Christian Tewes | Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft Alfter bei Bonn (original) (raw)
Papers by Christian Tewes
Schlette, M. & Tewes, C. (2024). Einleitung Die Wirklichkeit der Wahrnehmung. In M. Schlette & C. Tewes (Ed.), In Kontakt mit der Wirklichkeit: Die Perspektivität verkörperter Wahrnehmung (pp. 1-28). Berlin, Boston: De Gruyter., 2024
Dem Alltagsverständnis zufolge bringt uns die Wahrnehmung in einen Kontakt mit der Wirklichkeit. ... more Dem Alltagsverständnis zufolge bringt uns die Wahrnehmung in einen Kontakt mit der Wirklichkeit. Die Stabilisierung der Wahrnehmungsgewissheit ist tief im subjektiven Bildungsprozess verankert, hat sich alltagspraktisch bewährt und in der Sprache sedimentiert. Andererseits hat sich durch Erfahrungen kultureller Diversität und sozialer Differenz auch die Auffassung verbreitet, dass die Welt nur gleichsam durch die Brille spezifischer Herkünfte und Zugehörigkeiten wahrgenommen wird. Die Spannung zwischen realistischen und konstruktivistischen Interpretationen des menschlichen Weltbezugs bildet die Ausgangssituation, mit der sich die Beiträge zu dem geplanten Sammelband In Kontakt mit der Wirklichkeit. Interdisziplinäre Beiträge zur Situiertheit der Wahrnehmung auseinandersetzen. Ziel ist es, die Wahrnehmungsgewissheit des direkten Realismus zu verteidigen, ohne die berechtigten Einwände außer Acht zu lassen. Nicht nur der Begriff der Wahrnehmung wird dabei einer grundlegenden Prüfung unterzogen, sondern auch der Begriff der Wirklichkeit und mit ihm ein angemessenes Verständnis davon, als leiblich verkörperte Individuen in einer gemeinsam geteilten Welt zu sein.
The COVID-19 pandemic has manifold negative consequences for people around the world, of which th... more The COVID-19 pandemic has manifold negative consequences for people
around the world, of which the psychosocial ones have been rather
underrepresented in the public eye. Regarding social distancing measures,
there is already some experimental work demonstrating that the use of face masks has detrimental effects on various aspects of social cognition such as emotion reading, face identification, and perceived closeness of persons. However, while these findings provide important clues, they do not shed light on what people experience when interacting in real life in a masked society. Therefore, in critical distance to cognitivist accounts and taking Direct Social Perception (DSP) approaches seriously, we developed a first-person experimental design and conducted a study with thirty-four participants in a dyadic setting with two conditions (without vs. with face mask). Data were analyzed with mixed methods including in-depth qualitative coding at three levels, code relations analyses, and various statistical tests. Results yielded significant differences across conditions at all qualitative levels, comprising, for example, expressive behavior, and, in particular, significant decreases of content-independent, complimentary mental micro-activities. In the context of DSP, we argue in the paper that these activities suggest the constitution of a quasi-sensory modality – conceived as I-Thou sense – that oscillates between strongly and weakly embodied mental activities, as the analyses show. In sum, this study suggests that mask-wearing impairs both functional directions of mental activity in relation to more or less embodied experience and thus intervenes deeply in fundamental processes of social perception and
interaction.
Verletzlichkeit und Personalität in der Demenz. Anthropologisch-phänomenologische Zugänge, 2023
Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus eine... more Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus einer phänomenologisch-anthropologischen Forschungsperspektive. Die Erkrankung stellt die Betroffenen und ihr soziales Umfeld in privaten, pflegerischen und medizinischen Bereichen vor besondere existentielle Herausforderungen. Es wird deshalb in interdisziplinären Beiträgen der Frage nachgegangen, wie die stärkere Berücksichtigung der leiblichen Konstitution des Menschen und seiner existentiellen Verwundbarkeit sowohl zu einem verbesserten praktischen Umgang mit demenzerkrankten Menschen beitragen kann, wie auch zur Aufklärung des Verhältnisses von Personalität, Verletzlichkeit und Demenz insgesamt.
Mit Beiträgen von
Marion Bär | Erik Norman Dzwiza-Ohlsen | Thomas Fuchs | Regine Kather | Andreas Kruse | Ralph Kunz | Hans-Martin Rieger | Daniela Ringkamp | Sebastian Ritzi | Magnus Schlette | Eric Schmitt | Christiane Schrader | Jan Sonntag | Christian Tewes | Charlotte Uzarewicz
Die Beiträge dieser Zeitschrift sind unter der Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Intern... more Die Beiträge dieser Zeitschrift sind unter der Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0) lizensiert. Diese Lizenz erlaubt die private Nutzung und unveränderte Weitergabe, verbietet jedoch die Bearbeitung und kommerzielle Nutzung. Weitere Informationen finden Sie unter: creativecommons.org/ licenses/by-nc-nd/4.0/ Die Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz gelten nur für Originalmaterial. Die Wiederverwendung von Material aus anderen Quellen (gekennzeichnet mit Quellenangabe) wie z. B. Schaubilder, Abbildungen, FotosundTextauszügeerfordertggf.weitereNutzungsgenehmigungen durch den jeweiligen Rechteinhaber.
Zusammenfassung: Theorien der Verkörperung beruhen auf der Annahme, dass kognitive Prozesse intri... more Zusammenfassung: Theorien der Verkörperung beruhen auf der Annahme, dass kognitive Prozesse intrinsisch verkörpert sind, und messen der Interaktion von Körper und Umwelt entscheidende Bedeutung für die Möglichkeit von Bewusstsein zu. Seit den neunziger Jahren wird dieser verkörperungstheoretische Grundgedanke insbesondere vom Enaktivismus vertreten. Der Aufsatz zeichnet das verkörperungstheoretische Paradigma in drei Abschnitten nach, zunächst mit allgemeinem Bezug auf die Ökologie des Organismus (1), dann unter besonderer Beachtung der Konstruktion ökologischer Nischen, ihrer kulturellen Vererbung und der Inkorporation neuer Fähigkeiten durch Enkulturation in tradierte Nischen (2). Danach wird skizziert, wie sich im verkörperungstheoretischen Paradigma die Entstehung von Bedeutung im doppelten Sinn von semantischem wie evaluativem Gehalt modellieren lässt, so dass die sprachliche Kommunikation zu einem eigenständigen Faktor ökologischer Nischenbildung der menschlichen Lebensform wird (3). Der Aufsatz schließt mit einem Ausblick auf weiterführende verkörperungstheoretische Forschungsfragen zum Verhältnis von Gedächtnis und Umwelt, Sprache und Umwelt sowie Anthropologie und Umwelt (4).
