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Papers by Mary Arustamova

Research paper thumbnail of Graph Ele 1985 3 Hauptteil

Peter Gallmann (1985): Graphische Elemente der geschriebenen Sprache 1 1 Voraussetzungen 1.1 Gesp... more Peter Gallmann (1985): Graphische Elemente der geschriebenen Sprache 1 1 Voraussetzungen 1.1 Gesprochene und geschriebene Sprache 1 Diese Arbeit beschäftigt sich mit Erscheinungsformen der geschriebenen deutschen Standardsprache. Es sei darum zu Beginn dieser Arbeit klargestellt, was für ein Sprachsystem gemeint ist, das mit den Begriffen «geschrieben», «deutsch» und «Standard-» näher umschrieben ist. 2 Zum Begriff «deutsch»: Die «geschriebene deutsche Standardsprache» ist zuerst ein-mal ein Teilsystem des Systemkomplexes «Deutsche Sprache». Systemkomplex: das meint, daß nicht alle zugehörigen Teilsysteme ein kohärentes Gesamtsystem bilden. Vielmehr bestehen zwischen den einzelnen Teilsystemen zum Teil erhebliche Abwei-chungen, Inkompatibilitäten. Die Gemeinsamkeiten der zu diesem Systemkomplex gezählten Systeme sind aber doch so groß, daß man sie als Teile eines Ganzen emp-findet, sie mit dem allen gemeinsamen Etikett «deutsch» benennt. Im übrigen ist auch die geschriebene deutsche Standardsprache ihrerseits kein kohärentes System – auch sie zerfällt in nicht immer ganz kompatible Subsysteme. Doch auch hier überwiegen die Gemeinsamkeiten der einzelnen Subsysteme so sehr, daß wir sie unter einem ein-heitlichen Namen zusammenfassen dürfen. 3 Zum Begriff «Standard-»: Jedes Sprachsystem bzw. Subsystem ist geordnet, enthält also Regeln und Normen grammatischer, semantischer und pragmatischer Art. Das Besondere an «Standard-» (oder etwas altertümlicher: Hoch-)Sprache ist, daß sie im Gegensatz zu den andern Subsystemen in vielen (aber keineswegs allen!) Teilen ex-plizit geordnet ist, also explizite Regeln und Normen enthält. Die Eigenschaft «stan-dardisiert» kann gesprochener wie geschriebener Sprache zukommen. Zu den system-bedingten und den gesellschaftlichen Gründen für diese expliziten Normungen siehe unten § 13 ff.. 4 Zum Begriff «geschrieben»: Sprache ist primär ein akustisch vermitteltes Verständi-gungsmittel. Akustische Phänomene sind aber vergänglich, wenigstens bis zur Ent-wicklung der modernen – technisch aufwendigen – Konservierungsmethoden. Die Entwicklung der Schrift war lange Zeit das einzige Mittel, Sprache, genauer die durch gesprochene Sprache vermittelte Information, in eine dauerhaftere Form überzufüh-ren. Überführen – das hieß von allem Anfang an nicht einfach mechanisches, rein formbezogenes Umsetzen lautlicher Phänomene in geschriebene. Am Anfang der Schriftentwickung standen im Gegenteil ideographische Schriftsysteme, und gerade bei ideographischen Systemen ist der Abstand zwischen gesprochener und geschrie-bener Sprache zuweilen recht groß, da sich Ideogramme letztlich nicht auf die akusti-schen Phänomene der gesprochenen Sprache, sondern auf die Bedeutung der daraus gebildeten Einheiten beziehen (vgl. § 69 ff. und eingehender § 992 ff.). Schriftspra-chen auf ideographischer Basis können sich leicht von den Strukturen der gesproche-nen Sprache entfernen. 5 Aber auch das System der deutschen geschriebenen Sprache hat sich zum Teil von der gesprochenen Sprache entfernt, obwohl unser alphabetisches Schriftsystem primär mit der Ausdrucksseite der gesprochenen Sprache in Beziehung steht (eingehender dazu § 59 ff.). Die Gründe für die partielle Verselbständigung der geschriebenen Sprache:

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Peter Gallmann (1985): Graphische Elemente der geschriebenen Sprache 1 1 Voraussetzungen 1.1 Gesp... more Peter Gallmann (1985): Graphische Elemente der geschriebenen Sprache 1 1 Voraussetzungen 1.1 Gesprochene und geschriebene Sprache 1 Diese Arbeit beschäftigt sich mit Erscheinungsformen der geschriebenen deutschen Standardsprache. Es sei darum zu Beginn dieser Arbeit klargestellt, was für ein Sprachsystem gemeint ist, das mit den Begriffen «geschrieben», «deutsch» und «Standard-» näher umschrieben ist. 2 Zum Begriff «deutsch»: Die «geschriebene deutsche Standardsprache» ist zuerst ein-mal ein Teilsystem des Systemkomplexes «Deutsche Sprache». Systemkomplex: das meint, daß nicht alle zugehörigen Teilsysteme ein kohärentes Gesamtsystem bilden. Vielmehr bestehen zwischen den einzelnen Teilsystemen zum Teil erhebliche Abwei-chungen, Inkompatibilitäten. Die Gemeinsamkeiten der zu diesem Systemkomplex gezählten Systeme sind aber doch so groß, daß man sie als Teile eines Ganzen emp-findet, sie mit dem allen gemeinsamen Etikett «deutsch» benennt. Im übrigen ist auch die geschriebene deutsche Standardsprache ihrerseits kein kohärentes System – auch sie zerfällt in nicht immer ganz kompatible Subsysteme. Doch auch hier überwiegen die Gemeinsamkeiten der einzelnen Subsysteme so sehr, daß wir sie unter einem ein-heitlichen Namen zusammenfassen dürfen. 3 Zum Begriff «Standard-»: Jedes Sprachsystem bzw. Subsystem ist geordnet, enthält also Regeln und Normen grammatischer, semantischer und pragmatischer Art. Das Besondere an «Standard-» (oder etwas altertümlicher: Hoch-)Sprache ist, daß sie im Gegensatz zu den andern Subsystemen in vielen (aber keineswegs allen!) Teilen ex-plizit geordnet ist, also explizite Regeln und Normen enthält. Die Eigenschaft «stan-dardisiert» kann gesprochener wie geschriebener Sprache zukommen. Zu den system-bedingten und den gesellschaftlichen Gründen für diese expliziten Normungen siehe unten § 13 ff.. 4 Zum Begriff «geschrieben»: Sprache ist primär ein akustisch vermitteltes Verständi-gungsmittel. Akustische Phänomene sind aber vergänglich, wenigstens bis zur Ent-wicklung der modernen – technisch aufwendigen – Konservierungsmethoden. Die Entwicklung der Schrift war lange Zeit das einzige Mittel, Sprache, genauer die durch gesprochene Sprache vermittelte Information, in eine dauerhaftere Form überzufüh-ren. Überführen – das hieß von allem Anfang an nicht einfach mechanisches, rein formbezogenes Umsetzen lautlicher Phänomene in geschriebene. Am Anfang der Schriftentwickung standen im Gegenteil ideographische Schriftsysteme, und gerade bei ideographischen Systemen ist der Abstand zwischen gesprochener und geschrie-bener Sprache zuweilen recht groß, da sich Ideogramme letztlich nicht auf die akusti-schen Phänomene der gesprochenen Sprache, sondern auf die Bedeutung der daraus gebildeten Einheiten beziehen (vgl. § 69 ff. und eingehender § 992 ff.). Schriftspra-chen auf ideographischer Basis können sich leicht von den Strukturen der gesproche-nen Sprache entfernen. 5 Aber auch das System der deutschen geschriebenen Sprache hat sich zum Teil von der gesprochenen Sprache entfernt, obwohl unser alphabetisches Schriftsystem primär mit der Ausdrucksseite der gesprochenen Sprache in Beziehung steht (eingehender dazu § 59 ff.). Die Gründe für die partielle Verselbständigung der geschriebenen Sprache: