Ohnsorg-Theater (original) (raw)
Logo des Ohnsorg-Theaters im Bieberhaus
Eingang des Ohnsorg-Theaters mit Heidi-Kabel-Statue
Eingang des alten Hauses
Das Ohnsorg-Theater in Hamburg, zunächst in der Straße Große Bleichen, seit 2011 am Heidi-Kabel-Platz nördlich des Hauptbahnhofs, ist ein Volkstheater, das die Anerkennung und das Wissen über die niederdeutsche Sprache („Plattdeutsch“) durch Aufführungen von Theaterstücken auf Niederdeutsch fördert, aber auch Aufführungen in norddeutsch geprägtem Hochdeutsch produziert. Neben Stücken, die ursprünglich auf Niederdeutsch verfasst sind, werden auch niederdeutsche Übersetzungen aus dem Hochdeutschen und anderen Sprachen gespielt.
Eingangsbereich des alten Theaters
Das Ohnsorg-Theater wurde 1902 auf Initiative von Richard Ohnsorg als Theatervereinigung unter dem Namen „Dramatische Gesellschaft Hamburg“ gegründet. Der Verein wurde 1906 in „Gesellschaft für dramatische Kunst“ umbenannt. In den ersten Jahren hatte die Vereinigung/Gesellschaft keinen Bezug zur niederdeutschen Sprache, das änderte sich, als Richard Ohnsorg 1910 den Vorstand und die künstlerische Leitung des Vereins übernahm. Der große Erfolg der niederdeutschen Stücke veranlasste den Verein, sich 1920 in „Niederdeutsche Bühne Hamburg e. V.“ umzubenennen. Nachdem man zuvor auf wechselnden Bühnen und in beengten Verhältnissen spielen musste, konnte das Theater 1936 das ehemalige Kleine Lustspielhaus in der Straße Große Bleichen beziehen. 1946 erhielt die Bühne den Namen Richard-Ohnsorg-Theater. Heute ist das Ohnsorg-Theater eine GmbH, Eigentümer ist der Niederdeutsche Bühne Hamburg e. V. Das Theater wird zurzeit mit rund 1,6 Millionen Euro pro Spielzeit subventioniert.
Seit 1954 werden Aufführungen des Ohnsorg-Theaters im deutschen Fernsehen gesendet. Die erste deutsche Live-Übertragung eines Theaterstücks erfolgte jedoch bereits am 19. Oktober 1953 aus dem Kölner Millowitsch-Theater (Der Etappenhase), das damit den Mundartbühnen einen Weg zum überregionalen Publikum ebnete. Um auch außerhalb des mundartlichen Sprachraums verstanden zu werden, wird bei den Fernsehaufzeichnungen meist keine reine Mundart, sondern ein stark mundartlich gefärbtes Hochdeutsch gesprochen, im Falle des Ohnsorg-Theaters Missingsch. Die erste Fernsehsendung des Ohnsorg-Theaters erfolgte am 13. März 1954 mit dem Stück Seine Majestät Gustav Krause live aus dem im Hochbunker am Heiligengeistfeld in Hamburg untergebrachten NWDR. Später fanden die Aufzeichnungen im Theater selbst statt. Viele davon sind mittlerweile auch auf Video und DVD erschienen.[1]
Insbesondere durch die Fernsehausstrahlungen in den 1960er und 1970er Jahren wurde das damalige Ensemble, u. a. Heidi Kabel, Henry Vahl, Otto Lüthje, Ernst Grabbe, Hilde Sicks, Werner Riepel, Karl-Heinz Kreienbaum, Heidi Mahler, Erna Raupach-Petersen, Edgar Bessen, Heinz Lanker, Jochen Schenck, Christa Wehling, Gisela Wessel oder Jürgen Pooch, bundesweit bekannt, und die Akteure besetzten auch Rollen in Kinofilmen und Fernsehspielen.[2] Vor allem in den 1960er Jahren waren viele der TV-Übertragungen regelrechte Straßenfeger. In einer Sondersendung zur ARD-Fernsehlotterie traten 1968 Heidi Kabel und Willy Millowitsch zusammen in dem Theaterstück Die Kartenlegerin auf, mit einer kurzen Gastrolle des Sängers und Schauspielers Freddy Quinn. 1996 drehte der NDR eine Familien-Fernsehserie unter dem Titel Die Ohnsorgs, an der die damaligen Schauspieler des Theaters teilnahmen.
