Sarah Sander | Ruhr University, Bochum (original) (raw)

Papers by Sarah Sander

Research paper thumbnail of Migration und Medientheorien

Handbuch Medientheorien im 21. Jahrhundert, 2024

Der Beitrag geht von den medientechnischen Bedingungen migrantischer Mobilität aus und stellt die... more Der Beitrag geht von den medientechnischen Bedingungen migrantischer Mobilität aus und stellt die Bedeutung von digitalen Medien für Migrationsbewegungen sowie für Kontrollregime heraus. Dazu verfolgt er medientheoretische Einflüsse auf die Migrations- und Grenzforschung und greift Theoriefiguren auf, die für aktuelle Konzeptualisierungen von Grenz- und Migrationsregimen von Bedeutung sind. Der Artikel versammelt eine Reihe von Arbeiten, die im engeren Sinne medientheoretisch oder für die Medientheorie anschlussfähig sind, aber auch in der Migrationsforschung eine breite Rezeption erfahren. Ziel des Beitrags ist es, die mediale Bedingung von Mobilität und Migration stärker in die medienwissenschaftliche Reflexion einzuführen und den Einfluss der Migration auf die Medientheorie zu markieren.

Research paper thumbnail of Vom Schiff zum Boot. Zu einer medialen Archäologie der Globalisierung

Archiv für Mediengeschichte 20 (2022): »Das Schiff«, 2022

Lange hat das Schiff mit seiner imposanten Größe, seinem klar umgrenzten Raum und seiner vielglie... more Lange hat das Schiff mit seiner imposanten Größe, seinem klar umgrenzten Raum und seiner vielgliedrigen Mannschaft, an deren Spitze der Kapitän als Kopf und Souverän stand, als Modell und Metapher für den Staat gedient, da sich in diesem Bild besonders deutlich die Notwendigkeit einer guten Führung und eines geordneten Zusammenspiels der Mannschaft zeigen ließ. Im 20. Jahrhundert wandelte sich die Staatsmetapher Schiff dann in das Bild einer Maschine, die eher als Gesellschaftsspiegel denn als Regierungsmodell funktionierte: Die ›schwimmenden Städte‹, als welche die Transatlantikliner zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben wurden, waren Motoren der metropolitanen Gesellschaft, die mit ihnen zusammenhing. Die überfüllten Fischerkähne und kaum seetüchtigen Schlauchboote, die seit Beginn der 2000er Jahre über unsere Bildschirme wie übers Mittelmeer nach Europa kommen, lassen sich dagegen als Korrelat eines Gesellschaftszustands lesen, der nicht mehr durch ein Schiff als Staatsmetapher repräsentiert werden kann. Die brüchigen Boote zeigen so ein Versagen des Politischen an: Sie sind ein Bild für den Untergang der Menschenrechte im Mittelmeer, indem sie migrantische Subjekte produzieren, die auf ihr ›nacktes Leben‹ reduziert werden, um in Europa an Land gehen zu können.

Der Beitrag fokussiert das Boot als aktuelle mediale Fassung und Formation von Migration, die eng mit der Datafizierung und Militarisierung der Meere zusammenhängt. Der Artikel zielt damit auf eine mediale Archäologie der Globalisierung, welche die Funktion der seeuntüchtigen Boote und die epistemische Verfasstheit der Meere als ›nomos‹ unserer Zeit fasst. Auf Basis der audiovisuellen Analysen des aktuellen Grenzregimes durch Forensic Architecture wird untersucht, wie die Brüchigkeit der Boote mit einer Politik des Sterben-Lassens im Mittelmeer zusammenhängt. Meine zentrale These hierbei ist, dass wenn die überfüllten Schlauchboote ohne Navigationsgerät, ohne ausreichend Benzin und ohne Steuermann oder -frau in die Nacht nach Europa hinausgeschickt werden, da nur ein in Seenot befindliches Boot von der Küstenwache gerettet und in Sicherheit geschleppt wird (und nur so ein Anrecht auf Asyl geltend gemacht werden kann), die Boote als Vexierbild des derzeitigen Grenzregimes zu verstehen sind: Sie sind die Kehrseite der ›Festung Europa‹; ein Bild für die aktuelle politische Lage, das auf die strukturelle Verfasstheit der EU verweist, die sich durch Ein- und Ausschlüsse bzw. Reisefreiheit im Innern und fortifizierte Außengrenzen definiert. In den zwangsläufig prekären Passagen übers Mittelmeer zeigt sich somit die ›dunkle Seite‹ der Globalisierung, die ihre Schlagschatten auch auf die europäische Selbstkonzeption wirft.

Research paper thumbnail of »Transitstationen, Hotspots, Pushbacks – Architekturen, Akteure und Prozesse von Einwanderungskontrollen« (im Erscheinen)

Medien des Gatekeeping. Akteure, Architekturen, Prozesse, hrsg. v. Franziska Reichenbecher und Gabriele Schabacher Transcript Verlag, voraussichtlich Frühjahr 2022, 2022

Immigrationsstationen sind Nadelöhre der Migration. Eingerichtet als administrative Schwellen zur... more Immigrationsstationen sind Nadelöhre der Migration. Eingerichtet als administrative Schwellen zur Einwanderungsregulation, sind die dazu da, die Ankommenden in ›Gewollte‹ und ›Ungewollte‹ zu sortierten. Mithilfe von standardisierten Verfahren und architektonischen Akteuren setzen sie die gerade gültigen Einwanderungsgesetzte in Kontrollen und Feststellungsverfahren um. Den Ankommenden müssen sie wie feindliche Gatekeeper erscheinen. Denn wenn Gatekeeper Agenturen sind, die über Ein- und Ausschlüsse entscheiden, sich aber häufig der Beobachtbarkeit oder Nachvollziehbarkeit entziehen, dann trifft dies in besonderer Weise auch auf die Prozesse und Prozeduren in Erstaufnahmelagern, Registrierzentren und Einwanderungsstationen zu.

Der Artikel zeichnet die Entwicklung und Funktion von Transitstationen vom Hamburger Hafen um 1900 zu den geschlossenen Lagern und sogenannten ›Hotspots‹ nach, die seit den 2000er-Jahren auf Mittelmeerinseln wie Lampedusa und Lesbos und entlang der Außengrenze der EU eingerichtet worden sind. Die Raum- und Rechtstruktur der Stationen, die die Ein- und Außschlussmechanismen Europas operationalisieren, sind Teil eines Grenzdispositivs, das auf Abschreckung, Abschiebung und Kontrolle baut. Sie sind die sichtbare Seite eines Migrationsregimes, das sein ungeschminktes Gesischt zeitgleich in den Völker- wie Menschenrechtsverletzenden Pushbacks zeigt, die die ›Festung Europa‹ bestimmen.

Zur Rekonstruktion des aktuellen Grenzregimes kann sich der Artikel nicht auf Grundrisspläne und Funktionschemata stützen, wie sie für die Transitstationen um 1900 zu Handen sind. Er stützt sich daher auf die migrationsethnographischen Studien der Medienkulturwissenschaftler:innen Brigitta Kuster zu den Transitstionen Lesbos (2016) ebenso wie auf die medienarchäologischen Arbeiten von Forensic Architecture, die mit Mitteln des investigativen Journalismus - mit Hilfe von Zeugenaussagen, Datenauswertungen und Computersimulationen - die Grenzarchitekturen und -strukturen sichtbar machen, die auf keiner Karte verzeichnet sind.

Research paper thumbnail of »Bici-bles. Das Fahrrad als Scharnier zwischen Umwelt, Aktivismus und Alltag in Cali, Kolumbien«, S. 145-171.

Fahrradutopien. Medien, Ästhetiken und Aktivismen, 2022

Bici-bles ist ein Dokumentarfilm über die Fahrradszene Calis, der durch die Zusammenarbeit versch... more Bici-bles ist ein Dokumentarfilm über die Fahrradszene Calis, der durch die Zusammenarbeit verschiedener Fahrradkollektive und Umweltaktivist:innen zwischen Februar 2019 und April 2021 entstanden ist. Ausgehend von den kollaborativen Ansätzen des Films stelle ich in dem Beitrag einige Strategien und Effekte des Fahrradaktivismus in Cali vor. In einer dichten Beschreibung verschiedener Formen der Zusammenarbeit, verknüpfe ich die Analyse des Films mit einem quasi-ethnographischen Bericht. Dabei analysiere ich den Fahrradaktivismus zum einen als Medium der kollektiven Subjektivierung, zum anderen stelle ich einige Aspekte des Filmdrehs selbst als Modus der Kollaboration heraus. Nach einer Skizze der Geschichte und Gegenwart des Fahrradfahrens in Kolumbien nehme ich dazu die Positionen und Protagonist:innen des Films in den Blick. Bici-bles verleiht dem Fahrradaktivismus in Cali Sichtbarkeit; ein Anliegen, das ich in Form einer Collage von Bildern und Berichten in den Text übersetzen wollte.

Open Access (CC BY-SA 4.0) auf: https://meson.press/books/fahrradutopien/

Research paper thumbnail of gem. mit Julia Bee, Ulrike Bergermann, Linda Keck, Herbert Schwaab, Markus Stauff, Franzi Wagner: »Einleitung und Manifest: Das Fahrrad als Medium der Utopie«, S. 7-37.

Fahrradutopien. Medien, Ästhetiken und Aktivismen, 2022

Das Fahrrad, so wollen wir mit diesem Band zeigen, ist ein Medium sozialer Veränderung. Seine vie... more Das Fahrrad, so wollen wir mit diesem Band zeigen, ist ein Medium sozialer Veränderung. Seine vielfältigen utopischen Potenziale ergeben sich nicht zuletzt aus seinen ebenso vielfältigen und häufig übersehenen medialen Qualitäten: Es vermittelt, es verbindet, es übersetzt; es modifiziert Wahrnehmung und Organisation von Raum und Zeit, von Körpern und von Sozialität. Da das Fahrrad sowohl wissenschaftlich als auch kulturell noch immer unterschätzt wird, wollen wir in dieser Einführung zunächst die utopischen Potenziale im Sinne eines „Lob des Fahrrads” (Marc Augé) markieren und preisen. In einem zweiten Teil befassen wir uns dann eingehender mit einer Medientheorie des Fahrrads, die sich gegen die bisherigen Marginalisierungen des Fahrrads sowohl in der Mobilitätsforschung als auch in der Medienwissenschaft wendet.

Open Access (CC BY-SA 4.0) auf: https://meson.press/books/fahrradutopien/

Research paper thumbnail of »Zwei Praktiken des Arrangierens: Forensic Architectures Counter-Forensics und Guillermo Galindos Border Cantos«, S. 105-121.

Medienkomparatistik 3/2021: Kuratieren als medienkomparatistische Methode, hrsg. v. Nicole Kandioler und Marion Biet, Bielefel: Aisthesis Verlag, 2022

Wenn wir Kuratieren nicht nur als Praxis des Zusammen- und Ausstellens von Kunstwerken verstehen,... more Wenn wir Kuratieren nicht nur als Praxis des Zusammen- und Ausstellens von Kunstwerken verstehen, sondern ausgehend von der lateinischen Etymologie von curare (sorgen) als caring, wie Christina Sharpe es in der Einleitung zu In the Wake. On Blackness and Being (2016) nahelegt, dann muss Kuratieren nicht nur als eine Praktik des Arrangierens von Perspektiven, Bildern und Geschichten verstanden werden, sondern auch als Aufgabe des Aufzeigens, die eng mit Fragen der (Un-)Sichtbarkeit und (Un-)Sagbarkeit von minorisierten Positionen verknüpft ist.
Kuratieren im Sinne von caring ist eine Praktik des Formulierens oder besser ‚Formatierens‘ einer Position, die gleichermaßen politisch wie ästhetisch ist. Das Arrangieren von Bildern, Geschichten und Sounds kann hierbei ebenso in einzelnen künstlerischen Positionen stattfinden, wie in Ausstellungen und Museen. Wenn künstlerische Arbeiten z.B. mit vorgefundenen Bildern und Materialien arbeiten, um etwas sichtbar und sagbar zu machen, das sonst versteckt und ungehört bleibt, dann zeigt sich, wie mit der Praxis des Arrangierens nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine politische Positionierung verbunden ist. Denn das Anordnen und ‚zum Sprechen bringen‘ ist eine kulturelle Praktik, die mit epistemischen genau wie ästhetischen Effekten zusammenhängt.

Ich diskutiere in meinem Beitrag zwei künstlerische Strategien, die durch das Arrangieren von vorgefundenen Materialien und Bildern neue Perspektiven aufzeigen und etwas zu Gehör bringen. Zum einen sind das die Arbeiten von Forensic Architecture, einer ‚Research Agency‘, die am Goldsmiths Collage der University of London angesiedelt ist und die in vielbeachteten künstlerisch-juridischen Investigationen staatliche Verbrechen und strukturelle Gewalt rekonstruiert. Zum anderen sind das die Border Cantos von Guillermo Galindo, einem mexikanischen Komponisten und Klangkünstler, der neoschamanische Instru- mente aus zurückgelassenen Gegenständen baut, die aus den Grenzgebieten zwischen Mexiko und den USA oder Europas stammen.