Tewes, C., & Stanghellini, G. (2021). Introduction – Time and Body: Phenomenological and Psychopathological Approaches. In C. Tewes & G. Stanghellini (Eds.), Time and Body: Phenomenological and Psychopathological Approaches (pp. 1-11). Cambridge: Cambridge University Press., 2021
Research on the embodied mind has gained an ever increasing significance in recent decades.
Die Bewältigung der Corona Krise. Ein anthropologisch-ethisches Dilemma? In: Benjamin Held, Thomas Kirchhoff, Fredericke von Oorschot, Philipp Stoellger, Ines-Jaqueline Werkner (Hgg.). Corona als Riss. Perspektiven für Kirche, Politik und Ökonomie. Universitätsbibliothek Heidelberg, 131-148 , 2020
Die temporäre Einschränkung bedeutender Freiheitsrechte in der Coronakrise wird durch die Polit... more Die temporäre Einschränkung bedeutender Freiheitsrechte in der Coronakrise wird durch die Politik und in gegenwärtigen Debatten mit dem Recht auf den Schutz des Lebens begründet. Wie die mathematischen Modelle eindringlich veranschaulichen, würde das exponentielle Wachstum von Covid-19 sehr schnell zu einer massiven Überlastung des Gesundheitssystems und signifikanten Zunahme der Sterblichkeit in Deutschland führen, wie es in manchen Ländern bereits Realität geworden ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob wir es in der gegenwärtigen Situation tatsächlich nur, wie vielfach behauptet, mit einer Kollision unterschiedlicher Grundrechte zu tun haben. Dabei geht es vordergründig um die Klärung der Frage, ob und wie wir dem Recht auf Leben und der körperlichen Unversehrtheit eine 132 Christian Tewes zeitlich begrenzte Priorität gegenüber zentralen Freiheitsrechten einräumen dürfen. In den folgenden Ausführungen wird es darum gehen aufzuzeigen, dass diese dichotomische Gegenüberstellung-die Kollision und Einschränkung der Grundrechte-durch eine an thropologisch relationale Betrachtung mindestens ergänzt werden sollte. Letztere soll verdeutlichen, dass wir es derzeit nicht nur mit einem ethisch-rechtlichen Konflikt in der Abwägung von Grundrechten zu tun haben, sondern mit einem anthropologisch-ethischen Dilemma, das sich nicht einfach in die den öffentlichen Diskurs beherrschende Logik von Freiheits-versus Lebensrechten eingliedern lässt. Unter einem ethischen » Dilemma « verstehe ich dabei nicht nur einen Konflikt zwischen ethischen Normen und Werten, der sich eindeutig zugunsten der einen oder anderen Handlungsoption entscheiden lässt. Vielmehr fasse ich darunter einen ethischen Konflikt, der sich einer eindeutigen Bewertung entzieht, weil damit immer die Verletzung anderer Normen, Werte oder Rechte einhergeht, die aus ethisch-rechtlicher Perspektive ebenfalls besonders schwer ins Gewicht fällt.1
Freiheit? Freiheitsbewusstsein – neurowissenschaftliche Tatsachen – gesellschaftliche Bedeutung., 2019
In recent decades many facets of habitual body memory 5 have been explored in ever greater depth ... more In recent decades many facets of habitual body memory 5 have been explored in ever greater depth in the field of phenomenol-6 ogical research. As a result, one can regard this type of memory as an 7 important exemplification of the strong embodiment thesis, i.e. the 8 thesis that the body plays not only a causal but also a constitutive role 9 with regard to (at least some) cognitive processes. However, it is still 10 an open research question how, in particular, to evaluate the signifi-11 cance of the habitual body for the creation of collective memories. 12 Especially when it comes to externalized symbolically-mediated and 13 distributed forms of memory, some theorists think that the habitual 14 body no longer plays a decisive role in scaffolding collective 15 memories. In the present paper, I assess this assumption in more 16 detail. I argue that habitual body memory and skill-based behaviour 17 fulfil indispensable functions in the creation and maintenance of 18 symbolically-based cultural niches and collective memory systems. 19
Wahrnehmungsgehalte und begriffliche Kapazitäten. Eine enaktiv-anthropologische Forschungskontrov... more Wahrnehmungsgehalte und begriffliche Kapazitäten. Eine enaktiv-anthropologische Forschungskontroverse Einleitung Seit der Begründung des Enaktivismus durch Francisco Varela, Eleanor Rosch und Evan Thompson hat der starke verkörperungstheoretische Ansatz eine vielfältige Weiterentwicklung erfahren. 1 So gibt es neben dem autopoetischen Enaktivismus, der in seiner naturphilosophischen Fundierung maßgeblich von Hans Jonasʼ Theorie des Organismus beeinflusst ist, auch den sensomotorischen Enaktivismus, bei dem die wechselseitige Verbindung von Handeln und Wahrnehmen im Zentrum der Untersuchung steht. 2 Diese enaktiven Ansätze sind sowohl strukturlogisch miteinander verbunden, als auch immer wieder faktisch aufeinander bezogen worden Nichtsdestoweniger werden sie aber auch häufig unabhängig voneinander vertreten. Dies gilt auch für die Einbeziehung der Phänomenologie, deren Stellenwert im Enaktivismus höchst unterschiedlich bewertet wird. Für die Vertreter des in den letzten Jahren immer stärker in den Vordergrund getretenen radikalen Enaktivismus lässt sich z. B. festhalten, dass phänomenologischen Forschungsansätzen nur geringe bis gar keine Bedeutung beigemessen wird. Wie gezeigt werden soll, basieren diese Unterschiede keineswegs auf kontingenten Voraussetzungen oder Präferenzen. Gemeinsam ist den Theorieansätzen die Ablehnung des Repräsentationalismus in den klassischen Kognitionswissenschaften und der Philosophie des Geistes. Doch könnten die daraus gezogenen Konsequenzen kaum unterschiedlicher sein. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll jener Sachverhalt an den unterschiedlichen Bestimmungen des Wahrnehmungsgehaltes im sensomotorischen und radikalen Enaktivismus aufgezeigt werden. Meine These lautet, dass die divergierenden Zugänge zum Gehalt der Wahrnehmung letztendlich zu ganz unterschiedlichen Auffassungen im Hinblick auf das Wahrnehmungsund Begriffsvermögen des Menschen führen. In einem ersten Schritt wird deshalb die Kritik des radikalen Enaktivismus an versteckten Formen des Repräsentationalismus im klassischen (sensomotorischen) Enaktivismus erläutert und dessen Gegenentwurf einer Theorie der 1 Varela, Thompson, Rosch: The Embodied Mind, 1991. Der Ausdruck ‚starker verkörperungstheoretischer Ansatz' bedeutet, dass mentale Vorgänge oder Prozesse nicht einfach nur im Gehirn realisiert sind, sondern dass weitere Bereiche des Körpers hierzu nicht nur einen kausalen Beitrag leisten, sondern auch eine konstitutive Rolle spielen. Menary: Mathematical Cognition -A Case of Enculturation, 2015, S. 2.
