Vor der eigenen Haustür | X Stories | FUJIFILM X Series & GFX - Germany (original) (raw)
Gelegenheiten zum Fotografieren gibt es allerorts. Für die Straßen- und Hochzeitsfotografin Ari Gurdon liegen die schönsten Momente oft direkt vor ihrer Haustür, wo sie die flüchtigen Augenblicke des Lebens in großartigen Bildern einfängt. Hier erzählt sie von ihren Streifzügen in der näheren Umgebung und gibt Tipps, wie sich selbst auf ausgetretenen Pfaden noch neue kreative Kompositionen entdecken lassen.
FUJIFILM X-T10 und XF56mmF1.2 R, 1/160 Sek., F1.2, ISO 200
FUJIFILM X-T10 und XF56mmF1.2 R, 1/1000 Sek., F1.2, ISO 400- Die Anziehungskraft weit entfernter Regionen auf Fotografinnen und Fotografen ist unbestreitbar. Wir alle träumen davon, in geheimnisvolle Kulturen einzutauchen und weltberühmte Sehenswürdigkeiten zu fotografieren. Wer immer die Chance dazu hat, sollte sie unbedingt nutzen.
Um gute Bilder zu machen, braucht es jedoch keine Fernreise. Auch direkt vor der eigenen Haustür lassen sich zahllose wundervolle Motive finden, wenn wir unsere Umgebung aufmerksam beobachten.
Dazu braucht es, im wahrsten Sinne des Wortes, einen gewissen Durchblick. Wir müssen durch den Schleier des Alltäglichen blicken, um das Besondere im Alltag zu entdecken. Ari Gurdon gelingt dies außerordentlich gut. Die vielschichtigen Aufnahmen der Straßenfotografin aus London sprühen vor Kreativität und Lebendigkeit.
„Da ich sehr viel Zeit in meinem Stadtteil verbracht habe, fühle ich mich hier sehr wohl. Ich bin selbstbewusst, wenn ich draußen unterwegs bin. Es kommt mir so vor, als würde ich in meinem eigenen Revier unterwegs sein – als ob ich das Recht hätte, alles zu fotografieren“, lacht Ari. „Ich kenne hier jeden Winkel und jedes Versteck. Was mich jedoch am meisten interessiert, sind die Menschen. Und jeden Tag treffe ich auf neue Gesichter.“ - Fotoreportagen vor der eigenen Haustür sind eine wundervolle Möglichkeit, die eigene Ortskenntnis und die Freude an der Begegnung mit anderen Menschen zu kombinieren. Dieser Ansatz funktioniert nicht nur in großen Städten. Auch in den kleinsten Stadtvierteln herrscht oftmals eine hohe Dynamik, die interessante Bilder verspricht.
„In Großstädten gibt es natürlich viele Touristen, die durch die Straßen laufen. Aber überall auf der Welt leben auch Einheimische. Jedes Viertel hat seine eigene Stimmung und bietet einzigartige Motive“, erklärt Ari. „London war schon immer ein toller Ort zum Fotografieren, aber ich habe mich nie für Sehenswürdigkeiten wie den Big Ben oder das Barbican Center interessiert. Mein Interesse gilt hingegen ganz den Menschen, all den unterschiedlichen Charakteren, denen ich auf der Straße begegne.“
HÄNDLER FINDEN
FUJIFILM X-T10 und XF56mmF1.2 R, 1/90 Sek., F1.2, ISO 200
FUJIFILM X-T10 und XF56mmF1.2 R, 1/1700 Sek., F1.2, ISO 200- Wer vor seiner eigenen Haustür fotografiert, hat es grundsätzlich bequem. Im Umkreis von nur 20 Gehminuten findet sich eine Vielzahl von wundervollen Motiven. So wie die beste Kamera diejenige ist, die wir bereit sind zu tragen, ist das beste Fotomotiv dasjenige, das in Reichweite ist. Und gute Fotogelegenheiten ergeben sich praktisch überall, wenn man mit offenen Augen unterwegs ist.
Aris eigener Weg zur Fotografie begann vor zehn Jahren, als sie häufig mit ihrer neugeborenen Tochter spazieren ging und allenthalben spannende Motive entdeckte. Die Spontaneität und Offenheit dieses Ansatzes hat sie sich bis heute bewahrt.
„Ich gehe selten mit einer bestimmten ästhetischen Vorstellung oder einem bestimmten Motiv im Kopf los“, sagt Ari. „Aber ich habe meine Kamera einfach immer dabei. Wenn ich einkaufen gehe und mir etwas ins Auge fällt, knipse ich es einfach. Ich bin jedoch niemand, der lange an einem Ort verweilt oder geduldig auf einen bestimmten Moment wartet.“
Ari liebt das Unvorhersehbare an der Straßenfotografie. „Du kannst jeden Tag an denselben Ort gehen und erlebst jedes Mal etwas anders. Bereits Sonne oder Regen führen zu ganz unterschiedlichen Bildern, die beim Betrachtenden immer wieder andere Gefühle hervorrufen“, so Ari. „Allein, weil ich immer eine Kamera dabeihabe, sind mir bislang viele Fotos gelungen, mit denen ich selbst sehr zufrieden bin.“ - Im Laufe der Zeit hat Ari ein gutes Auge für fotografisch spannende Situationen entwickelt. Wer selbst Schwierigkeiten hat, geeignete Motive zu finden, kann viel von ihrer unaufgeregten Art lernen.
„Ich liebe Techniken, mit denen ich die Vielschichtigkeit der Welt zeigen kann. Menschen hinter Glas gehören deshalb zu meinen Lieblingsmotiven: Ich kann mich auf eine einzelne Person konzentrieren, habe aber zugleich die Möglichkeit, auch die Außenwelt, die sich im Fenster spiegelt, zu zeigen. Das finde ich sehr interessant, weil ich auf diese Weise mehrere Geschichten in einem Bild darstellen kann“, erklärt Ari. „Wenn man sich auf diese Art der Fotografie einlässt, hat man plötzlich die Qual der Wahl, denn selbst an vertrauten Orten entdeckt man immer wieder Neues. Ich glaube, das Fotografieren würde mir auch dann nicht schwerfallen, wenn ich mich nur in zwei Straßen bewegen würde.“
Falls doch einmal so rein gar nichts passiert, können die klassischen Gestaltungsrichtlinien zu besseren Bildern verhelfen. Aris Tipp: „Halte Ausschau nach Linien, Farben, Formen und Kontrasten oder in ungerader Anzahl gruppierten Elementen. Fokussiere dich bewusst auf einen einzelnen Aspekt. Paradoxerweise ist es gerade diese Einengung der Möglichkeiten, die die eigene Kreativität beflügelt und den Blick schult.“
FUJIFILM X-T10 und XF56mmF1.2 R, 1/60 Sek., F6.4, ISO 640
Perspektive und Bildwinkel sind zwei weitere Faktoren, auf die Ari großen Wert legt und die vor allem durch die Wahl des Objektivs beeinflusst werden.
„Ich verwende fast immer das XF56mmF1.2 R – es ist das beste Objektiv, das ich je gekauft habe, und ideal für die spontane Fotografie auf der Straße. Ich besitze auch ein XF16-55mmF2.8 R LM WR, ein brillantes Zoomobjektiv, das ich jedoch nur selten für Schnappschüsse einsetze. Wenn ich draußen unterwegs bin, geht es nur um mich und meine Sicht der Welt. Und das XF56mm bietet mir eben genau den Blickwinkel, der meiner Wahrnehmung entspricht.“
„Der engere Bildausschnitt des 56ers ermöglicht es mir, Personen groß ins Bild zu holen, ohne nah an sie herangehen zu müssen. Ich finde, es braucht eine gewisse Distanz, um eine schöne Bildkomposition zu erhalten. Außerdem bin ich eher zurückhaltend und will andere nicht in eine unangenehme Situation bringen. Zwar habe ich grundsätzlich kein Problem, auf Menschen zuzugehen, aber ich möchte ihnen eben nicht mit einem Weitwinkelobjektiv auf die Pelle rücken. Augenkontakt ist selbstverständlich immer spannend und kann zu großartigen Bildern führen, aber als Fotografin möchte ich am liebsten unbemerkt bleiben.“
- Die Wahl der Optik hat großen Einfluss darauf, wie die Welt im Bild dargestellt wird. „Wähle eine Brennweite, die deiner persönlichen Sichtweise entspricht und dich dabei unterstützt, deine kreativen Ideen umzusetzen. Ich habe mit dem XF56mmF1.2 R mein Lieblingsobjektiv gefunden, das mich vermutlich noch lange begleiten wird. Ich experimentiere gerne und habe schon viele andere Optionen ausprobiert, aber ich kehre immer wieder zum XF56mmF1.2 R zurück.“
Was Aris Fotografie so sympathisch macht, ist ihre entwaffnende Ehrlichkeit, die sie zum Ende des Interviews selbstironisch auf den Punkt bringt. „Schnapp dir einfach deine Kamera und nimm sie überall hin mit! Mach dir nicht zu viele Gedanken. Ich selbst bin mir gar nicht sicher, ob ich das mit den richtigen Einstellungen überhaupt alles verstanden habe.“