Lolita (Roman) (original) (raw)
Einband der Erstausgabe, The Olympia Press 1955
Lolita ist der bekannteste Roman des russisch-amerikanischen Schriftstellers Vladimir Nabokov.
Über den Umweg der Erstausgabe von 1955, publiziert durch den in Frankreich ansässigen und auf englischsprachige Erotika spezialisierten Verlag Olympia Press, erreichte Lolita 1957 in Auszügen und ein Jahr später in der vollständigen Fassung die amerikanische Leserschaft und fand bald darauf auch weltweite Verbreitung. In dem 1956 geschriebenen Nachwort bekannte der gebürtige Russe Nabokov, Lolita sei seine „Liebeserklärung“ an die englische Sprache, und trat dem Verdacht der Pornografie entgegen, der die Rezeption des Romans anfangs begleitete. Die in Details leicht veränderte russische Fassung von Lolita (1967) besorgte er selbst.
Der hohe künstlerische Wert des vielschichtigen Werks wurde zunächst verdeckt durch sein skandalträchtiges Thema: Es geht um die verbotene, weil pädophile Beziehung des 1910 in Frankreich geborenen Ich-Erzählers, dem Literaturwissenschaftler Humbert Humbert, zu der anfänglich im Jahre 1947 zwölfjährigen Dolores Haze, die er Lolita nennt. Beginn und Verlauf seiner einseitigen Leidenschaft, den sexuellen Missbrauch sowie ihre gemeinsame zweijährige Odyssee quer durch die USA schildert er in einem Gefängnis, wo er nach dem Mord an seinem Nebenbuhler 1952 auf seinen Prozess wartet. Von Nabokovs Titelfigur kommend ist der Name Lolita zum festen Begriff geworden und hat Eingang gefunden in Wissenschaft (Lolitakomplex), Popkultur (Lolicon) und alltäglichen Sprachgebrauch. Das Bild des sexuell frühreifen, verführerischen Mädchens, das man mit „Lolita“ gewöhnlich verbindet, ist allerdings im Vergleich zur Lolita des Romans stark eingeengt und trivialisiert. Dazu beigetragen haben auch die Verfilmungen von Stanley Kubrick (1962) und Adrian Lyne (1997).
Mehrfach bekundete Nabokov, dass er Lolita – seinen dritten Roman auf Englisch, seinen zwölften insgesamt – besonders wertschätzte. Er brachte dem knapp 60-Jährigen den Durchbruch in seiner schriftstellerischen Karriere und befreite ihn vom akademischen Brotberuf. Die 1939 entstandene und postum veröffentlichte Novelle Der Zauberer gilt als Vorstudie zu Lolita.
Der Romanhandlung vorangestellt ist das Vorwort eines fiktionalen Herausgebers, der dem Leser mitteilt, der nachfolgende Text sei unter dem Titel Lolita oder Die Bekenntnisse eines Witwers weißer Rasse von einem Gefängnisinsassen verfasst worden, der sich selbst mit dem Decknamen „Humbert Humbert“ bezeichne und am 16. November 1952, kurz vor Beginn seines Prozesses, an den Folgen einer Koronarthrombose gestorben sei.
Der 1910 in Paris geborene Protagonist beginnt seine Aufzeichnungen mit einem kurzen Abriss seines Lebens bis zu dem Punkt, an dem er Lolita begegnet. In den Mittelpunkt rückt er seine erste Liebe im Sommer 1923: eine als symbiotisch erlebte, vom Erwachen der Sexualität begleitete Beziehung zu der gleichaltrigen Annabel Leigh, die unerfüllt bleibt durch den frühen Tod der Geliebten. Von da an sieht er sich fixiert auf einen bestimmten Typus von Mädchen etwa im Alter von Annabel, von denen er (ein „einsamer Wanderer, Künstler und Wahnsinniger“) sich magisch angezogen fühlt und die er daher als „Nymphetten“ bezeichnet; obsessiv sucht er ihre Nähe, kann aber sein sexuelles Begehren unterdrücken. Seine Flucht in eine vier Jahre dauernde Ehe beschreibt er mit zynischer Distanz; Gleiches gilt für seine Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken sowie kurzzeitige Jobs als Lehrer, Parfum-Werbetexter und Expeditionsteilnehmer. Das Einzige, was ihm zeitweise geistige Erfüllung und Ablenkung verschafft, ist eine Auftragsarbeit für einen renommierten Verlag, die er als ausgebildeter Anglist übernommen hat: ein mehrbändiges Handbuch der französischen Literatur für englischsprachige Studenten. Dieses Projekt gedenkt er auch weiterzuführen, als er – inzwischen in den USA lebend und durch die Rente eines verstorbenen Onkels finanziell abgesichert – nach einem Rückzugsort für den Sommer 1947 sucht. In der neuenglischen Kleinstadt Ramsdale, im Haus der Witwe Charlotte Haze, trifft er völlig unvorbereitet auf die für ihn idealtypische „Nymphette“, die zwölfjährige Tochter Lolita. Schockhaft wird sofort all das wieder lebendig, was ihn an seine erste Liebe erinnert, doch fast ebenso schnell auch wieder verdrängt durch die Gegenwart.
Obwohl abgestoßen von dem Haus und der Besitzerin, mietet Humbert sich ein und lässt sich vom Alltagsleben vereinnahmen, sofern es irgendeinen Kontakt zu Lolita verheißt. Seismografisch nimmt er alles wahr, was sie betrifft und ihn erregt; und er hält es akribisch in Tagebüchern fest. Die drei Wochen währenden Annäherungen an sie kulminieren in Abwesenheit der Mutter an einem Sonntagmorgen: es gelingt ihm, eine erotisch aufgeladene neckische Spielerei mit ihr auf dem Sofa in sexuelle Manipulationen überzuleiten und zu einem heimlichen Orgasmus zu kommen. Seine „Erleichterung“ ist eine doppelte, hält er sich doch zugute, Lolitas „Reinheit“ nicht angetastet zu haben. Noch bevor er darangehen kann, zu erproben, ob und wie sich der unerwartete Erfolg in eine Strategie umwandeln lässt, kommt es zu einer Reihe gravierender Wendungen, die allesamt von Charlotte ausgehen.
Zunächst beschließt sie, Lolita früher als geplant ins Sommerlager zu schicken und sie nicht vor Ablauf der Ferien zurückkommen zu lassen. Noch am Tag von Lolitas Abreise erklärt sie Humbert brieflich ihre Liebe und stellt ihn praktisch vor die Wahl, entweder abzureisen oder sie zu heiraten. Um in Lolitas Nähe zu bleiben, entscheidet er sich für die Ehe, und mit dem gleichen, bereits eingeübten Zynismus entledigt er sich der damit verbundenen „Pflichten“. Charlotte scheint frei von Argwohn, was seine wahren Empfindungen und Absichten betrifft – bis sie sich eines Tages Zugang zu seinen Tagebüchern verschafft und die volle Wahrheit erfährt. Auf seine Ausrede, es handle sich um einen Romanentwurf, fällt sie nicht herein. Sie verfasst drei Briefe, die darauf abzielen, Lolita von ihm zu isolieren. Beim Gang zum Briefkasten auf der gegenüberliegenden Straßenseite gerät sie jedoch unter ein Auto und stirbt.
Mit einem Schlag hat sich dadurch alles in seinem Sinne verändert. Er ist jetzt Lolitas alleiniger Vormund; das mit Charlotte am engsten befreundete Paar hält ihn sogar für ihren leiblichen Vater. Er holt Lolita vorzeitig aus dem Sommerlager ab mit der Begründung, ihre Mutter liege im Krankenhaus, und er steigt mit ihr für eine Nacht in einem Hotel ab. Sein Plan: das, was ihm auf dem heimischen Sofa nur durch Zufall geglückt ist, sich von nun an methodisch zu verschaffen, indem er Lolita mit einem Schlafmittel sediert. Das misslingt, denn das Mittel wirkt nicht. Am Morgen ergreift Lolita ihrerseits die Initiative und praktiziert mit ihm, was sie im Sommerlager „gelernt“ hat: den Sexualakt. Noch am selben Tag teilt Humbert ihr mit, dass ihre Mutter tot sei, und bringt sie so auch davon ab, nach Hause zurückkehren zu wollen; dort seine Affäre mit ihr fortzuführen, hatte er von vornherein als zu riskant ausgeschlossen. Das nun beginnende unstete Reiseleben bildet die Schnittstelle zwischen Teil eins und zwei.
Ihre erste Autoreise verläuft ungeplant und führt sie, im Uhrzeigersinn, durch nahezu alle Staaten der USA. Mit dem Besuch zahlreicher Attraktionen versucht Humbert, gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, um Lolita an ihn zu binden. Doch das verfängt bei ihr nicht, anders als die Drohkulisse, die er aufbaut, nachdem sie zu bedenken gegeben hat, dass sie ihn anzeigen und ins Gefängnis bringen könne. Dann, so kündigt er ihr an, werde sie ein Mündel des Staates und käme in ein Heim. Sie zur Komplizin zu machen, gelingt ihm also; eine Geliebte wie Annabel wird sie ihm nicht. Sie kennt ihre Reize, auf die er anspricht, und weiß mit ihnen zu spielen, jedoch nur aus Berechnung – unter anderem zur Erhöhung der materiellen Zuwendungen, mit denen er ihre sexuelle Verfügbarkeit belohnt.
Nach einem Jahr fasst Humbert den Entschluss, sich auf unbestimmte Zeit niederzulassen; seine Wahl fällt auf die neuenglische College-Stadt Beardsley, wo Lolita auch erstmals wieder eine Schule besucht. Für sie bedeutet das etwas Freiraum, für ihn noch mehr Kontrollzwang, Argwohn und Eifersucht – eine Haltung, die ihn vor der Lehrerschaft der sich als fortschrittlich verstehenden Mädchenschule ironischerweise zu einem besorgten, aber etwas altmodischen Vater macht. Nur widerstrebend erlaubt er Lolita die Teilnahme an den Proben für ein Theaterstück. Eine heftige Auseinandersetzung zwischen beiden endet mit Lolitas Flucht; als er sie wiederfindet, scheint sie wie verwandelt; sie hat ihrerseits einen Entschluss gefasst: auf Theater und Schule will sie verzichten und wieder auf Reisen gehen, unter der Bedingung, dass sie über die Route bestimmt. Humbert willigt ein.
Unterwegs spürt er jedoch bald, dass sie einen Verfolger hinter sich haben; er hält ihn abwechselnd für einen Detektiv, Nebenbuhler oder eine Ausgeburt seiner Paranoia. Als Lolita mit einer Virusinfektion im Krankenhaus liegt und Humbert, von ihr angesteckt und geschwächt, im Hotel, nutzt sie die Gelegenheit und verschwindet; das Personal teilt dem wie eine Furie tobenden „Vater“ mit, sie sei, „wie vereinbart“, von ihrem „Onkel“ abgeholt worden. Fieberhaft verfolgt Humbert die Spur des unbekannten Entführers (und Nebenbuhlers, wie er nun sicher glaubt) zurück, um seine Identität zu ermitteln, ihn zu stellen und zu töten und so Lolita zurückzuerobern – vergeblich.
Mehr als drei Jahre später ist es Lolita, die sich – schwanger, verheiratet und in ärmlichen Verhältnissen lebend – bei ihm meldet mit der Bitte um Geld. Humbert verfügt über die Einnahmen aus der Vermietung des Haze'schen Hauses, die sich auf das Zehnfache der gewünschten Summe belaufen, und gibt ihr, was ihr ohnehin zusteht, ohne Bedingungen daran zu knüpfen. Seine Hoffnung, Lolita zurückzugewinnen, erfüllt sich indes nicht. Stattdessen erfährt er von ihr, dass der große Unbekannte, den er in ihrem Ehemann zu finden glaubte und dem er noch immer nach dem Leben trachtet, tatsächlich ein Nebenbuhler war und sogar der einzige Mann, nach dem sie je „verrückt“ gewesen sei; zum Bruch mit ihm sei es gekommen, als sie sich geweigert hatte, in den Pornofilmen mitzuspielen, die er drehen ließ. Immerhin kennt Humbert jetzt seinen Namen und begreift die Zusammenhänge: Der Dramatiker Clare Quilty, ein alter Bekannter der Haze'schen Familie, war der Verfasser jenes Theaterstücks in Beardsley, dessen Hauptrolle er speziell für Lolita entworfen und das er nach dem Hotel „Die Verzauberten Jäger“ benannt hatte, in dem Humbert mit ihr die erste Nacht verbrachte und wo er von Quilty auf mysteriöse Weise angesprochen worden war, so, als würde dieser ihn durchschauen. Humbert sucht nun die finale Begegnung mit ihm, spürt ihn auf und erschießt ihn.
Rückblickend auf eine lakonische Notiz im Vorwort erweist sich, dass die Bedingung, an die Humbert eine Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen knüpft – Lolita dürfe nicht mehr am Leben sein – erfüllt ist: Sie stirbt, nur wenige Wochen nach ihm, im Kindbett nach der Niederkunft mit einem totgeborenen Mädchen.
Bestimmte zentrale Themen und Motive, allen voran die Konstellation „älterer Mann begehrt Kindfrau“, zeichnen sich bereits in den vor Lolita entstandenen literarischen Werken Nabokovs ab.
In besonderer Weise gilt das für Der Zauberer. 1939 im französischen Exil entstanden, war es Nabokovs letzte große Prosaarbeit in Russisch; sie wird entweder als Erzählung, Novelle oder Kurzroman klassifiziert.[1] Nabokov fand das Manuskript, das er verloren glaubte, erst nach Erscheinen von Lolita wieder und gab es 1959 zur Veröffentlichung frei. Erstmals publiziert wurde es 1986 in der englischen Fassung unter dem Titel The Enchanter (eher im Sinne von „Bezauberer“ als „Zauberkünstler“).[2] Protagonist ist ein etwa 40-jähriger Mann, der sich zu einem Mädchen hingezogen fühlt, das er mehrere Tage lang in einem Park beobachtet (sie ist, wie Lolita, 12 Jahre alt, wirkt aber noch ganz kindlich); um ihr näherzukommen, lernt er ihre Mutter kennen und heiratet die wenig attraktive, kränkliche, verwitwete Frau; nach ihrem Tod misslingt seine sexuelle Annäherung an das Mädchen in einem Hotelzimmer, und er wirft sich vor einen Lastwagen.
Sehr viel grober als dieses „psychologische Porträt“, die „scharfsinnige poetische Studie der sexuellen Obsession“[3] (Marcel Reich-Ranicki) wirkt allein schon der Ton, in dem eine Nebenfigur des Romans Die Gabe (1934/37) seinen Entwurf einer Geschichte „aus dem wirklichen Leben“ – eine Abwandlung der Konstellation „Mann/Witwe/Tochter“ – vorträgt: „[…] Ein alter Hund – aber noch voll im Saft, feurig, nach Glück lechzend – lernt eine Witwe kennen, und die hat eine Tochter, noch ganz und gar Mädchen – Sie wissen, was ich meine –, noch ist nichts geformt, aber sie hat bereits eine Art zu gehen, die einen verrückt macht. […]“[4]
Ein anderes Dreiecksverhältnis, das Nabokov in Lolita variiert – „Mann/Mädchen/Rivale“ – bildet die zentrale Figurenkonstellation seines Romans Gelächter im Dunkel (1932). Die auffälligste Parallele zwischen beiden Werken ist die charakterologische Ähnlichkeit der nicht auf Augenhöhe konkurrierenden Männer: Während die Protagonisten ihrer Leidenschaft nicht ohne Skrupel frönen, handeln ihre für sie im anonymen Dunkel agierenden Doppelgänger vollkommen gewissenlos und zynisch.[5]
Fokussiert auf ein erotisch-sexuelles Erlebnis ist Nabokovs 1928 entstandenes Gedicht Lilith. Bestimmte Aspekte ihrer sehr komplexen Mythologie aufgreifend (Adams erste, von ihm verstoßene Frau mutierte in späteren Deutungen zur schönen jungen Hexe, die Männer zu nächtlichen Pollutionen trieb), erzählt das Gedicht von einem Verstorbenen, der sich im Paradies wähnt und dort Lilith begegnet, die sich ihm verführerisch öffnet und dann plötzlich entzieht, so dass er die „Hölle“ eines Coitus interruptus mit qualvoller Ejakulation samt öffentlicher Zurschaustellung erlebt.[6] Ähnlich beschreibt Humbert das abrupte, schamvolle Ende seiner ersten Liebe zu Annabel, und unter Verweis auf Lilith stilisiert er seine spätere Obsession für Kindfrauen im Kontrast zu deren erwachsenem Gegenbild: „Humbert war durchaus zum Geschlechtsverkehr mit Eva fähig, doch war es Lilith, nach der er sich sehnte.“[7]
Aus einem Brief an seinen Freund Edmund Wilson geht hervor, dass Nabokov bereits 1947 mit Lolita befasst war.[1] In den folgenden vier Jahren kam er mit dem Schreiben allerdings nur mühsam voran. Zweimal war er nahe daran, das Manuskript zu vernichten.[8] Dass es nicht dazu kam, war auch seiner Frau Véra zu verdanken. Ab 1951 konnte sich Nabokov ernstlich der Arbeit an Lolita widmen, vorwiegend während der ausgedehnten Sommerferien, die der Universitätsberuf ihm gestattete. In der Endphase, im Herbst 1953, schrieb er bis zu 15 Stunden täglich an dem Roman.[8] Der Abschluss des Manuskripts datiert auf den 6. Dezember 1953.[9] – In den Jahren danach hatte Nabokov noch drei Mal Anlass, sich gründlich mit dem Text zu beschäftigen. 1960 schrieb er das Drehbuch für die erste Verfilmung, von dem Stanley Kubrick allerdings das meiste verwarf. Mitte der 60er Jahre übertrug Nabokov Lolita, mit geringfügigen Änderungen unwesentlicher Details, in seine russische Muttersprache. Am Ende des Jahrzehnts schließlich unterzog er den Text noch einmal einer gründlichen Revision für die von Alfred Appel Jr. besorgte annotierte Ausgabe von 1970 – die erste eines Romans der Moderne, die noch zu Lebzeiten des Autors erschien.[10]
Aus dem erwähnten Brief an Wilson und aus Nabokovs Nachwort geht hervor, dass Lolita zunächst nicht als Roman konzipiert war und erst allmählich zu einem solchen heranwuchs. Nabokov hatte eine verbesserte Version von Der Zauberer im Sinn; dass er diesen Text verworfen hatte, lag weniger an seinem provokanten Thema als vielmehr daran, dass er dem Mädchen nicht nur keinen Namen gegeben hatte, sondern wenig „Anschein von Realität“.[11] Dies versuchte er zu ändern, und so war es dann folgerichtig, dass der Roman, der zunächst „Ein Königreich am Meer“ hieß, schließlich den Namen der Heldin als Titel trug. Den „initialen Inspirationsschauer“ für Lolita führt Nabokov allerdings auf ein Ereignis zurück, das dem Zauberer vorausging, ohne zu diesem in „direkter Beziehung“ zu stehen. In einem Zeitungsartikel hatte er die Kohlezeichnung eines Menschenaffen gesehen, die erste Skizze, die „je von einem Tier“ hervorgebracht worden sei; sie zeigte „die Gitterstäbe des Käfigs der armen Kreatur“.[12]
In der ersten Phase der Entstehung seiner Romane sammelte Nabokov Material wie dieses, ohne zu wissen, wofür er es brauchen könnte; dann ließ er das Werk unterbewusst reifen, und erst wenn der „Bau“ fertig war, begann der eigentliche Schreibprozess. Diesen verglich Nabokov mit dem Kopieren eines Gemäldes, das er „im gedämpften Licht“ vor seinem geistigen Auge sah und dessen Teile er dann Stück für Stück erhellt und wie ein Puzzle zusammengefügt habe.[13][14] Auf diese, nicht der späteren Kapitelanordnung folgende Weise entstand auch Lolita. Humberts Tagebuch schrieb Nabokov zuerst, danach seine erste Reise mit Lolita und dann bereits die finale Tötungsszene; auf Humberts Vorgeschichte folgte der „Rest“ der Handlung, mehr oder weniger chronologisch, bis hin zur letzten Begegnung zwischen Humbert und Lolita; den Schlusspunkt bildete das Vorwort des fiktiven Herausgebers.[15]
Anlass für das 1956 verfasste Nachwort Über ein Buch mit dem Titel „Lolita“ war die durch den Anchor Review realisierte Veröffentlichung längerer Auszüge aus dem Roman, mit dem Ziel, die Publikation des gesamten Werkes in den USA zu erwirken. Das führte zum Erfolg; dennoch wurde das Nachwort auch allen späteren Editionen beigegeben und, trotz kleinerer Fehler, unverändert belassen.