The contributors to this special issue have set out to analyse and investigate the psychological,... more The contributors to this special issue have set out to analyse and investigate the psychological, biological, and social conditions of body memories and their impact on the constitution of collective memories. In contrast to episodic or semantic recollections, body memories such as habits shape the movements, postures, and gestures of the entire body. They are generated by repeated social interactions and thus incorporate cultural norms, values, and styles of expression.
There is an ongoing debate how one can integrate the subjective (first-person) dimension of exper... more There is an ongoing debate how one can integrate the subjective (first-person) dimension of experiences more thoroughly into neuropsychological research. In cognitive experimental memory research, for instance, cognitive psychology begins by separating the act of recollection from the context where recollections occur, so as to make memory research suitable for study in the experimental conditions of the laboratory. It is the claim of this article that the challenge for memory research consists not merely in the (possible) loss of meaning entailed by transforming embedded recollected experiences into operationalized cognitive functions. Rather, from the outset, the first-person experiential basis of the entire research procedure is often insufficiently elaborated and hence risks neglecting or misrepresenting significant dimensions of the phenomena it studies. I demonstrate this with regard to habits understood as procedural memories. Research based on the paradigm of embodied cognition and phenomenology has shown that procedural memory-based skills and habits are not necessarily confined to sub-personal (unconscious) processing mechanisms. This paradigm states that some cognitive processes involve not only the brain but also the pre-reflectively experienced lived-body. The key idea is that we have experiential access to bodily processes that are not yet conceptualized or reflexively mediated. In the final part of my paper, I delineate how such experiences can be integrated into the neuropsychological study of habits via the method of 'front-loaded phenomenology.'
While traditional theories of cognition tend to conceive of mental capacities as disembodied or m... more While traditional theories of cognition tend to conceive of mental capacities as disembodied or merely supervenient on brain states, in recent decades the insight has spread that mental processes cannot be confined to activities inside the skull alone. The paradigm of enactive embodiment endeavors to overcome the limitations of traditional cognitive science by reconceiving the cognizer as an embodied being and cognition as enactive. According to a well-known early definition, cognition depends on "the kinds of experience that come from having a body with various sensorimotor capacities" (Varela, Thompson, and Rosch 1991, 173).
Anthropologie ist "eine ganz und gar neuzeitliche" 1 und als solche eine interdisziplinäre Angele... more Anthropologie ist "eine ganz und gar neuzeitliche" 1 und als solche eine interdisziplinäre Angelegenheit. Das belegt schon das Werk des Philosophen, Anatomen und Theologen Magnus Hundt (1449-1519), in dessen Titel Antropologium de hominis dignitate, natura et proprietatibus 1501 erstmals der Begriff Anthropologie begegnet. Die Anthropologie konstituiert sich in der Neuzeit als eigene Fragerichtung, indem sie sich von der klassischen Metaphysik emanzipiert. Sie stellt sich der Frage, wie der Mensch zu bestimmen sei, "wenn nicht (mehr) durch Metaphysik" 2 . Weil dem Menschen sein Ort im Kosmos nicht mehr vorgegeben ist, muss er seine Rolle selbst finden und gestalten. Programmatisch spricht in Pico della Mirandolas Über die Würde des Menschen der Schöpfer der Welt zum Menschen: Wir haben dir keinen festen Wohnsitz gegeben, Adam, kein eigenes Aussehen noch irgendeine besondere Gabe, damit du den Wohnsitz, das Aussehen und die Gaben, die du dir selbst ausersiehst, entsprechend deinem Wunsch und Entschluss habest und besitzest. Die Natur der übrigen Geschöpfe ist fest bestimmt und wird innerhalb von uns vorgeschriebener Gesetze begrenzt. Du sollst dir deine ohne jede Einschränkung und Enge nach deinem Ermessen, dem ich dich anvertraut habe, selber bestimmen. 3 Hier klingen 1496 Grundthemen moderner Anthropologie an: "Der Mensch ist der erste Freigelassene der Schöpfung; er stehet aufrecht. Die Waage des Guten und des Bösen, des Falschen und Wahren hängt an ihm: er kann forschen, er soll wählen", wird Johann Gottfried Herder (1744-1803) knapp dreihundert Jahre später ausführen. 4 Dass der Mensch das nicht festgestellte Tier sei, wird ausgehend von Friedrich Nietzsche zu einer Grundaussage der philosophischen Anthropologie des 20. Jahrhunderts. 1
It is the aim of this paper to explore in more detail what enactivism can contribute to embodied ... more It is the aim of this paper to explore in more detail what enactivism can contribute to embodied memory research. This is accomplished by a comparative analysis of the formation of memories with regard to the extended mind hypothesis. Proponents of the latter base their views on the supposed “hybrid nature” of the human mind. According to this approach, biological brain-based memories are supplemented by external storage systems, thereby incorporating different forms of cultural technology into the human mind. I argue in this paper that a strong embodied approach to memory formation first needs to develop a phenomenological and autonomous system account of habitual body memory. This lays the foundation for explaining whether memories are integrated into emerging unities or are merely extended.