Beide Künstler/Gruppen arrangieren das Material so, dass sie es ‚zum Sprechen bringen‘ und damit Position beziehen. Und doch sind beide Arbeitsweisen fast diametral entgegenge- setzt: Während Forensic Architecture darauf abzielt, durch das Arrangieren und (Re-)Konstruieren von Bildern und Informationen die versteckten Strukturen von Gewalt sichtbar und anklagbar zu machen, setzt Guillermo Galindo darauf, durch das Spielen der selbstgebauten Instrumente die unfassbaren Geschichten der zurückgelassenen Objekte zu Gehör zu bringen. Während es in der Arbeit von Forensic Architecture also um das Aufzeigen und Aussagen von ‚Unerhörtem‘ geht, arbeitet Guillermo Galindo mit der Unsichtbarkeit und Unsagbarkeit der strukturellen Gewalt, um die es in beiden Ansätzen geht.

Research paper thumbnail of mit Karin Harrasser: »Erst- und Zweitkontaktzauber. Eine Einleitung«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien,  hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 9-20.

Laute Post, 2020

In feministischen und aktivistischen Zusammenhängen wird seit einiger Zeit intensiv das von Donna... more In feministischen und aktivistischen Zusammenhängen wird seit einiger Zeit intensiv das von Donna Haraway aufgebrachte Konzept des Sich-verwandt-machens diskutiert. Donna Haraway geht es dem making kin um die wechselseitige Verantwortung, die durch eine verwandtschaftliche Verbindung entsteht. Solch ein kinship muss keine biologische Verwandtschaft sein, sondern kann – wie in der Wortbedeutung von kin, Sippschaft, schon angelegt – auch selbstgewählte Verwandtschaftsbeziehungen mit Artgenoss:innen meinen, die die Verbindlichkeit von familiären Banden haben. Es geht damit um die Verbindlichkeit, die in Verbindungen liegt, die wir eingehen. In Kolumbien ist uns immer wieder eine erstaunliche Bereitschaft und Selbstverständlichkeit des Sich-verwandt-machens begegnet; eine Fähigkeit, die zumindest mich überwältigt hat, und die wir erst im Nachhinein langsam zu verstehen und zu übernehmen scheinen.

In einem Gespräch mit Karin Harrasser, das in diesem Band abgedruckt ist, erweitert Donna Haraway ihren Begriff von kinship nicht nur um die Verantwortung für und Verbundenheit mit Tieren, Dingen und Landschaften, sondern noch um einen weiteren wichtigen Punkt: Um das Sich-verwandt-machen mit „Gesellschaften, … die zu diesen Landschaften und Gewässern gehören“. Das ist ein Punkt, der auch für uns zentral werden sollte: Die Verbundenheit mit den Menschen und Kollektiven aufrecht zu halten, die wir in Kolumbien kennengelernt haben. Und die Verantwortung übernehmen, die sich aus dem Gesehenen und Gehörten ergibt – und daraus, dass wir durch unsere Kollaborationen ein Teil von ihnen geworden waren… Davon handelt unsere Einleitung in »Weitererzählungen aus Kolumbien«.

Research paper thumbnail of »Zum Museo Popular de Siloé: Müll, Medienarchäologie und andere Mittel der Erinnerung«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien, hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 103-112.

Laute Post, 2020

Ein Beitrag über das Museo Pupular de Siloé, das mitten im angeblich gefährlichsten Viertel Calis... more Ein Beitrag über das Museo Pupular de Siloé, das mitten im angeblich gefährlichsten Viertel Calis, im Herzen Siloés liegt, in Davids altem Elternhaus.

Gleich hinter einer schweren, blau gestrichenen Eisentür, die an ein altmodisches Garagentor erinnern mag, befindet sich der erste Ausstellungsraum, der der Geschichte des Viertels gewidmet ist: Die Wände sind dicht behängt mit alten Fotos, Plakaten, Musikinstrumenten, Zeichnungen und Zeitungsartikeln, dazwischen Teufelsmasken und Teufelszeug. Ein wildes Sammelsurium, das grob in thematische Gruppen sortiert zu sein scheint. David erzählt anhand der gesammelten Dinge die Geschichten von Siloé: Wie die ersten Minenarbeiter in Siloé Kohle abgebaut haben, und wie die illegale Grubenarbeit heute aussieht. Beides ist auf Reihen von Schwarzweißfotos zu sehen, gleich hinter dem Eingangstor. Anhand der Teufelsmasken daneben erklärt David den Zusammenhang zwischen Alltag und Aberglaube, bzw. zwischen Ausbeutung und fabelhaften Formen des Widerstands in Siloé.

Alle Gegenstände, die im Museo Popular de Siloé ausgestellt sind, sind Schenkungen von Menschen aus der Nachbarschaft. Das Museo Popular erzählt die Geschichte des Viertels also über Alltagsgegenstände, die die Geschichten und Erfahrungen der BewohnerInnen kondensieren. Es erzählt damit eine Geschichte des Alltags, der Gewalt und des (Aber)glaubens, die sonst selten angehört und gesehen wird.

Und: Die Geschichte Siloés lässt sich hier anhand derjenigen Medien rekonstruieren, die die BewohnerInnen zur Aufzeichnung, Speicherung und Wiedergabe ihrer ganz privaten Geschichten und Erlebnisse genutzt haben. In einem der Nebenräume des Hauptausstellungsraums stapeln sich Schallplatten, Kassetten und Tonbänder; von Stereoanlagenelementen, Faxgeräten, Telefonen, Lautsprechern und Fernsehern bis zu Computern und Bildschirmen ist alles da. Das Museo Popular ist damit auch ein Archiv vergangener Kommunikationsmedien, das nicht nur die Geschichte der Medien zeigt (von Fotoapparat zu Videokamera zu Smartphone in etwa), sondern auch die Medien der Geschichte mitreflektiert (von Alltagskleidung zu Todeszeugnis zum Kampfsymbol z.B.). Eine medienarchäologische Rekonstruktion der Geschichte der versammelten Medien würde somit auch das Verhältnis der angeblich so abgehängten Menschen zu technischen Neuerungen, Kommunikation und Unterhaltung enthüllen. Die kaputten Foto- und Videokameras beispielsweise verweisen nicht nur auf die Geschichten, die sie ›gesehen‹ haben, sie erzählen auch von ihrer medientechnischen Ablösung durch Handys und Smartphones.

Research paper thumbnail of »¡Viva la Cicla! Fahrradaktivismus als Medium der Kollektivierung und Kollaboration«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien, hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 55-64.

Laute Post, 2020

Ein Beitrag über Film und Fahrrad als Medien der Kollaboration und Kollektivierung - am Beispiel ... more Ein Beitrag über Film und Fahrrad als Medien der Kollaboration und Kollektivierung - am Beispiel einer kollektiven Filmproduktion über den Fahrradaktivismus in Cali, Kolumbien 2019.

Filmproduktionen sind per se kollaborative Unterfangen. Doch es gibt Formen der Kollaboration beim Filmdreh, die theoretisch weniger gut beleuchtet sind als das vieldiskutierte Zusammenspiel von Kameramensch, Kamerablick und Zuschauer:innenbegehren: Bei aktuellen DIY- und Videoproduktionen etwa sind oft affektive Formen der Kollaboration im Spiel, die von der Zusammenarbeit im engen Freundeskreis mit wechselnden Rollen bis zur Aneignung von proprietärem Wissen und dem damit zusammenhängendem empowerment reichen. Gerade die Aneignung und Um-Nutzung von Technik und Techniken hat stark emanzipatorisches und ermächtigendes Potential. Sie schafft nicht nur affektive Verbindungen, sondern zeigt auch den aktiven Anteil der Technik und technischer Skills an der Produktion.

Als wir in Cali gemeinsam mit dem kolumbianischen Kollektiv »A la Hora 30« (H30) an ihrem Dokumentarfilm über Fahrradaktivismus und Fahrradfahren in Cali gearbeitet haben, haben wir eine Form der Kollaboration kennen gelernt, die weit über die übliche Arbeitsteilung bei Filmproduktionen hinaus ging. Der Film, der in der Woche der Zusammenarbeit in Cali in gut vorbereiteten Stücken entstanden ist, portraitiert Protagonist:innen und Aktivist:innen der Fahrradcommunity Calis, der Hauptstadt der kolumbianischen Provinz Valle del Cauca, die im Südwesten des Landes liegt. Er collagiert aber auch eine Vielzahl an Stimmen von Radfahrer:innen, die wir auf dem Weg zur Arbeit nach ihrem Verhältnis und ihren Geschichten mit dem Fahrradfahren befragt haben. So zeigt der Film ein Bild vom Stellenwert des Fahrrads in der urbanen Kultur Calis, das vom alltäglichen Gebrauch als Transportmittel oder fahrendem Geschäft (zum Transport von Früchten oder Nachrichten z.B.) über den kommerziellen Gebrauch (als Leihfarad für touristische Stadttouren oder geklautes Hehlgut) bis zu aktivistischen, politischen Positionen reicht.

Research paper thumbnail of »Precarious Passages: On Migrant Maritime Mobilities around 1907«, in: Maritime Mobilities: Literary and Cultural Perspectives from the Anglophone World, hrsg. v. Alexandra Ganser, Charne Lavery, Meg Samuelson, London/Berlin: Palgrave Macmillan, S. 145-170.

Maritime Mobilities, 2023

Der Artikel nimmt die materiell-medialen Dispositive und Determinanten der maritimen Mobilität zw... more Der Artikel nimmt die materiell-medialen Dispositive und Determinanten der maritimen Mobilität zwischen Europa und den USA um 1900 in den Blick und rekonstruiert ausgehend von der ikonischen Fotografie der Transatlantikpassage um 1907 (»The Steerage« von Alfred Stieglitz) die architektonischen Präfiguration der hirarchisch-strukturierten Passage. Denn die Fotografie ist Ausdruck wie Produkt der architektonisch nach ›Klassen‹ differenten Erfahrung der Transatlantikpassage, die sich zwischen den herrschaftlich ausgestatteten Einreichtungen der Ersten Klasse und den dunklen und dreckigen Räumen des sogenannten ›Zwischendecks‹ in den Bäuchen der Schiffe aufsapnnte.
Als Kontrapunkt zu der determinierenden Funktion der Klassenstruktur der Deck-Klassen nimmt der Artikel die ›birds of passage‹ in den Blick, die zentrale Figuren der maritimen Mobilität um 1900 waren. Denn ›birds of passages‹ waren Arbeitsmigrant:innen, die zwischen den Kontinenten hin und herfuhren und somit nicht nur stellevertretend für die Zirkularität des transatlantischen Verkehrs um 1900 stehen, sondern auch ganz besonders für die Wissenszirkulation innerhalb der migrantischen Community. In Alred Stieglitz Fotografie scheint diese paradigmatische Figur der migrantischen Mobilität des frühen 20. Jahrhunderts in der Gestalt des Mannes mit dem weißen Hut wenn auch nicht repräsentiert, so doch referiert zu sein.

Research paper thumbnail of »Teekesselchen«, in: Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, hrsg. v. Monika Leisch-Kiesl, Bielefeld: transcript 2020, S. 353-365.

Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, 2020

Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen März 2020, 420 S., kart. 50,00 €... more Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen März 2020, 420 S., kart. 50,00 € (DE), 978-3-8376-5128-7 E-Book: PDF: 49,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-5128-1 Dieses Buch fragt weniger nach dem Was des Zeichens, als vielmehr nach dem Wann / Wo / Wie der Zeichensetzung. Was lasst eine Markierung oder Spur als Zeichen erkennen? Was sind seine ästhetischen, medialen, politischen Vorbedingungen? Welche (unterschiedlichen) Rollen spielt das Setzen von Zeichen im Alltag der Kultur und in den Künsten? Welche theoretischen Zugänge der Antike, der Moderne sowie aktueller Debatten lohnt es aufzugreifen und neu zu sondieren? In vier Panels, einem Praeludium, einem Intermezzo und einer Coda treten künstlerische Positionen wie Vaslav Nijinsky, Paul Valéry, Birgit Jürgenssen, Thomas Fatzinek und VertreterInnen der Kunst-, Tanz-, Kultur-und Medienwissenschaften sowie der Semiotik und Philosophie wie

Research paper thumbnail of mit Ariane Sadjed: »Verhüllte Verweise – Bildpolitiken eines Tuchs«, in: FORT DA. Religion und Imagination, hrsg. v. Anne von der Heiden, Wien: Sonderzahl 2021, S. 112-122.

FORT DA. Religion und Imagination, 2021

Research paper thumbnail of »Subjectivation Against a Backlight. Scenes of Evidence Production, Ellis Island 1908«, in: The Scene of Subjectivity. Constructions and Performances of the Self, hrsg. v. Lars Friedrich, Karin Harrasser, Céline Kaiser, Wiesbaden: Springer VS 2019, S. 91-116.

The Scene of Subjectivity. Constructions and Performances of the Self, 2019

Research paper thumbnail of »Men for Mars. Seemannsgarn, weitergesponnen«, in: Rainer Iglar, Michael Mauracher (Hg.): Katharina Gruzei. Bodies of Work. Salzburg: Fotohof edition 2018, S. 169-192.

Bodies of Work, 2018

Der Beitrag »Men for Mars« folgt den Verschiebungen vom Hafen zum Mond, von Linz nach Moskau, von... more Der Beitrag »Men for Mars« folgt den Verschiebungen vom Hafen zum Mond, von Linz nach Moskau, von der Fotografie zum Science Fiction Film; Verschiebungen, welche die Bilder von der Linzer Schiffswerft durch den fotografischen Blick Katharina Gruzeis vorgeben.

English version below.

Textauszug:
»Die Bilder der Arbeit, die Katharina Gruzei in der Serie Bodies of Work
zeigt, strahlen eine Ruhe aus, die den ohrenbetäubenden Maschinenlärm,
den tonnenschweren Stahl und den zeitlichen Arbeitsdruck
vergessen lässt, die die Welt der Werft doch bestimmen. Wenn die Arbeiter in einer stillen Choreografie mithilfe von Kettenzügen und Fernsteuerung riesige Teile eines Schiffes wenden, das hier in Sektionen gebaut wird, wirkt es, als hätten die stählernen Elemente kaum Gewicht. Durch eine Aufnahmetechnik, die Momente in der Schwebe fixiert, hebt die Fotografin die Schwerkraft der Stücke scheinbar auf. Dadurch entsteht ein Bild der Werft, das dieser etwas Zauberhaftes verleiht, etwas, das über die Realität hinauszuweisen scheint. Die Fotografien hüllen die Welt der Werft trotz ihres geschäftigen Geschehens in eine gedämpfte Lautlosigkeit, wie wir sie aus Raumfahrtfilmen kennen. Die gedeckten, monochromen Farben, der konzentriert auf die Arbeit gesenkte Blick, der den Porträtierten etwas Abwesendes verleiht, und die Schutzkleidung der Männer, die an Raumfahreranzüge aus sowjetischen Science-Fiction-Filmen denken lässt – an die Filme Tarkowskis etwa, an Stalker und Solaris –, all das hinterlegt die Bilder mit einer heterochronen Zeitstruktur, die zwischen Zukunft und Vergangenheit aufgespannt ist.«
S. 172

Gerne sende ich Ihnen den gesamten Artikel auf Anfrage zu.
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English version:

»The portrayals of work that Katharina Gruzei shows in her series Bodies
of Work radiate a certain calm that lets us forget the deafening roar
of the machines, the tons of steel, and the time pressure of the work.
When the workers turn giant parts of a ship in a quiet choreography
with the help of chain hoists and remote controls, it seems as if the
steel elements hardly have any weight. Through a technique that fixes
these hovering moments, the photographer seemingly suspends the
gravity of the pieces. Thus she creates an image of the wharf that
gives it something magical, a semblance that goes beyond reality. The
photographs wrap the world of the wharf, which is so loud otherwise,
in a muffled silence that we know from space travel films. The muted,
monochrome colors, the lowered gaze on the work that gives those
portrayed an air of absence, and the protective gear worn by the men
bringing the space suits from Soviet futuristic films to mind – such
Tarkovksy’s Stalker and Solaris4 – all of these things give the photographs
a heterochronic time structure, that spreads out between
the future and the past.«
pp. 173

I am happy to send you the complete article on demand.

Research paper thumbnail of »Possible Futures: Time’s Up for Future Fabulators«, in: Sascha Serfözö (Hg.): Lückenhaft & Kryptisch | Amgibuous & Incomplete. Berlin: Revolver Publishing 2018, S. 102-103.

Lückenhaft & Kryptisch | Amgibuous & Incomplete, 2018

Der kurze Beitrag bedenkt die FUTURE FABULATOR-Methode von TIME'S UP, einem Künstlerkollektiv, da... more Der kurze Beitrag bedenkt die FUTURE FABULATOR-Methode von TIME'S UP, einem Künstlerkollektiv, das mögliche Zukünfte als machbare Welten vorstellt.

Textauszug:
»Bei den POSSIBLE FUTURES geht es nicht um die beste aller Welten, sondern um mögliche Zukünfte, machbare Welten. Die Future Fabulator-Workshops sind tools dazu: Werkzeuge zum Denken und Machen einer möglichen Zukunft. Es geht in den Workshops nicht so sehr um das Ausdenken von möglichen Zukünften, als um das Ausformulieren und Ausprobieren von denkbaren und machbaren Szenarien. Das holt die Zukunft ins Jetzt, bringt sie in die Welt. Indem die Workshops einen Rahmen (vor)geben, wo und wie die Zukunft denkbar sein kann, wird sie greifbar – in eben dem Sinn wie in ›greifbar‹ noch das Manuelle, Machbare steckt. Ein hands on-Ansatz für eine mögliche Zukunft, die von den Teilnehmer*innen gemeinschaftlich entworfen, vorgestellt und fabuliert wird.
[...]
Der Ansatz der FUTURE FABULATORS ist damit etwas, was ich Future III nennen will: Nicht »So wird es kommen« (Futur I), und erst recht nicht »So wird es gewesen sein« (Futur II), sondern »So soll es kommen«, »Das wünsche ich mir« (Futur III). Eine Zukunftsform, die dem spanischen subjunctivo ähnlicher wäre als dem condicional. Nicht: »es könnte«, nicht »wenn-dann«, sondern: »So soll es sein. So denke ich mir das«. Eine Zukunftsform, die die Möglichkeit, aber auch die Machbarkeit in den Blick nimmt. Und die über die Frage der Machbarkeit die Tätigkeit der denkenden und handelnden Menschen anspricht. Hannah Arendt hat in ihrem Schreiben immer wieder ein tätiges Denken »Zwischen Vergangenheit und Zukunft« eingefordert und vorgemacht. Auch Time´s Up´s POSSIBLE FUTURE WORKSHOPS können als Übungen im politischen Denken und Handeln begriffen werden: Als spielerische Anleitungen sich den Fragen und Aufgaben von morgen zu stellen – und sie damit im Heute anzugehen. Eine politische Zeit- und Denkform. «

Research paper thumbnail of »Close-Up«, in: Wörterbuch kinematografischer Objekte. Hrsg. v. Marius Böttcher, Dennis Göttel, Friederike Horstmann, Jan-Philip Müller, Volker Pantenburg, Linda Waack und Regina Wuzella. Berlin: August Verlag 2014, S. 28-30.

Wörterbuch kinematografischer Objekte, 2014

Wörterbucheintrag zum »Close-Up« als kinematografischem Objekt und cinematographischer Operation.

Research paper thumbnail of »Subjektivation im Gegenlicht«, in: Szenenographien des Subjekts. Hrsg. v. Lars Friedrich, Karin Harrasser, Celine Kaiser. Wiesbaden: Springer 2017, S. 99-124.

Szenenographien des Subjekts, 2017

Wie sind die Umstände beschaffen, die ein Subjekt in Erscheinung treten lassen? Und wie verändern... more Wie sind die Umstände beschaffen, die ein Subjekt in Erscheinung treten lassen? Und wie verändern und verschieben Subjekte ihrerseits die Umstände, denen sie ihr Erscheinen verdanken? Anstatt einseitig mediale, architektonische oder rhetorische Arrangements zu beschreiben, die Subjekten für ihren Auftritt zur Verfügung stehen, oder sich auf Prozesse der Subjektgenese zu konzentrieren, die sich auch unabhängig szenischer Arrangements begreifen ließen, widmet sich der Band ihrer wechselseitigen Herstellung. Er betont aus unterschiedlichen Perspektiven die abgründigen Bedingungen, unter denen Subjekte zu ihren Bühnen und vice versa die Bühnen zu ihren Subjekten gelangen. Die Kernthesen, die in eng fokussierten Analysen konkreter Szenen entfaltet werden und den Begriff der Szene selbst kritisch hinterfragen, lauten: Ohne Szene kein Subjekt und ohne Beschreibungsinstanz keine Szene. Daraufhin untersucht werden das antike Drama und die Revolutionsrhetorik, therapeutische und bürokratische Einrichtungen, Experimente der Bildenden Kunst und des Films und nicht zuletzt Theorieszenen: rhetorische Bühnen, die Argumente und Politiken zur Aufführung bringen.

Research paper thumbnail of »Raumteiler, Treppen, Pulte. Möbel und Mittler der Immigrationsadministration auf Ellis Island, New York«, in: Archiv für Mediengeschichte 16: Medien der Bürokratie. Hrsg. v. Friedrich Balke, Bernhard Siegert, Joseph Vogl. Paderborn: Fink 2016, S. 65-76.

Archiv für Mediengeschichte 16: Medien der Bürokratie, 2016

Keine Bürokratie ohne Büros, kein Aufschreibesystem ohne Schreibakte und Schriftstücke, keine Reg... more Keine Bürokratie ohne Büros, kein Aufschreibesystem ohne Schreibakte und Schriftstücke, keine Registratur ohne Register. Beim Nachdenken über die Medien der Bürokratie kommen einem nicht nur schnell Schreibmaschinen, Computer, Durchschlagblätter, Kopierer, Aktenablagen und amtliche Mitteilungen oder Kommuniqués in den Sinn, sondern auch spezielle Raumausstattungen, Möbel und Gebäudestrukturen.
Denn genau wie Kriege, DIN-Normen und die spätere Elektrifizierung maßgeblich für die Veränderung der Büroarbeit waren, sind es Vorräume, Schreibtische und Amtsgebäude für die Geschichte der Bürokratie.
Wer schon einmal für ein Visum, einen Stempel oder neue Papiere zum Gang durch die Gänge einer administrativen Institution gezwungen war – ganz zu schweigen von den Vielen, die dies derzeit wieder täglich mit der Bitte um Asyl, d.h. Bleibe- oder Aufenthaltsrecht tun – weiß, dass nicht nur die sogenannten Mühlen der Bürokratie sprichwörtlich langsam mahlen, sondern auch, dass die spezifische Gebäudestruktur von Amtsgebäuden eine ganz besondere Choreografie der Bitt- und Vorstellung abverlangt, die von Warten, Nummern, Fluren und von (meist geschlossenen) Türen geprägt ist.

In short: This article is about architecure and furniture as medium in general, and about the media of the bureaucracy of immigration in particular. It zoomes in on the room partitions, staircases and desks and thereby examines the operational agency of interior fittings and the architectural layout of the first Federal Immigration Station on Ellis Island, NY.

The article in german.

Research paper thumbnail of »Schwellenkunde. Zugänge zum Archiv«, in: Unmögliche Archive. Hrsg. v. Sabine Pollak. Wien: Sonderzahl 2016, S. 30-47.

Unmögliche Archive. Architektur für ein fiktives Europa, 2016

Disordering the order of the archive or ordering the disorder of the same? Anyways: On threshold... more Disordering the order of the archive or ordering the disorder of the same?
Anyways: On thresholds, boxes, adresses and the operational logic of the space. And on time capsules. The materiality of history.

Book Abstract (german):

Ausgangspunkt dieser Architekturreise ist die Frage nach den Anforderungen und Voraussetzungen eines Archivs. Der nächste Schritt denkt über die möglichen Bezüge zwischen Archiv und Architektur – zwischen Archivkörper und Baukörper – nach. Unmögliche Archive stellt dabei den Ziegelbau in den Mittelpunkt, die Struktur, Spezifika, Systematik des Ziegels und verbindet sie mit einer ›Logik des Archivierens‹.

Die Reise geht schließlich über den Archivbau hinaus in gedankliche Sphären: Was, wenn man die zu bewahrenden Dinge gar nicht sehen würde? Wenn wir unsere Gefühle und Stimmungen, Wünsche und Sehnsüchte archivieren würden?Mit solchen Fragen im Hintergrund machen sich fünfzehn Entwürfe daran, ›realutopische‹ Archivbauten für ein fiktives Europa zu gestalten, ein Europa, wie es einmal war oder hätte sein können oder wie es vielleicht einmal sein wird.

Fünf ExpertInnen begleiteten das Projekt und leiten das Buch ein mit kultur- und medienwissenschaftlichen Texten zu den Themen Archiv und Ziegelbau.

Research paper thumbnail of »print(!) Zur Poetik der Programmatik«, in: Diäthetiken des Schreibens. Rezepturen und Übungen. Hrsg. v. Karin Harrasser, Katja Rothe. Wels: mitter 2015, S. 45-48.

Diäthetiken des Schreibens, 2015

A short reflection on the tangible poetics of dadaist automatic poetry and code. In german.