Ausgehend von der Genese des Romans und seinen Versuchen, ihn zur Veröffentlichung zu bringen, nimmt Nabokov in diesem Nachwort Reaktionen von Verlegern, Lektoren und ersten Lesern zum Anlass, einige seiner künstlerischen Überzeugungen zu skizzieren. Vorrangig geht es ihm dabei um zwei: „Pornografie“ – der Hauptvorwurf gegen Lolita bis dahin – verlangt seiner Ansicht nach „Banalität“ und die „strikte Einhaltung eines erzählerischen Klischees“ und schließt andererseits „künstlerische Originalität“ und „ästhetischen Genuss“ aus.[16] Eine „Moral im Schlepptau“ habe Lolita – entgegen der Ankündigung seines fiktiven Herausgebers – nicht; „didaktische Prosa“ lehne er ab; was er von Literatur verlange, sei, dass sie ihm „ästhetische Lust“ bereite und ihn mit „anderen Seinszuständen in Berührung“ bringe, bei denen „Kunst (Neugier, Zärtlichkeit, Güte, Harmonie, Leidenschaft) die Norm ist“.[17]
Unmittelbar nach Fertigstellung des Romans bemühte sich Nabokov um seine Veröffentlichung. Die ersten Rückmeldungen, von Bekannten wie von Verlegern, waren jedoch durchweg negativ. Sein Freund, der Schriftstellerkollege und Literaturkritiker Edmund Wilson, hielt Lolita für schlechter als das, was er bis dahin von ihm gelesen hatte; Morris Bishop, Nabokovs engster Vertrauter an der Cornell University, prophezeite ihm für den Fall der Veröffentlichung seinen Hinauswurf.[18] Die Lektoren der Verlage Viking Press und Simon & Schuster hielten den Roman für nicht veröffentlichbar – Letztere bezeichneten ihn sogar als reine Pornografie. Ähnlich waren die Erfahrungen bei drei anderen US-amerikanischen Verlagen. Bei Doubleday gab es zwar Fürsprecher unter den Lektoren, doch die Verlagsleitung lehnte den Roman kategorisch ab.[19]
Nach den ersten zwei Absagen in den USA hatte Nabokov bereits seine Fühler nach Frankreich ausgestreckt und eine alte Bekannte, die Übersetzerin und Literaturagentin Doussia Ergaz, kontaktiert; nach der fünften Ablehnung sandte er ihr das Manuskript zu. Zwei Monate später signalisierte sie ihm, Maurice Girodias, dessen kleiner Verlag Olympia Press ausgefallene englischsprachige Bücher publiziere, sei interessiert. Dass Girodias auf die Veröffentlichung englischsprachiger Erotica spezialisiert war, wusste Nabokov nicht, als am 6. Juni 1955 der Vertrag unterzeichnet wurde und am 15. September 1955 die Erstausgabe von Lolita erschien. Nabokov räumte später allerdings ein, dass er vermutlich auch in Kenntnis dessen unterschrieben hätte.[20]
Eine Kette von Zufällen führte dazu, dass der in diesem obskuren französischen Verlag erschienene Roman wenige Monate später in US-amerikanischen Literaturkolumnen kommentiert wurde. Als die englische Sunday Times an Weihnachten 1955 ihre traditionelle Umfrage nach den besten drei Büchern des Jahres startete, wählten sie als einen der Prominenten auch Graham Greene. Dieser hatte, wie er später bekundete, an Lolita seine „helle Freude“ gehabt und nannte Nabokov an dritter Stelle, im Unterschied zu den anderen Befragten ohne nähere Erläuterung.[21] Der Chefredakteur der schottischen Boulevardzeitung Sunday Express, John Gordon, nahm dies zum Anlass für eine heftige Attacke, die vermutlich mehr der Konkurrenz galt als dem Roman:
„Zweifellos das dreckigste Buch, das ich je gelesen habe. Reine hemmungslose Pornografie. Seine Hauptfigur ist ein perverser Kerl, der eine Leidenschaft für „Nymphetten“ hat, wie er sie nennt. […] Gedruckt ist es in Frankreich. Jeder, der es hierzulande verlegte oder verkaufte, würde mit Sicherheit ins Kittchen kommen. Und die Sunday Times fände das bestimmt nur in Ordnung.“[22]
Weder die Sunday Times noch Graham Greene antworteten direkt auf diese Angriffe. Stattdessen veröffentlichte Greene in dem politischen Magazin The Spectator eine Notiz, dass er eine John-Gordon-Gesellschaft gegründet habe, deren kompetente Zensoren die britische Heimat künftig vor den heimtückischen Bedrohungen durch Pornografie schützen solle. Dieser satirische Akt führte dazu, dass über Monate Leserbriefe die Spalten des Spectators füllten und am 26. Februar 1956 erstmals auch The New York Times Book Review von einem in Großbritannien schwelenden Literaturskandal berichtete, ohne allerdings Romantitel oder Autor zu nennen.[23] Dazu kam es erst im März desselben Jahres, mit der Folge, dass sich eine breite US-amerikanische Leserschaft für diesen Roman zu interessieren begann.[24]
Eine Razzia in den Geschäftsräumen der Olympia Press führte dazu, dass das französische Innenministerium am 10. Dezember 1956 den Verkauf und Export aller 24 Titel des Verlages verbot. Girodias konnte wenig später nachweisen, dass das Innenministerium nur auf Betreiben des britischen Home Office gehandelt hatte, und brachte dadurch die heimische Presse auf seine Seite.[25]
Das auch für Lolita geltende weltweite Verbot war juristisch fragwürdig; so hatte weder ein britisches noch ein US-amerikanisches Gericht den Verkauf dieses Romans untersagt. Die in den USA zuständige Behörde, das amerikanische Schatzministerium, teilte Girodias auf dessen Anfrage am 8. Februar 1957 mit, Lolita sei überprüft und freigegeben worden. Das bedeutete, dass der Roman aus Frankreich nicht exportiert, jedoch in die USA importiert werden durfte. Noch absurder war die Situation für andere Titel der Olympia Press in Frankreich: ihre englischsprachigen Ausgaben waren untersagt, während sie in Französisch weiterhin erhältlich waren.[26] Daher bereitete Éditions Gallimard, noch als das Verbot galt, eine französische Ausgabe von Lolita vor, die im April 1959 erschien. Das Verbot der bei Olympia Press erschienenen englischsprachigen Titel wurde erst im Juli 1959 endgültig aufgehoben.[27]
Entscheidend für die Veröffentlichung von Lolita in den USA war der Vorabdruck längerer Auszüge aus 16 der 69 Kapitel durch das angesehene Literaturmagazin Anchor Review im Juni 1957, flankiert von einem Essay des Henry-James-Spezialisten F. W. Dupee und einem Nachwort Nabokovs, der bei der Textauswahl mitgewirkt hatte. Ziel des „Testballons“ war es, die akademische Kritik zu Äußerungen zu bewegen und andererseits zu prüfen, ob juristische Einwände zu erwarten waren. Das Ergebnis war positiv.[28]
Verzögert wurde die Veröffentlichung dadurch, dass Girodias für sich den größtmöglichen Gewinn zu erzielen versuchte. Er besaß die Rechte an der englischsprachigen Ausgabe des Romans; er stellte hohe finanzielle Forderungen für den Fall, dass er sie abtrete, und erwog zeitweise, Lolita selbst in den USA zu verlegen. Nabokov wehrte sich und stand zugleich unter Zeitdruck. Grund war das zu diesem Zeitpunkt geltende US-amerikanische Urheberrecht, das für im Ausland gedruckte englischsprachige Bücher nur einen eingeschränkten Urheberschutz vorsah. Es erlosch entweder, wenn mehr als 1.500 Exemplare des Buches in die USA eingeführt worden oder fünf Jahre nach dessen Erstveröffentlichung verstrichen waren. Nach zähem Ringen gelang schließlich eine Einigung zwischen Nabokov, Olympia Press und dem angesehenen New Yorker Verlag G. P. Putnam’s Sons, bei dem Lolita dann am 18. August 1958 erschien.[29]
Bereits zwei Wochen danach stand Lolita auf den amerikanischen Bestsellerlisten; sechs Wochen später erreichte das Buch Platz 1, und diesen Rang verteidigte es sechs Monate lang.[30] Entsprechend groß war der Verkaufserfolg. Bereits wenige Tage nach der Erstveröffentlichung ging die dritte Auflage in Druck, so dass der Roman der erste seit Vom Winde verweht war, von dem innerhalb von drei Wochen mehr als 100.000 Exemplare verkauft wurden.[31]
