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Books by Jürgen Förster
Personen und Subjekte des Politischen, 2024
Die Beiträge dieses Bandes bieten den ersten systematischen Überblick über die Diskussion rund um... more Die Beiträge dieses Bandes bieten den ersten systematischen
Überblick über die Diskussion rund um zwei Grundbegriffe
der Politischen Theorie und Ideengeschichte: „Personen“ und „Subjekte“.
Angesichts sich häufender Befunde einer zunehmenden
Personalisierung demokratischer Politik, anhaltender Debatten
um sich grundlegend verändernde Bedingungen politischer Subjektivierung
sowie des Akteursstatus von Individuen, aber auch
der zunehmenden Bedeutung nicht-menschlicher „Akteure“,
ist die Auseinandersetzung mit diesen beiden Begriffen von
unmittelbarer aktueller Bedeutung. Aus politikwissenschaftlicher,
philosophischer, soziologischer und juristischer Perspektive
wird die politische Erklärungskraft dieser Grundbegriffe erschlossen.
"Was bedeutet es, einen Neuanfang zu machen? Diese Frage durchzieht das Werk Hannah Arendts. Der ... more "Was bedeutet es, einen Neuanfang zu machen? Diese Frage durchzieht das Werk Hannah Arendts. Der emphatischen Betonung des Neuen und der Revolution scheint von vornherein ein antiinstitutioneller Affekt eigen zu sein. Die Begriffe Spontaneität, Ereignis, Freiheit und Wandel, die eine zentrale Bedeutung für das Denken Arendts besitzen, stehen offensichtlich in einem antagonistischen Verhältnis zum Begriff der Institution. Im Fokus der Rezeption stand bisher vor allem ihr Handlungs- und Machtbegriff. In dieser Perspektive erscheint Arendt vielen als eine vehemente Vertreterin der direkten Demokratie und Verteidigerin des zivilgesellschaftlichen Engagements.
Demgegenüber wird in der vorliegenden Studie die These vertreten, dass Hannah Arendt der institutionellen Dimension des Politischen eine hohe Bedeutung zumisst. Wer allein den Handlungs- und Machtbegriff betrachtet und die Aspekte des Bewahrens übersieht, die im Begriff der revolutionären Gründung enthalten sind, muss das Anliegen ihrer politischen Theorie verfehlen. Die vorliegende Studie untersucht die Institutionen der Freiheit (Hannah Arendt) und deutet das Versprechen und das Verzeihen als grundlegende Institutionen des Politischen. Der Autor zeigt nicht nur, dass Arendt in ihren Schriften die begriffliche Identifizierung von Freiheit, Souveränität und Willen dekonstruiert, sondern auch, dass sich gerade in der Neubestimmung der Kernbegriffe politischer Theorie die Aktualität ihres Politikverständnisses für das 21. Jahrhundert erweist. "
Die Verhältnisbestimmung von Demokratie, Recht und Legitimität ist ein zentrales Thema politikwis... more Die Verhältnisbestimmung von Demokratie, Recht und Legitimität ist ein zentrales Thema politikwissenschaftlicher Reflexion. Diese Beziehung wird in dem Buch neu befragt und ausgelotet. Der Wandel der Staatlichkeit nach dem Zerfall der bipolaren Weltordnung und insbesondere die Entwicklungen seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geben hierzu dringenden Anlass. Darüber hinaus machen es auch technische, sozio-kulturelle und verfassungsrechtliche Entwicklungen notwendig, die normativen Grundlagen und legitimatorischen Grenzen des demokratischen Rechtsstaates zu analysieren. Wenngleich damit thematisch ein breiter Bogen gespannt wird, so bleibt doch in allen Beiträgen des Sammelbandes zielführend, anhand aktueller Problemlagen die demokratische Legitimität mit Blick auf das 21. Jahrhundert perspektivisch auszudeuten.
