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Papers by Lennart Bohnenkamp
Im Mittelalter war Schreiben und Lesen keine Selbstverständlichkeit. Die Theologen begegneten dem... more Im Mittelalter war Schreiben und Lesen keine Selbstverständlichkeit. Die Theologen begegneten dem Medium Schrift mit einer grundsätzlichen Skepsis und standen damit ganz in der Tradition des Alten Testaments, wo geschrieben steht: Und über dem allen, mein Sohn, lass dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren macht den Leib müde. Lasst uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse. 1 Wenn vom Büchermachen und Studieren die Rede ist, so wird vor den Gefahren einer Beschäftigung gewarnt, die den Blick auf das Wesentliche, die Hauptsumme aller Lehre verstellt. Nur wer nach dem Willen Gottes lebt, wird dem Gericht am Tag des Zorns 2 entgehen. In der Warnung vor dem Gericht und der Ermahnung zu gottgefälligem Handeln offenbart sich die Sorge des Gläubigen um sein eigenes Heil und das Heil seiner Mitmenschen-ein zentrales Handlungsmotiv auch im christlichen Mittelalter. 3 Bernhard von Clairvaux hat dieses Motiv im 12. Jahrhundert zu einer prägnanten Maxime umformuliert: Was immer das Thema deiner Betrachtung sein mag, wenn es nicht auf irgendeine Weise dein eigenes Heil betrifft, mußt du es ausspeien. 4 Menschliches Handeln und Denken erfährt seine Rechtfertigung allein im Blick auf Christi Erlösungswerk. Unter diesen Voraussetzungen kann aber auch die Schrift einen Zweck erfüllen, der dem Heil der Menschen dient. Gott
Im Mittelalter war Schreiben und Lesen keine Selbstverständlichkeit. Die Theologen begegneten dem... more Im Mittelalter war Schreiben und Lesen keine Selbstverständlichkeit. Die Theologen begegneten dem Medium Schrift mit einer grundsätzlichen Skepsis und standen damit ganz in der Tradition des Alten Testaments, wo geschrieben steht: Und über dem allen, mein Sohn, lass dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren macht den Leib müde. Lasst uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse. 1 Wenn vom Büchermachen und Studieren die Rede ist, so wird vor den Gefahren einer Beschäftigung gewarnt, die den Blick auf das Wesentliche, die Hauptsumme aller Lehre verstellt. Nur wer nach dem Willen Gottes lebt, wird dem Gericht am Tag des Zorns 2 entgehen. In der Warnung vor dem Gericht und der Ermahnung zu gottgefälligem Handeln offenbart sich die Sorge des Gläubigen um sein eigenes Heil und das Heil seiner Mitmenschen-ein zentrales Handlungsmotiv auch im christlichen Mittelalter. 3 Bernhard von Clairvaux hat dieses Motiv im 12. Jahrhundert zu einer prägnanten Maxime umformuliert: Was immer das Thema deiner Betrachtung sein mag, wenn es nicht auf irgendeine Weise dein eigenes Heil betrifft, mußt du es ausspeien. 4 Menschliches Handeln und Denken erfährt seine Rechtfertigung allein im Blick auf Christi Erlösungswerk. Unter diesen Voraussetzungen kann aber auch die Schrift einen Zweck erfüllen, der dem Heil der Menschen dient. Gott