Die deutschsprachige Ausgabe von Lolita im Herbst 1959 vom Rowohlt Verlag war insofern ein Novum, als dafür nicht weniger als fünf Übersetzer verantwortlich zeichneten, darunter zwei angesehene Schriftsteller und der Verlagsleiter Heinrich Maria Ledig-Rowohlt persönlich. Das Ergebnis wurde allgemein positiv aufgenommen, nicht zuletzt durch den seinerzeit führenden Literaturkritiker, Friedrich Sieburg. Nach Ansicht von Dieter E. Zimmer, der seit 1989 die Gesamtausgabe der Werke Nabokovs bei Rowohlt betreute, ist jedoch die gängige Annahme, die Übersetzung sei in Gemeinschaftsarbeit entstanden, größtenteils ein „Mythos“. Die erste Version der betagten, aber gänzlich unerfahrenen Helen Hessel wurde von Ledig-Rowohlt verworfen und an die im Gegensatz zu Hessel noch sehr junge Maria Carlsson zur Bearbeitung weitergegeben; das Ergebnis prüfte er gemeinsam mit Gregor von Rezzori in einer 14-tägigen Klausur in Meran; nach Carlssons Darstellung, die Protokoll führte, habe das aber nur wenig verändert, woraus Zimmer schließt, die deutsche Lolita von 1959 sei „im Wesentlichen Maria Carlssons Text“. – Als Herausgeber des Gesamtwerks von Nabokov unterzog er diese Fassung noch zwei Mal einer gründlichen Revision, 1989 und 2007; zwar bescheinigt er ihr, den „schwierigen Ton zwischen Lyrismus und Zynismus genau getroffen“ zu haben, fand jedoch bei genauerer Prüfung zahlreiche Ungenauigkeiten, vorwiegend „billige Sprachklischees“, die er nach und nach ausmerzte. Bestätigt wird Zimmer durch noch unveröffentlichte Briefe Véra Nabokovs an den Verlag, in denen sie genau das kritisiert, was ihm selbst auch aufgefallen war.[32]
Der Nabokov-Experte Dieter E. Zimmer wies darauf hin, dass nach seiner Kenntnis in Deutschland jegliche Anzeige gegen Lolita ausblieb. Lediglich einige Bibliotheken verweigerten den Erwerb und ein paar Buchhandlungen mochten den Roman nicht verkaufen.[33] Das war auf eine sich wandelnde Sexualmoral zurückzuführen, der kurz nach der deutschen _Lolita_-Veröffentlichung auch die Rechtsprechung Rechnung trug. Bis 1961 war Maßstab über die Beurteilung, ob ein Werk unzüchtig sei oder nicht, das sittliche Empfinden des Durchschnittsbürgers. Es reichte aus, wenn beliebige Normalmenschen im Zeugenstand ihre Entrüstung über ein Werk bekundeten.[34] Für Verleger bedeutete diese Rechtspraxis ein hohes wirtschaftliches und persönliches Risiko. Es konnte das fragliche Werk beschlagnahmt werden, er konnte zu einer Haftstrafe verurteilt oder der Roman in Buchhandlungen nicht mehr ausgelegt werden. Im Oktober 1960 verurteilte ein Göttinger Gericht den Schriftsteller Reinhard Döhl wegen seiner Veröffentlichung einer polemisch dichterischen Collage mit dem Titel Missa profana, die auf die Diskrepanz zwischen der heiligen Messe und der politischen Wirklichkeit hinwies. Im Urteil fand sich folgender Satz: Die Strafbarkeit einer Veröffentlichung kann nicht dadurch entschuldigt werden, dass es sich um ein Kunstwerk handelt. Im Sommer 1961 hob der Bundesgerichtshof dieses Urteil auf und befand, dass nicht jeder beliebige Bürger über die Unsittlichkeit einer Darstellung entscheiden könne. Dies könne der Richter und dieser müsse sich notfalls das Werk von einer künstlerisch aufgeschlossenen oder zumindest um Verständnis bemühten Person erklären lassen.[35]
Eine gewisse Sonderstellung, in Entstehung wie Publikation, nimmt die russischsprachige Lolita ein. Nabokov besorgte die Übertragung in seine Muttersprache selbst; sie blieb seine einzige. In einem eigens für sie verfassten Nachwort nimmt er zunächst Bezug auf das, was er begleitend zum Vorabdruck von 1957 geschrieben hatte und später allen weiteren Ausgaben beigegeben wurde. Dort hatte er dem Bekenntnis, Lolita sei eine Art „Liebeserklärung“ an die englische Sprache, die Klage über den Verlust seines „natürlichen Idioms“, der „reichen und unendlich gefügigen russischen Sprache“,[36] folgen lassen, und damit – wie er nun acht Jahre später konstatiert – die Hoffnung geweckt, seine russische Lolita müsse „hundertmal besser sein als das Original“. Diese Erwartung könne er nicht einlösen; die „Geschichte dieser Übersetzung“ sei für ihn die „Geschichte einer Enttäuschung“.[37] Eine ganz andere Frage, die er danach sich und dem Leser stellt, ist die, warum er überhaupt die Mühe einer eigenen Übertragung ins Russische auf sich genommen hat, und für wen. Unter den gegebenen Verhältnissen sah er wenig Hoffnung auf eine nennenswerte Leserschaft, weder unter den Exilrussen noch in „Russland“ (Nabokov war in der Sowjetunion generell verboten, noch knapp 10 Jahre nach seinem Tod stand auf den Besitz eines seiner Bücher Straflager).[38] Auch hatte er allen Grund, Eingriffe durch die Zensur zu befürchten (selbst in Demokratien wie Schweden und Dänemark war Lolita grob entstellt erschienen).[39] Was Nabokov dem entgegensetzen will, ist, sein „bestes englisches Buch“ (ein Urteil, das er nur ironisch abschwächt) „korrekt“ in seine Muttersprache übersetzt zu wissen.[40]
Die Erstausgabe der russischen Lolita erfolgte 1967 im New Yorker Verlag Phaedra. In der Sowjetunion konnte der Roman erstmals 1989 in der Zeitschrift Iswestija erscheinen, innerhalb der Reihe „Bibliothek ausländischer Literatur“.
Der Sammelband Vladimir Nabokov: Lolita. A Reader’s Guide to Essential Criticism, herausgegeben und kommentiert von Christine Clegg im Jahr 2000, unternimmt den Versuch, ein knappes halbes Jahrhundert Rezeptionsgeschichte zu bündeln. Die Schwierigkeit des Unterfangens wird deutlich durch das Zitat der einleitenden Worte einer anderen zusammenfassenden Nabokov-Studie. Norman Page stellte 1982 fest, Lolita habe ihren vielen Lesern ganz unterschiedliche „Gesichter“ gezeigt, und entsprechend vielgestaltig sei die Sicht der Rezensenten, je nachdem, welches Gewicht sie den verschiedenartigen Elementen beimaßen und wie sie sie bewerteten.[41]
Clegg unterteilt Lolitas Rezeptionsgeschichte in fünf Dekaden und versucht die wesentlichen Entwicklungslinien behutsam herauszuarbeiten. Eine Art Wendepunkt deutet sie an, indem sie konstatiert, dass mit Beginn der 80er Jahre – also unmittelbar nach Nabokovs Tod – das Bild des Autors als eines „Ästheten, dem Humanität gleichgültig war“, zunehmend kritisch hinterfragt wird.[42] Zu verdanken ist dieser Wandel, wie Cleggs Darstellung nahelegt, vor allem den Beiträgen von Richard Rorty und Michael Wood sowie andererseits denen von Ellen Pifer, Linda Kauffman und Elisabeth Bronfen, worin sich zugleich widerspiegelt, dass Lolita von dieser Zeit an verstärkt auch aus weiblicher Sicht (respektive der feministischen) rezipiert wird. Die Fragestellungen sind neu oder werden schärfer formuliert: Der Fokus verschiebt sich insgesamt von Humbert zu Lolita, am pointiertesten bei Kauffman („Gibt es eine Frau in dem Text?“); in der Beurteilung von Humbert überwiegen die kritischen Akzente; und geprüft wird schließlich auch, inwieweit das eine und das andere durch den Autor behindert oder befördert wird.[43]
Clegg versäumt nicht darauf hinzuweisen, dass die Grundlagen für diese Denkansätze schon durch die ersten Rezensenten gelegt wurden. Neben dem folgenreichen Essay von Lionel Trilling hebt sie besonders die Beiträge von Kingsley Amis und F. W. Dupee hervor. Sie betont, die Erstrezeption Ende der 50er Jahre habe eine „Vielfalt von intelligenter Kritik“ hervorgebracht,[44] und widerspricht explizit der Darstellung von Bryer und Bergin, die in einer Studie von 1967 die Mehrzahl der Arbeiten aus jener Zeit als wertlos angesehen hätten, hauptsächlich deshalb, weil in ihr die literarische Leistung Nabokovs nicht so gewürdigt worden sei, wie sie es verdiente.[45] In ebendiese Richtung bewegte sich die _Lolita_-Rezeption in den 60er Jahren. Kulminationspunkte waren die Beiträge von Carl Proffer und Alfred Appel Jr., der schließlich auch für die annotierte _Lolita_-Ausgabe von 1970 verantwortlich zeichnete, die er mit einem ausführlichen Anmerkungsapparat versah und zusätzlich mit einem 50-seitigen Essay einleitete.[46]