Papers by Jürgen Förster
Mit dem Werk Hannah Arendt verbindet sich die Assoziation einer emphatischen Beschwörung des revo... more Mit dem Werk Hannah Arendt verbindet sich die Assoziation einer emphatischen Beschwörung des revolutionären Neuanfangs. Insofern sehen viele Interpreten in ihr eine Vertreterin der Praxisphilosophie. Im Zentrum ihres Werks stehe die Freiheit des Handelns. In diesem Sinne betone sie die kommunikative, nichtinstitutionalisierte Macht der Zivilgesellschaft und erachte Revolutionen als nachdrücklichste Erscheinungsform menschlicher Freiheit. Insgesamt bewege ihr Denken ein starker anarchistischer Affekt gegen Institutionen. Institutionen sind hier mit Stabilität, Dauerhaftigkeit und Kontinuität assoziiert. Institutionen befördern Routine und Tradition. Sie schränken die menschliche Handlungsfreiheit ein. Gerade im Falle der Revolution, als Extremfall institutionellen Wandels, wird das Spannungsverhältnis von Handel und Institution offenbar. Diese Leseart ist nicht falsch, aber einseitig. Ihr muss es unerklärlich bleiben, warum Hannah Arendt den Institutionen eine "Heilkraft" (Über die Revolution, 226) zuspricht. Demgegenüber möchte ich zeigen, dass Dauerhaftigkeit neben der Freiheit der zweite wesentliche Begriff ihres Denkens ist. Aus diesem Grund nimmt das Nachdenken über die "Institutionen der Freiheit" (Über die Revolution, 281) einen bedeutenden-wenn auch bisher kaum wahrgenommenen-Raum in ihrem Werk ein. Gleichwohl ist sie keine Institutionentheoretikerin im strengen Sinne. Was sie interessiert, sind nicht die Institutionen als solche. Sie fragt vielmehr nach der Beziehung zwischen den Bürgern und ihren politischen Institutionen. Ihre Perspektive lässt sich durch folgende Fragen umreißen: Was verleiht politischen Institutionen ihre autoritative, dauerhafte, integrative Kraft? Wie müssen Institutionen strukturiert sein, um freiheitliches Handeln zuzulassen und zu befördern? Wann und warum verlieren Institutionen ihre Autorität und folglich die Unterstützung durch die Bürger? Das Dissertationsprojekt verfolgt das Ziel, das Verhältnis von politischem Handeln und institutioneller Ordnung angemessener und ohne Verabsolutierungen eines der beiden Pole zu fassen, indem Arendt versucht, das tertium herauszustellen. Bereits im Arendtschen Verständnis von Revolution als eine "Gründung der Freiheit" (Über die Revolution, 85) wird deutlich, dass freiheitliches Anfangen und institutionalisiertes Bewahren nicht voneinander getrennt werden können. In ihm sind progressive und konservative Elemente miteinander vermittelt. Hannah Arendt ist keine Vertreterin der Theorie permanenter Revolution, die in der Verfassungsgebung das Ende der Revolution und den Tod der Freiheit erblickt. Sie erblickt gerade den Akt der Verfassungsgebung als das eigentlich Revolu
http://dx.doi.org/10.5771/0340-0425-2016-3-447 Generiert durch RWTH Aachen, am 20.09.2016, 14:14:... more http://dx.doi.org/10.5771/0340-0425-2016-3-447
Generiert durch RWTH Aachen, am 20.09.2016, 14:14:03.
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Zusammenfassung:
Die Kritik der politischen Philosophie, die Raymond Geuss im Jahr 2011 formulierte, ist im Kern ideologiekritisch motiviert. Der vorliegende Essay liest Geuss als Vertreter der Kritischen Theorie von Adorno und Horkheimer und versucht zu zeigen, dass die Ideologiekritik letztlich zu einem Ingenieursmodell der Politik führt. Dieses Modell beinhaltet ein teleologisch-strategisches Handlungsverständnis, das von einer Zweck-Mittel-Rationalität geprägt ist. Aus der Perspektive des politischen Denkens Hannah Arendts bedingt die Ideologiekritik zwangsläufig, dass das Handeln als ein Akt des Herstellens aufgefasst wird. In dieser Verwandlung findet die Zerstörung menschlicher Pluralität statt. Pluralität ist jedoch Arendt zufolge nicht nur sine qua non, sondern vielmehr conditio per quam der Politik. Die Zerstörung der Pluralität ist demnach die Zerstörung der Politik. Damit reproduziert Geuss genau das Politik- und Handlungsverständnis der vorherrschenden politischen Philosophie, das Arendt kritisiert. Geuss bleibt als Ideologiekritiker letztlich Philosoph in der Tradition Platons. Zugespitzt formuliert: Das Höhlengleichnis ist die erste Darstellung der Ideologiekritik, und Geuss bleibt Platoniker wider Willen.
