Eine Bühne für Musik & Experimente – Ars Electronica Blog (original) (raw)

Musik ist ein zentraler Bestandteil des Ars Electronica Festival. Vom 4. bis 8. September erwartet die Besucher*innen ein vielfältiges Programm von klassischer bis hin zu digitaler Musik.

Musik gehört zu Ars Electronica wie ein Konzert zu einem Festival – kein Zufall also, dass sich beim Programm des diesjährigen Ars Electronica Festival Freund*innen von Musik, Tanz und Performance versammeln werden. Zwischen Klängen und Experimenten, zwischen digital und klassisch zieht sich das musikalische Programm durch alle Festivaltage. Auf einer der weltgrößten Bühnen für Medienkunst gibt es von 4. bis 8. September also richtig etwas auf die Ohren.

Pianographique / Maki Namekawa (JP/AT), Cori O’Lan (AT), Photo: vog.photo

Von Medien und Kunst

Ein Orchester mit Robotern, experimentelle Musik und interaktive Performances – das und mehr versprechen die Konzerte am Ars Electronica Festival 2024. Seit über 30 Jahren ist die Kategorie „Digital Music & Sound Art“ Teil des Ars Electronica Prix und damit die klassischen, rockigen und futuristischen Aufführungen aus aller Welt fixer Bestandteil des Ars Electronica Festival. „Wir haben jedes Jahr unterschiedlichste Programme. Auf der einen Seite das Experiment zwischen klassischer Musik und Medienkunst, auf der anderen Seite auch tanzbares Programm und interaktive Performances für alle Geschmäcker. Die Gleishalle der POSTCITY in Linz bietet uns einen besonderen Ort für klassische Konzerte, auch den Mariendom und den Domplatz werden wir zum Beben bringen“, freut sich Baur.

SILENT ECHOES: NOTRE DAME / Bill Fontana (US), Photo: Bill Fontana Studio

Festival Opening: Happy Birthday, Anton Bruckner!

Ungewöhnlich, fantastisch, mitreißend – das offizielle Festival Opening findet bei freiem Eintritt am 4. September im und vor dem Mariendom statt und ist nicht nur Andenken an den 200. Geburtstags des großen Komponisten Anton Bruckner, sondern auch zugleich Schauplatz für verschränkte Photonen, Linzer Orgeln, die Glocken von Notre Dame und einen abschmelzenden Gletscher. Dass die Wahl auf den Mariendom fiel, ist kein Zufall: jene Kathedrale, deren Votivkapelle 1869 mit Bruckners heute weltberühmtem „Locus iste“ („dieser Ort“) eingeweiht wurde.

Bevor das Festival lautstark eröffnet wird, hüllt sich der Mariendom in der Nacht noch in Stille – mit Bill Fontanas „Silent Echoes“. Die Klanginstallation entstand in Kooperation mit der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 und der OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024 und ist ein eindringliches künstlerisches Statement zur Klimakrise. 2019 brennt Notre-Dame, die „Seele von Paris“, Wahrzeichen europäischer Kultur. Die Glocken werden verschont, verstummen aber auf Jahre. Still „lauschen“ sie dem Treiben der Stadt und den Geräuschen der Baustelle. Der US-amerikanische Sound-Artist Bill Fontana macht diese harmonische Antwort der Glocken durch Vibrations-Sensoren hörbar, überträgt die Klänge in die Eishöhlen am Dachstein und spiegelt sie wie in einem Duett mit den Klängen des schmelzenden Gletschers – ein beeindruckendes Statement zum Klimawandel und zur Zerbrechlichkeit von Kultur.