Kommentar zu einem Text von Stefanie Höhl.
This essay deals with the question of what a theory of embodied cog-nition can contribute to the ... more This essay deals with the question of what a theory of embodied cog-nition can contribute to the origin of language. In the first part of the paper, I will delineate specific challenges that are involved in the attempt to explain the emergence of symbolic language and competence. To accomplish this, the focus will be on Grice's theory of non-natural linguistic meaning whose evolutionary realization needs a thoroughgoing explanation. In the second part, the theory of direct perception and bodily forms of expression are introduced as significant elements of an embodied theory of language origination. The last part of the paper explicates forms of imitation and their phylo-and ontogenetic self-differentiation. I argue that mimetic capacities have a central function in explaining how the " language Rubicon " could have been crossed. However, the explanatory power of this approach depends on its integration into a theory of direct perception and an expressivist theory of bodily actions. Welchen Stellenwert die Ausbildung der symbolischen Sprache für die Enkultu-ration des Menschen hat, ist von kaum zu überschätzender Bedeutung. Sie er-möglicht aufgrund ihrer propositionalen Struktur und Systematizität eine Form des begrifflichen Denkens, das für die Deliberation von Handlungsgründen, die Sensitivität bezüglich rational-moralischer Normen, wie auch für die reflexive Erfassung, Evaluation und Ausbildung des personalen Selbst fundierend ist.¹ Symbolisch basiertes Denken ist somit unmittelbar abhängig von sprachlich-propositionalen Kapazitäten und sowohl für menschliches Denken als auch die humane Bewusstseinsformation insgesamt konstitutiv.² Aus der evolutionären Perspektive wird der positive Selektionswert der Sprache bzw. deren Adaptivität u. a. in der weitergehenden Ermöglichung von Erfindungen, handwerklicher Ge-schicklichkeit und umfassenden Formen sozialer Koordination gesehen.³ Doch auch umgekehrt ist anzunehmen, dass die Emergenz und Ausbildung derartiger
Schlette, M. & Tewes, C. (2024). Einleitung Die Wirklichkeit der Wahrnehmung. In M. Schlette & C. Tewes (Ed.), In Kontakt mit der Wirklichkeit: Die Perspektivität verkörperter Wahrnehmung (pp. 1-28). Berlin, Boston: De Gruyter., 2024
Dem Alltagsverständnis zufolge bringt uns die Wahrnehmung in einen Kontakt mit der Wirklichkeit. ... more Dem Alltagsverständnis zufolge bringt uns die Wahrnehmung in einen Kontakt mit der Wirklichkeit. Die Stabilisierung der Wahrnehmungsgewissheit ist tief im subjektiven Bildungsprozess verankert, hat sich alltagspraktisch bewährt und in der Sprache sedimentiert. Andererseits hat sich durch Erfahrungen kultureller Diversität und sozialer Differenz auch die Auffassung verbreitet, dass die Welt nur gleichsam durch die Brille spezifischer Herkünfte und Zugehörigkeiten wahrgenommen wird. Die Spannung zwischen realistischen und konstruktivistischen Interpretationen des menschlichen Weltbezugs bildet die Ausgangssituation, mit der sich die Beiträge zu dem geplanten Sammelband In Kontakt mit der Wirklichkeit. Interdisziplinäre Beiträge zur Situiertheit der Wahrnehmung auseinandersetzen. Ziel ist es, die Wahrnehmungsgewissheit des direkten Realismus zu verteidigen, ohne die berechtigten Einwände außer Acht zu lassen. Nicht nur der Begriff der Wahrnehmung wird dabei einer grundlegenden Prüfung unterzogen, sondern auch der Begriff der Wirklichkeit und mit ihm ein angemessenes Verständnis davon, als leiblich verkörperte Individuen in einer gemeinsam geteilten Welt zu sein.
The COVID-19 pandemic has manifold negative consequences for people around the world, of which th... more The COVID-19 pandemic has manifold negative consequences for people
around the world, of which the psychosocial ones have been rather
underrepresented in the public eye. Regarding social distancing measures,
there is already some experimental work demonstrating that the use of face masks has detrimental effects on various aspects of social cognition such as emotion reading, face identification, and perceived closeness of persons. However, while these findings provide important clues, they do not shed light on what people experience when interacting in real life in a masked society. Therefore, in critical distance to cognitivist accounts and taking Direct Social Perception (DSP) approaches seriously, we developed a first-person experimental design and conducted a study with thirty-four participants in a dyadic setting with two conditions (without vs. with face mask). Data were analyzed with mixed methods including in-depth qualitative coding at three levels, code relations analyses, and various statistical tests. Results yielded significant differences across conditions at all qualitative levels, comprising, for example, expressive behavior, and, in particular, significant decreases of content-independent, complimentary mental micro-activities. In the context of DSP, we argue in the paper that these activities suggest the constitution of a quasi-sensory modality – conceived as I-Thou sense – that oscillates between strongly and weakly embodied mental activities, as the analyses show. In sum, this study suggests that mask-wearing impairs both functional directions of mental activity in relation to more or less embodied experience and thus intervenes deeply in fundamental processes of social perception and
interaction.
