Sandra Balbierz - Academia.edu (original) (raw)
Papers by Sandra Balbierz
Geschlossene Gesellschaften - 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Jul 27, 2017
Beitrag zur Veranstaltung »Der Kommunikative Konstruktivismus und die Kommunikationsgesellschaft«... more Beitrag zur Veranstaltung »Der Kommunikative Konstruktivismus und die Kommunikationsgesellschaft« der Sektion Wissenssoziologie Wissenschaftsforschung als Gegenstand der Wissenssoziologie Der Kommunikative Konstruktivismus (KoKo) ist eine theoretische Strömung, die auf der empirischen Umsetzung des Sozialkonstruktivismus nach Peter L. Berger und Thomas Luckmann (1966) aufbaut und sich in den letzten Jahren innerhalb der Wissenssoziologie profiliert hat (vgl. unter anderem Keller, Knoblauch, Reichertz 2013). Dabei folgt der Kommunikative Konstruktivismus der "theoretischen Neuinterpretation von Alfred Schütz", nach der Intersubjektivität nicht in einem Bewusstsein gründet, wie es Edmund Husserl annahm, sondern eine Folge der Begegnung mit empirisch Anderen ist. Diese Begegnung mit dem Anderen ist dabei stets eine kommunikative, die den Körper als Teil einer triadischen Struktur bestehend aus (a) dem Anderen, (b) dem verkörperten Subjekt und (c) den verknüpften Objektivationen einbezieht. Der Kommunikative Konstruktivismus betont damit: (1) die Performativität kommunikativen Handelns statt einer reinen Informationsübertragung; (2) die Gattungen und Diskursivität statt die Betonung einer Semantik des Wissens; (3) das Zeigen statt der Betonung des reinen Sprechens; (4) die Intersubjektivität gegenüber der Konzentration auf ein Subjekt; und (5) die inkorporierte Person statt ein rein denkendes cogito. Mit diesem Beitrag versuchen wir am Beispiel der "Entdeckung des HIV" festzustellen, welche Vorteile eine kommunikativ-konstruktivistische Betrachtung im Vergleich zum Sozialkonstruktivismus haben könnte. Die Wahl des Falls "der Entdeckung des HIV" ist absichtlich, weil sie eine vielseitige Wissenschaftspraxis betrifft und Bruno Latour (2005; 2016) mehrmals gezeigt hat, dass die sozialkonstruktivistische Soziologie in der Tradition der STS an ihrer Betrachtung von Wissenschaftspraktiken scheitert. 1 In seiner Kritik an den Sozialkonstruktivismus der STS verweist Latour vor allem auf die Reduzierung komplexer Zusammenhänge auf "soziale Erklärungen" (Latour 2005). Wissenschaftliche 1 Latour selbst hat sich aber (noch) nicht mit der deutschen, wissenssoziologischen Tradition beschäftigt. Umgekehrt ist das nicht der Fall gewesen. Viele Vertreter/-innen der hermeneutischen Wissenssoziologie haben die ANT von Latour (oft vereinheitlicht mit der "Praxissoziologie")-vor allem wegen ihrer Ablehnung des besonderen Stellenwerts der menschlichen Subjektivität-als irreführend abgelehnt (Reichertz 2014; Schröer 2014).
How can we conceptualize the (re)figuration of (city) spaces in the age of Big Data? How might ne... more How can we conceptualize the (re)figuration of (city) spaces in the age of Big Data? How might new technologies of data storage, analysis and prediction (DSAP) create city spaces and modify our 'being-in' the city? How will interactions between people, things and data be negotiated and organized? With the example of the smart city New Songdo this paper aims to re-thing the metaphor of a city as a 'social laboratory' (Small 1894; Park 1915; 1967) from the background of emerging technologies of DSAP. Experimenting with Chicago School's reading of the USA as a laboratory, 'where the combining possibilities of races will be tested' (Small 1894: 179), it is asked as to how far smart cities are being produced as socio-technological laboratories where attention and observance are modified for means of control and optimization. It is argued that data-driven technologies challenge classical approaches and concepts of Urban Sociology and the Sociology of Space. As ...
In den spaten 1970er und fruhen 1980er Jahren ergaben sich in San Francisco ungewohnliche Krankhe... more In den spaten 1970er und fruhen 1980er Jahren ergaben sich in San Francisco ungewohnliche Krankheitsfalle: Spezielle Krebsarten, Parsitenbefall und Lungenentzundungen traten auf, die bis dahin nur sehr selten vorkamen. Die meisten, die davon betroffen waren, berichteten, dass sie Sex mit anderen Manner gehabt hatten. Dies fuhrte dazu, dass fur diese Sammlung der Symptome das Akronym GRID ( Gay Related Immuno-Deficiency - Syndrome ) benutzt wurde. Der Annahme, dieses Syndrom trete ausschlieslich bei homosexuellen Mannern auf, widersprach dann die Beobachtung, dass dieses auch bei Mannern zu finden war, die erklarten, keinen Sex mit anderen Mannern gehabt zu haben. Da auch Frauen von ahnlichen Symptomen betroffen sein konnten, wurde die ursprungliche Benennung dieses Syndroms problematisch. Der allgemeinere Begriff Acquired Immuno-Deficiency Syndrom (AIDS) wurde eingefuhrt. Erst nach der „Entdeckung“ eines besonderen Virus (HIV) als wahrscheinlicher Ausloser von AIDS war es moglich, e...