Einen Rückblick auf die Rezeptionsgeschichte bietet auch das umfangreiche Nachwort von Herausgeber Dieter E. Zimmer in der von ihm zum zweiten Mal überarbeiteten deutschsprachigen Ausgabe von 2007. Ausgangspunkt ist auch dort die Feststellung, dass Lolita zu den modellhaften Beispielen eines „vielschichtigen“ Werks gehört.[47] Den von Norman Page exemplarisch vorgeschlagenen Deutungsangeboten (Liebesroman, Parodie, psychologische Studie eines obsessiven Verhaltens, Schilderung bestimmter Aspekte des amerikanischen Lebens, moralisches oder unmoralisches Buch)[41] fügt Zimmer eine Vielzahl weiterer Lesarten hinzu, gruppiert sie in Gegensatzpaaren (zum Beispiel erotisch/antierotisch, road novel oder deren Parodie) und schlussfolgert: „Lolita ist ein Roman, der vereinbart, was sich nach gemeinem Verständnis auszuschließen scheint.“[48] Vier solcher Antinomien greift er anschließend auf, um wesentliche Aspekte der Rezeption zu erhellen. Einer davon – dies ist die zweite Parallele zu Cleggs Darstellung – widmet Zimmer allein die Hälfte seiner Betrachtung, dem Gegensatzpaar ästhetizistisch/moralisch. Die anderen drei seiner Auswahl sind traditionell/modern, ernst/komisch und realistisch/phantastisch.[49]
Humbert Humbert, der Protagonist und Ich-Erzähler, „ist ein Mann mit einer Obsession“, so Nabokov in einem Interview, und unterscheide sich daher nicht von vielen anderen seiner Figuren, die „heftige Obsessionen, Obsessionen der verschiedensten Art“ hätten.[50] Auf die Frage, ob Humbert nicht nur „komisch“, sondern auch „eindringlich und ergreifend“ wirke, entgegnet er an anderer Stelle: „Ich würde es anders formulieren: [Er] ist ein eitler und grausamer Schuft, dem es gelingt, einen ‚ergreifenden‘ Eindruck zu machen.“[51]
Das Bild, das die _Lolita_-Kritik von Humbert zeichnet, stimmt nicht in jedem Punkt mit dem Nabokovs überein, insbesondere nicht in der Frage, ob er dem Leser als „Schuft“ erscheine. Page Stegner beispielsweise meint, es gebe gute Gründe, dass man geneigt sei, mit ihm zu sympathisieren. Zwar sei er ein sexuell Pervertierter und Mörder, doch er leide unter seiner krankhaften Obsession; die Überzeugungskraft und der Charme, die ihm sein Schöpfer mitgegeben habe, könne von seinen Verbrechen nicht ausgelöscht werden; Humberts Sehnsucht nach etwas Verlorenem gehe über seine erste Liebe hinaus und richte sich auf einen idealen Zustand jenseits von Raum und Zeit.[52] Anders als Nabokov, der meint, das „Ergreifende“ in seiner eigentlichen Bedeutung passe nur für Lolita,[51] bezieht Stegner sich eindeutig auf Humbert, wenn er seine Betrachtung mit der Aussage beschließt, die „bewegende Erfahrung“ beim Lesen des Romans bestehe im „mitfühlenden Verstehen des Leidens, das durch eine idealistische Obsession für das Unerreichbare erzeugt wird.“[53]
Eine Analyse, die hingegen Nabokovs Bild von Humbert im Kern bestätigt, ist die von Richard Rorty. Ausgehend von dem Postulat, Nabokovs größte Schöpfungen seien „Obsessive“ (neben Humbert nennt er Kinbote aus Fahles Feuer und Van Veen aus Ada), behauptet Rorty, dass es sich bei ihnen um Menschen handle, die Nabokov verabscheute. Dass sie dennoch einnehmend und ergreifend wirken können, erklärt Rorty damit, dass ihr Schöpfer sie zum einen mit einer ihm ebenbürtigen Kunstfertigkeit ausstattete und zum anderen mit außerordentlicher Sensibilität gegenüber allem, was ihre Obsession betrifft. Demgegenüber gehe ihnen jegliche Neugier für alles ab, was außerhalb dieser liege.[54] Rorty belegt Humberts „fehlende Neugier“ („incuriosity“) an mehreren Beispielen aus dem Text und begründet sie zudem anhand von Nabokovs Nachwort zu Lolita, worin der Autor seine Auffassung von Kunst an das Vorhandensein von „Neugier, Zärtlichkeit, Güte und Ekstase“ knüpft.[55] Rorty meint, Nabokov sei sich sehr wohl bewusst gewesen, dass er in seiner Definition ästhetische und moralische Kategorien in eins fasse, und dass das, was für ihn zusammengehöre, von anderen getrennt werden könne, was letztlich bedeute, dass es Künstler geben könne, die zu ebensolcher Ekstase fähig seien wie er bei gleichzeitigem Fehlen elementarer moralischer Qualitäten. Folgerichtig habe Nabokov Charaktere geschaffen – Figuren wie Humbert und Kinbote –, die zugleich ekstatisch und grausam, empfindsam und hartherzig sind. Dieser besondere Typus eines „genialen Monstrums“, eines „Monstrums an fehlender Neugier“, so Rorty, sei Nabokovs spezieller Beitrag zu unserem Wissen über die menschlichen Möglichkeiten.[56]
„Der einzige Erfolg des Buches“, urteilt Kingsley Amis 1959 in einer der ersten umfangreichen – und insgesamt ablehnenden – Kritiken, „ist das Porträt von Lolita selbst.“[57] Die paradoxe Frage, die sich daraus ergebe (kommentiert Herausgeberin Christine Clegg), sei die, wie eine „reale“ Darstellung von Lolita durch Humberts Perspektive überhaupt gelingen könne. Clegg erinnert in diesem Zusammenhang an Alfred Appels Äußerung, Lolita sei eine der „wesentlichen Realitäten“ des Romans, und ergänzt, dass die Kritikerkollegen seiner Zeit das ganz überwiegend auch so beurteilt hätten.[58]
Das vermeintliche Paradoxon löst Dieter E. Zimmer auf, indem er klarstellt, dass der Roman zwei „Lolitas“ zeige – genau genommen eine „Lolita“ und eine „Dolores“. „Lolita“ ist die Phantasiegestalt des Protagonisten, sie ist Humberts subjektive Projektion, der „Dämon“, von dem er sich behext glaubt, die idealtypische Verkörperung dessen, was er sich unter einer „Nymphette“ vorstellt. Schon der Name selbst, Lolita, ist seine Erfindung, und er ist fast ausschließlich für ihn reserviert. „Dolores“ hingegen, Dolores Haze, ist der bürgerliche Name des Mädchens; Freunde und Verwandte nennen sie gewöhnlich Dolly oder Lo. Dass der Leser von Humberts Phantasiegestalt sehr wohl eine andere, „reale“ Figur ablösen könne, sei Nabokovs Verdienst, so Zimmer.[59] Beschrieben wird ihr Äußeres (bis hin zu den exakten Körpermaßen), ihre Sprache, ihr Verhalten, ihre Vorlieben und Abneigungen – in jedem Falle genug, um Kritiker darin übereinstimmen zu lassen, dass in ihr das Bild eines „typischen amerikanischen Teenagers der 1950-er“ erkennbar sei.[58]
Diese „reale“ Lolita, fährt Zimmer fort, sei allerdings manchen Lesern allzu banal und ordinär erschienen und vor allem von frühen europäischen Rezensenten gründlich verkannt worden. Als Beispiel zitiert er eine seriöse deutsche Tageszeitung: „Kaum zu brutal gesagt: dieses Nymphchen Lolita ist das unerzogenste, verderbteste (schon im Campinglager ‚tat‘ sie es mit Gleichaltrigen), korrupteste, abgefeimteste, schmuddeligste kleine Mädchen, das die liberalen Erziehungsmethoden der Neuen Welt allenfalls kreieren und wir und der Autor uns zur Not vorstellen können.“[60] Urteile wie diese waren durchaus nicht auf die Phase der Erstrezeption beschränkt. Noch 1974 betont Douglas Fowler Lolitas „Vulgarität“ und „Gleichgültigkeit“ – im Gegensatz zu Humberts „Feinfühligkeit“ und „Verletzlichkeit“.[61] Anders motiviert ist es, wenn Page Stegner und Michael Wood fast gleichlautend von Lolitas „Gewöhnlichkeit“ sprechen; Stegners Absicht ist es, die Diskrepanz zwischen „Real“- und Phantasiegestalt herauszustellen;[53] Wood geht es darum, das Ausmaß der Zerstörung zu ermessen: Zum Schluss werde deutlich, dass selbst Lolitas „Gewöhnlichkeit“ ruiniert sei.[62]
Es dauerte mehr als zwei Jahrzehnte, bis sich in den 1980er Jahren der Blick auf den Roman insgesamt und auf die Protagonistin im Besonderen grundlegend zu ändern begann: Der Fokus verschob sich von der Frage, was in Lolita, zu der, was mit Lolita geschieht.[63] Urteile wie die von Fowler, die Lolita „Vulgarität“ und „Gleichgültigkeit“ attestierten, erscheinen nun, neu interpretiert, in einem ganz anderen Licht. Ellen Pifer etwa sieht in Lolitas „schlechten Manieren“ und „jugendlichen Klischees“ eine Verteidigungsstrategie, mit der sie einerseits Humberts „guten Geschmack“ attackiert und andererseits ihre persönliche Integrität zu wahren versucht.[64] Linda Kauffman schließlich arbeitet sich aus dezidiert feministischer Position gezielt an ihren männlichen Kritikerkollegen ab, allen voran Lionel Trilling und Alfred Appel. Trillings These, in Lolita gehe es nicht um Sex, sondern um Liebe, kontert sie mit: „In Lolita geht es nicht um Liebe, sondern um Inzest, was Vertrauensverrat bedeutet und Vergewaltigung von Liebe.“[65] Später setzt sie diesen Gedanken fort durch ein Zitat von Judith Lewis Herman: „Vater-Tochter-Inzest ist eine Beziehung der Prostitution“[66] – eine These, die der Roman nicht nur im moralischen Sinne bestätigt, sondern auch im materiellen, indem Humbert Lolita für ihre Dienstbarkeit bezahlt.
Nabokovs Frau Véra, stets die erste Leserin seiner Werke und in seinen Augen zugleich die beste, vermerkt in ihrem Tagebuch, sie wünsche sich, „dass jemand die zarte Beschreibung der Hilflosigkeit des Kindes, sein ergreifendes Angewiesensein auf den monströsen HH und seinen durchweg herzzerreißenden Mut zur Kenntnis nähme, gipfelnd in der elenden, aber im wesentlichen sauberen und gesunden Ehe, und in ihrem Brief, und ihrem Hund. Und den schrecklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht, wenn sie von HH um eine versprochene kleine Freude gebracht wird. Sie alle gehen an der Tatsache vorbei, dass ‚das garstige kleine Gör‘ Lolita letzten Endes ein gutes Kind ist – sonst hätte sie sich nicht wieder erhoben, nachdem sie so furchtbar zertreten worden war, und zu einem anständigen Leben mit dem armen Dick gefunden, das ihr tausendmal lieber war als das vorherige.“[67]
Indes konnten weder Véra Nabokov noch ihr Mann verhindern, dass schon bald nach Erscheinen des Romans die Protagonistin ihr Eigenleben im öffentlichen Bewusstsein zu entwickeln begann und praktisch zu einer dritten Figur wurde – der „Pop-Lolita“. Mit der „Real“-Figur „Dolores“ hat sie, abgesehen vom Alter, kaum etwas gemeinsam; mit Humberts Phantasiegestalt auch nur so viel, dass sie, die „Pop-Lolita“, auf das reduziert wird, was der Mann sich wünscht: die Kindfrau als Verführerin. Was der Roman leistet – dies als männliche Projektion zu entlarven –, bringt der Trivialmythos der „Pop-Lolita“ zum Verschwinden.[68]
In ihrer Interpretation der „Masturbationsszene“ auf dem hazeschen Sofa greift Elisabeth Bronfen zwei Gedanken Humberts auf: zum einen seine Überzeugung, er habe währenddessen Lolita „sicher solipsistisch verwahrt“,[69] und zum anderen seine nachträgliche Erkenntnis, dass es gar nicht das reale Mädchen, sondern seine „eigene Schöpfung, eine andere, eine Phantasie-Lolita“ gewesen sei, die er so „rasend besessen“ hatte.[70] Daraus schließt sie, dass Humbert, indem er Lolitas Körper als Bild begreift und in Besitz nimmt, blind wird für die Tatsache, dass ihr realer Körper vorhanden ist; indem er glaube, nur ein Bild berührt zu haben und nicht einen Körper, vergewaltige er nicht nur einen Körper, sondern ignoriere, dass eine Vergewaltigung überhaupt stattgefunden hat.[71] Linda Kauffman kommentiert die Ausblendung der weiblichen Perspektive in dieser Szene sarkastisch: „Beide kommen zur gleichen Zeit – vorausgesetzt, der Leser ist männlich.“[72] Rachel Bowlby hingegen meint, die weibliche Perspektive sei durchaus erkennbar; ebenso wie bei Humbert, spielten auch bei Lolita „Phantasien“ mit: Er imaginiere die von ihm poetisch überhöhte Nymphette, und sie den Humbert ähnelnden Kinohelden, dessen Bild sie über ihr Bett gepinnt hat.[73]
Anders als das zwar gleichaltrige, aber noch ganz kindlich-ahnungslose Mädchen in Nabokovs Der Zauberer reagiert Lolita keineswegs entsetzt, als sie morgens im Hotel „Die Verzauberten Jäger“ gewahr wird, dass sie in einem Bett mit ihrem Stiefvater liegt. Im Gegenteil, sie initiiert sogar den ersten Geschlechtsverkehr mit ihm. Nicht wenige Leser sind daher Humberts Aussage „Es war sie, die mich verführte“,[74] bereitwillig gefolgt.[63] Dabei lässt der Text sehr wohl erkennen, dass es sich hier nur äußerlich um einen „einvernehmlichen“ Sexualakt handelt. Die Gedanken, mit denen Humbert Lolitas „energische, sachliche“ Bemühungen begleitet,[75] machen deutlich, dass er sich von Anfang an der Diskrepanzen bewusst ist, die zwischen den Erfahrungen und Erwartungen beider bestehen. Für Lolita ist Sex ein „von langweiligen Erwachsenen verbotenes Sommercamp-Spiel“, konstatiert G. M. Hyde, andererseits aber auch frei von Gedanken an „Sünde und Schuld“, mit denen es sich für den „puritanischen, gebildeten“ Humbert verknüpfe; statt dass sich für ihn das Tor zur „Freiheit“ öffne, sei er von nun an gefangen in seiner „düsteren Lust“.[76] Manche Kritiker sehen darin, dass Lolita ihre „Unschuld“ bereits verloren hat und Humbert „zuvorkommt“, Indizien, die ihn moralisch entlasten.[77][78] F. W. Dupee hält dem entgegen, dass Lolitas „heikles Schein-Einverständnis“ Humberts Schuld nur noch tiefer und komplizierter mache, als wenn es zu einer „eindeutigen Vergewaltigung“ gekommen wäre.[79]
Als „verkorksten Dichter“ bezeichnet Nabokov seinen Protagonisten in einem Interview – eine Zuschreibung, die Dieter E. Zimmer aufgreift mit Blick auf die Szene, in der Humbert der schwangeren, verheirateten Lolita wiederbegegnet: Dort höre er auf, ein „verkorkster Dichter“ zu sein, von da an mache er eine „tiefe Wandlung“ durch.[80] Das sehen nicht alle Kritiker so. Manche verstört allein schon der Ton, in dem Humbert von Reue spricht. Dupee beispielsweise findet, er klinge etwas „unecht“.[81] Auch Trilling hält ihn für „weniger gelungen“, sieht aber die Logik der Handlung gewahrt, indem Humberts Wunsch nach einer Ehe mit Lolita scheitere; mit Blick auf seine eigene These, in dem Roman gehe es um „Liebe aus Leidenschaft“ – dem Gegensatz von Ehe –, sei dies nur folgerichtig.[82] Eine der gründlichsten Analysen der Wiederbegegnungsszene stammt von Michael Wood. Ein Gutteil davon gehört der Auseinandersetzung mit Kritikerkollegen. So war David Rampton der Ansicht, die Szene beziehe ihre Kraft daraus, dass Lolitas Charakter an Tiefe und Komplexität gewonnen habe; Wood hingegen meint, ihre Wirkung beruhe gerade darauf, dass eine Lolita gezeigt werde, die sogar die ihr ursprünglich eigene „Gewöhnlichkeit“ verloren habe. Die gängige These, dass Humbert mit seinen Reuebekundungen gegen Ende des Romans einen völlig neuen Ton anschlage, widerlegt Wood durch Beispiele aus dem Text und schlussfolgert, dass Schuldgefühle in ihm immer vorhanden waren, aber nur punktuell durchdringen konnten, weil sie durch beständige Begierde und Furcht unterdrückt wurden. Was Wood jedoch am meisten beschäftigt, ist die Frage, ob Humbert überhaupt bereut. Letztlich entscheidet er sich für ein Nein. Was Humbert bewege, klinge eher nach Verklärung und Romantisierung. Es gehe ihm also mehr um Nostalgie als um Reue. Echte Reue, so Wood weiter, sei auch ein Zeichen von Größe. Das habe Nabokov nicht bewirken wollen. Er habe stattdessen einen Charakter geschaffen, wie man ihn auch bei Flaubert und Joyce finde, einen, dessen „bedauerlicher Mangel an Größe“ den Leser vielleicht mehr bewege als die „große Tragödie“ manch anderer Figur.[83]
Humbert, der Erzähler, ein gebildeter Literaturwissenschaftler, beschreibt einerseits als europäischer Außenseiter teils fasziniert, teils angeekelt, detailreich die US-amerikanische Alltags- und Jugendkultur; andererseits spickt er seinen Bericht mit vielschichtigen literarischen Anspielungen, Wortspielen und Witzen, wobei die Leser zusätzlich dadurch aufs Glatteis geführt werden, dass sie oft nicht wissen, ob es sich dabei um bewusste Mehrdeutigkeiten Humberts oder des Herausgebers John Ray Jr. oder des Autors Nabokov handelt.
Zusätzlich kompliziert wird dieses Beziehungsgeflecht dadurch, dass Bezüge nicht nur innerhalb einer Sprache – der gebürtige Russe Nabokov verfasste den Roman auf Englisch – hergestellt werden, sondern dass aus dem Russischen, Französischen, Deutschen und weiteren Sprachen ein dichtes, kreuz und quer verwobenes Bedeutungsnetz gesponnen wird. In der Übersetzung geht davon zwangsläufig einiges verloren. Beispielsweise verweist Nabokov zufolge der Name „Humbert Humbert“ durch seinen unangenehmen doppelten Klang auf eine unangenehme Person, ist darüber hinaus aber auch ein Königsname, erinnert an das englische Wort „humble“ (bescheiden oder demütig), an das spanische „hombre“ (Mann), an das französische „ombre“ (Schatten) – was durch die Dopplung noch verstärkt wird – und an ein Kartenspiel gleichen Namens, um nur einige Möglichkeiten zu nennen. Nabokov wählte das Pseudonym, weil es „ein besonders übel klingender Name“ sei.[84] Den Nachnamen, den Lolita gegen Ende des Romans hat, „Dolores Schiller“, könnte man als eine Anspielung auf das Schillernde dieser Figur verstehen – oder man kann es englisch-phonetisch lesen als Homophon von englisch „Dolores’ killer“ („Dolores’ Mörder“), denn Dolores stirbt an den Folgen der Geburt des Kindes, das ihr Mann Dick Schiller („Dick ’s [the] killer“, dt. „Der ‚Schwanz‘ ist ein Mörder“ bzw. „Mörder der Männlichkeit“; je nach Grad der phonetischen Verschleifung) mit ihr gezeugt hat.
Das Doppel- und Mehrdeutige des Romans wird zum Ende noch dadurch gesteigert, dass Humbert ein unzuverlässiger Erzähler ist: Zweck seines Textes ist nicht die wahrheitsgemäße Darstellung, sondern eine Apologie seiner Taten. So erzählt er zwar, er selbst sei von Lolita in ihrer ersten Liebesnacht verführt worden, im weiteren Verlauf der Erzählung erwähnt er aber, dass Lolita bei und nach jedem Geschlechtsakt weinte, und bezichtigt sich schließlich selbst der vielhundertfachen Vergewaltigung. In Lolitas heimlichem Helfer bei ihrer Flucht findet er zudem einen starken Gegenspieler, der ihm in literarischen Kenntnissen mindestens ebenbürtig und immer einen Schritt voraus ist; bisweilen scheint Lolitas Retter Humberts eigenes Alter Ego zu sein. Auch die in einer traumhaften Atmosphäre ablaufende Mordsequenz des Endes wirft die Frage auf, ob der Autor eine imaginierte Wirklichkeit oder nur eine alptraumhafte Imagination der Hauptfigur beschreibt, die sich von ihrer „dunklen Seite“ endlich durch einen fiktiven Mord befreit (der Retter Lolitas ist nicht weniger pädophil als Humbert selbst).[85] Das Versteckspiel endet erst mit dem letzten Punkt und lässt viele Fragen offen.