Research paper thumbnail of Migration und Medientheorien

Handbuch Medientheorien im 21. Jahrhundert, 2024

Der Beitrag geht von den medientechnischen Bedingungen migrantischer Mobilität aus und stellt die... more Der Beitrag geht von den medientechnischen Bedingungen migrantischer Mobilität aus und stellt die Bedeutung von digitalen Medien für Migrationsbewegungen sowie für Kontrollregime heraus. Dazu verfolgt er medientheoretische Einflüsse auf die Migrations- und Grenzforschung und greift Theoriefiguren auf, die für aktuelle Konzeptualisierungen von Grenz- und Migrationsregimen von Bedeutung sind. Der Artikel versammelt eine Reihe von Arbeiten, die im engeren Sinne medientheoretisch oder für die Medientheorie anschlussfähig sind, aber auch in der Migrationsforschung eine breite Rezeption erfahren. Ziel des Beitrags ist es, die mediale Bedingung von Mobilität und Migration stärker in die medienwissenschaftliche Reflexion einzuführen und den Einfluss der Migration auf die Medientheorie zu markieren.

Research paper thumbnail of Vom Schiff zum Boot. Zu einer medialen Archäologie der Globalisierung

Archiv für Mediengeschichte 20 (2022): »Das Schiff«, 2022

Lange hat das Schiff mit seiner imposanten Größe, seinem klar umgrenzten Raum und seiner vielglie... more Lange hat das Schiff mit seiner imposanten Größe, seinem klar umgrenzten Raum und seiner vielgliedrigen Mannschaft, an deren Spitze der Kapitän als Kopf und Souverän stand, als Modell und Metapher für den Staat gedient, da sich in diesem Bild besonders deutlich die Notwendigkeit einer guten Führung und eines geordneten Zusammenspiels der Mannschaft zeigen ließ. Im 20. Jahrhundert wandelte sich die Staatsmetapher Schiff dann in das Bild einer Maschine, die eher als Gesellschaftsspiegel denn als Regierungsmodell funktionierte: Die ›schwimmenden Städte‹, als welche die Transatlantikliner zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben wurden, waren Motoren der metropolitanen Gesellschaft, die mit ihnen zusammenhing. Die überfüllten Fischerkähne und kaum seetüchtigen Schlauchboote, die seit Beginn der 2000er Jahre über unsere Bildschirme wie übers Mittelmeer nach Europa kommen, lassen sich dagegen als Korrelat eines Gesellschaftszustands lesen, der nicht mehr durch ein Schiff als Staatsmetapher repräsentiert werden kann. Die brüchigen Boote zeigen so ein Versagen des Politischen an: Sie sind ein Bild für den Untergang der Menschenrechte im Mittelmeer, indem sie migrantische Subjekte produzieren, die auf ihr ›nacktes Leben‹ reduziert werden, um in Europa an Land gehen zu können.

Der Beitrag fokussiert das Boot als aktuelle mediale Fassung und Formation von Migration, die eng mit der Datafizierung und Militarisierung der Meere zusammenhängt. Der Artikel zielt damit auf eine mediale Archäologie der Globalisierung, welche die Funktion der seeuntüchtigen Boote und die epistemische Verfasstheit der Meere als ›nomos‹ unserer Zeit fasst. Auf Basis der audiovisuellen Analysen des aktuellen Grenzregimes durch Forensic Architecture wird untersucht, wie die Brüchigkeit der Boote mit einer Politik des Sterben-Lassens im Mittelmeer zusammenhängt. Meine zentrale These hierbei ist, dass wenn die überfüllten Schlauchboote ohne Navigationsgerät, ohne ausreichend Benzin und ohne Steuermann oder -frau in die Nacht nach Europa hinausgeschickt werden, da nur ein in Seenot befindliches Boot von der Küstenwache gerettet und in Sicherheit geschleppt wird (und nur so ein Anrecht auf Asyl geltend gemacht werden kann), die Boote als Vexierbild des derzeitigen Grenzregimes zu verstehen sind: Sie sind die Kehrseite der ›Festung Europa‹; ein Bild für die aktuelle politische Lage, das auf die strukturelle Verfasstheit der EU verweist, die sich durch Ein- und Ausschlüsse bzw. Reisefreiheit im Innern und fortifizierte Außengrenzen definiert. In den zwangsläufig prekären Passagen übers Mittelmeer zeigt sich somit die ›dunkle Seite‹ der Globalisierung, die ihre Schlagschatten auch auf die europäische Selbstkonzeption wirft.

Research paper thumbnail of »Transitstationen, Hotspots, Pushbacks – Architekturen, Akteure und Prozesse von Einwanderungskontrollen« (im Erscheinen)

Medien des Gatekeeping. Akteure, Architekturen, Prozesse, hrsg. v. Franziska Reichenbecher und Gabriele Schabacher Transcript Verlag, voraussichtlich Frühjahr 2022, 2022

Immigrationsstationen sind Nadelöhre der Migration. Eingerichtet als administrative Schwellen zur... more Immigrationsstationen sind Nadelöhre der Migration. Eingerichtet als administrative Schwellen zur Einwanderungsregulation, sind die dazu da, die Ankommenden in ›Gewollte‹ und ›Ungewollte‹ zu sortierten. Mithilfe von standardisierten Verfahren und architektonischen Akteuren setzen sie die gerade gültigen Einwanderungsgesetzte in Kontrollen und Feststellungsverfahren um. Den Ankommenden müssen sie wie feindliche Gatekeeper erscheinen. Denn wenn Gatekeeper Agenturen sind, die über Ein- und Ausschlüsse entscheiden, sich aber häufig der Beobachtbarkeit oder Nachvollziehbarkeit entziehen, dann trifft dies in besonderer Weise auch auf die Prozesse und Prozeduren in Erstaufnahmelagern, Registrierzentren und Einwanderungsstationen zu.

Der Artikel zeichnet die Entwicklung und Funktion von Transitstationen vom Hamburger Hafen um 1900 zu den geschlossenen Lagern und sogenannten ›Hotspots‹ nach, die seit den 2000er-Jahren auf Mittelmeerinseln wie Lampedusa und Lesbos und entlang der Außengrenze der EU eingerichtet worden sind. Die Raum- und Rechtstruktur der Stationen, die die Ein- und Außschlussmechanismen Europas operationalisieren, sind Teil eines Grenzdispositivs, das auf Abschreckung, Abschiebung und Kontrolle baut. Sie sind die sichtbare Seite eines Migrationsregimes, das sein ungeschminktes Gesischt zeitgleich in den Völker- wie Menschenrechtsverletzenden Pushbacks zeigt, die die ›Festung Europa‹ bestimmen.

Zur Rekonstruktion des aktuellen Grenzregimes kann sich der Artikel nicht auf Grundrisspläne und Funktionschemata stützen, wie sie für die Transitstationen um 1900 zu Handen sind. Er stützt sich daher auf die migrationsethnographischen Studien der Medienkulturwissenschaftler:innen Brigitta Kuster zu den Transitstionen Lesbos (2016) ebenso wie auf die medienarchäologischen Arbeiten von Forensic Architecture, die mit Mitteln des investigativen Journalismus - mit Hilfe von Zeugenaussagen, Datenauswertungen und Computersimulationen - die Grenzarchitekturen und -strukturen sichtbar machen, die auf keiner Karte verzeichnet sind.

Research paper thumbnail of »Bici-bles. Das Fahrrad als Scharnier zwischen Umwelt, Aktivismus und Alltag in Cali, Kolumbien«, S. 145-171.

Fahrradutopien. Medien, Ästhetiken und Aktivismen, 2022

Bici-bles ist ein Dokumentarfilm über die Fahrradszene Calis, der durch die Zusammenarbeit versch... more Bici-bles ist ein Dokumentarfilm über die Fahrradszene Calis, der durch die Zusammenarbeit verschiedener Fahrradkollektive und Umweltaktivist:innen zwischen Februar 2019 und April 2021 entstanden ist. Ausgehend von den kollaborativen Ansätzen des Films stelle ich in dem Beitrag einige Strategien und Effekte des Fahrradaktivismus in Cali vor. In einer dichten Beschreibung verschiedener Formen der Zusammenarbeit, verknüpfe ich die Analyse des Films mit einem quasi-ethnographischen Bericht. Dabei analysiere ich den Fahrradaktivismus zum einen als Medium der kollektiven Subjektivierung, zum anderen stelle ich einige Aspekte des Filmdrehs selbst als Modus der Kollaboration heraus. Nach einer Skizze der Geschichte und Gegenwart des Fahrradfahrens in Kolumbien nehme ich dazu die Positionen und Protagonist:innen des Films in den Blick. Bici-bles verleiht dem Fahrradaktivismus in Cali Sichtbarkeit; ein Anliegen, das ich in Form einer Collage von Bildern und Berichten in den Text übersetzen wollte.

Open Access (CC BY-SA 4.0) auf: https://meson.press/books/fahrradutopien/

Research paper thumbnail of gem. mit Julia Bee, Ulrike Bergermann, Linda Keck, Herbert Schwaab, Markus Stauff, Franzi Wagner: »Einleitung und Manifest: Das Fahrrad als Medium der Utopie«, S. 7-37.

Fahrradutopien. Medien, Ästhetiken und Aktivismen, 2022

Das Fahrrad, so wollen wir mit diesem Band zeigen, ist ein Medium sozialer Veränderung. Seine vie... more Das Fahrrad, so wollen wir mit diesem Band zeigen, ist ein Medium sozialer Veränderung. Seine vielfältigen utopischen Potenziale ergeben sich nicht zuletzt aus seinen ebenso vielfältigen und häufig übersehenen medialen Qualitäten: Es vermittelt, es verbindet, es übersetzt; es modifiziert Wahrnehmung und Organisation von Raum und Zeit, von Körpern und von Sozialität. Da das Fahrrad sowohl wissenschaftlich als auch kulturell noch immer unterschätzt wird, wollen wir in dieser Einführung zunächst die utopischen Potenziale im Sinne eines „Lob des Fahrrads” (Marc Augé) markieren und preisen. In einem zweiten Teil befassen wir uns dann eingehender mit einer Medientheorie des Fahrrads, die sich gegen die bisherigen Marginalisierungen des Fahrrads sowohl in der Mobilitätsforschung als auch in der Medienwissenschaft wendet.

Open Access (CC BY-SA 4.0) auf: https://meson.press/books/fahrradutopien/

Research paper thumbnail of »Zwei Praktiken des Arrangierens: Forensic Architectures Counter-Forensics und Guillermo Galindos Border Cantos«, S. 105-121.

Medienkomparatistik 3/2021: Kuratieren als medienkomparatistische Methode, hrsg. v. Nicole Kandioler und Marion Biet, Bielefel: Aisthesis Verlag, 2022

Wenn wir Kuratieren nicht nur als Praxis des Zusammen- und Ausstellens von Kunstwerken verstehen,... more Wenn wir Kuratieren nicht nur als Praxis des Zusammen- und Ausstellens von Kunstwerken verstehen, sondern ausgehend von der lateinischen Etymologie von curare (sorgen) als caring, wie Christina Sharpe es in der Einleitung zu In the Wake. On Blackness and Being (2016) nahelegt, dann muss Kuratieren nicht nur als eine Praktik des Arrangierens von Perspektiven, Bildern und Geschichten verstanden werden, sondern auch als Aufgabe des Aufzeigens, die eng mit Fragen der (Un-)Sichtbarkeit und (Un-)Sagbarkeit von minorisierten Positionen verknüpft ist.
Kuratieren im Sinne von caring ist eine Praktik des Formulierens oder besser ‚Formatierens‘ einer Position, die gleichermaßen politisch wie ästhetisch ist. Das Arrangieren von Bildern, Geschichten und Sounds kann hierbei ebenso in einzelnen künstlerischen Positionen stattfinden, wie in Ausstellungen und Museen. Wenn künstlerische Arbeiten z.B. mit vorgefundenen Bildern und Materialien arbeiten, um etwas sichtbar und sagbar zu machen, das sonst versteckt und ungehört bleibt, dann zeigt sich, wie mit der Praxis des Arrangierens nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine politische Positionierung verbunden ist. Denn das Anordnen und ‚zum Sprechen bringen‘ ist eine kulturelle Praktik, die mit epistemischen genau wie ästhetischen Effekten zusammenhängt.

Ich diskutiere in meinem Beitrag zwei künstlerische Strategien, die durch das Arrangieren von vorgefundenen Materialien und Bildern neue Perspektiven aufzeigen und etwas zu Gehör bringen. Zum einen sind das die Arbeiten von Forensic Architecture, einer ‚Research Agency‘, die am Goldsmiths Collage der University of London angesiedelt ist und die in vielbeachteten künstlerisch-juridischen Investigationen staatliche Verbrechen und strukturelle Gewalt rekonstruiert. Zum anderen sind das die Border Cantos von Guillermo Galindo, einem mexikanischen Komponisten und Klangkünstler, der neoschamanische Instru- mente aus zurückgelassenen Gegenständen baut, die aus den Grenzgebieten zwischen Mexiko und den USA oder Europas stammen.

Beide Künstler/Gruppen arrangieren das Material so, dass sie es ‚zum Sprechen bringen‘ und damit Position beziehen. Und doch sind beide Arbeitsweisen fast diametral entgegenge- setzt: Während Forensic Architecture darauf abzielt, durch das Arrangieren und (Re-)Konstruieren von Bildern und Informationen die versteckten Strukturen von Gewalt sichtbar und anklagbar zu machen, setzt Guillermo Galindo darauf, durch das Spielen der selbstgebauten Instrumente die unfassbaren Geschichten der zurückgelassenen Objekte zu Gehör zu bringen. Während es in der Arbeit von Forensic Architecture also um das Aufzeigen und Aussagen von ‚Unerhörtem‘ geht, arbeitet Guillermo Galindo mit der Unsichtbarkeit und Unsagbarkeit der strukturellen Gewalt, um die es in beiden Ansätzen geht.