ELECTRONICOS FANTASTICOS! / Ei Wada (JP) + Linz Orchest-Lab, Credit: tom mesic

Den Auftakt zum offiziellen Beginn des Ars Electronica Festival macht am 4. September der österreichische Soul-Newcomer Lou Asril am Domplatz, bevor die „ELECTRONICOS FANTASTICOS!“ mit einer ihrer unnachahmlichen Konzert-Performances die Bühne übernehmen und ausrangierte Elektrogeräte zu klingenden Musikinstrumenten umfunktionieren. Danach geht es in den Dom zu einer Weltpremiere: Das Orgelkonzert „BruQner – The Sound of Entanglement“ – die zweite Quantenrevolution als Musikspektakel. Laser, Spiegel, Polarisatoren, nichtlineare Kristalle: Ein Experimentalaufbau aus dem High-Tech-Labor mitten im Linzer Mariendom verspricht eine einzigartige Show, entwickelt und aufgebaut von einem Team aus Künstler*innen, Organisten, Informatikern und Physikern. Dazu gesellen sich verschränkte Photonen – die Quanten des Lichts – und werden zu Dirigenten, die Bruckners Perger Präludium auf eine Weise lenken, wie es kein Mensch der Welt könnte. Zwei Kirchenorgeln spielen live und füllen den spektakulären Klangraum des Doms. „BruQner – The Sound of Entanglement“ ist ein Projekt der OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024 in Kooperation mit Ars Electronica und freundlicher Unterstützung von LIT-JKU, VCQ, Universität Innsbruck, TU Wien, SFB – beyondC und Stadt Wien Kultur.

BruQner—The Sound of Entanglement / Clemens Wenger (AT), Enar de Dios Rodríguez (ES), Martin Ringbauer (AT), Johannes Kofler (AT), Richard Küng (AT), Alexander Ploier (AT), Benjamin Orthner (AT/GH), Philipp Haslinger (AT), Photo: Richard Küng, Alexander Gotter, Enar de Dios Rodriguez, Benjamin Orthner, Johannes Kofler, Philipp Haslinger, Martin Ringbauer, Elisabeth Peheim

Um 23:00 Uhr gehört die Bühne den Kammermusiker*innen des langjährigen Ars Electronica Kooperationspartners Bruckner Orchester Linz. Sie spielen Anton Bruckners Symphonie Nr. 7 WAB 107 E-Dur in der Bearbeitung für Ensemble („Schönbergfassung“) von Hanns Eisler (Satz I und III), Erwin Stein (Satz II) und Karl Rankl (Satz IV).

NoFive: Bruckner x Pop x No Wave / NoFive (AT), Photo: Sombrero Design

Großartiges darf man sich auch von dem 12-köpfigen Ensemble „NoFive“ – ein Projekt der OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024 – erwarten, die “Bruckner x Pop x No Wave” zur Aufführung bringen. Eine Fusion aus Bruckners fünfter Symphonie und dem ikonischen „Seven Nation Army“-Riff der White Stripes, durchgeschüttelt und verrührt im Glenn Branca Style. Das Ensemble aus neun E-Gitarrist*innen, einem Bassisten, einem Drummer und einem Dirigenten lässt Bruckners Fünfte als avantgardistische Soundscape noch bis Mitternacht zwischen Hoch- und Popkultur oszillieren.

Cello Octet Amsterdam & Nick Verstand (present Cocon), Photo: Alex Heuvink

The main event: Große Konzertnacht

Die Gleishalle in der POSTCITY wird am Freitag zur Bühne für die Große Konzertnacht presented in the context of ACuTe – Culture Testbeds for Interactivity, Performance and Technology, die nicht ohne Grund bereits Monate vor dem Festival ausverkauft ist: Das Cello Octet Amsterdam, ein Roboter-Ensemble von Nick Verstand und Pianistin Maki Namekawa machen die Nacht zu dem Highlight des Festivals, das Erwartungen erfüllen und übertreffen wird. Das „Cello Octet Amsterdam“ bestehend aus Claire Bleumer, Esther Torrenga, Genevieve Verhage, Alistair Sung, Rares Mihailescu, René van Munster, Sanne Bijker und Sanne van der Horst präsentiert gemeinsam mit Nick Verstand eine Live-Performance, die zwischen Schöpfung und Zerstörung pendelt und nach unserer zukünftigen Rolle im irdischen Ökosystem fragt. „Cocon“ wird von acht Cellist*innen und ebenso vielen bis zu vier Meter hohen robotischen Armen gebildet, die sich allesamt im Rhythmus der Musik bewegen und einen Kokon bilden. Gespielt werden Stücke, die von international renommierten Künstler*innen wie Caterina Barbieri, Kara-Lis Coverdale, KMRU & Abul Mogard, Jesse Broekman und Qasim Naqvi für Cello geschrieben wurden.

DRD80 – Piano Music meets Digital Images / Maki Namekawa (JP/AT), Dennis Russell Davies (US), Cori OʼLan (AT), Photo: Andreas Kolb

Im zweiten Teil dieses Abends spielt das Cello Octet Amsterdam gemeinsam mit der Pianistin Maki Namekawa „The Hours“ und „Dracula“. Wer dafür keine Karten mehr ergattern konnte, bekommt das Cello Octet übrigens nochmals am Samstag, den 7. September zu sehen und zu hören!

