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Thietmar von Merseburg: Seite 92,112,118,122
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"Chronik"

BUCH III

Kapitel 6

Damals aber rüstete sich der Kaiser mit allem Eifer zu seinem Zuge gegen den Karelingerkönig Luthar, der zu Aachen den königlichen Sitz und Palast, der immer zur deutschen Herrschaft gehört hatte, mit Heeresmacht anzugreifen und durch Umwendung des Adlers als sein Eigenthum zu bezeichnen sich erkühnt hatte. Dieser Adler befindet sich nämlich auf der östlichen Seite des Palastes, und es war Gebrauch, daß alle, die diesen Ort in Besitz hatten, ihn immer ihrem Reiche zuwandten. Als nun der Kaiser herankam, zog Luthar sogleich davon; allein Otto setzte ihm nach, alles plündernd und verheerend, bis nach seiner Hauptstadt Paris. Auf diesem Zuge, auf dem viele schwer erkrankten,
starb Brun, Graf von Harneburg, ein durchaus preiswürdiger Ritter, am 30. November. Von dieser Unternehmung im Triumphe heimgekehrt, hatte der Kaiser die Feinde so in Schrecken gesetzt,
daß sie so etwas nachher nie wieder zu beginnen wagten. So wurde ihnen alle Schmach vergolten, die sie sonst über die Unsern gebracht hatten. Indeß empfing Bischof Othelrich von Augsburg, ein wahres Kleinod unter den Geistlichen, im 50sten Jahre seines Amtes aus diesem Leben scheidend, aus Christi Hand den Lohn für seine treue Arbeit, am 4. Juli. Heinrich aber, der auf ihn folgte, war nur kurze Zeit im Amte, wie ich späterhin weiter berichten werde.

Kapitel 14

Nachdem ich nun ein wenig vom Wege abgewichen war, will ich jetzt die angefangene Schilderung zu Ende führen. Alle unsre Fürsten kamen, als sie die so klägliche Kunde vernahmen, schmerzlich bewegt zusammen, und baten schriftlich einmüthig, es möge ihnen doch vergönnt sein, den Kaiser bald bei
sich zu sehen. Als dieser ihre Botschaft vernahm, willigte er von Herzen gern in ihr Gesuch. Es ward ein Reichstag zu Berna [Verona] angesetzt, zu dem alle Großen berufen wurden, um daselbst vieles nöthige zu verhandeln. Alle kamen, nur Herzog Bernhard [von Sachsen] kehrte mitten auf dem Wege wieder um, denn eine von seinen Burgen, welche der Kaiser gegen die Dänen mit Festungswerken und Besatzung versehen hatte, war von denselben mit List genommen und, nachdem die Vertheidiger
niedergemacht waren, in Brand gesteckt. Im Jahre 983 hielt also der Kaiser zu Verona eine Reichsversammlung. Dort ward Heinrich der Jüngere der Acht entlassen und zum Herzoge von
Baiern erhoben.

BUCH IV

Kapitel 2

Von Magadaburg begab sich Heinrichnach Quidilingeburg, wo er die demnächst eintretende Osterfeier beging. Dort versammelten sich in großer Anzahl die Fürsten des Reiches; einige aber, die daselbst nicht erscheinen wollten, schickten Abgeordnete, um auf alles sorgfältig Acht geben zu lassen. Während dieses Festes ward Heinrich von den Seinen als König begrüßt und mit kirchlichen Lobgesängen geehrt. Dorthin kamen die Herzoge Miseco[von Polen], Mistui [der Obotriten] und Bolizlav [von Böhmen] mit unzähligen anderen, und sicherten ihm, indem sie ihm als ihrem Könige und Herrn huldigten, jeglichen Beistand zu. Viele der anwesenden Fürsten jedoch, die aus Furcht vor Gottes Zorn nicht wagten, ihre Treue zu brechen, entfernten sich allmählich und eilten nach Hesleburg, wo ihre Genossen zusammenkamen, die nun schon eine offene Verbindung gegen den Herzog eingingen. Die Namen der Verbündeten waren folgende. Aus dem östlichen Theile des Landes traten mit Herzog Bernhard [von Sachsen] und Markgraf Thiedrich [zu Thüringen] zusammen die Grafen
Ekkihard [von Thüringen], Bijo [von Merseburg], Esich [von Merseburg], Graf Bernward, ein Geistlicher, ferner Sigfrith und dessen Sohn [Grafen von Northeim], nebst den Gebrüdern Fritherich
[Graf von Eilenburg] und Ciazo. Von den dortigen Stammgenossen [den Sachsen] aber erhoben sich mit gegen Herzog Heinrich die Gebrüder Thiedrich und Sibert, nebst den Brüdern Hoico, Ekkihard und Bezeco, und Brunig und die Seinen, und auf Antrieb des Erzbischofs Willigis [von Mainz] die Ritter des heiligen Martin, denen die im Westen des Landes zum größten Theile anhingen. Als das der Herzog erfuhr, entließ er seine Anhänger reich beschenkt in Gnaden; er selbst aber eilte mit einer starken Schaar nach Werlu [bei Goslar], um jene Verbindung mit Gewalt zu sprengen, oder sie auf friedlichem Wege zu beseitigen, und schickte den Bischof Poppo hin, welcher versuchen sollte, diese seine Gegner zu trennen oder zu versöhnen. Dieser erlangte, indem er von dem einmal betretenen Wege nicht abließ, mit Mühe von den verbündeten Gegnern, welche schon bereit waren, gegen den Herzog vorzurücken, das Versprechen, an einem nach Uebereinkunft bestimmten Tage an einem Orte, Namens Seusun [Seesen], wegen des Friedens unterhandeln zu wollen. Während aber der Herzog zu
dieser Uebereinkunft, da er sofort nach Baiern aufbrach, nicht kommen wollte, oder wegen Herzog Heinrichs, der vom verstorbenen Kaiser mit Baiern und Kärnthen belehnt war, nicht konnte, so
belagerte ein sehr großer feindlicher Heerhaufe eine Burg des Grafen Ekbert, Namens Ala, und indem sie nach Zerstörung der Ringmauer in dieselbe einzogen, führten sie die Tochter Otto's II., Ethelheid, welche daselbst erzogen ward, nebst vielem dort aufbewahrten Gelde hinweg, und kehrten erfreut heim.

Kapitel 6

Unterdeß belagerten diejenigen, die dem Könige zugethan waren, den Grafen Wilhelm [von Thüringen], der zu den vertrautesten Freunden Herzog Heinrichs gehörte, in Wimeri [Weimar].
Als sie aber erfuhren, Heinrichkomme heran, eilten sie ihm sogleich entgegen, und sammelten sich bei einem Dorfe, Namens Iteri, wo sie sich lagerten, um ihm am nächsten Tage eine Schlacht zu liefern. Da dies der Herzog sofort erfuhr, so schickte er den Erzbischof Gisiler an sie ab, der ihre Gesinnung erforschen und, wenn es irgend möglich wäre, den Frieden bewirken sollte. Als dieser nun den versammelten Herren seine Sendung eröffnete, erklärten sie: Wenn Herzog Heinrich ihnen seinen Herrn und König ausliefern, und von seinen Besitzungen nichts als Merseburg, Walbizi und Frasu, bis zu dem bestimmten Tage für sich behalten, und dies alles auf eine zuverlässige Weise eidlich erhärten wollte: dann solle es ihm frei stehen, mit sicherem Geleite von ihrer Seite das dichtbesetzte Land zu verlassen; wo nicht, so stehe ihm kein Ort offen, durch den er lebendig rück- oder vorwärts kommen könnte. Und nun, wozu soll ich darüber noch mehr Worte machen? Sie bekamen am andern Tage alles was sie wollten, und gestatteten ihm, indem sie selbst abzogen, sich nach Merseberg zu begeben, wo die Herzogin Gisla seit langer Zeit in trauriger Einsamkeit verweilte. Er aber erwog mit seinen Getreuen alles im Einzelnen, und indem er darauf erklärte, er wolle aus Furcht vor Gottes Zorn und zum Heile des Vaterlandes in Wahrheit seine Pläne aufgeben, dankte und lohnte er ihnen auf eine würdige Weise für ihre Hülfe und ihren guten Willen, und bat alle, sie möchten aus Liebe zu ihm an dem bestimmten Tage sich mit ihm zusammen einfinden. Die beiden Kaiserinnen, welche bis dahin zu Pavia in Demuth auf göttlichen Trost geharrt hatten, und sämmtliche Fürsten des Kaiser- und Königreichs kamen nach Rara, und der Herzog erfüllte treu sein Versprechen, indem er alle zum Reiche gehörigen gern von sich entließ; da erkannte Gott durch einen hellen am Tage vor aller Augen leuchtenden Stern **Otto III.**als den von ihm bestimmten Herrn und König an. Alsbald stimmten alle, Weltliche wie Geistliche, wie aus einem Munde einen Gesang an zum Lobe Christi, und nun beugte sich der Sinn der bisher widerspenstigen, und die vordem in Zwietracht getheilten Schaaren vereinigten sich unter einem Herrn und Gebieter. Der König ward von seiner Mutter und Großmutter voll zärtlicher Liebe empfangen und dem Grafen Hoico zur Erziehung übergeben. Zwischen dem Könige und dem Herzoge ward ein vorläufiger Friede geschlossen, bis zu einer Zusammenkunft auf dem obenerwähnten Felde von Bisinstidi, indem jeder von beiden nach Hause zog. Als sie aber dort zusammenkamen, gingen sie, von bösen Menschen angereizt, im Bösen wieder aus einander, und so fand wieder eine langwierige Unterbrechung dieser Angelegenheit statt. Denn nun entstand zwischen Herzog Heinrich und dem vorher erwähnten Heinrich, welcher der jüngere Heinrichgenannt zu werden pflegte, eine große Fehde, welche erst späterhin durch Rath und Beihülfe des Grafen Herimann beigelegt ward, als Heinrich sich dem Könige zu Francanafordi [Frankfurt] unterwarf, und nun mit dem Herzogthume [Baiern] belehnt ward.

Kapitel 7

Das nächste Osterfest feierte der König zu Quidelingeburg, bei welcher Gelegenheit vier Herzoge den Dienst versahen, nämlichHeinrich [von Baiern] bei der Tafel, Konrad [von Franken] in der Kammer, Hecil[Pfalzgraf von Kärnthen] im Keller [Mundschenk] und Bernhard [von Sachsen] stand dem Marstalle vor. Dorthin kamen auch Bolizlav undMiseco mit den Ihrigen, und zogen, nachdem die ganze Feier der Ordnung gemäß begangen war, reich beschenkt heim. In jenen Tagen erklärte Herzog Miseco von Polen sich für einen Lehnsmann des Königs, und schenkte ihm unter anderen Ehrengaben ein Kameel, und machte zwei Feldzüge mit ihm.