Verletzlichkeit und Personalität in der Demenz. Anthropologisch-phänomenologische Zugänge, 2023
Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus eine... more Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus einer phänomenologisch-anthropologischen Forschungsperspektive. Die Erkrankung stellt die Betroffenen und ihr soziales Umfeld in privaten, pflegerischen und medizinischen Bereichen vor besondere existentielle Herausforderungen. Es wird deshalb in interdisziplinären Beiträgen der Frage nachgegangen, wie die stärkere Berücksichtigung der leiblichen Konstitution des Menschen und seiner existentiellen Verwundbarkeit sowohl zu einem verbesserten praktischen Umgang mit demenzerkrankten Menschen beitragen kann, wie auch zur Aufklärung des Verhältnisses von Personalität, Verletzlichkeit und Demenz insgesamt.
Mit Beiträgen von
Marion Bär | Erik Norman Dzwiza-Ohlsen | Thomas Fuchs | Regine Kather | Andreas Kruse | Ralph Kunz | Hans-Martin Rieger | Daniela Ringkamp | Sebastian Ritzi | Magnus Schlette | Eric Schmitt | Christiane Schrader | Jan Sonntag | Christian Tewes | Charlotte Uzarewicz
Die Beiträge dieser Zeitschrift sind unter der Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Intern... more Die Beiträge dieser Zeitschrift sind unter der Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0) lizensiert. Diese Lizenz erlaubt die private Nutzung und unveränderte Weitergabe, verbietet jedoch die Bearbeitung und kommerzielle Nutzung. Weitere Informationen finden Sie unter: creativecommons.org/ licenses/by-nc-nd/4.0/ Die Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz gelten nur für Originalmaterial. Die Wiederverwendung von Material aus anderen Quellen (gekennzeichnet mit Quellenangabe) wie z. B. Schaubilder, Abbildungen, FotosundTextauszügeerfordertggf.weitereNutzungsgenehmigungen durch den jeweiligen Rechteinhaber.
Zusammenfassung: Theorien der Verkörperung beruhen auf der Annahme, dass kognitive Prozesse intri... more Zusammenfassung: Theorien der Verkörperung beruhen auf der Annahme, dass kognitive Prozesse intrinsisch verkörpert sind, und messen der Interaktion von Körper und Umwelt entscheidende Bedeutung für die Möglichkeit von Bewusstsein zu. Seit den neunziger Jahren wird dieser verkörperungstheoretische Grundgedanke insbesondere vom Enaktivismus vertreten. Der Aufsatz zeichnet das verkörperungstheoretische Paradigma in drei Abschnitten nach, zunächst mit allgemeinem Bezug auf die Ökologie des Organismus (1), dann unter besonderer Beachtung der Konstruktion ökologischer Nischen, ihrer kulturellen Vererbung und der Inkorporation neuer Fähigkeiten durch Enkulturation in tradierte Nischen (2). Danach wird skizziert, wie sich im verkörperungstheoretischen Paradigma die Entstehung von Bedeutung im doppelten Sinn von semantischem wie evaluativem Gehalt modellieren lässt, so dass die sprachliche Kommunikation zu einem eigenständigen Faktor ökologischer Nischenbildung der menschlichen Lebensform wird (3). Der Aufsatz schließt mit einem Ausblick auf weiterführende verkörperungstheoretische Forschungsfragen zum Verhältnis von Gedächtnis und Umwelt, Sprache und Umwelt sowie Anthropologie und Umwelt (4).
Tewes, C., & Stanghellini, G. (2021). Introduction – Time and Body: Phenomenological and Psychopathological Approaches. In C. Tewes & G. Stanghellini (Eds.), Time and Body: Phenomenological and Psychopathological Approaches (pp. 1-11). Cambridge: Cambridge University Press., 2021
Research on the embodied mind has gained an ever increasing significance in recent decades.
Die Bewältigung der Corona Krise. Ein anthropologisch-ethisches Dilemma? In: Benjamin Held, Thomas Kirchhoff, Fredericke von Oorschot, Philipp Stoellger, Ines-Jaqueline Werkner (Hgg.). Corona als Riss. Perspektiven für Kirche, Politik und Ökonomie. Universitätsbibliothek Heidelberg, 131-148 , 2020
Die temporäre Einschränkung bedeutender Freiheitsrechte in der Coronakrise wird durch die Polit... more Die temporäre Einschränkung bedeutender Freiheitsrechte in der Coronakrise wird durch die Politik und in gegenwärtigen Debatten mit dem Recht auf den Schutz des Lebens begründet. Wie die mathematischen Modelle eindringlich veranschaulichen, würde das exponentielle Wachstum von Covid-19 sehr schnell zu einer massiven Überlastung des Gesundheitssystems und signifikanten Zunahme der Sterblichkeit in Deutschland führen, wie es in manchen Ländern bereits Realität geworden ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob wir es in der gegenwärtigen Situation tatsächlich nur, wie vielfach behauptet, mit einer Kollision unterschiedlicher Grundrechte zu tun haben. Dabei geht es vordergründig um die Klärung der Frage, ob und wie wir dem Recht auf Leben und der körperlichen Unversehrtheit eine 132 Christian Tewes zeitlich begrenzte Priorität gegenüber zentralen Freiheitsrechten einräumen dürfen. In den folgenden Ausführungen wird es darum gehen aufzuzeigen, dass diese dichotomische Gegenüberstellung-die Kollision und Einschränkung der Grundrechte-durch eine an thropologisch relationale Betrachtung mindestens ergänzt werden sollte. Letztere soll verdeutlichen, dass wir es derzeit nicht nur mit einem ethisch-rechtlichen Konflikt in der Abwägung von Grundrechten zu tun haben, sondern mit einem anthropologisch-ethischen Dilemma, das sich nicht einfach in die den öffentlichen Diskurs beherrschende Logik von Freiheits-versus Lebensrechten eingliedern lässt. Unter einem ethischen » Dilemma « verstehe ich dabei nicht nur einen Konflikt zwischen ethischen Normen und Werten, der sich eindeutig zugunsten der einen oder anderen Handlungsoption entscheiden lässt. Vielmehr fasse ich darunter einen ethischen Konflikt, der sich einer eindeutigen Bewertung entzieht, weil damit immer die Verletzung anderer Normen, Werte oder Rechte einhergeht, die aus ethisch-rechtlicher Perspektive ebenfalls besonders schwer ins Gewicht fällt.1
Freiheit? Freiheitsbewusstsein – neurowissenschaftliche Tatsachen – gesellschaftliche Bedeutung., 2019