Nathalie Froehlich (CH), Photo: Jessy Machetti

Im Anschluss und bis 4 Uhr morgens finden dann die Acts der Ars Electronica Nightline unterstützt von Pro Helvetia statt – ein experimentelles Tanz-Programm mit zeitgenössischer elektronischer Musik, das zum gemeinsamen Bewegen, Experimentieren und Feiern einlädt: Eine pulsierende Partynacht mit hochkarätigen Musiker*innen, die eine Bandbreite von Hyperpop über Rap bis hin zu Techno abdecken. Zu erleben sind etwa der kongolesisch-österreichische Musiker Kimyan Law, DJ NVST, die bereits im Berliner Berghain aufgelegt hat, sowie die Rapperin Nathalie Froehlich.

Musik und KI im Dialog

Anlässlich des 80. Geburtstags von Komponist Dennis Russell Davies werden Maki Namekawa und Davies am Samstag in der Gleishalle den berühmten Klavierzyklus „Ma Vlast“ von Bedřich Smetana aufführen. Begleitet wird diese Aufführung von Cori O’Lans Realtime-Visualisierungen, die durch den Einsatz generativer künstlicher Intelligenz entstehen. Smetanas Werk, das die geografische, historische und kulturelle Verbindung von Tschechien, Österreich und Deutschland thematisiert, wird durch diese visuelle Untermalung in ein neues Licht gerückt. Die KI-basierten Visualisierungen ergänzen die musikalische Darbietung durch imaginäre Landschaften, die auf den Beschreibungen Smetanas und Stifters basieren und die die Komplexität unserer kollektiven kulturellen Erinnerung widerspiegeln. In einer Zeit der gesellschaftlichen Unsicherheit und des Rückgriffs auf nationalen Stolz wird durch diese interdisziplinäre Aufführung die verbindende Kraft von Kunst, Musik und Technologie erfahrbar gemacht.

Abschluss mit Erinnerungsfaktor

Bevor sich die POSTCITY wieder zur Ruhe legt, laden Dennis Russell Davies und sein Brünner Philharmonisches Orchester, die bereits zum zweiten Mal Gast in Linz sind, zum Abschluss des Festivals noch einmal in die Gleishalle. Mit dem M-Concerto von US-Komponist Philip Glass und Maki Namekawa als Solistin am Klavier beschließen sie das Ars Electronica Festival 2024 am Sonntag, den 8. September. Hier tauchen Zuhörer*innen ein in die faszinierende Welt der minimalistischen Musik von Philip Glass, interpretiert von Maki Namekawa und begleitet vom Brno Philharmonic Orchestra. Die einzigartige Atmosphäre der Gleishalle und die innovative musikalische Darbietung versprechen ein Konzert, das sicherlich in Erinnerung bleibt.

Dennis Russell Davies (US), Photo: tom mesic

Vielseitiges Musik- und Performanceprogramm

Beim Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft ist der einzigartige Mix aus Konzerten, Performances und DJ-Sets jedes Jahr ein Fixpunkt. Jegliche Interessensgruppen können sich an insgesamt fünf Festivaltagen von den virtuosen Fähigkeiten der Protagonist*innen in den Bann ziehen lassen. „Für den Besuch der musikalischen Darbietungen beim Ars Electronica Festival braucht es weder Vorkenntnisse, noch kommt es auf Hörgewohnheiten an. Es ist eine Möglichkeit, neue Communities zu erschließen, einzigartigen Sounds zu lauschen und tiefer in die Materie der digitalen Musik einzutauchen“, so Christl Baur. Sie persönlich freut sich besonders auf die Performance von Fabio Machiavelli „Machines inside me“, bei der das Publikum selbst zur*m Akteur*in wird, wenn es um das Kreieren eines „Klangmagmas“ aus selbstgebauten Instrumenten geht. Auch „Organism“ von Navid Navab ist für Baur ein absolutes Must-See: Ein Solo-Konzert mit einer jahrhundertealten Pfeifenorgel, die mit Hilfe von Robotern zum Erklingen von turbulenten Mustern gebracht wird. „Es wird also nicht nur etwas zum Hören, sondern für alle Sinne etwas zu erleben geben“, freut sich die Festival-Organisatorin.

Das Ars Electronica Festival 2024 findet vom 4. bis 8. September in Linz unter dem Motto „HOPE – who will turn the tide“ statt. Tickets sind hier erhältlich.