Bereits 1924 hatte Richard Ohnsorg die Bedeutung der Medien erkannt und hatte sich mit Hans Böttcher, Redakteur bei der NORAG, zusammengetan, dem die niederdeutsche Literatur genauso am Herzen lag wie ihm selbst. Von da an trat Ohnsorgs Ensemble regelmäßig vor die Rundfunkmikrophone. Die Zusammenarbeit wurde auch nach der Gründung des NWDR Hamburg und später des NDR bis in die Gegenwart fortgesetzt. Bei den Produktionen handelt es sich meist um Mundart-Hörspiele der unterschiedlichsten Genres.
Das Bieberhaus als neuer Spielort des Ohnsorg-Theaters
Am Freitagabend, dem 8. Juli 2011, fiel im Ohnsorg-Theater nach 75 Jahren der letzte Vorhang in der alten Spielstätte. Das Ensemble verabschiedete sich mit der Komödie Brand-Stiftung. Anschließend wurden weiße Taschentücher mit dem Aufdruck Ohnsorg-Theater – Atschüß, altes Haus! Letzte Vorstellung, 8. Juli 2011 an das Publikum verteilt.
Am 28. August 2011 eröffnete das Traditionshaus am Heidi-Kabel-Platz 1 mit einer plattdeutschen Fassung von William Shakespeares Ein Sommernachtstraum. Regie führte der Ex-Intendant des benachbarten Schauspielhauses Michael Bogdanov. Die neue Spielstätte in dem 1909 gebauten und heute unter Denkmalschutz stehenden Bieberhaus ist moderner und größer. Sie verfügt über modernste Technik sowie eine zusätzliche Studiobühne. Die Kapazität hat sich gegenüber der alten Spielstätte mit 389 Plätzen um ca. 50 Plätze erhöht.
Zur Spielzeit 2012/2013 wurde im September 2012 im ersten Stock des neuen Theatergebäudes die Studio-Bühne mit 100 Zuschauerplätzen eröffnet. Erste Leiterin wurde Cornelia Ehlers, bis dahin Dramaturgin beim Oldenburgischen Staatstheater. Jährlich werden hier drei Eigenproduktionen für den Bereich des Kinder- und Jugendtheaters herausgebracht; die Stücke werden zweisprachig – platt- und hochdeutsch – aufgeführt.
Unter Intendant Michael Lang (ab 2017) und dem künstlerischen Leiter Murat Yeginer (ab 2018) wurden zunehmend moderne und zeitgenössische Stücke aufgeführt und der hochdeutsche Sprachanteil stieg. Dieser eingeschlagene Kurs führte zu Differenzen innerhalb der Belegschaft. Im Mai 2023 wurde die ehemalige Ohnsorg-Schauspielerin Sandra Keck, welche als Kritikerin der neuen Entwicklung gilt, vom Verein Niederdeutsche Bühne (Eigentümer des Theaters) zur Vereinsvorsitzenden und somit Aufsichtsratsvorsitzenden der Ohnsorg-Theater GmbH gewählt. Daraufhin traten Eggert Voscherau, Christa Goetsch und Maike Brunk aus dem Aufsichtsrat zurück. Auch Yeginer legte sein Amt nieder.[3] Im Januar 2024 wurde bekanntgegeben, dass Nora Schumacher die Künstlerische Leitung mit Schwerpunkt Regie und Anke Kell die Künstlerische Leitung mit Schwerpunkt Dramaturgie ab April 2024 in Nachfolge von Murat Yeginer übernehmen sollen.[4]
1992: Silberne Maske der Hamburger Volksbühne
2005: Pegasus-Preis
2009: Pegasus-Preis, insbesondere für die Inszenierung Misery von Klaus Engeroff
2014: Pegasus-Preis für die Studiobühne
2018: Monica-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage in der Kategorie (Moderner) Klassiker für Buten vör de Döör (Draußen vor der Tür)
2021: Monica-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage in der Kategorie Kömödie für Extrawurst
Blütenzauber
Brand-Stiftung
Die Chefin
Dat Spill üm en Schaap, en Koh un söss braad'te Eier
Der Bürgermeisterstuhl
Die Deern ist richtig
Du…!
Doktor Puust
De dolle Deern
Eine Frau für den Klabautermann
Frau Pieper lebt gefährlich
Frau Sperlings Raritätenladen
Frauen an Bord
Die fröhliche Tankstelle
Dat Frollein Wunner
Gastwirt Goebel
Das Glück kommt mit der Post
Een gode Partie
Die graue Maus
Gute Nacht, Frau Engel
Hamburger Bier
Heiratsschwindel
Das Herrschaftskind
Das Hörrohr
In Luv und Lee die Liebe
Kein Auskommen mit dem Einkommen
Kollege Generaldirektor
Das Kuckucksei
Der letzte Wille
Liebe Verwandtschaft
Der Lorbeerkranz
Lotte spielt Lotto
Manda Voss wird 106
Ein Mann mit Charakter
Männer sind auch nur Menschen
Mein ehrlicher Tag
Mein Mann, der fährt zur See
Meister Anecker
Mensch sein muss der Mensch
Michel und Micaela
Mit Gefühl und Wellenschlag
Der möblierte Herr
Morgen wird alles anders
Mudder Mews
Mutter ist die Beste (Das Fenster zum Flur von Curth Flatow und Horst Pillau)
Mutter Griepsch mischt mit
Dat Narrenhuus (La Cage aux Folles)
Oh, diese Eltern!
Pension Sünnschien
Peter Pink
Der politische Bock
Poppe steigt aus
Das Piratenstück
Ralves Carstens
Rum aus Jamaika
Rund um Kap Hoorn
Schneider Nörig
Der schönste Mann von der Reeperbahn
De Spaansche Fleeg (Die spanische Fliege)
Strandräuber
Thea Witt macht nicht mit
Tippelbrüder
Der Trauschein
Trautes Heim
… und oben wohnen Engels
Vater Philipp
Die Venus von Müggensack
Verteufelte Zeiten
Vier Frauen um Kray
Der Weiberhof
Was rastet, das kostet
Wenn du Geld hast
Willems Vermächtnis
Zwei Engel
1910–1945 Richard Ohnsorg
1945–1949 Rudolf Beiswanger
1949–1970 Hans Mahler
1970–1979 Günther Siegmund
1979–1985 Konrad Hansen
1985–1994 Walter Ruppel
1994–1995 Thomas Bayer
1996–2017 Christian Seeler
2017–heute Michael Lang
Heinrich Behnken, Hermann Boßdorf, Hans Bunje, Karl Bunje, Hartmut Cyriacks, Heinrich Deiters, Jens Exler, Jan Fabricius, Gorch Fock, Janne Furch, Konrad Hansen, August Hinrichs, Hans Henning Holm, Paul Jessen, Walter A. Kreye, Friedrich Lindemann, Albert Mähl, Peter Nissen, Jürgen Pooch (hauptsächlich als niederdeutscher Bearbeiter hochdeutscher Stoffe), Alma Rogge, Paul Schurek, Hinrich Wriede, Fritz Wempner, Adolf Woderich, Wilfried Wroost
Wiebke Allert, Käte Alving, Horst Arenthold, Tanja Bahmani, Magda Bäumken, Rudolf Beiswanger, Edgar Bessen, Manfred Bettinger, Joachim Bliese, Birgit Bockmann, Rolf Bohnsack, Ingrid von Bothmer, Walther Bullerdiek, Aline Bußmann, Uwe Dallmeier, Wilfried Dziallas, Robert Eder, Helga Feddersen, Willem Fricke, Uwe Friedrichsen, Jens-Werner Fritsch, Birthe Gerken, Markus Gillich, Ernst Grabbe, Klaus Granzow, Vera Gruber, Konstantin Graudus, Doris Hahn, Uwe Hacker, Detlef Heydorn, Ursula Hinrichs, Fritz