Stichworte: Weltentfremdung, Ideologiekritik, Zweckrationalität, Pluralität, Macht, Gewalt, Freiheit, Emanzipation
Meta-critical reflections of realism. Hannah Arendt and the problem of ideological
critique
Summary:
Raymond Geuss’ critique of political philosophy, which was published in 2011, is motivated at its core by ideological critique. The essay treats Geuss as a representative of Adorno’s and Horkheimer’s critical theory and aims to substantiate that his ideological critique ultimately leads to an understanding of politics as an engineering model. This model includes a teleological-strategic understanding of action, characterized by a means-end rationality. From the perspective of Hannah Arendt’s political thought, ideological critique necessarily implies that action is understood as work activity. In this transformation, human plurality is destroyed. For Arendt, however, plurality is not only a sine qua non of politics, but rather a conditio per quam. The destruction of plurality thus corresponds to a destruction of politics. Geuss thus reproduces exactly the understanding of politics and of action that Arendt criticizes. With his ideological critique, Geuss ultimately remains a philosopher in Plato’s tradition. Formulated pointedly: Plato's »allegory of the cave« is the first account of ideological critique and Geuss is a Platonist against his will.
Keywords:
world alienation, critique of ideology, means-end rationality, pluralism, power, violence, freedom, emancipation
„Not kennt kein Gebot“, dieses Sprichwort enthält im Kern die Lehre vom Ausnahmezustand. Sie feie... more „Not kennt kein Gebot“, dieses Sprichwort enthält im Kern die Lehre vom
Ausnahmezustand. Sie feiert seit den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon
am 11. September 2001 weltweit eine Renaissance. Auch im aktuellen bundesdeutschen Sicherheitsdiskurs
lässt sich der Einfluss von Carl Schmitt, dem prominentesten Vertreter dieser Lehre,
nachweisen. Der Essay vertritt die These, dass der „Krieg gegen den Terror“ mit den Mitteln des
souveränen Ausnahmerechts nicht gewonnen werden kann. Eine solche Strategie der souveränen
Selbstbehauptung zerstört vielmehr dann die rechtsstaatliche Demokratie, wenn sie sich immer
stärker den terroristischen Herausforderern anpasst.
Jürgen Förster "Denn Stillschweigen, Verleugnung, ist ja gerade das niemals erscheinende Wesen de... more Jürgen Förster "Denn Stillschweigen, Verleugnung, ist ja gerade das niemals erscheinende Wesen der Souveränität." Derrida Einleitung In den Reaktionen der US-amerikanischen Regierung auf die Anschläge des 11. Septembers 2001 hat die Lehre vom Ausnahmezustand und der ihm korrespondierenden staatlichen Souveränität eine nachdrückliche Verwirklichung gefunden. Die Anschläge seien Akte kriegerischer Aggression, die Nation befinde sich in einem war on terror, und es sei legitim, sich militärisch gegen die allseitige Bedrohung, notfalls präventiv, zu verteidigen. 1 Im Krieg gegen den internationalen Terrorismus ist das Recht weitgehend außer Kraft gesetzt, oder genauer, auf seinen vermeintlichen Kern, die Selbsterhaltung, zurückgeführt worden. Das zeigt sich besonders an der Art und Weise, in der völkerrechtliche Abkommen ignoriert und die Gefangenen des war on terror behandelt werden. Ihnen wird der Status von Kriegsgefangenen verweigert und damit das Mindestmaß an rechtlichem Schutz, das ihnen gemäß den Genfer Konventionen zustünde. Sie sind rechtlos und auf ihr bloßes Leben zurückgeworfen wie die Individuen im Hobbesschen Naturzustand. Im Ausnahmezustand reduziert sich das Recht auf die Kraft der souveränen Entscheidung. 2 Es ist in dieser Perspektive nur konsequent, wenn der Präsident George W. Bush sich als "decisionmaker" 3 versteht. Der Präsident entscheidet über die Mittel und Wege, die zum Schutz der Nation notwendig sind. Das Recht müsse sich dem vorpositiven Recht auf Selbsterhaltung unterordnen, denn ohne das Leben gäbe es kein Recht. Wobei der jeweilige Bezug nicht immer eindeutig hergestellt wird, so dass eine begriffliche Ambiguität entsteht, die der Verschleierung dient. Bei Carl Schmitt geht es nicht um das Leben der Bürger, das vom Staat geschützt werden muss, sondern um den Staat selbst, dessen Erhaltung absolute Priorität besitzt. Der Ausnahmezustand ist für ihn keine Bedrohung des Rechts, sondern dient der Erhaltung der staatsrechtlichen Ordnung. Die US-Administration hingegen legitimiert ihre präventiven Sicherheitsmaßnahmen gerade mit dem Schutz der Bürger. In den Konsequenzen gleichen sich die unterschiedlichen Legitimationsstrategien dennoch tendenziell an.
Papers and Book Chapters by Jürgen Förster
Personen und Subjekte des Politischen, 2024
Der Beitrag plädiert dafür im Anschluss an Hannah Arendt, den Begriff der Person als genuines Kon... more Der Beitrag plädiert dafür im Anschluss an Hannah Arendt, den Begriff der Person als genuines Konzept des politischen Akteurs zu verstehen. Er grenzt sich dabei kritisch von dem in Sozialwissenschaften gebräuchlichen Konzepts des Subjekts ab. Er zeigt in der Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie Adornos und Horkheimers und in einem zweiten Schritt mit dem Begriff der Subjektivation im Anschluss an Foucault und vor allem an Butler, dass der Subjektbegriff dazu führt, Politik mit Herrschaft und Unterwerfung zu identifizieren. Diese Theorien des Subjekts werden dabei von der Dichotomie Unterwerfung versus Widerstand geprägt und verbleiben letztlich in einem negativen Freiheitsverständnis; Freiheit wird als permanente Befreiung gedacht. Diesem reduktionistischen Begriff der Politik setzt der Beitrag das Personen Konzept Hannah Arendts entgegen. Die Person ist durch ihren intrinsischen Bezug auf die Pluralität und die Öffentlichkeit einerseits und auf die Verantwortung für das eigene freiheitliche Handeln und die Welt andererseits, schon begrifflich auf die Politik bezogen. Die Person entsteht dabei in dem Moment, in dem sie anfängt in die Öffentlichkeit zu treten und die Initiative ergreift. Dies ist der Moment der Freiheit, die für Arendt der Politik allererst Sinn verleiht.
Über die Revolution Hannah Arendt, 2020
Book Reviews by Jürgen Förster
Politische Vierteljahresschrift, 2011
Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Freiheit nach Carl Schmitt und Hannah Ar... more Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Freiheit nach Carl Schmitt und Hannah Arendt, Konstanz: Konstanz University Press, 2014, 222 Seiten, € 27,90.
Personen und Subjekte des Politischen, 2024
Die Beiträge dieses Bandes bieten den ersten systematischen Überblick über die Diskussion rund um... more Die Beiträge dieses Bandes bieten den ersten systematischen
Überblick über die Diskussion rund um zwei Grundbegriffe
der Politischen Theorie und Ideengeschichte: „Personen“ und „Subjekte“.
Angesichts sich häufender Befunde einer zunehmenden
Personalisierung demokratischer Politik, anhaltender Debatten
um sich grundlegend verändernde Bedingungen politischer Subjektivierung
sowie des Akteursstatus von Individuen, aber auch
der zunehmenden Bedeutung nicht-menschlicher „Akteure“,
ist die Auseinandersetzung mit diesen beiden Begriffen von
unmittelbarer aktueller Bedeutung. Aus politikwissenschaftlicher,
philosophischer, soziologischer und juristischer Perspektive
wird die politische Erklärungskraft dieser Grundbegriffe erschlossen.
"Was bedeutet es, einen Neuanfang zu machen? Diese Frage durchzieht das Werk Hannah Arendts. Der ... more "Was bedeutet es, einen Neuanfang zu machen? Diese Frage durchzieht das Werk Hannah Arendts. Der emphatischen Betonung des Neuen und der Revolution scheint von vornherein ein antiinstitutioneller Affekt eigen zu sein. Die Begriffe Spontaneität, Ereignis, Freiheit und Wandel, die eine zentrale Bedeutung für das Denken Arendts besitzen, stehen offensichtlich in einem antagonistischen Verhältnis zum Begriff der Institution. Im Fokus der Rezeption stand bisher vor allem ihr Handlungs- und Machtbegriff. In dieser Perspektive erscheint Arendt vielen als eine vehemente Vertreterin der direkten Demokratie und Verteidigerin des zivilgesellschaftlichen Engagements.