Research paper thumbnail of mit Karin Harrasser: »Erst- und Zweitkontaktzauber. Eine Einleitung«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien,  hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 9-20.

Laute Post, 2020

In feministischen und aktivistischen Zusammenhängen wird seit einiger Zeit intensiv das von Donna... more In feministischen und aktivistischen Zusammenhängen wird seit einiger Zeit intensiv das von Donna Haraway aufgebrachte Konzept des Sich-verwandt-machens diskutiert. Donna Haraway geht es dem making kin um die wechselseitige Verantwortung, die durch eine verwandtschaftliche Verbindung entsteht. Solch ein kinship muss keine biologische Verwandtschaft sein, sondern kann – wie in der Wortbedeutung von kin, Sippschaft, schon angelegt – auch selbstgewählte Verwandtschaftsbeziehungen mit Artgenoss:innen meinen, die die Verbindlichkeit von familiären Banden haben. Es geht damit um die Verbindlichkeit, die in Verbindungen liegt, die wir eingehen. In Kolumbien ist uns immer wieder eine erstaunliche Bereitschaft und Selbstverständlichkeit des Sich-verwandt-machens begegnet; eine Fähigkeit, die zumindest mich überwältigt hat, und die wir erst im Nachhinein langsam zu verstehen und zu übernehmen scheinen.

In einem Gespräch mit Karin Harrasser, das in diesem Band abgedruckt ist, erweitert Donna Haraway ihren Begriff von kinship nicht nur um die Verantwortung für und Verbundenheit mit Tieren, Dingen und Landschaften, sondern noch um einen weiteren wichtigen Punkt: Um das Sich-verwandt-machen mit „Gesellschaften, … die zu diesen Landschaften und Gewässern gehören“. Das ist ein Punkt, der auch für uns zentral werden sollte: Die Verbundenheit mit den Menschen und Kollektiven aufrecht zu halten, die wir in Kolumbien kennengelernt haben. Und die Verantwortung übernehmen, die sich aus dem Gesehenen und Gehörten ergibt – und daraus, dass wir durch unsere Kollaborationen ein Teil von ihnen geworden waren… Davon handelt unsere Einleitung in »Weitererzählungen aus Kolumbien«.

Research paper thumbnail of »Zum Museo Popular de Siloé: Müll, Medienarchäologie und andere Mittel der Erinnerung«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien, hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 103-112.

Laute Post, 2020

Ein Beitrag über das Museo Pupular de Siloé, das mitten im angeblich gefährlichsten Viertel Calis... more Ein Beitrag über das Museo Pupular de Siloé, das mitten im angeblich gefährlichsten Viertel Calis, im Herzen Siloés liegt, in Davids altem Elternhaus.

Gleich hinter einer schweren, blau gestrichenen Eisentür, die an ein altmodisches Garagentor erinnern mag, befindet sich der erste Ausstellungsraum, der der Geschichte des Viertels gewidmet ist: Die Wände sind dicht behängt mit alten Fotos, Plakaten, Musikinstrumenten, Zeichnungen und Zeitungsartikeln, dazwischen Teufelsmasken und Teufelszeug. Ein wildes Sammelsurium, das grob in thematische Gruppen sortiert zu sein scheint. David erzählt anhand der gesammelten Dinge die Geschichten von Siloé: Wie die ersten Minenarbeiter in Siloé Kohle abgebaut haben, und wie die illegale Grubenarbeit heute aussieht. Beides ist auf Reihen von Schwarzweißfotos zu sehen, gleich hinter dem Eingangstor. Anhand der Teufelsmasken daneben erklärt David den Zusammenhang zwischen Alltag und Aberglaube, bzw. zwischen Ausbeutung und fabelhaften Formen des Widerstands in Siloé.

Alle Gegenstände, die im Museo Popular de Siloé ausgestellt sind, sind Schenkungen von Menschen aus der Nachbarschaft. Das Museo Popular erzählt die Geschichte des Viertels also über Alltagsgegenstände, die die Geschichten und Erfahrungen der BewohnerInnen kondensieren. Es erzählt damit eine Geschichte des Alltags, der Gewalt und des (Aber)glaubens, die sonst selten angehört und gesehen wird.

Und: Die Geschichte Siloés lässt sich hier anhand derjenigen Medien rekonstruieren, die die BewohnerInnen zur Aufzeichnung, Speicherung und Wiedergabe ihrer ganz privaten Geschichten und Erlebnisse genutzt haben. In einem der Nebenräume des Hauptausstellungsraums stapeln sich Schallplatten, Kassetten und Tonbänder; von Stereoanlagenelementen, Faxgeräten, Telefonen, Lautsprechern und Fernsehern bis zu Computern und Bildschirmen ist alles da. Das Museo Popular ist damit auch ein Archiv vergangener Kommunikationsmedien, das nicht nur die Geschichte der Medien zeigt (von Fotoapparat zu Videokamera zu Smartphone in etwa), sondern auch die Medien der Geschichte mitreflektiert (von Alltagskleidung zu Todeszeugnis zum Kampfsymbol z.B.). Eine medienarchäologische Rekonstruktion der Geschichte der versammelten Medien würde somit auch das Verhältnis der angeblich so abgehängten Menschen zu technischen Neuerungen, Kommunikation und Unterhaltung enthüllen. Die kaputten Foto- und Videokameras beispielsweise verweisen nicht nur auf die Geschichten, die sie ›gesehen‹ haben, sie erzählen auch von ihrer medientechnischen Ablösung durch Handys und Smartphones.

Research paper thumbnail of »¡Viva la Cicla! Fahrradaktivismus als Medium der Kollektivierung und Kollaboration«, in: Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien, hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020, S. 55-64.

Laute Post, 2020

Ein Beitrag über Film und Fahrrad als Medien der Kollaboration und Kollektivierung - am Beispiel ... more Ein Beitrag über Film und Fahrrad als Medien der Kollaboration und Kollektivierung - am Beispiel einer kollektiven Filmproduktion über den Fahrradaktivismus in Cali, Kolumbien 2019.

Filmproduktionen sind per se kollaborative Unterfangen. Doch es gibt Formen der Kollaboration beim Filmdreh, die theoretisch weniger gut beleuchtet sind als das vieldiskutierte Zusammenspiel von Kameramensch, Kamerablick und Zuschauer:innenbegehren: Bei aktuellen DIY- und Videoproduktionen etwa sind oft affektive Formen der Kollaboration im Spiel, die von der Zusammenarbeit im engen Freundeskreis mit wechselnden Rollen bis zur Aneignung von proprietärem Wissen und dem damit zusammenhängendem empowerment reichen. Gerade die Aneignung und Um-Nutzung von Technik und Techniken hat stark emanzipatorisches und ermächtigendes Potential. Sie schafft nicht nur affektive Verbindungen, sondern zeigt auch den aktiven Anteil der Technik und technischer Skills an der Produktion.

Als wir in Cali gemeinsam mit dem kolumbianischen Kollektiv »A la Hora 30« (H30) an ihrem Dokumentarfilm über Fahrradaktivismus und Fahrradfahren in Cali gearbeitet haben, haben wir eine Form der Kollaboration kennen gelernt, die weit über die übliche Arbeitsteilung bei Filmproduktionen hinaus ging. Der Film, der in der Woche der Zusammenarbeit in Cali in gut vorbereiteten Stücken entstanden ist, portraitiert Protagonist:innen und Aktivist:innen der Fahrradcommunity Calis, der Hauptstadt der kolumbianischen Provinz Valle del Cauca, die im Südwesten des Landes liegt. Er collagiert aber auch eine Vielzahl an Stimmen von Radfahrer:innen, die wir auf dem Weg zur Arbeit nach ihrem Verhältnis und ihren Geschichten mit dem Fahrradfahren befragt haben. So zeigt der Film ein Bild vom Stellenwert des Fahrrads in der urbanen Kultur Calis, das vom alltäglichen Gebrauch als Transportmittel oder fahrendem Geschäft (zum Transport von Früchten oder Nachrichten z.B.) über den kommerziellen Gebrauch (als Leihfarad für touristische Stadttouren oder geklautes Hehlgut) bis zu aktivistischen, politischen Positionen reicht.

Research paper thumbnail of »Precarious Passages: On Migrant Maritime Mobilities around 1907«, in: Maritime Mobilities: Literary and Cultural Perspectives from the Anglophone World, hrsg. v. Alexandra Ganser, Charne Lavery, Meg Samuelson, London/Berlin: Palgrave Macmillan, S. 145-170.

Maritime Mobilities, 2023

Der Artikel nimmt die materiell-medialen Dispositive und Determinanten der maritimen Mobilität zw... more Der Artikel nimmt die materiell-medialen Dispositive und Determinanten der maritimen Mobilität zwischen Europa und den USA um 1900 in den Blick und rekonstruiert ausgehend von der ikonischen Fotografie der Transatlantikpassage um 1907 (»The Steerage« von Alfred Stieglitz) die architektonischen Präfiguration der hirarchisch-strukturierten Passage. Denn die Fotografie ist Ausdruck wie Produkt der architektonisch nach ›Klassen‹ differenten Erfahrung der Transatlantikpassage, die sich zwischen den herrschaftlich ausgestatteten Einreichtungen der Ersten Klasse und den dunklen und dreckigen Räumen des sogenannten ›Zwischendecks‹ in den Bäuchen der Schiffe aufsapnnte.
Als Kontrapunkt zu der determinierenden Funktion der Klassenstruktur der Deck-Klassen nimmt der Artikel die ›birds of passage‹ in den Blick, die zentrale Figuren der maritimen Mobilität um 1900 waren. Denn ›birds of passages‹ waren Arbeitsmigrant:innen, die zwischen den Kontinenten hin und herfuhren und somit nicht nur stellevertretend für die Zirkularität des transatlantischen Verkehrs um 1900 stehen, sondern auch ganz besonders für die Wissenszirkulation innerhalb der migrantischen Community. In Alred Stieglitz Fotografie scheint diese paradigmatische Figur der migrantischen Mobilität des frühen 20. Jahrhunderts in der Gestalt des Mannes mit dem weißen Hut wenn auch nicht repräsentiert, so doch referiert zu sein.

Research paper thumbnail of »Teekesselchen«, in: Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, hrsg. v. Monika Leisch-Kiesl, Bielefeld: transcript 2020, S. 353-365.

Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, 2020

Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen März 2020, 420 S., kart. 50,00 €... more Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen März 2020, 420 S., kart. 50,00 € (DE), 978-3-8376-5128-7 E-Book: PDF: 49,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-5128-1 Dieses Buch fragt weniger nach dem Was des Zeichens, als vielmehr nach dem Wann / Wo / Wie der Zeichensetzung. Was lasst eine Markierung oder Spur als Zeichen erkennen? Was sind seine ästhetischen, medialen, politischen Vorbedingungen? Welche (unterschiedlichen) Rollen spielt das Setzen von Zeichen im Alltag der Kultur und in den Künsten? Welche theoretischen Zugänge der Antike, der Moderne sowie aktueller Debatten lohnt es aufzugreifen und neu zu sondieren? In vier Panels, einem Praeludium, einem Intermezzo und einer Coda treten künstlerische Positionen wie Vaslav Nijinsky, Paul Valéry, Birgit Jürgenssen, Thomas Fatzinek und VertreterInnen der Kunst-, Tanz-, Kultur-und Medienwissenschaften sowie der Semiotik und Philosophie wie

Research paper thumbnail of mit Ariane Sadjed: »Verhüllte Verweise – Bildpolitiken eines Tuchs«, in: FORT DA. Religion und Imagination, hrsg. v. Anne von der Heiden, Wien: Sonderzahl 2021, S. 112-122.

FORT DA. Religion und Imagination, 2021

Research paper thumbnail of »Subjectivation Against a Backlight. Scenes of Evidence Production, Ellis Island 1908«, in: The Scene of Subjectivity. Constructions and Performances of the Self, hrsg. v. Lars Friedrich, Karin Harrasser, Céline Kaiser, Wiesbaden: Springer VS 2019, S. 91-116.

The Scene of Subjectivity. Constructions and Performances of the Self, 2019

Research paper thumbnail of »Men for Mars. Seemannsgarn, weitergesponnen«, in: Rainer Iglar, Michael Mauracher (Hg.): Katharina Gruzei. Bodies of Work. Salzburg: Fotohof edition 2018, S. 169-192.

Bodies of Work, 2018

Der Beitrag »Men for Mars« folgt den Verschiebungen vom Hafen zum Mond, von Linz nach Moskau, von... more Der Beitrag »Men for Mars« folgt den Verschiebungen vom Hafen zum Mond, von Linz nach Moskau, von der Fotografie zum Science Fiction Film; Verschiebungen, welche die Bilder von der Linzer Schiffswerft durch den fotografischen Blick Katharina Gruzeis vorgeben.

