer aber war zum erstenmal die französische Ritterschaft, die 1302 bei Courtrai vernichtend geschlagen wurde. Die Weber, die Walker, die "Leute mit den blauen Fingernägeln", welche unter der Unterdrückung durch die vom König unterstützten Großhändler zu leiden hatten - sie alle trugen in ihrem Kampf mit Eisenstangen gegen die Reiterei einen gänzlich unerwarteten Sieg davon. Der Krieg gegen Flandern zog sich in unheilvollen Etappen fast über die gesamte Regierungszeit
Philipps des Schönen
hin und endete in der Annexion der Burgvogteien Lille, Douai und Orchies - eine magere Beute, die im übrigen sechs Jahre später das Reich des mächtigen Herzogs von Burgund vergrößern sollte.
Auf religiösem Gebiet hatte Ludwig der Heilige eine entschlossene Haltung gegenüber dem Heiligen Stuhl eingenommen, dessen Einfluß im 13. Jahrhundert übermächtig wurde und der sich nicht scheute, die geistliche Macht in den Dienst menschlicher Belange zu stellen. Philipp der Schönerichtete zahllose, zum Teil völlig unbegründete Angriffe gegen die Kirche und ihre Vertreter, so in der Affäre um Bernard Saisset, Bischof von Pamiers, oder um Guichard, Bischof von Troyes. Besonders mit seinem ihm mit Leib und Seele verschworenen Berater Nogaret führtePhilipp der Schöne einen erbitterten Kampf gegen Papst Bonifatius VIII., der in den dramatischen Ereignissen von Anagni gipfelte, an denen möglicherweise Nogarets Freund Sciara Colonna nicht unbeteiligt war. Auch nach dem Tod des Papstes ging der Kampf weiter; er richtete sich nun gegen sein Andenken und selbst gegen seinen Leichnam, den man ausgraben und verbrennen wollte, um die Asche in alle Winde zu streuen. Philipp der Schöne gab sich nicht eher zufrieden, als bis er Bertrand de Got, Clemens V., einen Papst bestimmt hatte, der erste, der, wie man weiß, in Avignon residierte.
Dieser Papst, der sich nur den Segnungen der Kirche wirklich verbunden fühlte, machte sich schließlich trotz gewisser Widerstände zum Werkzeug des Königs im Kampf gegen die Templer. Philipp der Schöne diskreditierte diesen militärischen Orden mit den niedrigsten Anschuldigungen wie Blasphemie, Sodomie, Ketzerei usw. Das Ziel seiner Angriffe war mit Bedacht gewählt; mit dem Fall von Saint-Jean d'Acre, der letzten Bastion des Oströmischen Reiches, hatten jene ihre Popularität eingebüßt, die trotz ihrer auch von ihren Feinden anerkannten Tapferkeit diesen Verlust nicht zu verhindern vermochten. Man warf den Templern ihren Reichtum vor, ihre Arroganz und ihre Erfolglosigkeit. Über diese Anklagen hinaus preßte man ihnen durch Folterungen Schuldbekenntnisse ab, die die meisten von ihnen später widerriefen. Diese harten Verfolgungen waren indessen nur die französischen Templer ausgesetzt; überall sonst im Abendland war man von ihrer Unschuld überzeugt. Dennoch setzte Philipp der Schöne bei dem ihm ergebenen Papst 1312 die Abschaffung des Ordens durch. Nach dem Todesurteil gegen den Großmeister der Templer, Jacques de Molay, und seinen Gefährten Geoffroy de Charnay, die im Angesicht des Scheiterhaufens noch einmal die Reinheit und Unschuld des Ordens beschworen, verbreitete sich verständlicherweise die Legende, sie hätten den Papst und den König aufgefordert, vor Gottes Gericht zu erscheinen. Beide starben im übrigen nicht lange nach der Verbrennung der beiden Templer (18. März 1314); der Papst nur zwei Monate später, der König am 29. November desselben Jahres.
Um das Gesamtbild abzurunden, blieben noch andere Schattenseiten zu erwähnen. Das Volk in der auf die Größe fast des gesamten Reiches erweiterten Domäne Philipps stöhnte unter der Last der Steuern. Die Verwaltung erhielt ihren Sitz an einem festen Ort und wurde damit schwer zugänglich für jene, die an die Gerechtigkeit des Königs appellieren wollten. Besonders markant war schließlich jenes obskure und die gesamte Dynastie entehrende Drama, als der König seine drei Schwiegertöchter festnehmen ließ.MargareteundBlanka von Burgund wurden des Ehebruchs mit zwei Rittern, Philippe und Gautier d'Aunay, bezichtigt und die dritte,Johanna, der Komplizenschaft mit ihnen. Und hier betritt eine Gestalt die Bühne, über die noch wenig bekannt ist: Philippseigene TochterIsabella, von den Engländern "die französische Wölfin" genannt. Sie war mit demenglischen König Eduard II. verheiratet, den sie am 21. September 1327 mit der Beihilfe ihres Geliebten, des berühmten Mortimer, unter schrecklichen Umständen zu Tode brachte, nachdem sie ihn zur Abdankung gezwungen hatte. Jene Isabella, deren ungeheuerliche Handlungsweise im gesamten Abendland Ärgernis erregte, war es auch, die die drei Schwiegertöchter ihres Vaters bei ihm anklagte. Man mag sich fragen, inwieweit die Psychoanalyse in der Lage wäre, die verborgenen Triebfedern dieser dramatischen Regierung aufzudecken.
Bei seinem Tod hinterließ Philipp der Schöne leere Schatzkammern. Sein erster Ratgeber, Enguerrand de Marigny, wurde gehängt, die anderen, ebenso unbeliebt wie er, wurden fast ausnahmslos ins Gefängnis geworfen, und ihr Besitz wurde konfisziert.Philippsdrei Söhne starben nacheinander und hinterließen keine Erben, bis auf den ältesten, Ludwig X., dessen nachgeborener Sohn Johann I. nur vier Tage am Leben blieb. Philipp selbst hatte mit seiner letzten Ordonanz im Novemeber 1314 die Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen. Hier liegt der Ursprung des nur allzu berühmten "Salischen Gesetzes", mit dem im Grunde die Theologen der Pariser Universität dieses gänzlich neue und für die Feudalzeit beispiellose Verbot rechtfertigten, das die Frauen von der Ausübung der Macht ausschloß. Die Wirren des Hundertjährigen Krieges waren ebnso eine Folge dieser Bestimmungen wie auch der feindlichen Haltung der Söhne Philipps des Schönen gegenüber dem englischen König, dem Sohn Isabellas, jener "französischen Wölfin".
Die Dynastie der KAPETINGERerlosch, als am 31. Januar 1328 König Karl IV. im Alter von 34 Jahren starb, ohne einen Erben zu hinterlassen. Und doch entsproß diesem starken Stamm nicht nur die Dynastie derVALOIS, die auf die KAPETINGER folgte, sondern auch 300 Jahre später die der BOURBONEN, die mit König Heinrich IV. auf den Thron gelangte, dem Nachkommen eines Sohnes Ludwigs des Heiligen, Robert von Clermont,Herzog von Bourbon durch seine Gattin Isabella. Als die Zeit derBOURBONEN zu Ende ging, gab man - eine überraschende Rückwendung in die zu jener Zeit doch kaum bekannte Geschichte - den Namen CAPETdem letzten Repräsentanten der traditionellen Monarchie, dem unglücklichenLudwig XVI.

