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Abstract
Diese Frage nach dem öffentlichen und privaten Raum und dessen Bedeutung mag auf den ersten Blick banal und vielleicht auch unnötig erscheinen. Lässt man sich auf diese Fragestellung allerdings ein, so wird einem schnell bewusst, wie schwierig eine klare Antwort ist - betrachtet man Aspekte, wie rechtliche Besitzverhältnisse, den Nutzungsanspruch bestimmter Personengruppen, die Funktionen hinsichtlich der Gemeinschaft, die Zugänglichkeit usw. Betrachtet man verschiedene Kontexte der römischen Antike, so stellen wir überall fest, dass es diese Dichotomie in der Definition von Räumen kaum gibt, da jeder antike Raum Aspekte des Privaten sowie des Öffentlichen enthält (paper 01). Betrachten wir z.B. Atriumshäuser: Im Gegensatz zu unserem heutigen Wohnverständnis sind diese durchaus als Räume mit besonderer öffentlicher Relevanz zu begreifen, in denen der Hausherr (patronus) seine Bittsteller (clientes) oder noch wichtiger seine Gäste zum Gelage (symposium) eingeladen hat. Andernfalls ist wohl kaum der Ausstattungsluxus zu erklären, der sich in den vor allem aristokratischen Wohnanlagen manifestiert - etwa in den großen Villenanalgen nahe Roms (horti, paper 06), in der Anlage von kleineren Badeanlagen innerhalb eines Wohnhauses (balnea, paper 07) oder eng damit verbunden in der prächtigen Ausgestaltung gar von Latrinen (paper 08). Auch gibt es vor allem an Fourmsanlagen das Phänomen, das Atriumshäuser sukzessiv mit öffentlichen, administrativen oder religiösen Funktionen besetzt oder gar in der Folgebebauung durch entsprechende öffentliche Funktionsbauten, wie den Basiliken, ersetzt wurden und damit wohl keine „privaten“ Wohnhäuser darstellten, sondern „öffentliche“ atria waren (paper 03). Das Forum Romanum stellt in diesem Zusammenhang ein besonders spannendes Areal dar, als wichtigstes öffentliches Zentrum der Stadt und Mittelpunkt des Römischen Reiches. Aber auch hier lassen sich verschiedene, ganz persönliche und private Bedürfnisse der Nutzer*innen, wie die Selbstdarstellung im öffentlichen Kontext, greifen (paper 02). Angrenzend an das Forum Romanum und die Kaiserfora befindet sich die subura, die eben je nach Veränderung in der Ausgestaltung der großen Platzanlagen, aber auch in der unterschiedlichen Wahrnehmung von Räumen je nach Zeitgeist aus den antiken Quellen unterschiedlich zu bewerten ist (paper 05). Ein interessantes Beispiel für den Übergang vom Privaten zum Öffentlichen sind auch für die subura nachzuweisende Altäre für die Laren (lares compitalis), ein Kult, der ursprünglich dezidiert zum Haus gehörte, aber vor allem ab augusteischer Zeit in den öffentlichen Bereich der Straßen transferiert wurde – quasi als Hauskult der öffentlichen Gemeinschaft, eng verbunden mit dem Kaiserhaus, dem patronus des römischen Volkes (paper 04). Dieses Spiel im Changieren der antiken Räume zwischen öffentlich und privat ist auch in seiner Rezeption interessant. Hier zeigen die inszenierten Räume in Antikenfilmen ein eigenes Spiel in der Umsetzung der Räume, wobei neben dem eigentlichen schwierigen Verständnis hinsichtlich der antiken Räume noch Unschärfen durch die eigene Wahrnehmung von Räumen aus den Zeiten, in denen die Filme entstanden sind, hinzukommen (paper 09).
Bartz, J., Rieger, P., Scricciolo, E., Masciale, L., Bilias, K., Grigolo, F., Renkert, T., Moretti Cursi, G., Andreas, D., Russo, F., Pawlow, K., Galli, M., Muth, S.
(2019).
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