English version below.

Textauszug:
»Die Bilder der Arbeit, die Katharina Gruzei in der Serie Bodies of Work
zeigt, strahlen eine Ruhe aus, die den ohrenbetäubenden Maschinenlärm,
den tonnenschweren Stahl und den zeitlichen Arbeitsdruck
vergessen lässt, die die Welt der Werft doch bestimmen. Wenn die Arbeiter in einer stillen Choreografie mithilfe von Kettenzügen und Fernsteuerung riesige Teile eines Schiffes wenden, das hier in Sektionen gebaut wird, wirkt es, als hätten die stählernen Elemente kaum Gewicht. Durch eine Aufnahmetechnik, die Momente in der Schwebe fixiert, hebt die Fotografin die Schwerkraft der Stücke scheinbar auf. Dadurch entsteht ein Bild der Werft, das dieser etwas Zauberhaftes verleiht, etwas, das über die Realität hinauszuweisen scheint. Die Fotografien hüllen die Welt der Werft trotz ihres geschäftigen Geschehens in eine gedämpfte Lautlosigkeit, wie wir sie aus Raumfahrtfilmen kennen. Die gedeckten, monochromen Farben, der konzentriert auf die Arbeit gesenkte Blick, der den Porträtierten etwas Abwesendes verleiht, und die Schutzkleidung der Männer, die an Raumfahreranzüge aus sowjetischen Science-Fiction-Filmen denken lässt – an die Filme Tarkowskis etwa, an Stalker und Solaris –, all das hinterlegt die Bilder mit einer heterochronen Zeitstruktur, die zwischen Zukunft und Vergangenheit aufgespannt ist.«
S. 172

Gerne sende ich Ihnen den gesamten Artikel auf Anfrage zu.
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English version:

»The portrayals of work that Katharina Gruzei shows in her series Bodies
of Work radiate a certain calm that lets us forget the deafening roar
of the machines, the tons of steel, and the time pressure of the work.
When the workers turn giant parts of a ship in a quiet choreography
with the help of chain hoists and remote controls, it seems as if the
steel elements hardly have any weight. Through a technique that fixes
these hovering moments, the photographer seemingly suspends the
gravity of the pieces. Thus she creates an image of the wharf that
gives it something magical, a semblance that goes beyond reality. The
photographs wrap the world of the wharf, which is so loud otherwise,
in a muffled silence that we know from space travel films. The muted,
monochrome colors, the lowered gaze on the work that gives those
portrayed an air of absence, and the protective gear worn by the men
bringing the space suits from Soviet futuristic films to mind – such
Tarkovksy’s Stalker and Solaris4 – all of these things give the photographs
a heterochronic time structure, that spreads out between
the future and the past.«
pp. 173

I am happy to send you the complete article on demand.

Research paper thumbnail of »Possible Futures: Time’s Up for Future Fabulators«, in: Sascha Serfözö (Hg.): Lückenhaft & Kryptisch | Amgibuous & Incomplete. Berlin: Revolver Publishing 2018, S. 102-103.

Lückenhaft & Kryptisch | Amgibuous & Incomplete, 2018

Der kurze Beitrag bedenkt die FUTURE FABULATOR-Methode von TIME'S UP, einem Künstlerkollektiv, da... more Der kurze Beitrag bedenkt die FUTURE FABULATOR-Methode von TIME'S UP, einem Künstlerkollektiv, das mögliche Zukünfte als machbare Welten vorstellt.

Textauszug:
»Bei den POSSIBLE FUTURES geht es nicht um die beste aller Welten, sondern um mögliche Zukünfte, machbare Welten. Die Future Fabulator-Workshops sind tools dazu: Werkzeuge zum Denken und Machen einer möglichen Zukunft. Es geht in den Workshops nicht so sehr um das Ausdenken von möglichen Zukünften, als um das Ausformulieren und Ausprobieren von denkbaren und machbaren Szenarien. Das holt die Zukunft ins Jetzt, bringt sie in die Welt. Indem die Workshops einen Rahmen (vor)geben, wo und wie die Zukunft denkbar sein kann, wird sie greifbar – in eben dem Sinn wie in ›greifbar‹ noch das Manuelle, Machbare steckt. Ein hands on-Ansatz für eine mögliche Zukunft, die von den Teilnehmer*innen gemeinschaftlich entworfen, vorgestellt und fabuliert wird.
[...]
Der Ansatz der FUTURE FABULATORS ist damit etwas, was ich Future III nennen will: Nicht »So wird es kommen« (Futur I), und erst recht nicht »So wird es gewesen sein« (Futur II), sondern »So soll es kommen«, »Das wünsche ich mir« (Futur III). Eine Zukunftsform, die dem spanischen subjunctivo ähnlicher wäre als dem condicional. Nicht: »es könnte«, nicht »wenn-dann«, sondern: »So soll es sein. So denke ich mir das«. Eine Zukunftsform, die die Möglichkeit, aber auch die Machbarkeit in den Blick nimmt. Und die über die Frage der Machbarkeit die Tätigkeit der denkenden und handelnden Menschen anspricht. Hannah Arendt hat in ihrem Schreiben immer wieder ein tätiges Denken »Zwischen Vergangenheit und Zukunft« eingefordert und vorgemacht. Auch Time´s Up´s POSSIBLE FUTURE WORKSHOPS können als Übungen im politischen Denken und Handeln begriffen werden: Als spielerische Anleitungen sich den Fragen und Aufgaben von morgen zu stellen – und sie damit im Heute anzugehen. Eine politische Zeit- und Denkform. «

Research paper thumbnail of »Close-Up«, in: Wörterbuch kinematografischer Objekte. Hrsg. v. Marius Böttcher, Dennis Göttel, Friederike Horstmann, Jan-Philip Müller, Volker Pantenburg, Linda Waack und Regina Wuzella. Berlin: August Verlag 2014, S. 28-30.

Wörterbuch kinematografischer Objekte, 2014

Wörterbucheintrag zum »Close-Up« als kinematografischem Objekt und cinematographischer Operation.

Research paper thumbnail of »Subjektivation im Gegenlicht«, in: Szenenographien des Subjekts. Hrsg. v. Lars Friedrich, Karin Harrasser, Celine Kaiser. Wiesbaden: Springer 2017, S. 99-124.

Szenenographien des Subjekts, 2017

Wie sind die Umstände beschaffen, die ein Subjekt in Erscheinung treten lassen? Und wie verändern... more Wie sind die Umstände beschaffen, die ein Subjekt in Erscheinung treten lassen? Und wie verändern und verschieben Subjekte ihrerseits die Umstände, denen sie ihr Erscheinen verdanken? Anstatt einseitig mediale, architektonische oder rhetorische Arrangements zu beschreiben, die Subjekten für ihren Auftritt zur Verfügung stehen, oder sich auf Prozesse der Subjektgenese zu konzentrieren, die sich auch unabhängig szenischer Arrangements begreifen ließen, widmet sich der Band ihrer wechselseitigen Herstellung. Er betont aus unterschiedlichen Perspektiven die abgründigen Bedingungen, unter denen Subjekte zu ihren Bühnen und vice versa die Bühnen zu ihren Subjekten gelangen. Die Kernthesen, die in eng fokussierten Analysen konkreter Szenen entfaltet werden und den Begriff der Szene selbst kritisch hinterfragen, lauten: Ohne Szene kein Subjekt und ohne Beschreibungsinstanz keine Szene. Daraufhin untersucht werden das antike Drama und die Revolutionsrhetorik, therapeutische und bürokratische Einrichtungen, Experimente der Bildenden Kunst und des Films und nicht zuletzt Theorieszenen: rhetorische Bühnen, die Argumente und Politiken zur Aufführung bringen.

Research paper thumbnail of »Raumteiler, Treppen, Pulte. Möbel und Mittler der Immigrationsadministration auf Ellis Island, New York«, in: Archiv für Mediengeschichte 16: Medien der Bürokratie. Hrsg. v. Friedrich Balke, Bernhard Siegert, Joseph Vogl. Paderborn: Fink 2016, S. 65-76.

Archiv für Mediengeschichte 16: Medien der Bürokratie, 2016

Keine Bürokratie ohne Büros, kein Aufschreibesystem ohne Schreibakte und Schriftstücke, keine Reg... more Keine Bürokratie ohne Büros, kein Aufschreibesystem ohne Schreibakte und Schriftstücke, keine Registratur ohne Register. Beim Nachdenken über die Medien der Bürokratie kommen einem nicht nur schnell Schreibmaschinen, Computer, Durchschlagblätter, Kopierer, Aktenablagen und amtliche Mitteilungen oder Kommuniqués in den Sinn, sondern auch spezielle Raumausstattungen, Möbel und Gebäudestrukturen.
Denn genau wie Kriege, DIN-Normen und die spätere Elektrifizierung maßgeblich für die Veränderung der Büroarbeit waren, sind es Vorräume, Schreibtische und Amtsgebäude für die Geschichte der Bürokratie.
Wer schon einmal für ein Visum, einen Stempel oder neue Papiere zum Gang durch die Gänge einer administrativen Institution gezwungen war – ganz zu schweigen von den Vielen, die dies derzeit wieder täglich mit der Bitte um Asyl, d.h. Bleibe- oder Aufenthaltsrecht tun – weiß, dass nicht nur die sogenannten Mühlen der Bürokratie sprichwörtlich langsam mahlen, sondern auch, dass die spezifische Gebäudestruktur von Amtsgebäuden eine ganz besondere Choreografie der Bitt- und Vorstellung abverlangt, die von Warten, Nummern, Fluren und von (meist geschlossenen) Türen geprägt ist.

In short: This article is about architecure and furniture as medium in general, and about the media of the bureaucracy of immigration in particular. It zoomes in on the room partitions, staircases and desks and thereby examines the operational agency of interior fittings and the architectural layout of the first Federal Immigration Station on Ellis Island, NY.

The article in german.

Research paper thumbnail of »Schwellenkunde. Zugänge zum Archiv«, in: Unmögliche Archive. Hrsg. v. Sabine Pollak. Wien: Sonderzahl 2016, S. 30-47.

Unmögliche Archive. Architektur für ein fiktives Europa, 2016

Disordering the order of the archive or ordering the disorder of the same? Anyways: On threshold... more Disordering the order of the archive or ordering the disorder of the same?
Anyways: On thresholds, boxes, adresses and the operational logic of the space. And on time capsules. The materiality of history.

Book Abstract (german):

Ausgangspunkt dieser Architekturreise ist die Frage nach den Anforderungen und Voraussetzungen eines Archivs. Der nächste Schritt denkt über die möglichen Bezüge zwischen Archiv und Architektur – zwischen Archivkörper und Baukörper – nach. Unmögliche Archive stellt dabei den Ziegelbau in den Mittelpunkt, die Struktur, Spezifika, Systematik des Ziegels und verbindet sie mit einer ›Logik des Archivierens‹.

Die Reise geht schließlich über den Archivbau hinaus in gedankliche Sphären: Was, wenn man die zu bewahrenden Dinge gar nicht sehen würde? Wenn wir unsere Gefühle und Stimmungen, Wünsche und Sehnsüchte archivieren würden?Mit solchen Fragen im Hintergrund machen sich fünfzehn Entwürfe daran, ›realutopische‹ Archivbauten für ein fiktives Europa zu gestalten, ein Europa, wie es einmal war oder hätte sein können oder wie es vielleicht einmal sein wird.

Fünf ExpertInnen begleiteten das Projekt und leiten das Buch ein mit kultur- und medienwissenschaftlichen Texten zu den Themen Archiv und Ziegelbau.

Research paper thumbnail of »print(!) Zur Poetik der Programmatik«, in: Diäthetiken des Schreibens. Rezepturen und Übungen. Hrsg. v. Karin Harrasser, Katja Rothe. Wels: mitter 2015, S. 45-48.

Diäthetiken des Schreibens, 2015

A short reflection on the tangible poetics of dadaist automatic poetry and code. In german.

Research paper thumbnail of gem. mit Julia Bee, Ulrike Bergermann, Linda Keck, Herbert Schwaab, Markus Stauff, Franzi Wagner: Fahrradutopien. Medien, Ästhetiken und Aktivismen. Lüneburg: Meson Press 2022.

Meson Press, 2022

Fahrradutopien – Medien, Ästhetiken und Aktivismus Das Fahrrad ist ein Medium sozialer Verände... more Fahrradutopien – Medien, Ästhetiken und Aktivismus

Das Fahrrad ist ein Medium sozialer Veränderung. Seine vielfältigen utopischen Potenziale ergeben sich nicht zuletzt aus seinen ebenso vielfältigen und häufig übersehenen medialen Qualitäten: Es vermittelt, es verbindet, es übersetzt; es modifiziert Wahrnehmung und Organisation von Raum und Zeit, von Körpern und von Sozialität. Umgekehrt kann auch das medienwissenschaftliche Denken fahrradmedial verändert werden. Das Fahrrad ist nicht nur Medium des sozialen und ökologischen Wandels: Radfahren eröffnet Perspektiven, verändert Räume, lässt neue Relationen entstehen und teilt Handlungsmacht neu auf.