Geschlossene Gesellschaften - 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Jul 27, 2017
Beitrag zur Veranstaltung »Der Kommunikative Konstruktivismus und die Kommunikationsgesellschaft«... more Beitrag zur Veranstaltung »Der Kommunikative Konstruktivismus und die Kommunikationsgesellschaft« der Sektion Wissenssoziologie Wissenschaftsforschung als Gegenstand der Wissenssoziologie Der Kommunikative Konstruktivismus (KoKo) ist eine theoretische Strömung, die auf der empirischen Umsetzung des Sozialkonstruktivismus nach Peter L. Berger und Thomas Luckmann (1966) aufbaut und sich in den letzten Jahren innerhalb der Wissenssoziologie profiliert hat (vgl. unter anderem Keller, Knoblauch, Reichertz 2013). Dabei folgt der Kommunikative Konstruktivismus der "theoretischen Neuinterpretation von Alfred Schütz", nach der Intersubjektivität nicht in einem Bewusstsein gründet, wie es Edmund Husserl annahm, sondern eine Folge der Begegnung mit empirisch Anderen ist. Diese Begegnung mit dem Anderen ist dabei stets eine kommunikative, die den Körper als Teil einer triadischen Struktur bestehend aus (a) dem Anderen, (b) dem verkörperten Subjekt und (c) den verknüpften Objektivationen einbezieht. Der Kommunikative Konstruktivismus betont damit: (1) die Performativität kommunikativen Handelns statt einer reinen Informationsübertragung; (2) die Gattungen und Diskursivität statt die Betonung einer Semantik des Wissens; (3) das Zeigen statt der Betonung des reinen Sprechens; (4) die Intersubjektivität gegenüber der Konzentration auf ein Subjekt; und (5) die inkorporierte Person statt ein rein denkendes cogito. Mit diesem Beitrag versuchen wir am Beispiel der "Entdeckung des HIV" festzustellen, welche Vorteile eine kommunikativ-konstruktivistische Betrachtung im Vergleich zum Sozialkonstruktivismus haben könnte. Die Wahl des Falls "der Entdeckung des HIV" ist absichtlich, weil sie eine vielseitige Wissenschaftspraxis betrifft und Bruno Latour (2005; 2016) mehrmals gezeigt hat, dass die sozialkonstruktivistische Soziologie in der Tradition der STS an ihrer Betrachtung von Wissenschaftspraktiken scheitert. 1 In seiner Kritik an den Sozialkonstruktivismus der STS verweist Latour vor allem auf die Reduzierung komplexer Zusammenhänge auf "soziale Erklärungen" (Latour 2005). Wissenschaftliche 1 Latour selbst hat sich aber (noch) nicht mit der deutschen, wissenssoziologischen Tradition beschäftigt. Umgekehrt ist das nicht der Fall gewesen. Viele Vertreter/-innen der hermeneutischen Wissenssoziologie haben die ANT von Latour (oft vereinheitlicht mit der "Praxissoziologie")-vor allem wegen ihrer Ablehnung des besonderen Stellenwerts der menschlichen Subjektivität-als irreführend abgelehnt (Reichertz 2014; Schröer 2014).
How can we conceptualize the (re)figuration of (city) spaces in the age of Big Data? How might ne... more How can we conceptualize the (re)figuration of (city) spaces in the age of Big Data? How might new technologies of data storage, analysis and prediction (DSAP) create city spaces and modify our 'being-in' the city? How will interactions between people, things and data be negotiated and organized? With the example of the smart city New Songdo this paper aims to re-thing the metaphor of a city as a 'social laboratory' (Small 1894; Park 1915; 1967) from the background of emerging technologies of DSAP. Experimenting with Chicago School's reading of the USA as a laboratory, 'where the combining possibilities of races will be tested' (Small 1894: 179), it is asked as to how far smart cities are being produced as socio-technological laboratories where attention and observance are modified for means of control and optimization. It is argued that data-driven technologies challenge classical approaches and concepts of Urban Sociology and the Sociology of Space. As ...
In den spaten 1970er und fruhen 1980er Jahren ergaben sich in San Francisco ungewohnliche Krankhe... more In den spaten 1970er und fruhen 1980er Jahren ergaben sich in San Francisco ungewohnliche Krankheitsfalle: Spezielle Krebsarten, Parsitenbefall und Lungenentzundungen traten auf, die bis dahin nur sehr selten vorkamen. Die meisten, die davon betroffen waren, berichteten, dass sie Sex mit anderen Manner gehabt hatten. Dies fuhrte dazu, dass fur diese Sammlung der Symptome das Akronym GRID ( Gay Related Immuno-Deficiency - Syndrome ) benutzt wurde. Der Annahme, dieses Syndrom trete ausschlieslich bei homosexuellen Mannern auf, widersprach dann die Beobachtung, dass dieses auch bei Mannern zu finden war, die erklarten, keinen Sex mit anderen Mannern gehabt zu haben. Da auch Frauen von ahnlichen Symptomen betroffen sein konnten, wurde die ursprungliche Benennung dieses Syndroms problematisch. Der allgemeinere Begriff Acquired Immuno-Deficiency Syndrom (AIDS) wurde eingefuhrt. Erst nach der „Entdeckung“ eines besonderen Virus (HIV) als wahrscheinlicher Ausloser von AIDS war es moglich, e...