saint_pol_grafschaft (original) (raw)

SAINT-POL

Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1193
*************************
Saint-Pol
------------

Ehemalige Grafschaft in N-Frankreich

Die Grafschaft erscheint 1023 mit dem Grafen Roger, dem Herrn des �castrum� von Saint-Pol, in dem er ein Kanonikerstift gründete. Die Grafschaft ging zurück auf auf die wesentlich weiträumigere Grafschaft Boulougne, wobei das Ternois an die Grafen von Flandern, die Gebiete von Aire und St-Omer im Norden, Hesdin im Süden verlor. Die Grafschaft durchlebte unter dem Grafenhaus der CANDAVENE (CHAMP D�AVESNE) im 12. Jh. eine Phase territorialer Expansion nach Süden und Osten, auf Kosten der Grafen von Flandern; die CANDAVENE besetzten zeitweise Hesdin (um 1129- um 1151) und Encre (heute Albert), schmälerten dauerhaft den Territorialbestand der Grafschaften Amiens und Ponthieu. Die Grafen aus dem Hause CHATILLON (1205-1360) bauten im 13. Jh. die effiziente Verwaltung weiter aus, schufen eine wohlorganisierte Kanzlei, führten die Neuerrichtung der Burgen Saint-Pol undLuceuxdurch und übten weiterhin Druck auf die Grafen von Artois aus, denen sie aber die Region von Aubigny-en-Atrtois abtreten mußten und deren Vasallen sie wurden (zuvor hatten sie dem Lehsnverband der Grafen von Boulogne angehört). Unter dem Hause LUXEMBURG(ab 1360) wurde Saint-Pol dagegen als Nebenland behandelt. 1415 kam die Grafschaft Saint-Pol, durch Heirat der Erbtochter Walrams von Luxemburg, zunächst de facto, schließlich de jure an das Haus BURGUND, nachfolgend an die HABSBURGER; vom Rechnungshof in Lille verwaltet, hatte die Grafschaft ihre alte Autonomie verloren. Sie umfaßte etwa 200 Dörfer und Streusiedlungen und nur eine Stadt, Saint-Pol. - Dem Luxemburgischen Hause gehörte der als �Connetable de St-Pol� bekannte Graf Ludwig von Luxemburg-Saint-Pol (1418-1475) an; er fungierte als Connetable de France (seit 5. Oktober 1465) sowie königlicher Gouverneur und Lieutenant in Normandie (1466-1473) und Picardie (1473), fiel aber wegen seiner Versuche, eine eigene Machtposition (unter anderem durch Paktieren mit Karl den Kühnen) im Grenzraum zwischen dem französischen und burgundischen Machtblock (Sommestädte) aufzubauen, bei **Ludwig XI.**in Ungnade, der ihn am 19. Dezember 1475 wegen Hochverrats in Paris enthaupten ließ.