Verwandtschaft mit Johanna von Navarra

Ludwig VIII. König von Frankreich
5.9.1187-8.11.1226

oo Blanka von Kastilien
4.3.1187-27.11.1252

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Ludwig IX. König von Frankreich Robert Graf von Artois
25.4.1214-25.8.1270 4.9.1216-8.2.1250

oo Margarete von Provence oo Mathilde von Brabant
1221-20.12.1295 1224-23.9.1267

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Philipp III. der Kühne König von Frankreich Blanka von Artois
3.4.1245-5.10.1285 um 1248-2.5.1302

1. oo Isabella von Aragon 1. oo Heinrich III. König von Navarra
1243-28.1.1271 um 1240-27.7.1274

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Philipp IV. der Schöne -------------------- oo -------------------- Johanna von Navarra


16.8.1284
oo Johanna von Navarra, Tochter des Königs Heinrich I.
1271-2.4.1304

7 Kinder:

Margarete
1288- nach 1294 (1300)

Ludwig X. der Zänker
4.10.1289-5.6.1316

Blanka
1290- 1314

Philipp V. der Lange
1291-3.1.1322

Isabella
1292-27.8.1357

25.1.1306
oo Eduard II. König von England
25.4.1284-22.9.1327

Karl IV. der Schöne
1295-1.2.1328

Literatur: Verlag Traugott Bautz www.bautz.de/bbkl
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Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Fußnote 250 - Berg Dieter: Die Anjou-Plantagenets. Die englischen Könige im Europa des Mittelalters. Verlag W. Kohlhammer 2003 Seite 162,168-170,173,177-180,182, 184-187,193,196,201, 222 - Benker Gertrud: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München 1997 Seite 12,34,43,56,83,117 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 167,188,192,194,197-221, 223-239,243 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 147,165,167,169-175,177-183,185-188,190,194-202,215,244,250,254,306,331-Ehlers Joachim/ Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 9,189,193,195,198,200,202-230,231-235,237, 241,244,250,252,254,265,294,305 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 180 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 118,170,201,228,245,247,251,256,260,262-266,268-271,275-280, 282,285,295,297,300,311,334,356 - Herde Peter: Karl I. von Anjou. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz 1979 Seite 22,23,110 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 25,29,31,34,36,44,46,48,57,72,81,84,88,90,93,96,100,111,114 - Hoensch, Jörg K.: Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit 1368-1437. Verlag C.H. Beck München 1996 Seite 23 - Hundt, Barbara: Ludwig der Bayer. Der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach Bechtle Verlag Esslingen München 1989 Seite 88,133,141,155,166,213,258 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 54,436 -Kiesewetter, Andreas: Die Anfänge der Regierung König Karls II. von Anjou (1278-1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts, Matthiesen Verlag 1999 Seite 9,80 A.,158,172,176,178,185,187-190, 192,194,197 A.,198 A.,201-204,210,211 A.,220 A.,222 A.,223,224 A.,225-228,230, 232-234,236,239, 242, 244-246,250, 252,255-258,262,263 A.,265,269-276,278-281, 287 A.,293 A.,294,304,324,342 A.,350 A.,357,364,369 A.,392,400 A.,401 A.,411,421,466 A.,467,474,496,528,535,547,549 A. - Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 3-871 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 435-498-Pernoud Regine: Die Kapetinger. in: Die großen Dynastien. Karl Müller Verlag1996 Seite 11-29 - Prutz Hans: Die Ritterorden. Mönche als Kämpfer, Helden, Abenteurer Bechtermünz Verlag Berlin 1908 Seite 194,226,272,273,278,282,306, 330,354,359,360,373,376,378,401,410,416,429,432,434,435,437,438,441,461,462,466,469,470,474, 476,481,482-483,489,490,495,496,501,504,508,517 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 1178-1181,1206,1209-1213,1214, 1218,1261 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 273-275, 287 - Sippel Hartwig: Die Templer. Geschichte und Geheimnis. Amalthea Verlagsbuchhandlung Wien München 1996 Seite 86,207,208,219,211,215-221,227-229,231,235,291, 295,299,303,316 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 14,19,132,141,143,148,171,174 - Tuchmann Barbara: Der ferne Spiegel. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995 Seite 38,44,50 - Vones Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter 711-1480. Reiche - Kronen - Regionen. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1993 Seite 119,140,154 - Wenck Karl: Philipp der Schöne von Frankreich seine Persönlichkeit und das Urteil der Zeitgenossen. Elwert'sche Verlags-Buchhandlung 1905 -