Herman Bang (original) (raw)

Herman Bang

Herman Joachim Bang (* 20. April 1857 in Asserballe auf der Insel Alsen; † 29. Januar 1912 in Ogden, Utah) war ein dänischer Schriftsteller und Journalist.

Berliner Gedenktafel am Haus Fasanenstraße 58 in Berlin-Wilmersdorf

Bang wuchs in einem evangelischen Pfarrhaus auf; sein Vater war Pastor der Dänischen Volkskirche. Herman Bang studierte auf Wunsch seines Großvaters Oluf Lundt Bang ab 1875 Jura und Staatswissenschaften an der Universität Kopenhagen, um Diplomat zu werden. Er gab sein Studium allerdings 1877 auf und wurde, nach vergeblichen Versuchen, sich als Schauspieler zu profilieren, ab 1878 bei der führenden Kopenhagener konservativen Zeitung »Dagbladet« Journalist. Im Spätherbst 1879 dann bekam er bei der »Nationaltidende«, einer neuen, eher an Beamte und Kaufleute gewandten Zeitung, die Möglichkeit, eine neue Form des Feuilletons zu entwickeln, oder wie er selbst sagte, »in neuer und wirrer Weise zu schreiben«. Unter der Rubrik »Wechselnde Themen« (»Vekslende Themaer«) verfasste er über vier Jahre lang mehr als 200 Sonntagsfeuilletons über so ziemlich alles, was im Kopenhagen König Christians IX. geschah.[1] Sein Vorbild war hierbei das französische Kulturfeuilleton des Zweiten Kaiserreichs mit seinem bunten Gemisch von literarischer Kritik und Erlebnisjournalismus, der auch Reiseberichte, Wanderungen in der Natur oder der Großstadt sowie Porträts interessanter Personen einschloss.

Schon bald war Herman Bang der bedeutendste dänische Journalist seiner Zeit, aber auch sehr kontrovers diskutiert. Er lebte das Leben eines Dandys, inszenierte sich als Gesamtkunstwerk nach dem Vorbild von Huysmans und Wilde; seine homosexuellen Neigungen zeigte er auch öffentlich, was ihm manche Anfeindungen und Isolation in Dänemark eintrug. Sein erster Roman Haabløse Slægter, 1880 (dt. Hoffnungslose Geschlechter, 1900) erregte einen Skandal und wurde wegen »Unsittlichkeit« beschlagnahmt. Bang litt unter Depressionen und, als Folge seiner Drogensucht, auch an epileptischen Anfällen.[2]

Ein Artikel für eine norwegische Zeitung, in dem er abfällige Bemerkungen über die deutsche Kaiserfamilie gemacht hatte, beendete 1886 abrupt seine Hoffnungen, bei der vornehmen liberalen Zeitung »Berliner Tageblatt« eine Karriere als Mitarbeiter zu beginnen. Er wurde aus Preußen ausgewiesen, reiste zuerst nach Meiningen, dann nach Wien und schließlich nach Prag. In dieser Zeit schuf er unter ärmlichen Verhältnissen einige seiner literarischen Werke (u. a. die Romane Am Weg [1886 in Wien] und Stuck (dt. auch als: Zusammenbruch, 1887)).[1][3] In Wien und Prag lebte er mit dem deutschen Schauspieler Max Eisfeld (1863–1935), den er am Hoftheater in Meiningen kennen und lieben gelernt hatte, zusammen. Bang blieb zunächst weiter auf den Journalismus als Broterwerb angewiesen, neben Lesungen, Vorträgen und Theaterinszenierungen. Erst nach 1890 fanden seine Romane und Novellen mehr und mehr Anerkennung und er gelangte schließlich zu europaweiter Bekanntheit. Er gilt heute als einer der führenden Vertreter des literarischen Impressionismus, und seine Werke waren bis in die dreißiger Jahre sehr einflussreich. Seine literarischen Werke erschienen auf Deutsch im Verlag von Samuel Fischer.

Viele Vortragsreisen führten ihn durch Europa und die USA. Auf einer dieser Vortragsreisen, im Zug auf der Reise von New York nach San Francisco, erlitt Bang einen Schlaganfall und starb in der Klinik von Ogden in Utah. Er wurde auf dem Vestre Kirkegård in Kopenhagen begraben; das Grab ist anonym, aber identifizierbar unter einer Blutbuche.

Thomas Mann schrieb 1902 in einem Brief: »Jetzt lese ich beständig Herman Bang, dem ich mich tief verwandt fühle.« Dessen Sohn Klaus Mann beschreibt in seiner Erzählung Reise ans Ende der Nacht Bangs letzte Stunden ebenso wie Friedrich Sieburg in Der Tod eines Dichters.[2]

Am 19. November 2021 wurde an seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Wilmersdorf, Fasanenstraße 58, eine Berliner Gedenktafel enthüllt.

Bangs erste Veröffentlichungen waren essayistischer Art, bis er 1880 seinen ersten Roman Hoffnungslose Geschlechter vorlegte, der 1881 in 2. Instanz vom Obersten Gerichtshof (Højesteret) wegen Obszönität eingezogen wurde (Auflage 1500). Eine zweite, von Bang selbst stark bereinigte und geänderte Auflage (Auflage 2000), erschien 1884; diese wurde die Vorlage aller deutschen Ausgaben, die auf eine einzige deutsche Übersetzung zurückgehen. Eine dritte, endgültige (mit orthographischen Korrekturen versehene) Auflage erschien 1905 (Auflage 1000). Nur die zweite Auflage wurde von einem anonymen Übersetzer ins Deutsche übersetzt, während die verbotene erste Auflage von 1880 erstmals 2013 ins Deutsche übersetzt wurde.

Bang war anfangs noch dem Naturalismus verhaftet und wurde von Émile Zola, Henrik Ibsen und Charles Darwin beeinflusst. Auch Iwan Sergejewitsch Turgenew und Jonas Lie sind als literarische Vorbilder zu nennen.

In seiner weiteren künstlerischen Entwicklung wurde Bang zum Schöpfer des dänischen Impressionismus und der Repräsentant der dänischen Dekadenz. Bang schilderte meisterhaft das Leben „unbedeutender“ Menschen sowie einsamer und isolierter Frauengestalten.

Werkausgabe:

Werkausgabe in ungekürzter, kommentierter deutscher Übersetzung von Dieter Faßnacht:

Fernsehfilme:

Die Standardbiografie (5 Bände) liegt nur auf Dänisch vor:

  1. a b Sten Rasmussen, Vorwort zu Vekslende Themaer. Reitzels Forlag, København 2006.
  2. a b Joachim Kersten, Vorwort zu: Herman Bang – Eines Dichters letzte Reise. Drei Erzählungen von Herman Bang, Klaus Mann und Friedrich Sieburg. Arche Literaturverlag, Hamburg/ Zürich 2009.
  3. Herman Bang: Wechselnde Themen/Zehn Jahre - Erinnerungen und Begebenheiten. Norderstedt 2011, ISBN 978-3-8448-6761-9. (Übersetzt von Dieter Faßnacht)
Personendaten
NAME Bang, Herman
ALTERNATIVNAMEN Bang, Herman Joachim (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG dänischer Schriftsteller und Journalist
GEBURTSDATUM 20. April 1857
GEBURTSORT Asserballe auf der Insel Alsen
STERBEDATUM 29. Januar 1912
STERBEORT Ogden, Utah