Hollenbeck, Erkki Hopf, Till Huster, Hans Jensen, Heidi Kabel, Heini Kaufeld, Sandra Keck, Oskar Ketelhut, Beate Kiupel, Herma Koehn, Nils Owe Krack, Karl-Heinz Kreienbaum, Birte Kretschmer, Hans Langmaack, Heinz Lanker, Jürgen Lederer, Edda Loges, Günter Lüdke, Otto Lüthje, Heidi Mahler, Ulla Mahrt, Meike Meiners, Karl-Ulrich Meves, Ludwig Meybert, Hermann Möller (auch rechte Hand von Richard Ohnsorg), Rudolf Möller, Eri Neumann, Georg Pahl, Rolf Petersen, Jürgen Pooch, Gertrud Prey, Karl Otto Ragotzky, Ruth Rastedt, Erna Raupach-Petersen, Werner Riepel, Gerlind Rosenbusch, Jens Scheiblich, Jochen Schenck, Wolfgang Schenck, Rolf E. Schenker, Walter Scherau, Antje Schröder, Christian Seeler, Ilse Seemann, Hilde Sicks, Christa Siems, Hartwig Sievers, Uta Stammer, Axel Stosberg, Hanno Thurau, Hans Timmermann, Henry Vahl, Bruno Vahl-Berg, Jasper Vogt, Carl Voscherau, Christa Wehling, Gisela Wessel, Erwin Wirschaz
- Heidi Kabel (2004)
- Hilde Sicks
- Helmuth Kern als ehrenamtlicher Vorsitzender des Ohnsorg-Trägervereins (2013)
- Christian Seeler (2017)
- Heidi Mahler (2019)
- Hans-Albert Dithmer, Bühnenbildner
- Frank Grupe, Chefdramaturg und Regisseur
- Leo Hoger, Inspizient und Schauspieler
- Hans Helge Ott, Inszenierungen
- 2014: Tratsch, Tumult und gute Laune (einstündige Fernsehdokumentation des NDR Fernsehens).
- Gerd Spiekermann: 100 Jahre Ohnsorg-Theater. Verlag Die Hanse, Hamburg, ISBN 3-434-52600-5 (Buch mit CD).
- Walter Ruppel: Almanach 1986 bis 1994. Ohnsorg-Theater. Peschke Verlag, Hamburg 1994, ISBN 3-930414-01-5.
- Jürgen Köhlert und Jutta Duhn-Heitzmann: Das Ohnsorg-Theater. Chronik eines fröhlichen Hauses. Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-373-7.
- Ulf-Thomas Lesle: Das niederdeutsche Theater. Von „völkischer Not“ zum Literaturtrost. Christians, Hamburg 1986.
- Walter Deppisch: 75 Jahre Ohnsorg-Theater. Ohnsorg-Theater, Hamburg 1977.
- Paul Jessen: Dat Spill um en Schaap, en Koh un söss braad'te Eier. Theaterverlag und Bühnenvertrieb Karl Mahnke, Verden o.A.
- Website des Ohnsorg-Theaters
- Die Stars des Ohnsorg-Theaters
- Artikel zum Umzug ins Bieberhaus auf abendblatt.de
- Eigentümer Rechtsform im unteren Seitenbereich
- ↑ Das Ohnsorg-Theater erobert das Fernsehen, NDR.de, Hans-Ulrich Wagner
- ↑ Die Ohnsorg-Stars im Porträt, NDR.de
- ↑ Drama am Ohnsorg – Aufruhr nach Mitgliederversammlung. In: Hamburger Abendblatt. 3. Mai 2023. Abgerufen am 13. Mai 2023.
- ↑ Doppelspitze übernimmt künstlerische Leitung. In: sueddeutsche.de/dpa. 23. Januar 2024, abgerufen am 24. Januar 2024.
53.55471944444410.007322222222Koordinaten: 53° 33′ 17″ N, 10° 0′ 26,4″ O