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Reindel, Kurt:
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"Die bayerischen Luitpoldinger von 893-989"

939
König Otto I. bietet Herzog Berthold seine Schwester Gerberga, die Witwe Giselberts von Lothringen oder deren Tochter zur Gemahlin an.
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Hat Herzog Berthold mit den Verschwörern des Jahres 938 konspiriert? Die Nachricht bei Ekkehard von St. Gallen hat keinen rechten Glauben gefunden. Sie steht vereinzelt, und das spätere Verhalten Bertholdswie auch das Heiratsangebot des deutschen Königs sprechen eher dagegen. Immerhin wäre es verständlich, wenn OTTO I. neben seinem Dank, den er dem Bayern für seine Loyalität abstattete und der sich auch in zahlreichen Vergabungen an bayerische Empfänger äußerte, mit dieser verwandtschaftlichen Bindung zugleich für die Zukunft jedes Schwanken Bertholdsunterbinden wollte. - Als 939 Herzog Giselbert von Lothringen im Kampf gegen den König den Tod gefunden hatte, hinterließ er eine Witwe,Gerberga, die die Schwester OTTOS I. war. Voll Freude über den eben errungenen Sieg, ut... laeticie praesentis fierit particeps, bot er sie dem bayerischen Herzog als Gemahlin an. Zugleich stellte er ihm aber frei, auf die Ehefähigkeit der noch minderjährigenTochter Giselberts und Gerbergas zu warten. Der sächsische Annalist brachte die Nachricht von diesem Eheangebot zu 942, Sigibert vom Gembloux zu 943 und auch Aventin stellte sie nach der Schlacht bei Wels im Jahre 943. Doch aus dem Wortlaut bei Luidprand geht ganz klar hervor, dass OTTO I.gleich nach dem Tage von Andernach im Jahre 939 Boten mit der freudigen Nachricht an Herzog Berthold gesandt und ihm zugleich Hoffnungen auf diese Eheverbindungen gemacht habe.OTTOSPläne, die jedenfalls zeigten, wie hoch er die Treue Herzog Bertholds einschätzte, wurden aber durchkreuzt. Sei es nun, dass der französische König Ludwig IV., wie Osten-Sacken und Wattenbach vermuteten, die Witwe seines ehemaligen Verbündeten entführte, oder dass sie, nach der Annahme Dümmlers, selbst bei dem französischen König ihre Zuflucht suchte, jedenfalls wurde sie noch 939 mit Ludwig IV. getraut und vom Erzbischof Artold von Reims zur französischen Königin gesalbt. Nach Dümmler wusste sie noch gar nicht, dassihr Bruder OTTO inzwischen ihre Hand dem Bayern-Herzog angetragen hatte, während Lerche der Ansicht war, dass die Stellung, wie sie eine deutsche Herzogin zur Zeit OTTOS I. einnahm, ihren Wünschen keineswegs entsprach. - Herzog Berthold nahm voll Freude, wenn wir Luidprand Glauben schenken dürfen, das Angebot OTTOSan. Allerdings wollte er lieber auf die Ehefähigkeit der Tochter warten, als die Mutter heiraten. Doch kam auch diese Ehe nicht zustande, nach Lerche, weil der Altersunterschied zu groß war. In einer Urkunde vom 29. September 976 erscheint eine Gräfin Biletrudals Witwe Bertholds. Sie muss sich 953/54 an dem Aufstand der LUITPOLDINGERbeteiligt haben, denn in der angeführten Urkunde erhielt sie ihre eingezogenen Güter zurück. Von diesen gründete sie das Kloster Bergen, wo sie auch selbst den Schleier nahm. Mitis führte aus dem Verbrüderungsbuch von Reichenau den Namen einer Biletrud an, die er für dieGemahlin Herzog Bertholds hielt. Auf Grund der Nachricht bei Luidprand hielten Osten-Sacken und Wattenbach diese Biletrud für die Tochter Gerbergas. Doch nach einem Schreiben des Abtes Sigifrid von Gorze hieß Gerbergas Tochter Alberada und vermählte sich später mit dem westfränkischen Grafen Ragenold von Roussy. Auf Grund dieses Zeugnisses erscheint ihre Gleichsetzung mit Biletrud, die sich zwar auch in der Bergener Lokaltradition findet, zumindest zweifelhaft. Bei einem so engen verwandtschaftlichen Verhältnis zu OTTO I. wäre auch in der Urkunde OTTOS II. darauf Rücksicht genommen worden. Bei dem aus dem Brief Sigifrids von Gorzebekannten Sachverhalt ist wohl auch auf die Nachricht einer bayerischen Chronik des 14. Jahrhunderts, von der man auch die Quelle nicht kennt, kein großer Wert zu legen.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass viele spätmittelalterliche bayerische Chroniken von einer HeiratArnulfsundBertholdsmit ungarischen Prinzesinnenberichteten. Auch die uns vorliegenden Nachrichten, nach demHerzog Berthold zur Zeit dieses Eheangebotes noch unverheiratet war, tragen dazu bei, den Wert dieser Überlieferung zu entkräften.

976 September 29

Auf Intervention seiner Gemahlin Theophanu gibt Otto II. Biletrud, der Witwe Herzog Bertholds, die ihr von ihrem Gemahl geschenkten und später gerichtlich abgesprochenen Besitzungen im Sualafeld, Nordgau und Sulzgau zurück. Mit diesen gründete Biletrud das Nonnen-Kloster Bergen und wird dessen 1. Äbtissin.
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Im Jahre 939 hatte OTTO I. Herzog Berthold von Bayern seine Nichte als Gemahlin angeboten, doch scheint diese Ehe nicht zustande gekommen zu sein, denn hier treffen wir eine Biletrudals seine Witwe an. Es wurde bereits die Vermutung angesprochen, dass sie sich dem Liudolfingischen Aufstand des Jahres 953 angeschlossen habe, da sie bei der Regelung der Nachfolge in Bayern durch ihre Schwägerin Judith und deren sächsischen Gemahl überspielt wurde. Daraufhin wurden ihr ihre Besitzungen abgesprochen, die sie im Jahre 976, wohl in Zusammenhang mit der Erhebung ihres Sohnes Heinrich zum Herzog von Kärnten, zurückerhielt. Ausgezeichnet durch ihre Frömmigkeit, die ihr den Beinamen Pia eintrug und auch durch ihre Kunstfertigkeit, wurde sie von Bischof Reginold von Eichstätt (966-991) sehr geschätzt, und ist vielleicht auch von ihm zur Stiftung eines Nonnenklosters angeregt worden. Sie wählte dafür Bergen bei Neuburg an der Donau, und verwendete zu dessen Ausstattung ihren durch OTTO II. zurückerhaltenen Besitz, der sich bis ins schwäbische Sualafeld hinein erstreckte.