Demgegenüber wird in der vorliegenden Studie die These vertreten, dass Hannah Arendt der institutionellen Dimension des Politischen eine hohe Bedeutung zumisst. Wer allein den Handlungs- und Machtbegriff betrachtet und die Aspekte des Bewahrens übersieht, die im Begriff der revolutionären Gründung enthalten sind, muss das Anliegen ihrer politischen Theorie verfehlen. Die vorliegende Studie untersucht die Institutionen der Freiheit (Hannah Arendt) und deutet das Versprechen und das Verzeihen als grundlegende Institutionen des Politischen. Der Autor zeigt nicht nur, dass Arendt in ihren Schriften die begriffliche Identifizierung von Freiheit, Souveränität und Willen dekonstruiert, sondern auch, dass sich gerade in der Neubestimmung der Kernbegriffe politischer Theorie die Aktualität ihres Politikverständnisses für das 21. Jahrhundert erweist. "
Die Verhältnisbestimmung von Demokratie, Recht und Legitimität ist ein zentrales Thema politikwis... more Die Verhältnisbestimmung von Demokratie, Recht und Legitimität ist ein zentrales Thema politikwissenschaftlicher Reflexion. Diese Beziehung wird in dem Buch neu befragt und ausgelotet. Der Wandel der Staatlichkeit nach dem Zerfall der bipolaren Weltordnung und insbesondere die Entwicklungen seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geben hierzu dringenden Anlass. Darüber hinaus machen es auch technische, sozio-kulturelle und verfassungsrechtliche Entwicklungen notwendig, die normativen Grundlagen und legitimatorischen Grenzen des demokratischen Rechtsstaates zu analysieren. Wenngleich damit thematisch ein breiter Bogen gespannt wird, so bleibt doch in allen Beiträgen des Sammelbandes zielführend, anhand aktueller Problemlagen die demokratische Legitimität mit Blick auf das 21. Jahrhundert perspektivisch auszudeuten.
Mit dem Werk Hannah Arendt verbindet sich die Assoziation einer emphatischen Beschwörung des revo... more Mit dem Werk Hannah Arendt verbindet sich die Assoziation einer emphatischen Beschwörung des revolutionären Neuanfangs. Insofern sehen viele Interpreten in ihr eine Vertreterin der Praxisphilosophie. Im Zentrum ihres Werks stehe die Freiheit des Handelns. In diesem Sinne betone sie die kommunikative, nichtinstitutionalisierte Macht der Zivilgesellschaft und erachte Revolutionen als nachdrücklichste Erscheinungsform menschlicher Freiheit. Insgesamt bewege ihr Denken ein starker anarchistischer Affekt gegen Institutionen. Institutionen sind hier mit Stabilität, Dauerhaftigkeit und Kontinuität assoziiert. Institutionen befördern Routine und Tradition. Sie schränken die menschliche Handlungsfreiheit ein. Gerade im Falle der Revolution, als Extremfall institutionellen Wandels, wird das Spannungsverhältnis von Handel und Institution offenbar. Diese Leseart ist nicht falsch, aber einseitig. Ihr muss es unerklärlich bleiben, warum Hannah Arendt den Institutionen eine "Heilkraft" (Über die Revolution, 226) zuspricht. Demgegenüber möchte ich zeigen, dass Dauerhaftigkeit neben der Freiheit der zweite wesentliche Begriff ihres Denkens ist. Aus diesem Grund nimmt das Nachdenken über die "Institutionen der Freiheit" (Über die Revolution, 281) einen bedeutenden-wenn auch bisher kaum wahrgenommenen-Raum in ihrem Werk ein. Gleichwohl ist sie keine Institutionentheoretikerin im strengen Sinne. Was sie interessiert, sind nicht die Institutionen als solche. Sie fragt vielmehr nach der Beziehung zwischen den Bürgern und ihren politischen Institutionen. Ihre Perspektive lässt sich durch folgende Fragen umreißen: Was verleiht politischen Institutionen ihre autoritative, dauerhafte, integrative Kraft? Wie müssen Institutionen strukturiert sein, um freiheitliches Handeln zuzulassen und zu befördern? Wann und warum verlieren Institutionen ihre Autorität und folglich die Unterstützung durch die Bürger? Das Dissertationsprojekt verfolgt das Ziel, das Verhältnis von politischem Handeln und institutioneller Ordnung angemessener und ohne Verabsolutierungen eines der beiden Pole zu fassen, indem Arendt versucht, das tertium herauszustellen. Bereits im Arendtschen Verständnis von Revolution als eine "Gründung der Freiheit" (Über die Revolution, 85) wird deutlich, dass freiheitliches Anfangen und institutionalisiertes Bewahren nicht voneinander getrennt werden können. In ihm sind progressive und konservative Elemente miteinander vermittelt. Hannah Arendt ist keine Vertreterin der Theorie permanenter Revolution, die in der Verfassungsgebung das Ende der Revolution und den Tod der Freiheit erblickt. Sie erblickt gerade den Akt der Verfassungsgebung als das eigentlich Revolu
http://dx.doi.org/10.5771/0340-0425-2016-3-447 Generiert durch RWTH Aachen, am 20.09.2016, 14:14:... more http://dx.doi.org/10.5771/0340-0425-2016-3-447
Generiert durch RWTH Aachen, am 20.09.2016, 14:14:03.