Fahrradutopien denkt vom Fahrrad aus und ergänzt dabei bestehende Ansätze zur Mobilitätsforschung um medienkulturwissenschaftliche Perspektiven. Die Beiträge verbinden Medienwissenschaften und Forschungen zu Fahrradaktivismus mit der Liebe zum Radfahren. Fokussiert werden Fahrradfilme und -vlogs, Verkehr und Infrastrukturen, Virtuelle Realität und Fahrrad, Fahrradkollektive und Fahrradfeminismus.

Open Access (CC BY-SA 4.0) auf: https://meson.press/books/fahrradutopien/

Research paper thumbnail of Laute Post – Weitererzählungen aus Kolumbien. Hrsg. v. Karin Harrasser, Sarah Sander. Wien: Sonderzahl 2020.

Laute Post - Weitererzählungen aus Kolumbien, 2020

Laute Post zu spielen ist ein paradoxer Vorgang, denn die Stille Post übermittelt eigentlich disk... more Laute Post zu spielen ist ein paradoxer Vorgang, denn die Stille Post übermittelt eigentlich diskrete Botschaften von Einzelperson zu Einzelperson. Die hier versammelten Weitererzählungen aus Kolumbien / Rerelatos Colombianos haben dagegen eine andere Form: Sie richten sich an eine öffentliche Leser:innenschaft und wollen das in Kolumbien Erlebte und Gehörte als persönliches und politisches Anliegen weitererzählen. Eine Gruppe Linzer Studierender berichtet von Erfahrungen in einer konkreten politischen Situation Kolumbiens, die von der Verlagerung der Gewalt vom bewaffneten Kampf hin zur Bedrohung von zivilgesellschaftlichen Akteuren geprägt ist, aber auch von hartnäckigem und partizipativem Engagement.

Der Band versammelt ein breites Spektrum an unterschiedlichen Texten, die von Aktivismus und Freundschaft erzählen. Selbstethnographien und verortete Erinnerungen, Interviews mit kolumbianischen Aktivist:innen und Kollektiven, Erweiterungen und Reflexionen, die eine Zwischenbilanz der Beschäftigung mit dem in Kolumbien Gehörten und Erlebten darstellen.
Die Vielstimmigkeit des Bandes, die durch die Mehrsprachigkeit der Texte akzentuiert wird, stellt eine Praxis des Weitererzählens dar, die nicht nur Zeugnis ablegen will, sondern sich selbst mit ins Gespräch und ins Spiel bringt und dadurch das Weitergetragene zum gemeinsamen Anliegen macht. Durch die subjektive Aufarbeitung und die theoretische Reflexion wird aus dem nüchternen Bericht eine kollektive, situierte Geschichte. Eine solidarische Form des Sich-verwandt-Machens, wie Donna Haraway es vorschlägt.

Mit Beiträgen von: Sophie Adelt, A la Hora 30 (Miguel Ángel Anacona Rodríguez, Ángel González Nupan, Gabriela Díaz Arcos), Xenia Alexan-dovna, Liliana Angulo Cortés, Jesús Martín Barbero, Ani Dießelmann, Grupo del Archivo y Memoria de la Comuna 6, Andrea Heredia, Donna J. Haraway, Karin Harrasser, Sarah Lang, Mobile Akademie Berlin, Sebastian Palasser, Judith Pfister, Andrea Reisinger, Sarah Sander, María Eugenia Vásquez Perdomo.

Herausgegeben von Karin Harrasser und Sarah Sander.

Research paper thumbnail of Prekäre Passagen – Medien und Praktiken der Migration. Berlin: Kadmos 2021.

Prekäre Passagen – Medien und Praktiken der Migration. Dissertation, Bauhaus-Universität Weimar, 2019

PREKÄRE PASSAGEN untersucht das Zusammenspiel von migrantischem Wissen und Regierungstechniken be... more PREKÄRE PASSAGEN untersucht das Zusammenspiel von migrantischem Wissen und Regierungstechniken bei der transatlantischen Migration um 1900.

Die Arbeit geht der Frage nach den medialen und materiellen Bedingungen der transatlantischen Migration zwischen 1892 und 1924 entlang der Stationen Troppau, Hamburg, Ellis Island und New York nach. Sie folgt damit einer der dominanten Migrationsrouten der Zeit: Aus den Grenzgebieten der k.u.k. Monarchie über einen deutschen Auswanderungshafen und die Einwanderungsstation Ellis Island in die sogenannte ›Neue Welt‹. Sie fragt dabei nach den Medien und Praktiken der Migration, die nicht nur die Bedingungen der Aus- und Einreise bestimmten, sondern auch unser heutiges Wissen davon. Denn indem staatliche Steuerungsmedien wie Passagierlisten und Personalpapiere im 19. Jahrhundert obligatorisch geworden sind, lassen sich die Rahmenbedingungen der Reise heute noch rekonstruieren. Als gouvernementale Medien der Kontrolle und der Identifikation sind sie in die Archive der Staatsmächte eingegangen, in denen sie heute aufzufinden sind. Aus diesen Medien der Migration (von Passagierlisten über Baupläne bis zu Schiffsbiographien) werden die Migrationsgeschichte zwischen dem Auswanderungshafen Hamburg und der Einwanderungsstation Ellis Island rekonstruiert. Dabei werden allerdings nicht nur die gouvernementalen Medien und Techniken zur Regulierung und Kontrolle der Migration untersucht, sondern auch migrantische Medienpraktiken und minoritäre Wissensformen sich der Kontrolle zu entziehen.

Außerdem werden Parallelen zu aktuellen Migrationsregimen an den Grenzen Europas in den Blick genommen. Besonderes Anliegen war es mir, mit meiner medienkulturwissenschaftlichen Dissertation die Bedeutung historisch-genealogischer Forschungen für eine fundierte Gegenwartsanalyse und -kritik aufzuzeigen. Im Fluchtpunkt der historischen Analyse der Migrationsbedingungen zwischen Europa und den USA bleibt damit stehts die aktuelle Geschichte und Situation der Migration.

Research paper thumbnail of Zwischen zwei Toden. Piraterie zwischen Gesetz und Fiktion. Magisterarbeit, unveröffentlicht, 2008.

Zwischen zwei Toden, 2008

Research paper thumbnail of Filmhelft 2: »Formen des Dokumentarischen«

Prätentiös 2 - Kinotexte zur Berlinale , 2008

IMPRESSUM Autorinnen und Autoren: Julian Bauer, Friederike Horstmann, Rebekka Hufendiek, Elena ... more IMPRESSUM

Autorinnen und Autoren:
Julian Bauer, Friederike Horstmann, Rebekka Hufendiek, Elena Meilike, Sarah Sander

Gestaltung: HIT (hit-studio.co.uk)
Druck: Av-Tour, Berlin
Auflage: 700 Stück
ViSdP: Rebekka Hufendiek

Research paper thumbnail of Filmheft 1: »Prätentiös« - Kinotexte von der Berlinale

Prätentiös - Kinotexte von der Berlinale, 2007

IMPRESSUM: Autorinnen und Autoren: Julian Bauer, Rainer Burkard, Michael Dettbarn, Friederike H... more IMPRESSUM:

Autorinnen und Autoren:
Julian Bauer, Rainer Burkard, Michael Dettbarn, Friederike Horstmann, Rebekka Hufendien, Nina Kuntz Elena Meilike, Sarah Sander, Geesa Tuch, Anne Waak

Layout: Birgit Sonntag

ViSdP: Ute Holl

Research paper thumbnail of »Celebrating Coexistence«, zu: Isabel Lewis URBAN FLOURISHING im Belvedere 21, 2021

TQW Magazine NEWSBLOG, 2021

According to the announcement of the collaboration between Tanzquartier Wien and Belvedere 21, Ur... more According to the announcement of the collaboration between Tanzquartier Wien and Belvedere 21, Urban Flourishing is a ‘guided experience’ of smells, stories, thoughts and sounds. For most of the time the artist, who studied dance, literary criticism and philosophy, sits gazing at her computer screen amid a minimalist room architecture made up of loosely grouped stage elements that serve as seats and loungers for the audience. Her deep, calm voice directs our attention to the urban environment visible outside the floor-to-ceiling strip of windows of Belvedere 21: a few birds fly across the blue patches of sky that rise above the sunlit autumn foliage of Quartier Belvedere. A picture-postcard scene that reminds me of the Indian Summer in the Catskill Mountains, which I once saw through a car window as I was passing by. Isabel Lewis’ voice fills the room equipped with loudspeakers in each corner. Doubled and amplified by an audio program it reaches me physically, resonates in my chest. The chest – a resonance chamber. And I reflect on her words, which draw our attention to life forms such as lichens outside the window: ‘multi-organismic life forms’ that cover trees and stones alike without parasitically imposing on their carrier structures. Lichens are neither plants nor fungi, she says. Rather, they are an organism in its own right, arising from the symbiosis of mycobionts und photobionts. Lichens only develop the characteristic growth forms and colours through synthesis, which makes them an association of fungi and plants that form a closely integrated community.

Research paper thumbnail of »Zum Zelebrieren des Zusammenlebens« zu: Isabel Lewis URBAN FLOURISHING im Belvedere 21, Wien, 2021

TQW Magazin NEWSBLOG, 2021

Urban Flourishing ist eine „guided experience“, wie es in der Ankündigung der Kooperation zwische... more Urban Flourishing ist eine „guided experience“, wie es in der Ankündigung der Kooperation zwischen dem Tanzquartier Wien und dem Belvedere 21 heißt, ein geleitetes Erleben von Gerüchen, Geschichten, Gedanken und Sounds. Die meiste Zeit sitzt die Künstlerin, die Tanz, Literaturkritik und Philosophie studiert hat, den Blick auf ihren Computerbildschirm gerichtet inmitten einer minimalistischen Raumarchitektur aus lose gruppierten Bühnenelementen, die dem Publikum als Sitz- und Liegegelegenheiten dienen. Ihre dunkle, ruhige Stimme leitet unsere Aufmerksamkeit auf die urbane Umgebung, die vor dem raumhohen Fensterband des Belvedere 21 zu sehen ist: Ein paar Vögel ziehen über den blauen Flecken Himmel, der sich über dem sonnenbeschienenen Herbstlaub des Quartier Belvedere zeigt. Eine postkartengleiche Szene, die mich an den Indian Summer in den Catskill Mountains denken lässt, den ich einmal durch Autofensterscheiben an mir vorbeiziehen sah. Isabel Lewis’ Stimme erfüllt den Raum, der in jeder Ecke mit Lautsprechern ausgestattet ist. Verdoppelt und verstärkt durch ein Audioprogramm erreicht sie mich körperlich, resoniert in meinem Brustraum. Resonanzraum Brust. Und ich sinne ihren Worten nach, die unsere Aufmerksamkeit auf Lebensformen wie Flechten vor dem Fenster lenken: „multi-organismic life forms“, die Bäume und Steine gleichermaßen bedecken, ohne parasitär an ihren Trägerstrukturen zu partizipieren. Flechten sind weder Pflanzen noch Pilze, sagt sie, sondern eine ganz eigene Lebensform, die aus der Symbiose von Mykobionten und Photobionten entsteht. Erst in der Synthese bilden sich die typischen Wuchsformen und Farben der Flechten heraus, die also eine Lebensgemeinschaft aus Pilzen und Pflanzen sind.

Research paper thumbnail of »Müllmulde«, zu: Gabriele Edlbauers Ausstellung GIULIANI im MUSA, Wien

MUSA , 2016

Im November diesen Jahres erreicht mich ein Bildergruß aus New York: Fotos eines riesigen, blau a... more Im November diesen Jahres erreicht mich ein Bildergruß aus New York: Fotos eines riesigen, blau angestrahlten Kugelbaus – die „Digester Eggs“ der Newtown Creek- Wasseraufbereitungsanlage, des Klärwerks zwischen Brooklyn und Queens. Während der französische Revolutionsarchitekt Étienne-Louis Boullée mit seinem 1784 entworfenen „Kenotaph für Newton“ – einem monumentalen, kugelförmigen Bau – die Größe der Aufklärung vor Augen stellen wollte, wird in den Digester Eggs der Dreck aus Greenpoint verdaut. Und während Gäbster neu im Müllgeschäft ist, schwingt beim Titel der Ausstellung „Giuliani“ doch ein Hauch von Mafia und ihrem big business mit dem Abfall mit. Doch Gabi Edlbauers Mulde enthält nicht mal Müll. Natürlich nicht. Das ist nur eine Behauptung – wie alles im Ausstellungsraum, selbstverständlich.

Research paper thumbnail of »Gegenwartsversessenheit« – Rezension zu Drehli Robniks Buch »Ansteckkino. Eine politische Philosophie und Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19« (2020), S. 89-90.