In recent decades many facets of habitual body memory 5 have been explored in ever greater depth ... more In recent decades many facets of habitual body memory 5 have been explored in ever greater depth in the field of phenomenol-6 ogical research. As a result, one can regard this type of memory as an 7 important exemplification of the strong embodiment thesis, i.e. the 8 thesis that the body plays not only a causal but also a constitutive role 9 with regard to (at least some) cognitive processes. However, it is still 10 an open research question how, in particular, to evaluate the signifi-11 cance of the habitual body for the creation of collective memories. 12 Especially when it comes to externalized symbolically-mediated and 13 distributed forms of memory, some theorists think that the habitual 14 body no longer plays a decisive role in scaffolding collective 15 memories. In the present paper, I assess this assumption in more 16 detail. I argue that habitual body memory and skill-based behaviour 17 fulfil indispensable functions in the creation and maintenance of 18 symbolically-based cultural niches and collective memory systems. 19
Wahrnehmungsgehalte und begriffliche Kapazitäten. Eine enaktiv-anthropologische Forschungskontrov... more Wahrnehmungsgehalte und begriffliche Kapazitäten. Eine enaktiv-anthropologische Forschungskontroverse Einleitung Seit der Begründung des Enaktivismus durch Francisco Varela, Eleanor Rosch und Evan Thompson hat der starke verkörperungstheoretische Ansatz eine vielfältige Weiterentwicklung erfahren. 1 So gibt es neben dem autopoetischen Enaktivismus, der in seiner naturphilosophischen Fundierung maßgeblich von Hans Jonasʼ Theorie des Organismus beeinflusst ist, auch den sensomotorischen Enaktivismus, bei dem die wechselseitige Verbindung von Handeln und Wahrnehmen im Zentrum der Untersuchung steht. 2 Diese enaktiven Ansätze sind sowohl strukturlogisch miteinander verbunden, als auch immer wieder faktisch aufeinander bezogen worden Nichtsdestoweniger werden sie aber auch häufig unabhängig voneinander vertreten. Dies gilt auch für die Einbeziehung der Phänomenologie, deren Stellenwert im Enaktivismus höchst unterschiedlich bewertet wird. Für die Vertreter des in den letzten Jahren immer stärker in den Vordergrund getretenen radikalen Enaktivismus lässt sich z. B. festhalten, dass phänomenologischen Forschungsansätzen nur geringe bis gar keine Bedeutung beigemessen wird. Wie gezeigt werden soll, basieren diese Unterschiede keineswegs auf kontingenten Voraussetzungen oder Präferenzen. Gemeinsam ist den Theorieansätzen die Ablehnung des Repräsentationalismus in den klassischen Kognitionswissenschaften und der Philosophie des Geistes. Doch könnten die daraus gezogenen Konsequenzen kaum unterschiedlicher sein. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll jener Sachverhalt an den unterschiedlichen Bestimmungen des Wahrnehmungsgehaltes im sensomotorischen und radikalen Enaktivismus aufgezeigt werden. Meine These lautet, dass die divergierenden Zugänge zum Gehalt der Wahrnehmung letztendlich zu ganz unterschiedlichen Auffassungen im Hinblick auf das Wahrnehmungsund Begriffsvermögen des Menschen führen. In einem ersten Schritt wird deshalb die Kritik des radikalen Enaktivismus an versteckten Formen des Repräsentationalismus im klassischen (sensomotorischen) Enaktivismus erläutert und dessen Gegenentwurf einer Theorie der 1 Varela, Thompson, Rosch: The Embodied Mind, 1991. Der Ausdruck ‚starker verkörperungstheoretischer Ansatz' bedeutet, dass mentale Vorgänge oder Prozesse nicht einfach nur im Gehirn realisiert sind, sondern dass weitere Bereiche des Körpers hierzu nicht nur einen kausalen Beitrag leisten, sondern auch eine konstitutive Rolle spielen. Menary: Mathematical Cognition -A Case of Enculturation, 2015, S. 2.
The contributors to this special issue have set out to analyse and investigate the psychological,... more The contributors to this special issue have set out to analyse and investigate the psychological, biological, and social conditions of body memories and their impact on the constitution of collective memories. In contrast to episodic or semantic recollections, body memories such as habits shape the movements, postures, and gestures of the entire body. They are generated by repeated social interactions and thus incorporate cultural norms, values, and styles of expression.
There is an ongoing debate how one can integrate the subjective (first-person) dimension of exper... more There is an ongoing debate how one can integrate the subjective (first-person) dimension of experiences more thoroughly into neuropsychological research. In cognitive experimental memory research, for instance, cognitive psychology begins by separating the act of recollection from the context where recollections occur, so as to make memory research suitable for study in the experimental conditions of the laboratory. It is the claim of this article that the challenge for memory research consists not merely in the (possible) loss of meaning entailed by transforming embedded recollected experiences into operationalized cognitive functions. Rather, from the outset, the first-person experiential basis of the entire research procedure is often insufficiently elaborated and hence risks neglecting or misrepresenting significant dimensions of the phenomena it studies. I demonstrate this with regard to habits understood as procedural memories. Research based on the paradigm of embodied cognition and phenomenology has shown that procedural memory-based skills and habits are not necessarily confined to sub-personal (unconscious) processing mechanisms. This paradigm states that some cognitive processes involve not only the brain but also the pre-reflectively experienced lived-body. The key idea is that we have experiential access to bodily processes that are not yet conceptualized or reflexively mediated. In the final part of my paper, I delineate how such experiences can be integrated into the neuropsychological study of habits via the method of 'front-loaded phenomenology.'