Durchzogen wird der Roman von zahlreichen literarischen Zitaten, Halbzitaten und Anspielungen. Die beiden wichtigsten Referenzen sind dabei eine Reihe von Werken Edgar Allan Poes: Auf dessen Gedicht Annabel Lee nimmt Humbert Bezug, wenn er bei der Erinnerung an seine erste Kinderliebe „a princedom at the sea“ erwähnt. Darüber hinaus ist deren Name Annabel Lee, ganz wie bei Poe.[86] Dieser heiratete 1836 seine erst 13-jährige Cousine Virginia Clemm; auf ihren frühen Tod spielt das Gedicht vielleicht an. Verwiesen wird von Nabokov auch auf den Roman Die Abenteuer des Arthur Gordon Pym, die Erzählung William Wilson und viele andere mehr, sowie den Roman Alice im Wunderland von Lewis Carroll, dessen Hauptfigur, ein kleines Mädchen, wie auch dessen Mehrdeutigkeiten, Traumwelten und Anspielungsmuster in zahlreichen, oft wiederum travestierten Gestalten aufscheinen. Außerdem finden sich Zitate der französischen Originalausgabe der Novelle Carmen von Prosper Mérimée. Humbert Humbert bezeichnet vor allem gegen Ende der Geschichte Lolita immer wieder als Carmen. Durchgängig ist auch das Gefängnis-Motiv: Alle handelnden Personen werden direkt oder metaphorisch als Gefangene geschildert.[87]
Donald E. Morton macht auf die komplexen Symmetriebeziehungen aufmerksam, die den Roman strukturieren: neben dem seltsam gedoppelten Namen Humberts wird dies in dessen zwei Rollen sichtbar, in denen er im Buch erscheint: als Protagonist, der die Geschichte erlebt, und als Erzähler, der reflektierend auf sie zurückblickt. Zudem wird er durch die Figur des gleichfalls pädophilen Quilty gespiegelt. Doppelungen gibt es auch bei den zwei Teilen des Romans, in der Zahl 342, die Lolitas Hausnummer in Ramsdale und die Zimmernummer im Motel Die verzauberten Jäger ist; das Haus in Ramsdale gleicht auffallend dem in Beardsley, es gibt zwei gemeinsame Reisen, und schließlich rahmen ein Vorwort und ein Nachwort den Roman. Im Vorwort verweist der fiktive Herausgeber auf den „ethischen Appell“, den das Buch „an den verantwortungsbewußten Leser“ richte.[88] Im Nachwort dementiert Nabokov diese Lesart: Lolita habe „keine Moral im Schlepptau“. Dieses hochartistische Spiel mit Dualismen trägt nach Donald E. Morton dazu bei, dass wenn der Roman zu Ende sei, „sowohl der Leser als auch Humbert ihr Vergnügen gehabt“ haben.[89]
Der amerikanische Literaturkritiker Lionel Trilling deutet Lolita in einem 1958 erschienenen und vielbeachteten[90] Essay als Liebesroman. Dabei geht er von der These aus, dass in einer klassischen Liebesgeschichte das Zusammenkommen der beiden Liebenden gestört, wenn nicht unmöglich sei. In der modernen permissiven Gesellschaft gälten aber keine Standesschranken, keine elterlichen Verbote mehr, und auch der Umstand, dass eine der beiden anderweitig verheiratet sei, stelle heute kein echtes Hindernis mehr dar. Daher habe Nabokov eine pervertierte Liebe beschreiben müssen, eine Liebe, die gegen das gesellschaftliche Tabu der Pädophilie verstößt. Belege für seine These findet Trilling in zahlreichen Anspielungen auf die Minnetradition des Mittelalters und die frühhumanistische Liebeslyrik: Sowohl Dante als auch Petrarca hätten leidenschaftliche Liebesverhältnisse zu minderjährigen Mädchen besungen, und Lolita bleibe, ganz wie in der höfischen Minnelyrik, „stets die grausame Geliebte […], selbst nachdem ihr Liebhaber sie körperlich besessen hat“. Humberts Flehen am Ende des Romans, als Lolita schon aus dem Nymphchenalter herausgewachsen war, sie möge mit ihm zusammenleben, zeige seine wahre Liebe. Insofern sei er „der letzte Liebhaber“.[91]
Dieter E. Zimmer widerspricht Trillings Deutung, dem er vorwirft, auf Humberts Apologie hereingefallen zu sein, mit der er den Leser bzw. die Geschworenen auf seine Seite ziehen wolle. Nabokov habe vielmehr den Roman als Palimpsest geschrieben, als doppelt beschriebenes Blatt. Dem Leser sei zugemutet, beide Ebenen des Textes zu erkennen; oberflächlich lese man Humberts blendende Rhetorik, die zur Sympathie mit ihm einlade, doch darunter gelte es, seine Monstrosität und Lieblosigkeit zu erkennen, die der Autor immer wieder durchscheinen lasse.[92] Liebe sei an drei Mindestbedingungen gebunden: sie sei auf eine bestimmte Person gerichtet und nicht nur an einen bestimmten Typus; sie wolle dem Liebesobjekt keinen Schaden zufügen; und das Liebesobjekt müsse zumindest die Chance haben, in das Liebesverhältnis einzuwilligen. Alle drei Bedingungen seien in Humberts Fall aber nicht erfüllt. Er begehre nicht die Person Dolores Haze, sondern den Idealtyp eines Nymphchens, den Lolita für ihn verkörpere; er schade ihr bewusst, indem er sie systematisch von Kontakt mit Gleichaltrigen abhalte. Dass er ihr die Kindheit genommen hat, ist ihm gegen Ende des Romans zunehmend bewusst. Reue darüber empfindet aber nur Humbert der Erzähler, nie Humbert der Erlebende. Schließlich sei ihm an einer Erwiderung seiner Gefühle gar nichts gelegen, es komme ihm nur auf Sex an. Ihre Bedürfnisse – nach Freundschaft mit anderen Kindern, nach Comicheften, Illustrierten und Süßigkeiten – stört er, ignoriert er oder er macht sich über sie lustig. Die zärtlichen Gefühle, die er bisweilen für sie empfindet, schlagen sofort wieder in sexuelles Begehren um, und er vergewaltigt sie erneut: Zimmer resümiert:
„Ein Etwas, das Liebe sein könnte und möchte, zerstört das Geliebte und sich selbst. Amüsant zu lesen, konfrontiert uns Lolita mit der tragischen Möglichkeit, dass Liebe und Sex sich ausschließen können.“[93]
Der Literaturwissenschaftler Michael Maar versuchte 2004 nachzuweisen, Nabokov sei von der gleichnamigen Erzählung Lolita des vergessenen deutschen Autors Heinz von Lichberg (erschienen 1916 in dessen Erzählband Die verfluchte Gioconda) angeregt worden.[94] Diese These wurde von der Presse interessiert aufgegriffen und zu einem Plagiatsvorwurf zugespitzt. Lichbergs Erzählung hat allerdings mit Nabokovs Roman außer dem titelgebenden Namen der Hauptfigur wenig gemein: Es handelt sich um eine Schauergeschichte, in der sich ein Mann in eine Spanierin verliebt, die zwar als jung, aber nicht als vorpubertär geschildert wird; ein Fluch liegt über der Familie, der alle Frauen bei der Geburt einer Tochter sterben lässt, so auch die Mutter Lolitas. Der Ich-Erzähler flieht daraufhin aus der Beziehung und Lolita stirbt. Auch stilistisch überwiegen die Unterschiede zwischen Lichbergs schlichter Fabel und Nabokovs anspielungsreichem und raffiniert gebautem Roman. Zwar ist es möglich, dass Nabokov, der von 1920 bis 1937 in Berlin lebte, Lichberg oder seine Novelle kannte, doch gibt es dafür keine weiteren Indizien, zumal Nabokov Deutsch nicht flüssig lesen konnte und er deshalb die deutsche Literatur seiner Zeit nicht im Original rezipierte. Dieter E. Zimmer kommt zu dem Schluss, dass man an dieser Parallele lediglich beobachten könne, „wie urban legends entstehen“.[95]
Lolita oder Teile davon greifen wahrscheinlich einen tatsächlichen Fall von Kindesmissbrauch auf, die Entführung eines zwölfjährigen Mädchens namens Florence Sally Horner durch einen 52-jährigen arbeitslosen Mechaniker, Frank La Salle, im Jahr 1948. Dieser hatte Sally beobachtet, wie sie als Mutprobe einen fünf Cent teuren Notizblock stahl. Er gab sich ihr gegenüber als FBI-Agent aus und zwang sie, mit ihm zu kommen. 21 Monate lang fuhr er mit ihr kreuz und quer durch die USA und missbrauchte sie regelmäßig. Bei seiner Festnahme behauptete La Salle, er sei Sallys Vater; bereits zwei Wochen später wurde er zu 35 Jahren Haft verurteilt. Sally Horner starb 1952 bei einem Autounfall. Der Fall weist Parallelen zum zweiten Teil von Lolita auf. Aus Nabokovs Notizen geht zudem hervor, dass er ihm bekannt war. Darüber hinaus spielt in seinem Roman Humbert mehrmals darauf an. Dennoch können die Pressemeldungen über den Fall nicht die erste Inspiration zu Lolita gewesen sein, da Nabokov bei ihrem Erscheinen den Roman bereits zu schreiben begonnen hatte und die ältesten Spuren zu dieser Geschichte, Lilith und Die Zauberer, beide deutlich älter sind.[96]
Mehrere Klassiker der Weltliteratur, die Nabokov sehr schätzte, wie Puschkins Eugen Onegin, Tolstois Anna Karenina und Flauberts Madame Bovary, zeigen gewisse Ähnlichkeiten in der Konstellation der Figuren.[97]120 Jahre nach Onegin, 100 Jahre nach Madame Bovary und 80 Jahre nach Anna Karenina scheitert die Liebe auch in Nabokovs Lolita.[98] Verführt ist aber diesmal nicht die Protagonistin, sondern Humbert Humbert, womit Nabokov das Modell des klassischen Verführungsromans umkehrt.
Emma und Anna, Lolitas berühmte Vorgängerinnen, sind Ehebrecherinnen – Emma begeht Selbstmord nicht aus Liebeskummer, sondern weil sie sich stark verschuldet hat, man ihr mit Pfändung droht, weil sie niemanden mehr findet, der ihr Geld leiht, und aus genereller Enttäuschung; Anna zerbricht an dem nur kurz weilenden Glück der großen Gefühle bei ihrem Ausbruch aus der Enge des ehelichen Hafens, im Kontrast zu der harten Wahrheit gesellschaftlicher Normen. Lolita dagegen entflieht einer stürmischen Liebesbeziehung in den Hafen der Ehe, quasi in flache Gewässer, aber sie scheint dort gut anzulegen. Die Liebe stellt sich in diesen Werken als heimtückisch machender Wahn heraus, der bei Lolita jedoch den sich selbst Betrügenden zum Mord treibt. Lolitas Befindlichkeit bleibt dabei bis zuletzt in ihrer Tiefe undurchsichtig. Hier zeigen sich die stärksten Parallelen zu Puschkins Tatjana, die schließlich auch der Liebe misstraut.
Der Roman wurde zweimal verfilmt:
- 1962 – Lolita von Stanley Kubrick, mit James Mason als Humbert Humbert, Shelley Winters als Charlotte Haze, Sue Lyon als Lolita und Peter Sellers als Clare Quilty.
- 1997 – Lolita von Adrian Lyne, mit Jeremy Irons als Humbert Humbert, Melanie Griffith als Charlotte Haze, Dominique Swain als Lolita (Natalie Portman hatte die Rolle nicht angenommen, da sie fürchtete, nach ihrer Rolle der Mathilda in dem Film Léon – Der Profi endgültig auf die kindliche Verführerin festgelegt zu sein)[99] und Frank Langella als Clare Quilty.
1998 erschien das Werk auch als Hörspiel, produziert vom Westdeutschen Rundfunk (WDR), in den Hauptrollen mit Ulrich Matthes, Natalie Spinell und Leslie Malton. 2005 erschien ein von Jeremy Irons eingelesenes Hörbuch.