Camera Austria International, No 152, 2020

Drehli Robnik hat mit »Ansteckkino« eine Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19... more Drehli Robnik hat mit »Ansteckkino« eine Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19 vorgelegt.
Robniks Geschichtsschreibung als filmische Vorgeschichte verkürzt die Analyse der historischen Filme dabei, indem sie sich auf Parallelen und Linien konzentriert, die ins Heute führen. Diese Herangehensweise ist allerdings absichtlich und explizit gemacht: Fluchtpunkt der Arbeit ist schließlich der aktuelle Pandemiediskurs mit seinen Figurationen und Formen. Und durch die Arabesken der historischen Ansteckungsdiskurse im Film wird die Absurdität aktueller rechter Rhetoriken deutlich herausgestellt. »Deutsche Virologie entkommt deutscher Biopolitik(-Geschichte) nicht«. Das ist als Zitat gefasst wohl die Quintessenz der vorgelegten Untersuchung. Robniks Analysen laufen also auf eine Dekonstruktion aktueller Heldentypen, Opfermythen und Regierungsrechtfertigungen hinaus, indem diese in ihren historischen Filmvorläufern immer wieder wie Karikaturen erscheinen.

Research paper thumbnail of »Von Licht und Schattenseiten« zum CROSSING EUROPE FILMFESTIVAL 2020

Ray Filmmagazin, 2020

Go Green! Das CROSSING EUROPE als Seismograph der Gefühlslage Europas Als Prisma des diesjähr... more Go Green! Das CROSSING EUROPE als Seismograph der Gefühlslage Europas

Als Prisma des diesjährigen Festivalprogramms lassen sich Climate Matters ausmachen: Zum einen kann das CROSSING EUROPE, das zwischen dem 21. und 27. April in Linz stattfand, heuer zum ersten Mal als zertifiziertes GreenEvent an den Start gehen, zum anderen verhandelt eine erstaunliche Anzahl an Filmen aktuelle politische Themen wie Klimawandel und Globalisierung – wenn nicht auf Ebene der Handlung, dann über ihre Erzählweisen, auf Ebene der Ästhetik.

Research paper thumbnail of »Gone with the Sun«, zu: THE STEPS WITH NO NAME von Alan Smithee (GB/DE/AT 2020)

DerStandard, offline, 2020

THE STEPS WITH NO NAME – Ein hypersensibler Beitrag vom Ende der Welt wie wir sie kennen, gesehen... more THE STEPS WITH NO NAME – Ein hypersensibler Beitrag vom Ende der Welt wie wir sie kennen, gesehen auf dem Crossing Europe 2020

Research paper thumbnail of »Die Selbstabschaffung der ›weißen Vorherrschaft‹« zu: THE STEPS WITH NO NAME von Alan Smithee (GB/DE/AT 2020)

Schnitt Offline, 2020

The Steps With No Name ist in hochkontrastigem Schwarzweiß gestaltet, ein Film Noir der alten Sch... more The Steps With No Name ist in hochkontrastigem Schwarzweiß gestaltet, ein Film Noir der alten Schule, die Szenerien wirken wie eine Netflix-Version von Halbe Welt (Florian Flicker, AT 1993). Doch während die österreichische Kult-Produktion von 1993 durch ihre sympathisch-cyberpunkigen Figuren besticht, die sich um die Barbesitzerin und Ökoaktivistin Luna gruppieren (gespielt von Maria Schrader), kreist The Steps With No Name (Alan Smithee, GB/DE/AT 2020), der jüngst auf dem CROSSING EUROPE 2020 seine Weltpremiere gefeiert hat, ganz um seinen männlichen Protagonisten, den ehemaligen Polarforscher Ray Mondt.

Research paper thumbnail of »Schul Kontakt Hof« zu: TANZTRÄUME von Anne Linsel (D 2010)

Schnitt Online , 2010

Über Monate haben die zwei Filmemacher:innen Anne Linsel und Rainer Hoffmann die Jugendlichen bei... more Über Monate haben die zwei Filmemacher:innen Anne Linsel und Rainer
Hoffmann die Jugendlichen bei den Proben mit der Kamera begleitet, haben Interviews geführt und die Ängste, Annäherungen und Fortschritte der Laientänzer dokumentiert. Ein Jahr lang haben gut 40 Schülerinnen und Schüler verschiedener Wuppertaler Schulen Kontakthof von Pina Bausch mit den ehemaligen Bausch-Tänzerinnen Jo Ann Endicott und Bénédicte Billiet einstudiert. Pina Bausch selbst kam regelmäßig zu den Proben. Durch den plötzlichen Tod der Choreografin im vergangenen Sommer ist der Film auch zum Zeitdokument einer Ikone des modernen Tanztheaters geworden - und doch bleibt er ganz bei den jugendlichen Tänzern.

Research paper thumbnail of »Grenzgänger« zu: ICH, TOMEK von Robert Glinski (PL/D 2009)

Schnitt Online, 2010

Ein kindlicher Teenager, der vom ambitionierten Schüler zum Stricher, zum Zuhälter wird. Ein st... more Ein kindlicher Teenager, der vom ambitionierten Schüler zum Stricher, zum
Zuhälter wird. Ein stylisch dünnes Mädchen, das ihren vielleicht ersten Freund
für einen Satz neuer Zähne, so schöne, weiße Veneers, in die Kriminalität
schickt. Eine grellbunte Disko, die nicht nur Umschlagplatz für erste Küsse,
Drinks und Schiebegeschäfte ist, sondern auch Kinderstube für verkäuflichen
Sex. Ich, Tomek portraitiert eine Jugend im polnisch-deutschen Grenzstädtchen
Gubin, 2000, als das Schengen-Abkommen in Kraft tritt und die Grenzen
durchlässig werden, auch für den Sextourismus. Er zeigt eine Generation
Jugendlicher, die sich für alles Mögliche, für Parfüm, Kosmetik, Klamotten, für
den Traum von Luxus, prostituiert. »Swinki« heißen die im polnischen Grenz-
Slang, Schweinchen.

Research paper thumbnail of »Mein liebster Filmkuss« in: ICH MÖCHTE DOCH KEIN MANN SEIN von Ernst Lubitsch (D 1918)

Schnitt Online, 2007

Film Review | Schnitt Online - Querschritt. Von der Berlinale 2007 ¦ Festivals

Research paper thumbnail of »Abseitige Archive des Alltags« in: THE EXILES von Kent Mackenzie (USA 1961)

Schnitt Online , 2008

Film Review ¦ Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale 2008 ¦ Festivals

Research paper thumbnail of »Seemannsgarn« in: RUSALKA - MERMAIDS von Anna Melikian (RUS  2007)

Schnitt Online, 2008

Film Review | Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale 2008 ¦ Festivals

Research paper thumbnail of »Dilettantismus als Potential. Nachdenken über die Stimme im Film« in: PATTY SMITH: DREAM OF LIFE von Steven Sebring (USA 2008)

Schnitt Online, 2008

Film Review | Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale 2008 ¦ Festivals

Research paper thumbnail of »Keine Scherenschnitte« in: EL NiÑO PEZ von Lucía Puenzo (ARG/F/E 2009)

Schnitt Online , 2009

Film Review | Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale 2009 ¦ Festivals

Research paper thumbnail of »Körper-/Wahn-/Sinn«: SCHNUPFEN IM KOPF von Gamma Bak (D/H 2010)

Schnitt - Das Filmmagazin, 2010

Film Review ¦ Schnitt Online ¦ Schnupfen im Kopf ¦ Filme

Research paper thumbnail of »Mythen des Alltags« in SOUL BOY von Hawa Essumans (EAK/D 2010)

Schnitt - Das Filmmagazin, 2012

Film Review | Schnitt, #60, 2012 | Schnitt Online | Filme

Research paper thumbnail of »Split-Screen-Geschichten. Fragmente einer Theorie der Zeit im Film« - Filmüberlegungen zu: THE THOMAS CROWN AFFAIR (USA 1968)

Schnitt - Das Filmmagazin, 2011

Film Review ¦ Schnitt Online ¦ Thomas Crown ist nicht zu fassen ¦ Fernsehen

Research paper thumbnail of »Sommer leben«: in Miguel Gomes' OUR BELOVED MONTH OF AUGUST (P 2008)

Schnitt - Das Filmmagazin, 2010

Film Review ¦ Schnitt Online ¦ Our beloved month of August ¦ Filme

Research paper thumbnail of CITY CINEMA - Ein bewegter Bildbericht von der Forum Expanded Galerien-Bustour 2010

Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale, 2010

Kino im Kopf. Durch die Busfensterscheibe wird die Stadt zum Film. Die eigene motorisierte Bewegu... more Kino im Kopf. Durch die Busfensterscheibe wird die Stadt zum Film. Die eigene motorisierte Bewegung bringt die Schneelandschaft ins Rollen. Häuser, Straßen, der Fluß und die eine oder andere Sehenswürdigkeit ziehen vorbei. Wo Baulücken den Blick auf Brachflächen freigeben, ist die Stadt noch in Schnee gehüllt. Andächtiges Stadtlandschaftsbild. Und wenn man sich einlullen lässt, wird das Bewegungsbild zum Bewegtbild. Wie im Kino. Doch die Geschichten spielen sich hinter den Fassaden und Fenstern, in den Hausmauern oder der Vorstellung ab. Kino im Kopf. Gespeist durch die Zwischenstops in den Galerien, die »Forum Expanded« präsentieren.

In Phil Collins Telenovela Soy Mi Madre (2008, DVD, 28´/ daadgalerie) beispielsweise entfaltet sich das ganze Drama um einen Kolliers-Klau zwischen der Diener-und Regentschaft eines Hauses, trotz daß die Kamera die Kulissen um die Soaptränen und-flüche immer wieder verlässt. In dem Bruch des Illusionsraums und den überstereotypen Charakteren und Gesten exponiert Phil Collins die mediale Konstruiertheit der Vorabendgefühlstanks – und baut doch auf ihr Funktionsprinzip: Wenn die Herrin des guten Hauses in rotem Kleid und mit durchgedrücktem Rücken groß und verzweifelt ihr Leid in die Kamera weint, während ihr Film-Ehemann im Bildhintergrund dem jungen Hausmädchen, das die Zähne zusammenbeißt, unter dem kurzen Rock das Bein hoch streicht, dann entrollt sich das ganze Melodram der Serien-Geschichten und-Gefühle in dieser einen Minute – und trotz ihrer ausgestellten Ausschnitthaftigkeit. Kino im Kopf halt. Und ich schwöre mir wieder zu kommen, um den Fortgang der Handlung zu sehen.

Research paper thumbnail of »Denn sie wissen, was sie tun«: Ilona Baltruschs FLUG DURCH DIE NACHT (BRD 1980) im Auto-Kino der Berlinale 2010

Schnitt Online - Querschnitt. Von der Berlinale, 2010

15 Gebrauchtwagen in einem dunklen Raum – und auf den voreingestellten Radiosendern ist nichts al... more 15 Gebrauchtwagen in einem dunklen Raum – und auf den voreingestellten Radiosendern ist nichts als Rauschen zu hören. Bis auf auf einem Kanal: der überträgt die Tonspur des auf der Leinwand laufenden Films. Indoor Auto-Kino! Eine abgefahrene neue Spielstätte des Forums des jungen Films. Berlinale goes Kiez – und Forum Expanded goes Temporäre Kunsthalle.

Wie jedes Jahr hat sich die junge Teilsektion des Forum von den eingereichten Arbeiten zu ihren Präsentations- und Ausstellungskonzepten inspirieren lassen. In seinem fünften Jahr gab es dadurch beim diesjährigen FORUM EXPANDED neben den Bewegtbild-Ausstellungen, die die Grenzbereiche von Kunst und Kino auch außerhalb des Kinosaals thematisieren, eben auch ein Auto-Kino! in der Temporären Kunsthalle auf dem Schloßplatz in Berlin. Der britische Künstler Phil Collins hat ein Kino-Programm aus über 100 Filmen kuratiert, das aus 15 Gebrauchtwagen zu besehen (und über das Autoradio zu hören) ist.

Täglich um 16h läuft hier Ilona Baltruschs FLUG DURCH DIE NACHT. Ein Berlin-Film im doppelten Sinn. Als Teil des diesjährigen FORUM EXPENDED ist er aktuelles Kunstgeschehen und erzählt doch vom Berlin der frühen 80er. Eine Westberliner Kino/Geschichte.

Research paper thumbnail of On »Liberty and Death: Pirates and Zombies in Atlantic Modernity« - Conference Report

H-Soz-Kult | Clio-online, 2018

Coference report for the international conference »Liberty and Death: Pirates and Zombies in Atla... more Coference report for the international conference »Liberty and Death: Pirates and Zombies in Atlantic Modernity« held January 18 to 19, 2018 at the IFK - the Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften | Kunstuniversität Linz in Wien - in Vienna.

Research paper thumbnail of "Gegenwartsversessenheit": Rezension von Sarah Sander zu Drehli Robniks Buch "Ansteckkino" (2020)

Camera Austria 152, 2020 – Rezension zu "Ansteckkino. Eine politische Philosophie und Geschichte ... more Camera Austria 152, 2020 – Rezension zu "Ansteckkino. Eine politische Philosophie und Geschichte des Pandemie- Spielfilms von 1919 bis Covid-19"