While traditional theories of cognition tend to conceive of mental capacities as disembodied or m... more While traditional theories of cognition tend to conceive of mental capacities as disembodied or merely supervenient on brain states, in recent decades the insight has spread that mental processes cannot be confined to activities inside the skull alone. The paradigm of enactive embodiment endeavors to overcome the limitations of traditional cognitive science by reconceiving the cognizer as an embodied being and cognition as enactive. According to a well-known early definition, cognition depends on "the kinds of experience that come from having a body with various sensorimotor capacities" (Varela, Thompson, and Rosch 1991, 173).
Anthropologie ist "eine ganz und gar neuzeitliche" 1 und als solche eine interdisziplinäre Angele... more Anthropologie ist "eine ganz und gar neuzeitliche" 1 und als solche eine interdisziplinäre Angelegenheit. Das belegt schon das Werk des Philosophen, Anatomen und Theologen Magnus Hundt (1449-1519), in dessen Titel Antropologium de hominis dignitate, natura et proprietatibus 1501 erstmals der Begriff Anthropologie begegnet. Die Anthropologie konstituiert sich in der Neuzeit als eigene Fragerichtung, indem sie sich von der klassischen Metaphysik emanzipiert. Sie stellt sich der Frage, wie der Mensch zu bestimmen sei, "wenn nicht (mehr) durch Metaphysik" 2 . Weil dem Menschen sein Ort im Kosmos nicht mehr vorgegeben ist, muss er seine Rolle selbst finden und gestalten. Programmatisch spricht in Pico della Mirandolas Über die Würde des Menschen der Schöpfer der Welt zum Menschen: Wir haben dir keinen festen Wohnsitz gegeben, Adam, kein eigenes Aussehen noch irgendeine besondere Gabe, damit du den Wohnsitz, das Aussehen und die Gaben, die du dir selbst ausersiehst, entsprechend deinem Wunsch und Entschluss habest und besitzest. Die Natur der übrigen Geschöpfe ist fest bestimmt und wird innerhalb von uns vorgeschriebener Gesetze begrenzt. Du sollst dir deine ohne jede Einschränkung und Enge nach deinem Ermessen, dem ich dich anvertraut habe, selber bestimmen. 3 Hier klingen 1496 Grundthemen moderner Anthropologie an: "Der Mensch ist der erste Freigelassene der Schöpfung; er stehet aufrecht. Die Waage des Guten und des Bösen, des Falschen und Wahren hängt an ihm: er kann forschen, er soll wählen", wird Johann Gottfried Herder (1744-1803) knapp dreihundert Jahre später ausführen. 4 Dass der Mensch das nicht festgestellte Tier sei, wird ausgehend von Friedrich Nietzsche zu einer Grundaussage der philosophischen Anthropologie des 20. Jahrhunderts. 1
It is the aim of this paper to explore in more detail what enactivism can contribute to embodied ... more It is the aim of this paper to explore in more detail what enactivism can contribute to embodied memory research. This is accomplished by a comparative analysis of the formation of memories with regard to the extended mind hypothesis. Proponents of the latter base their views on the supposed “hybrid nature” of the human mind. According to this approach, biological brain-based memories are supplemented by external storage systems, thereby incorporating different forms of cultural technology into the human mind. I argue in this paper that a strong embodied approach to memory formation first needs to develop a phenomenological and autonomous system account of habitual body memory. This lays the foundation for explaining whether memories are integrated into emerging unities or are merely extended.
Kommentar zu einem Text von Stefanie Höhl.
This essay deals with the question of what a theory of embodied cog-nition can contribute to the ... more This essay deals with the question of what a theory of embodied cog-nition can contribute to the origin of language. In the first part of the paper, I will delineate specific challenges that are involved in the attempt to explain the emergence of symbolic language and competence. To accomplish this, the focus will be on Grice's theory of non-natural linguistic meaning whose evolutionary realization needs a thoroughgoing explanation. In the second part, the theory of direct perception and bodily forms of expression are introduced as significant elements of an embodied theory of language origination. The last part of the paper explicates forms of imitation and their phylo-and ontogenetic self-differentiation. I argue that mimetic capacities have a central function in explaining how the " language Rubicon " could have been crossed. However, the explanatory power of this approach depends on its integration into a theory of direct perception and an expressivist theory of bodily actions. Welchen Stellenwert die Ausbildung der symbolischen Sprache für die Enkultu-ration des Menschen hat, ist von kaum zu überschätzender Bedeutung. Sie er-möglicht aufgrund ihrer propositionalen Struktur und Systematizität eine Form des begrifflichen Denkens, das für die Deliberation von Handlungsgründen, die Sensitivität bezüglich rational-moralischer Normen, wie auch für die reflexive Erfassung, Evaluation und Ausbildung des personalen Selbst fundierend ist.¹ Symbolisch basiertes Denken ist somit unmittelbar abhängig von sprachlich-propositionalen Kapazitäten und sowohl für menschliches Denken als auch die humane Bewusstseinsformation insgesamt konstitutiv.² Aus der evolutionären Perspektive wird der positive Selektionswert der Sprache bzw. deren Adaptivität u. a. in der weitergehenden Ermöglichung von Erfindungen, handwerklicher Ge-schicklichkeit und umfassenden Formen sozialer Koordination gesehen.³ Doch auch umgekehrt ist anzunehmen, dass die Emergenz und Ausbildung derartiger
Verletzlichkeit und Personalität in der Demenz , 2023
Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus eine... more Dieser Band untersucht das Verhältnis von Personalität und Verletzlichkeit in der Demenz aus einer phänomenologisch-anthropologischen Forschungsperspektive. Die Erkrankung stellt die Betroffenen und ihr soziales Umfeld in privaten, pflegerischen und medizinischen Bereichen vor besondere existentielle Herausforderungen. Es wird deshalb in interdisziplinären Beiträgen der Frage nachgegangen, wie die stärkere Berücksichtigung der leiblichen Konstitution des Menschen und seiner existentiellen Verwundbarkeit sowohl zu einem verbesserten praktischen Umgang mit demenzerkrankten Menschen beitragen kann, wie auch zur Aufklärung des Verhältnisses von Personalität, Verletzlichkeit und Demenz insgesamt.