Seit März 2003 wurde am Deutschen Theater in Berlin eine Theateradaption von Oliver Reese als Ein-Mann-Stück mit Ingo Hülsmann in der Rolle des Humbert Humbert gegeben.[100]
Die englische New-Wave-Band The Police verarbeitete das Lolita-Thema in ihrem 1980 erschienenen Song Don’t Stand So Close to Me und nahm in einer Textzeile Bezug auf Nabokov. Das Lied Lolita von Lana del Rey bezieht sich auf das Buch. Auch das Musikvideo zum gleichnamigen Lied von Alizée spielt auf den Roman an.
Der russische Komponist Rodion Schtschedrin schuf aus Nabokovs Roman eine Oper, für die er selbst das Libretto verfasste. Die Uraufführung fand am 14. Dezember 1994 an der Kungliga Operan, Stockholm statt. Die musikalische Leitung hatte Mstislaw Rostropowitsch.
Als Lolitakomplex (auch Nymphophilie aus Nymphe und -philie) wird starkes erotisches oder sexuelles Verlangen von Männern ab dem mittleren Lebensalter zu Mädchen oder jungen Frauen bezeichnet.[101]
englisch
- Lolita. Roman. Nachwort von Craig Raine. Penguin, London 1995, ISBN 0-14-118253-9 (Text unkommentiert).
- Alfred Appel (Hrsg.): The annotated Lolita. Penguin, London 2000, ISBN 0-14-118504-X.
- Friederike Poziemski (Hrsg.): Lolita. Roman. Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-019833-9 (= Reclams Universal-Bibliothek, Band 19833).
deutsch
- Lolita. Roman. Aus dem Amerikanischen von Helen Hessel mit Maria Carlsson, Gregor von Rezzori, Kurt Kusenberg und H. M. Ledig-Rowohlt. Rowohlt, Reinbek 1959.
- Neuausgabe als Taschenbuch, bearbeitet von Dieter E. Zimmer. Rowohlt, Reinbek 2008, ISBN 978-3-499-22543-7.
- Gregor von Rezzori: Ein Fremder in Lolitaland – Stranger in Lolitaland. Ein Essay. Aus dem Amerikan. übers. und mit einem Nachw. von Uwe Friesel. Hrsg. von Gerhard Köpf, Heinz Schumacher und Tilman Spengler. Berliner Taschenbuch Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-8333-0364-7 (deutsch und englisch; Reisebericht über die Schauplätze von Nabokovs Lolita).
- Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, ISBN 978-3-498-07666-5.
- Azar Nafisi: Lolita lesen in Teheran. Goldmann TB, 2008, ISBN 978-3-442-15482-1.
- Kingsley Amis: [Review]. The Spectator, London, 6. November 1959, S. 635–636.
- Alfred Appel, Jr.: Lolita: The Springboard of Parody. In: Nabokov: The Man and His Work. (Hrsg. L. S. Dembo). Madison, Wisconsin 1967, S. 106–143.
- Alfred Appel, Jr. (Hrsg.): Vladimir Nabokov: The Annotated Lolita. McGraw-Hill, New York 1970 und 1991.
- Elisabeth Bronfen: Over Her Dead Body: Death, Femininity and the Aesthetic. Manchester University Press, Manchester 1992, S. 371–381.
- Christine Clegg (Hrsg.): Vladimir Nabokov: Lolita. A Reader's Guide to Essential Criticism. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2000.
- F. W. Dupee: A Preface to „Lolita“. Anchor Review, New York, 2. Juni 1957, S. 1–13.
- Linda Kauffman: Framing Lolita: Is There a Woman in the Text? In: Yaeger and Kowalewski-Wallace 1989, S. 131–152.
- Norman Page (Hrsg.): Nabokov: The Critical Heritage. Routledge, London 1982.
- Ellen Pifer: Nabokov an the Novel. Harvard University Press, Cambridge 1980.
- Carl Proffer: Keys to „Lolita“. Indiana University Press, Bloomington 1968.
- Richard Rorty: Contingency, Irony, and Solidarity. Cambridge University Press, Cambridge 1989, S. 41–68.
- Lionel Trilling: The Last Lover: Vladimir Nabokov’s „Lolita“. Encounter, London, November 1958, S. 9–19.
- Graham Vickers: Chasing Lolita: How Popular Culture Corrupted Nabokov’s Little Girl All Over Again. Chicago Review Press, 2008, ISBN 978-1-55652-682-4.
- Michael Wood: The Language of „Lolita“. In: The Magician’s Doubts: Nabokov and the Risks of Fiction. Chatto, London 1994.
- Lolita. Hörspiel. Hörspielbearb. und Regie: Walter Adler. 2 CDs. Der Hörverlag, München 2009, ISBN 978-3-86717-087-1 (Produktion des WDR, 1998).
- 2005: Lolita (gelesen von Jeremy Irons), Random House Audio, ISBN 978-0-7393-2206-2
- Die Wahrheit über Lolita. Regie: Olivia Mokiejewski, ARTE F, Frankreich, 55 Minuten, 2021
- Rezensionen und Links zum Roman (englisch)
- Glossar zum Roman (Memento vom 3. Februar 2007 im Internet Archive) (englisch)
- Artikel über Lolita auf zembla (englisch)
- Herbert Huber: Über Heinz von Lichbergs Erzählung Lolita
- Chronologie Zusammengestellt von Dieter E. Zimmer (englisch)
- Lolita als Reiseroman Die Routen von Lolita und Humbert beiden Reisen (1947/48 und 1949), mit Karten und etwa 100 Abbildungen (englisch)
- Lolita, Nymphchen. In: Der Spiegel. Nr. 12, 1959, S. 60–64 (online – 18. März 1959).
- Dieter E. Zimmer, Interview mit Andrea Schmittmann: „Eine Geschichte der Unaufrichtigkeiten“. Über Unzuverlässigkeit als ein Übersetzungsproblem in "Lolita", in ReLÜ, Rezensionszeitschrift, Nr. 15, 16. März 2014 (auch über die frühen Übersetzungen und Gründe des Verlags, an ihnen festzuhalten)
- ↑ a b Zeittafel zur Entstehung des Romans. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 706
- ↑ Vladimir Nabokov: Der Zauberer. Anmerkung des Übersetzers. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1989, S. 117
- ↑ Marcel Reich-Ranicki: Vladimir Nabokov - Aufsätze. Ammann Verlag & Co, Zürich 1995 (ISBN 3-250-10277-6), S. 66
- ↑ Zeittafel zur Entstehung des Romans. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 705–706.
- ↑ Zeittafel zur Entstehung des Romans. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 704
- ↑ Zeittafel zur Entstehung des Romans. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 703–704
- ↑ Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 31
- ↑ a b Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 16
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- ↑ Vladimir Nabokov: Interview mit dem Playboy 1963. In: Vladimir Nabokov: Deutliche Worte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993, S. 58/59
- ↑ Vladimir Nabokov: The annotated Lolita. Vintage Books, New York 1991, Introduction p. XXXIX
- ↑ Vladimir Nabokov: Über ein Buch mit dem Titel „Lolita“. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 517
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- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 16.
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- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 17 und S. 18.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 18.
- ↑ zitiert nach Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 19.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 20.
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- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 22 und S. 23.
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- ↑ Steve King: Hurricane Lolita. barnesandnoble.com, archiviert vom Original am 9. Oktober 2011; abgerufen am 23. März 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bnreview.barnesandnoble.com
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- ↑ Eigene Übersetzung des Originals („curiosity, tenderness, kindness, and ecstasy“), abweichend von der der deutschen Rowohlt-Ausgabe („Neugier, Zärtlichkeit, Güte, Harmonie, Leidenschaft“). Vladimir Nabokov: Über ein Buch mit dem Titel „Lolita“. In: Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 520.
- ↑ Richard Rorty: Contingency, Irony, and Solidarity. Cambridge University Press, Cambridge 1989. In: Christine Clegg (Hrsg.): Vladimir Nabokov: Lolita. A Reader's Guide to Essential Criticism. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2000, S. 98–99.
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- ↑ Zur Pädophilie der Romanfigur Humbert Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 126–143.
- ↑ Dale E. Peterson: Nabokov and the Poe-etics of Composition. In: The Slavic and East European Journal 33, No. 1 (1989), S. 95 f.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Lolita. In: Kindlers Literatur Lexikon. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1986, Bd. 7, S. 5793
- ↑ Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1959, S. 8
- ↑ Donald E. Morton: Vladimir Nabokov mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. rororo Bildmonographien, Reinbek: Rowohlt, 2001, S. 73–77 (hier das Zitat)
- ↑ Marcel Reich-Ranicki: Vladimir Nabokov - Aufsätze. Ammann Verlag & Co, Zürich 1995, ISBN 3-250-10277-6, S. 68
- ↑ Lionel Trilling: The Last Lover. Vladimir Nabokov’s „Lolita“. In: Encounter. 11 (1958), S. 9–19, das Zitat S. 17; zitiert nach Donald E. Morton: Vladimir Nabokov mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. rororo Bildmonographien, Reinbek: Rowohlt, 2001, S. 66
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 64 ff.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 49–56 (hier das Zitat)
- ↑ Michael Maar: Biografie: Der Mann, der „Lolita“ erfand. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. März 2004; derselbe: Lolitas spanische Freundin. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 28. April 2004; derselbe: Lolita und der deutsche Leutnant. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 108–119, das Zitat S. 110.
- ↑ Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita. Auskünfte zu einem epochalen Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, S. 120–125.
- ↑ Lionel Trilling: The Last Lover: Vladimir Nabokov’s „Lolita“. In: Encounter. 11, 1958, S. 9–19. Auch in: Harold Bloom (Hrsg.): Vladimir Nabokov’s Lolita: Modern Critical Interpretations. Chelsea House, New York 1987, S. 5–12
- ↑ Priscilla Meyer: Nabokov's Lolita and Pushkin's Onegin: McAdam, McEve, and McFate. In: George Gibian & Stephen Jan Parker (Hrsg.): The Achievements of Vladimir Nabokov. Center for International Studies (Committee on Soviet Studies, Cornell University), Ithaca 1984, S. 179–211.
- ↑ James L. Dickerson: Natalie Portman: Queen of Hearts. ECW Press, 2002, ISBN 978-1-55022-492-4. S. 119
- ↑ Deutsches Theater Berlin zur Theateradaption (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive)
- ↑ Andrew Bennett, Nicholas Royle: An Introduction to Literature, Criticism and Theory. Prentice Hall Europe, 1999, ISBN 0-13-010914-2, S. 64.