FREELENS Freiberuflich oder gewerblich? (original) (raw)

Eine Betriebsprüfung macht selten Spaß. Besonders unerfreulich ist es, wenn das Finanzamt dabei feststellt, dass es eure Tätigkeit als Gewerbe einstuft, obwohl ihr immer gedacht hattet, Freiberufler*innen zu sein. Ungemach kann aber auch von Seiten der Handwerkskammer kommen, wenn diese euch plötzlich auffordert, euch in die Handwerksrolle einzutragen, oder euch per Bescheid zwangsverkammert.

Ruhig Blut: Weder das Finanzamt noch die Handwerkskammer liegen in diesen Fällen unbedingt richtig. Daher lohnt es sich, sich fristgerecht dagegen zur Wehr zu setzen.

Was hat es nun auf sich mit dem Gegensatzpaar freiberuflich oder gewerblich? Wie ist eure Tätigkeit einzustufen? Wir versuchen hier Orientierung zu geben, die Abgrenzung ist allerdings nicht immer ganz eindeutig.

Grundsätzlich ist jede auf Dauer angelegte, selbstständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ein Gewerbe. Nicht zum Gewerbe zählen jedoch unter anderem die sogenannten freien Berufe. § 18 Einkommensteuergesetz nennt als freiberuflich zum Beispiel auch die “selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit” und die “selbständige Berufstätigkeit der Bildberichterstatter”. Somit ist eure fotografische Tätigkeit nur dann als gewerblich einzustufen, wenn ihr weder künstlerisch noch als Bildberichterstatter*innen unterwegs seid.

Bildberichterstattung

Die Fotos von Bildberichterstatter*innen werden in publizistischen Medien veröffentlicht. Aber natürlich ist nicht jedes Foto, das etwa in Zeitungen oder Zeitschriften abgedruckt wird, Bildberichterstattung. Die Rechtsprechung hat dafür folgende Kriterien aufgestellt:

Wer hingegen für Lifestyle-Magazine Bildstrecken erstellt, in denen Produkte von bestimmten Herstellern inszeniert werden, gibt eine “gestaltete Wirklichkeit” wieder und ist somit nicht Bildberichterstatter*in (BFH Urteil vom 19.02.1998 – IV R 50/96).

Kann Werbefotografie künstlerisch sein?

Das bedeutet nun aber im Umkehrschluss nicht, dass werbliche Fotografie jedenfalls gewerblich ist, auch wenn viele Finanzämter das immer wieder unterstellen. Im Auftrag von Geschäftskunden erstellte Fotos können auch Kunst sein, wenn der Fotograf/die Fotografin eigenschöpferisch arbeitet und seine oder ihre Werke eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen, die sich vom rein Handwerklichen abhebt. Es geht also weniger darum, wer die Kund*innen sind oder wofür die Fotos am Ende verwendet werden sollen, und auch nicht unbedingt darum, welche Art von Ausbildung ihr habt, sondern um den Herstellungsprozess und den Inhalt eurer aktuellen Fotoarbeiten. Wenn der künstlerische Gestaltungsspielraum beim Fotografieren groß ist, wenn eigene Bildsprache und Gestaltungsideen erwartet werden, dann handelt es sich um eine künstlerische und somit freiberufliche Tätigkeit.

Geht es hingegen weniger um kreative Freiheit als um ein technisch fachgerechtes Abbilden, das den Vorgaben der Kund*innen möglichst exakt zu folgen hat, dann ist Fotografie handwerklich und daher gewerblich. Gewerblich ist also z.B. die Herstellung von Passfotos, Portraits für Privatpersonen, Familienfotografie, Hochzeitsfotografie oder Produktfotografie. Wenn ihr Workshops gebt oder euer Studio vermietet, dann ist das natürlich auch gewerblich.

Wie entscheidet die Finanzverwaltung über die Künstlereigenschaft?

Leider sind die Verfahren, in denen die Finanzverwaltung zu ihren Entscheidungen über die Künstlereigenschaft von Fotograf*innen kommt, deutschlandweit sehr uneinheitlich gestaltet. In manchen Bundesländern wurden eigene Gutachterkommissionen eingerichtet, in anderen wird ein selbstfinanziertes Gutachten eines auf diesem Gebiet anerkannten Sachverständigen verlangt. Welche Nachweise ihr zu erbringen habt, unterscheidet sich ebenfalls von Bundesland zu Bundesland. Manche Finanzämter lassen sich von einem absolvierten Fotodesign-Studium beeindrucken, viele allerdings nicht. Diese Unübersichtlichkeit ist sicher einer der Gründe, warum so viel Verwirrung herrscht beim Thema freiberuflich oder gewerblich.

Apropos Verwirrung: Es zirkulieren drei Fehlannahmen, die wir hier ausräumen wollen:

Unser Tipp: Falls das Finanzamt eure Tätigkeit eurer Meinung nach zu Unrecht als gewerblich einstuft, dann sucht erst einmal den Kontakt zum zuständigen Sachbearbeiter. Wir haben zwei Versionen von Textbausteinen vorbereitet, mit denen ihr argumentieren könnt, dass eure Tätigkeit künstlerisch ist (siehe hier) oder dass ihr Bildberichterstatter*innen seid **(siehe hier)**und somit einem freien Beruf nachgeht. Falls das nicht fruchtet, ihr euch aber eurer Sache sicher seid, solltet ihr gegen den Gewerbesteuermessbescheid Einspruch einlegen.

Was bedeutet es, ein Gewerbe zu betreiben?

Eine kleine Liste der Begleiterscheinungen der gewerblichen Fotografie, von denen manche nicht so schlimm sind, wie sie auf den ersten Blick zu sein scheinen: