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Papers by Gerhard Milchram
Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus, 2015
Bergungen und Rückbergungen der Städtischen Sammlungen (Museen der Stadt Wien) gerhard milchram u... more Bergungen und Rückbergungen der Städtischen Sammlungen (Museen der Stadt Wien) gerhard milchram und michael WladiKa Vor 70 Jahren, mit Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, mussten die Museen der Stadt Wien bedeutende Verluste an Sammlungsobjekten verzeichnen, die ab 1943 in Niederösterreich geborgen worden waren. Für die Plünderungen waren-wie bereits im Titel angeführt-nicht nur Sowjetsoldaten verantwortlich, sondern auch abziehende deutsche Truppen sowie die Zivilbevölkerung. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich am 13. März 1938 brachte auch für die damaligen Städtischen Sammlungen 1 personelle und verwaltungsrechtliche Veränderungen mit sich. Der 1885 geborene und seit 1936 amtierende Direktor Oskar Katann zeigte unverhohlen, dass er dem neuen System nur wenig Sympathie entgegenzubringen vermochte, was an einzelnen Aktionen deutlich wird: So »vergaß« er-wenn er nur irgendwie konnte-den »Deutschen Gruß« in amtlichen Schreiben und strich zuweilen auch diese neue Höflichkeitsformel in den Konzepten seiner Mitarbeiter mit Tintenblei durch. 2 Auch die Wendung »Durch Führertat und Volkeswillen eingefügt in den Kranz der deutschen Städte hat die Verwaltung unserer Heimatstadt Wien die Absicht« strich er mit rotem Stift ersatzlos. 3 Als Katann vom
... (k)ein Ende in Sicht, 2018
Gerhard milChram, miChael Wladika Am 17. April 1915 berichtete das Fremden-Blatt in überschwängli... more Gerhard milChram, miChael Wladika Am 17. April 1915 berichtete das Fremden-Blatt in überschwänglichen Worten von einem vor kurzer Zeit entstandenen Gemälde des Malers Ludwig Koch, welches »die unbegrenzte Liebe zu Kaiser und Vaterland, die abgöttische Verehrung für unseren erhabenen Monarchen, den Sieg unserer Waffen, die Opferwilligkeit aller Volksklassen der Monarchie, die im Feuer gestählte Verbrüderung der führenden Nationen zum Ausdruck« 1 bringe. Auf dem Bild war Kaiser Franz-Josef zu sehen, der, umgeben von dem Thronfolger Erzherzog Karl, den beiden Armee-Oberkommandanten Erzherzog Friedrich und Eugen, dem Erzherzog Josef, dem Kriegsminister Alexander Ritter von Krobatin und dem Generalstabschef Freiherr Conrad von Hötzendorf, einem zu ihm aufsteigenden verwundeten Soldaten die Hand reicht. Dieses Gemälde wurde vielfach reproduziert und als Postkarte gedruckt unter das Volk gebracht, um die zu diesem Zeitpunkt schon etwas ins Wanken geratene Kriegsbegeisterung propagandistisch aufrecht zu erhalten. Postkarten und andere Reproduktionen erschienen im Verlag von Hans Klinkhoff in Wien, der es in modernem Goldrahmen mit Verglasung zu 40 Kronen, im feinen Gold-Mahagoni-oder »Rußrahmen« zu 60 Kronen oder in handgeschnitztem, künstlerisch ausgeführtem Barockrahmen zu 100 Kronen anbot. In dem Preis inkludiert war auch die transportsichere Verpackung und »freie Fracht« nach allen Orten der Monarchie. Ein Teil des Verkaufserlöses floss der Gesellschaft vom österreichischen Silbernen Kreuz zur Fürsorge heimkehrender Krieger zu. 2 Ein patriotisches »Rundum-sorglos-Paket« für kriegsbegeisterte Österreicher. 26 Jahre später, am 25. August 1941, erwarben die Städtischen Sammlungen das Gemälde Kaisers-Dank von Ludwig Koch »aus von der Gestapo beschlagnahmten Sachwerten« um 500 Reichsmark. 3 Das Museum konnte damit die umfangreichen Bestände, aus der im Ersten Weltkrieg angelegten sogenannten Kriegssammlung, mit einem bedeutenden Werk ergänzen.
Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus, 2015
Bergungen und Rückbergungen der Städtischen Sammlungen (Museen der Stadt Wien) gerhard milchram u... more Bergungen und Rückbergungen der Städtischen Sammlungen (Museen der Stadt Wien) gerhard milchram und michael WladiKa Vor 70 Jahren, mit Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, mussten die Museen der Stadt Wien bedeutende Verluste an Sammlungsobjekten verzeichnen, die ab 1943 in Niederösterreich geborgen worden waren. Für die Plünderungen waren-wie bereits im Titel angeführt-nicht nur Sowjetsoldaten verantwortlich, sondern auch abziehende deutsche Truppen sowie die Zivilbevölkerung. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich am 13. März 1938 brachte auch für die damaligen Städtischen Sammlungen 1 personelle und verwaltungsrechtliche Veränderungen mit sich. Der 1885 geborene und seit 1936 amtierende Direktor Oskar Katann zeigte unverhohlen, dass er dem neuen System nur wenig Sympathie entgegenzubringen vermochte, was an einzelnen Aktionen deutlich wird: So »vergaß« er-wenn er nur irgendwie konnte-den »Deutschen Gruß« in amtlichen Schreiben und strich zuweilen auch diese neue Höflichkeitsformel in den Konzepten seiner Mitarbeiter mit Tintenblei durch. 2 Auch die Wendung »Durch Führertat und Volkeswillen eingefügt in den Kranz der deutschen Städte hat die Verwaltung unserer Heimatstadt Wien die Absicht« strich er mit rotem Stift ersatzlos. 3 Als Katann vom
... (k)ein Ende in Sicht, 2018
Gerhard milChram, miChael Wladika Am 17. April 1915 berichtete das Fremden-Blatt in überschwängli... more Gerhard milChram, miChael Wladika Am 17. April 1915 berichtete das Fremden-Blatt in überschwänglichen Worten von einem vor kurzer Zeit entstandenen Gemälde des Malers Ludwig Koch, welches »die unbegrenzte Liebe zu Kaiser und Vaterland, die abgöttische Verehrung für unseren erhabenen Monarchen, den Sieg unserer Waffen, die Opferwilligkeit aller Volksklassen der Monarchie, die im Feuer gestählte Verbrüderung der führenden Nationen zum Ausdruck« 1 bringe. Auf dem Bild war Kaiser Franz-Josef zu sehen, der, umgeben von dem Thronfolger Erzherzog Karl, den beiden Armee-Oberkommandanten Erzherzog Friedrich und Eugen, dem Erzherzog Josef, dem Kriegsminister Alexander Ritter von Krobatin und dem Generalstabschef Freiherr Conrad von Hötzendorf, einem zu ihm aufsteigenden verwundeten Soldaten die Hand reicht. Dieses Gemälde wurde vielfach reproduziert und als Postkarte gedruckt unter das Volk gebracht, um die zu diesem Zeitpunkt schon etwas ins Wanken geratene Kriegsbegeisterung propagandistisch aufrecht zu erhalten. Postkarten und andere Reproduktionen erschienen im Verlag von Hans Klinkhoff in Wien, der es in modernem Goldrahmen mit Verglasung zu 40 Kronen, im feinen Gold-Mahagoni-oder »Rußrahmen« zu 60 Kronen oder in handgeschnitztem, künstlerisch ausgeführtem Barockrahmen zu 100 Kronen anbot. In dem Preis inkludiert war auch die transportsichere Verpackung und »freie Fracht« nach allen Orten der Monarchie. Ein Teil des Verkaufserlöses floss der Gesellschaft vom österreichischen Silbernen Kreuz zur Fürsorge heimkehrender Krieger zu. 2 Ein patriotisches »Rundum-sorglos-Paket« für kriegsbegeisterte Österreicher. 26 Jahre später, am 25. August 1941, erwarben die Städtischen Sammlungen das Gemälde Kaisers-Dank von Ludwig Koch »aus von der Gestapo beschlagnahmten Sachwerten« um 500 Reichsmark. 3 Das Museum konnte damit die umfangreichen Bestände, aus der im Ersten Weltkrieg angelegten sogenannten Kriegssammlung, mit einem bedeutenden Werk ergänzen.