Mit Beiträgen von
Marion Bär | Erik Norman Dzwiza-Ohlsen | Thomas Fuchs | Regine Kather | Andreas Kruse | Ralph Kunz | Hans-Martin Rieger | Daniela Ringkamp | Sebastian Ritzi | Magnus Schlette | Eric Schmitt | Christiane Schrader | Jan Sonntag | Christian Tewes | Charlotte Uzarewicz
Embodiment in Evolution and Culture , 2016
From its beginnings, the theory of evolution has unsettled fundamental anthropological assumption... more From its beginnings, the theory of evolution has unsettled fundamental anthropological assumptions about the place of human beings in nature. The integration of human originsinto natural history by Darwinism was countered by the philosophical anthropologies of the 20th century. Their attempts were to hold on even more resolutely to the special status of humans as beings 'open towards the world'. Today, evolutionary and philosophical anthropology have moved closer together via the paradigm of embodiment. Building on embodied cognitive science, this volume aims to establish how far the human mind and human cultural cognition can be attributed to the structures of human existence, structures which have emerged in the course of evolution and have in turn been affected by culture. The traditional dualism of nature and culture is transformed into an explanation of an evolutionary process in which body and mind are understood to be intertwined and mutually constitutive.
Grundlegungen der Bewusstseinsforschung Studien zu Daniel Dennett und Edmund Husserl, 2007
Im Mittelpunkt dieses Buches steht sowohl die methodologische Grundlegung der Bewusstseinsforschu... more Im Mittelpunkt dieses Buches steht sowohl die methodologische Grundlegung der Bewusstseinsforschung als auch die Untersuchung essentieller Bewusstseinsstrukturen. Nicht nur die zunehmende Erforschung und Interpretation des Bewusstseins in den Neurowissenschaften läßt die Frage nach einer gerechtfertigten Methodologie der Bewußtseinsforschung besonders virulent erscheinen, sondern auch die Entwicklungen in der Kognitionspsychologie, künstlichen Intelligenzforschung und der Philosophie des Geistes.
So werden zunächst einige Formen des Physikalismus analysiert, die in der zeitgenössischen Philosophie des Geistes von Bedeutung sind. Im weiteren Verlauf der Arbeit erfahren diese eher allgemeinen physikalistischen Bestimmungen des Bewusstseins aufgrund von Dennetts materialistisch-funktionalistischer Bewusstseinstheorie eine weitere Konkretisierung. Nach Dennett ist Bewusstseinsforschung nur aus der Dritten-Person-Perspektive durchführbar.
Daran anschließend wird untersucht, ob Husserls Phänomenologie nicht zumindest im Prinzip zu leisten vermag, was Dennett für unmöglich hält, nämlich die Erforschung des Bewusstseins aus der Ersten-Person-Perspektive. So hat Husserl in vielfältigen Studien aufzuzeigen versucht, daß ein methodisch-reflexiv gerechtfertigter Zugang zum Bewusstsein konsistent durchführbar ist. Die Intentionalität und Zeitlichkeit des Bewusstseins spielen diesbezüglich ebenfalls eine wesentliche Rolle.
Abschließend wird erläutert, welche Implikationen die Ergebnisse dieser Arbeit für die Bewusstseinsforschung und ontologische Bestimmung des Bewußtseins haben.
Libertarismus, Willensfreiheit und Verursachung, 2017
Im Mittelpunkt dieser Abhandlung steht die Frage, welchen Beitrag der Libertarismus zur Begründun... more Im Mittelpunkt dieser Abhandlung steht die Frage, welchen Beitrag der Libertarismus zur Begründung der Willensfreiheit leisten kann. Insbesondere ist gegen den libertarisch-akteurskausalen Ansatz häufig geltend gemacht worden, dass er inkonsistent und mit naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen nicht in Einklang zu bringen sei. In diesem Buch wird argumentiert, dass die Einwände auf der Grundlage naturphilosophischer, ontologischer und phänomenologischer Untersuchungen nicht stichhaltig sind. Es ist zudem das Ziel der Untersuchung, in einem kritischen Vergleich die Stärken des akteurskausalen Ansatzes gegenüber rein ereigniskausal fundierten libertarischen Positionen aufzuzeigen. In ihrem letzten Teil werden deshalb unter verkörperungstheoretisch-enaktiven Gesichtspunkten zentrale Annahmen des akteurskausalen Libertarismus weitergehenden Begründungen unterzogen. Ein Beispiel dafür ist die Auffassung, dass Personen als Substanzen in Verursachungsrelationen stehen.
From its beginnings, the theory of evolution has unsettled fundamental anthropological assumption... more From its beginnings, the theory of evolution has unsettled fundamental anthropological assumptions about the place of human beings in nature. The integration of human originsinto natural history by Darwinism was countered by the philosophical anthropologies of the 20th century. Their attempts were to hold on even more resolutely to the special status of humans as beings ' open towards the world'. Today, evolutionary and philosophical anthropology have moved closer together via the paradigm of embodiment. Building on embodied cognitive science, this volume aims to establish how far the human mind and human cultural cognition can be attributed to the structures of human existence, structures which have emerged in the course of evolution and have in turn been aected by culture. The traditional dualism of nature and culture is transformed into an explanation of an evolutionary process in which body and mind are understood to be intertwined and mutually constitutive. The Open Access version of the publication can be found at online.mohr.de.