Manuel S. - Academia.edu (original) (raw)
Drafts by Manuel S.
Mr. Garçon: Ich glaube, Herr Präsident, dass der Zeuge zahlreiche Studien über die Werke des Marq... more Mr. Garçon: Ich glaube, Herr Präsident, dass der Zeuge zahlreiche Studien über die Werke des Marquis de Sade betrieben hat. Ich hätte gerne, dass er Ihnen sagt, was er über die Publikation, die von Herrn Pauvert bewerkstelligt wurde, denkt sowie über ihre Resultate über das, was sie ausmachen kann, in welchem Maß, gemäß seines Denkens diese Publikation, derart wie sie wohlgemerkt erscheint, eine Schmähung der guten Sitten ist. G. Bataille: Es gibt zwei Aspekte bei dieser Publikation. Es gibt einen Aspekt, der die von Sade formulierten Beschreibungen betrifft; aber es gibt auch einen demonstrativen Aspekt. Das, was die Studien betrifft, auf die Mr. Maurice Garçon angespielt hat, so handelt es sich um den demonstrativen Aspekt, mit dem ich mich ausschließlich beschäftigt habe und dem ich eine Bedeutung zuschreibe, die, so scheint es mir, zweifach hervorgehoben werden muss. Das, was der Marquis de Sade schließlich an Neurungen eingeführt hat, weil es niemand vor ihm gesagt hat, ist, dass der Mensch eine Befriedigung in der Kontemplation des Todes und des Schmerzes finden kann. Das kann als verdammungswürdig betrachtet werden und ich Teile diese Ansicht. Ich betrachte die Kontemplation des Todes und des Schmerzes als völlig verdammungwürdig; aber wenn wir die Realität berücksichtigen, erkennen wir, dass so verdammungswürdig diese Kontemplation auch sein mag, sie stets eine beachtliche historische Rolle gespielt hat. Ich bin der Ansicht, dass es für uns vom moralischen Standpunkt aus betrachtet, aufgrund der Tatsache, dass die Moral uns dazu verpflichtet, auf die Vernunft zu hören, äußerst wichtig ist, zu wissen, welches die möglichen Ursachen der Zuwiderhandlung gegen diese Regel sind. Nun, Sade hat für uns ein unschätzbares Dokument dargestellt in diesem Sinne, weil er den tiefsten Grund zu entwickeln wusste und wahrnehmbar zu machen, den wir haben, der Vernunft der Vernunft zuwiderzuhandeln.
2017 publizierte Michael Stausberg einen Artikel über die unterschiedlichen Verwendungsweisen der... more 2017 publizierte Michael Stausberg einen Artikel über die unterschiedlichen Verwendungsweisen der Begriffe des «Sakralen» und des «Heiligen» bei Autoren wie Émile Durkheim, Marcel Mauss, Roger Caillois, Nathan Söderblom und Rudolf Otto. 1 Darin widmete er Roger Caillois und dem Collège de Sociologie einen eigenen Abschnitt. 2 Hierbei kritisierte Stausberg insgesamt bezüglich der Definition des «Sakralen» in den Schriften von Caillois und Bataille aus der Zeit des Collège, dass nirgends eine klare Definition dessen gegeben wird, was sie unter diesem Begriff verstanden. 3 Dennoch schließt er den Abschnitt mit dem Postulat: «Während Caillois später den Krieg als die Stelle der Emergenz des Sakralen interpretierte, verlor Bataille sein Interesse in sakraler Soziologie.» 4 Stausberg selbst gibt keinen Beleg für diese Aussage an, wodurch die Argumentation zweifelhaft wirkt. Wenn nicht einmal klar ist, was Bataille unter sakraler Soziologie verstand, woraus ergibt sich die Schlussfolgerung, er habe sein Interesse an ihr verloren? Ziel des vorliegenden Artikels ist es: (1) Zu rekonstruieren, was Bataille während der Zeit des Collège de Sociologie 1937-1939 unter sakraler Soziologie verstand und (2) Zu überprüfen, ob Bataille tatsächlich in seinen Schriften nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse an diesem Zugang verloren hat. Für den Nachweis werden exemplarisch zwei Schriften der Periode der Nachkriegszeit zu Grunde gelegt: (1) La part maudite (1949) und (2) L´Erotisme (1957). I. Bataille im gegenwärtigen wissenschaftliche Diskurs Bevor näher darauf eingegangen wird, was Bataille unter sakraler Soziologie verstand, lohnt es sich, einen kurzen Blick in einige Publikationen zu werfen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten erschienen sind und dem Werk des Mitbegründers des Collège de Sociologie eine Bedeutung in gegenwärtigen wissenschaftlichen Fachdiskursen zuschreiben. Die folgenden Ausführungen beanspruchen keine Vollständigkeit, sondern beabsichtigen lediglich einige wenige problematische 1 Stausberg Michael, The sacred, the holy, the numinous-and religion: on the emergence and early history of a
Mr. Garçon: Ich glaube, Herr Präsident, dass der Zeuge zahlreiche Studien über die Werke des Marq... more Mr. Garçon: Ich glaube, Herr Präsident, dass der Zeuge zahlreiche Studien über die Werke des Marquis de Sade betrieben hat. Ich hätte gerne, dass er Ihnen sagt, was er über die Publikation, die von Herrn Pauvert bewerkstelligt wurde, denkt sowie über ihre Resultate über das, was sie ausmachen kann, in welchem Maß, gemäß seines Denkens diese Publikation, derart wie sie wohlgemerkt erscheint, eine Schmähung der guten Sitten ist. G. Bataille: Es gibt zwei Aspekte bei dieser Publikation. Es gibt einen Aspekt, der die von Sade formulierten Beschreibungen betrifft; aber es gibt auch einen demonstrativen Aspekt. Das, was die Studien betrifft, auf die Mr. Maurice Garçon angespielt hat, so handelt es sich um den demonstrativen Aspekt, mit dem ich mich ausschließlich beschäftigt habe und dem ich eine Bedeutung zuschreibe, die, so scheint es mir, zweifach hervorgehoben werden muss. Das, was der Marquis de Sade schließlich an Neurungen eingeführt hat, weil es niemand vor ihm gesagt hat, ist, dass der Mensch eine Befriedigung in der Kontemplation des Todes und des Schmerzes finden kann. Das kann als verdammungswürdig betrachtet werden und ich Teile diese Ansicht. Ich betrachte die Kontemplation des Todes und des Schmerzes als völlig verdammungwürdig; aber wenn wir die Realität berücksichtigen, erkennen wir, dass so verdammungswürdig diese Kontemplation auch sein mag, sie stets eine beachtliche historische Rolle gespielt hat. Ich bin der Ansicht, dass es für uns vom moralischen Standpunkt aus betrachtet, aufgrund der Tatsache, dass die Moral uns dazu verpflichtet, auf die Vernunft zu hören, äußerst wichtig ist, zu wissen, welches die möglichen Ursachen der Zuwiderhandlung gegen diese Regel sind. Nun, Sade hat für uns ein unschätzbares Dokument dargestellt in diesem Sinne, weil er den tiefsten Grund zu entwickeln wusste und wahrnehmbar zu machen, den wir haben, der Vernunft der Vernunft zuwiderzuhandeln.
2017 publizierte Michael Stausberg einen Artikel über die unterschiedlichen Verwendungsweisen der... more 2017 publizierte Michael Stausberg einen Artikel über die unterschiedlichen Verwendungsweisen der Begriffe des «Sakralen» und des «Heiligen» bei Autoren wie Émile Durkheim, Marcel Mauss, Roger Caillois, Nathan Söderblom und Rudolf Otto. 1 Darin widmete er Roger Caillois und dem Collège de Sociologie einen eigenen Abschnitt. 2 Hierbei kritisierte Stausberg insgesamt bezüglich der Definition des «Sakralen» in den Schriften von Caillois und Bataille aus der Zeit des Collège, dass nirgends eine klare Definition dessen gegeben wird, was sie unter diesem Begriff verstanden. 3 Dennoch schließt er den Abschnitt mit dem Postulat: «Während Caillois später den Krieg als die Stelle der Emergenz des Sakralen interpretierte, verlor Bataille sein Interesse in sakraler Soziologie.» 4 Stausberg selbst gibt keinen Beleg für diese Aussage an, wodurch die Argumentation zweifelhaft wirkt. Wenn nicht einmal klar ist, was Bataille unter sakraler Soziologie verstand, woraus ergibt sich die Schlussfolgerung, er habe sein Interesse an ihr verloren? Ziel des vorliegenden Artikels ist es: (1) Zu rekonstruieren, was Bataille während der Zeit des Collège de Sociologie 1937-1939 unter sakraler Soziologie verstand und (2) Zu überprüfen, ob Bataille tatsächlich in seinen Schriften nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse an diesem Zugang verloren hat. Für den Nachweis werden exemplarisch zwei Schriften der Periode der Nachkriegszeit zu Grunde gelegt: (1) La part maudite (1949) und (2) L´Erotisme (1957). I. Bataille im gegenwärtigen wissenschaftliche Diskurs Bevor näher darauf eingegangen wird, was Bataille unter sakraler Soziologie verstand, lohnt es sich, einen kurzen Blick in einige Publikationen zu werfen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten erschienen sind und dem Werk des Mitbegründers des Collège de Sociologie eine Bedeutung in gegenwärtigen wissenschaftlichen Fachdiskursen zuschreiben. Die folgenden Ausführungen beanspruchen keine Vollständigkeit, sondern beabsichtigen lediglich einige wenige problematische 1 Stausberg Michael, The sacred, the holy, the numinous-and religion: on the emergence and early history of a