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Zusammenfassung:
Die Kritik der politischen Philosophie, die Raymond Geuss im Jahr 2011 formulierte, ist im Kern ideologiekritisch motiviert. Der vorliegende Essay liest Geuss als Vertreter der Kritischen Theorie von Adorno und Horkheimer und versucht zu zeigen, dass die Ideologiekritik letztlich zu einem Ingenieursmodell der Politik führt. Dieses Modell beinhaltet ein teleologisch-strategisches Handlungsverständnis, das von einer Zweck-Mittel-Rationalität geprägt ist. Aus der Perspektive des politischen Denkens Hannah Arendts bedingt die Ideologiekritik zwangsläufig, dass das Handeln als ein Akt des Herstellens aufgefasst wird. In dieser Verwandlung findet die Zerstörung menschlicher Pluralität statt. Pluralität ist jedoch Arendt zufolge nicht nur sine qua non, sondern vielmehr conditio per quam der Politik. Die Zerstörung der Pluralität ist demnach die Zerstörung der Politik. Damit reproduziert Geuss genau das Politik- und Handlungsverständnis der vorherrschenden politischen Philosophie, das Arendt kritisiert. Geuss bleibt als Ideologiekritiker letztlich Philosoph in der Tradition Platons. Zugespitzt formuliert: Das Höhlengleichnis ist die erste Darstellung der Ideologiekritik, und Geuss bleibt Platoniker wider Willen.
Stichworte: Weltentfremdung, Ideologiekritik, Zweckrationalität, Pluralität, Macht, Gewalt, Freiheit, Emanzipation
Meta-critical reflections of realism. Hannah Arendt and the problem of ideological
critique
Summary:
Raymond Geuss’ critique of political philosophy, which was published in 2011, is motivated at its core by ideological critique. The essay treats Geuss as a representative of Adorno’s and Horkheimer’s critical theory and aims to substantiate that his ideological critique ultimately leads to an understanding of politics as an engineering model. This model includes a teleological-strategic understanding of action, characterized by a means-end rationality. From the perspective of Hannah Arendt’s political thought, ideological critique necessarily implies that action is understood as work activity. In this transformation, human plurality is destroyed. For Arendt, however, plurality is not only a sine qua non of politics, but rather a conditio per quam. The destruction of plurality thus corresponds to a destruction of politics. Geuss thus reproduces exactly the understanding of politics and of action that Arendt criticizes. With his ideological critique, Geuss ultimately remains a philosopher in Plato’s tradition. Formulated pointedly: Plato's »allegory of the cave« is the first account of ideological critique and Geuss is a Platonist against his will.
Keywords:
world alienation, critique of ideology, means-end rationality, pluralism, power, violence, freedom, emancipation
„Not kennt kein Gebot“, dieses Sprichwort enthält im Kern die Lehre vom Ausnahmezustand. Sie feie... more „Not kennt kein Gebot“, dieses Sprichwort enthält im Kern die Lehre vom
Ausnahmezustand. Sie feiert seit den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon
am 11. September 2001 weltweit eine Renaissance. Auch im aktuellen bundesdeutschen Sicherheitsdiskurs
lässt sich der Einfluss von Carl Schmitt, dem prominentesten Vertreter dieser Lehre,
nachweisen. Der Essay vertritt die These, dass der „Krieg gegen den Terror“ mit den Mitteln des
souveränen Ausnahmerechts nicht gewonnen werden kann. Eine solche Strategie der souveränen
Selbstbehauptung zerstört vielmehr dann die rechtsstaatliche Demokratie, wenn sie sich immer
stärker den terroristischen Herausforderern anpasst.
Jürgen Förster "Denn Stillschweigen, Verleugnung, ist ja gerade das niemals erscheinende Wesen de... more Jürgen Förster "Denn Stillschweigen, Verleugnung, ist ja gerade das niemals erscheinende Wesen der Souveränität." Derrida Einleitung In den Reaktionen der US-amerikanischen Regierung auf die Anschläge des 11. Septembers 2001 hat die Lehre vom Ausnahmezustand und der ihm korrespondierenden staatlichen Souveränität eine nachdrückliche Verwirklichung gefunden. Die Anschläge seien Akte kriegerischer Aggression, die Nation befinde sich in einem war on terror, und es sei legitim, sich militärisch gegen die allseitige Bedrohung, notfalls präventiv, zu verteidigen. 1 Im Krieg gegen den internationalen Terrorismus ist das Recht weitgehend außer Kraft gesetzt, oder genauer, auf seinen vermeintlichen Kern, die Selbsterhaltung, zurückgeführt worden. Das zeigt sich besonders an der Art und Weise, in der völkerrechtliche Abkommen ignoriert und die Gefangenen des war on terror behandelt werden. Ihnen wird der Status von Kriegsgefangenen verweigert und damit das Mindestmaß an rechtlichem Schutz, das ihnen gemäß den Genfer Konventionen zustünde. Sie sind rechtlos und auf ihr bloßes Leben zurückgeworfen wie die Individuen im Hobbesschen Naturzustand. Im Ausnahmezustand reduziert sich das Recht auf die Kraft der souveränen Entscheidung. 2 Es ist in dieser Perspektive nur konsequent, wenn der Präsident George W. Bush sich als "decisionmaker" 3 versteht. Der Präsident entscheidet über die Mittel und Wege, die zum Schutz der Nation notwendig sind. Das Recht müsse sich dem vorpositiven Recht auf Selbsterhaltung unterordnen, denn ohne das Leben gäbe es kein Recht. Wobei der jeweilige Bezug nicht immer eindeutig hergestellt wird, so dass eine begriffliche Ambiguität entsteht, die der Verschleierung dient. Bei Carl Schmitt geht es nicht um das Leben der Bürger, das vom Staat geschützt werden muss, sondern um den Staat selbst, dessen Erhaltung absolute Priorität besitzt. Der Ausnahmezustand ist für ihn keine Bedrohung des Rechts, sondern dient der Erhaltung der staatsrechtlichen Ordnung. Die US-Administration hingegen legitimiert ihre präventiven Sicherheitsmaßnahmen gerade mit dem Schutz der Bürger. In den Konsequenzen gleichen sich die unterschiedlichen Legitimationsstrategien dennoch tendenziell an.
Personen und Subjekte des Politischen, 2024
Der Beitrag plädiert dafür im Anschluss an Hannah Arendt, den Begriff der Person als genuines Kon... more Der Beitrag plädiert dafür im Anschluss an Hannah Arendt, den Begriff der Person als genuines Konzept des politischen Akteurs zu verstehen. Er grenzt sich dabei kritisch von dem in Sozialwissenschaften gebräuchlichen Konzepts des Subjekts ab. Er zeigt in der Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie Adornos und Horkheimers und in einem zweiten Schritt mit dem Begriff der Subjektivation im Anschluss an Foucault und vor allem an Butler, dass der Subjektbegriff dazu führt, Politik mit Herrschaft und Unterwerfung zu identifizieren. Diese Theorien des Subjekts werden dabei von der Dichotomie Unterwerfung versus Widerstand geprägt und verbleiben letztlich in einem negativen Freiheitsverständnis; Freiheit wird als permanente Befreiung gedacht. Diesem reduktionistischen Begriff der Politik setzt der Beitrag das Personen Konzept Hannah Arendts entgegen. Die Person ist durch ihren intrinsischen Bezug auf die Pluralität und die Öffentlichkeit einerseits und auf die Verantwortung für das eigene freiheitliche Handeln und die Welt andererseits, schon begrifflich auf die Politik bezogen. Die Person entsteht dabei in dem Moment, in dem sie anfängt in die Öffentlichkeit zu treten und die Initiative ergreift. Dies ist der Moment der Freiheit, die für Arendt der Politik allererst Sinn verleiht.
Über die Revolution Hannah Arendt, 2020
Politische Vierteljahresschrift, 2011
Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Freiheit nach Carl Schmitt und Hannah Ar... more Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Freiheit nach Carl Schmitt und Hannah Arendt, Konstanz: Konstanz University Press, 2014, 222 Seiten, € 27,90.
Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Frei-heit nach Carl Schmitt und Hannah Ar... more Francesca Raimondi, Die Zeit der Demokratie. Politische Frei-heit nach Carl Schmitt und Hannah Arendt, Konstanz: Konstanz University Press, 2014, 222 Seiten, € 27,90. " Die Demokratie macht sich selbst aus ihrer Praxis heraus " (Raimondi) Demokratie versteht sich nicht von selbst. Sie ist keineswegs selbstverständlich, schon gar nicht im Zeitalter der ‚Postdemokratie'. Dieser Krisendiagnose stimmt Raimondi weit-gehend zu, wenn sie auch die dramatisierende Emphase mancher Protagonisten nicht teilt. Raimondi sieht ebenfalls " etwas Morsches " in der Demokratie, wie sie mit einem Wort von Walter Benjamin bemerkt (S. 9). Politik werde zunehmend zu einer Erfüllungs-gehilfin der Ökonomie. Scheinbar alternativlos folge sie den Imperativen der globalisier-ten Märkte. Damit verliere das Versprechen demokratischer Selbstbestimmung an Kraft und verkomme zur Ideologie. Paradoxerweise gerate die Demokratie in dem Moment in eine tiefe Krise, in dem sie ihre Hegemonie errungen habe und zum weltweiten Maßstab politischer Legitimität geworden sei. Raimondi betrachtet die Krise der Demokratie je-doch als positiv und als Chance, weil sie unhinterfragte Vorurteile und scheinbare Selbst-verständlichkeiten auflösen könne und erneut das Denken und das Experimentieren an-rege. Die Krise hat für sie eine vitalisierende Kraft und schützt vor Selbstzufriedenheit und geistigem Stillstand. Demnach ist die Krise gewissermaßen die angemessene Existenzweise der Demokratie. Demokratie ist, wenn sie lebt, immer in der Krise. Anders als Badiou und Žižek, die " im Politikverfall die ‚Wahrheit' der Demokratie sehen " (S. 10) und Demokratie wieder als ein Schimpfwort etablieren möchten, indem sie Kapitalismus und Demokratie miteinander identifizieren 1 , unternimmt Raimondi eine radikale Be-fragung der Demokratie. Ihre dekonstruierende Kritik der Demokratie ist nicht diffamie-rend, sondern rettend und öffnend. Es sei notwendig, den demokratischen Bezug auf Freiheit und Gleichheit aller zu erhalten und zu stärken. Bevor wir für die Überwindung der Demokratie plädieren, sollten wir darüber nachdenken, in welchem Verhältnis diese Prinzipien zueinander stehen, welche Funktion sie politisch besitzen " und wie sie sich praktisch und institutionell verwirklichen " (S. 11). Dies sei alles noch nicht ausgemacht. Gerade diese praktische Dimension von Demokratie steht im Zentrum ihres Interesses, wodurch sich Raimondi vom Mainstream der aktuellen Demokratietheorien unterschei-det, die ihren Fokus auf die Frage demokratischer Legitimität oder auf das institutionelle Arrangement legen, " ohne dabei der Frage nachzugehen, wie Praktiken Legitimität erlan-gen und Ordnungen entstehen. […] Freiheit und Gleichheit verwirklichen sich vielmehr
Neue Politische Literatur, Jg. 58 (2013)
http://www.hannaharendt.net/index.php/han/article/view/292/398
Breier/Alexander Gantschow (Hrsg.): Politische Existenz und republikanische Ordnung. Zum Staatsve... more Breier/Alexander Gantschow (Hrsg.): Politische Existenz und republikanische Ordnung. Zum Staatsverständnis von Hannah Arendt, Baden-Baden, Nomos Verlag, 2012 / Band 48 der Reihe Staatsverständnisse, hrsg. von Rüdiger Voigt (Jürgen Förster) In der Arendtforschung waren die Themen von Staat, Recht und Gewalt lange Zeit Desiderata. Langsam beginnt sich das zu ändern. Deshalb ist ein Band über das Staatsverständnis Hannah Arendts erfreulich. Die vorliegende Aufsatzsammlung macht einen Anfang. Neben der Einleitung der Herausgeber enthalten drei Beiträge besonders interessante Anregungen. Dennoch bleiben wichtige Fragen zum Staatsverständnis Hannah Arendts offen, von denen ich abschließend einige wichtige Aspekte zur Diskussion stellen möchte.
Zeitschrift für Politische Theorie
Zeitschrift für Politische Theorie
ANSCHLUß AN MARIO ERDHEIM 92 3. RESÜMEE UND AUSBLICK 101 3.1 AUSBLICK 115 kritischen Theorie der ... more ANSCHLUß AN MARIO ERDHEIM 92 3. RESÜMEE UND AUSBLICK 101 3.1 AUSBLICK 115 kritischen Theorie der Frankfurter Schule" (van Reijen/Schmid Noerr 1987, 7). Es besteht kein Zweifel daran, daß die Dialektik der Aufklärung mittlerweile zu einem "auflagenstarke(n) und vielzitierte(n) (was bekanntlich nicht heißt: viel gelesener) Klassiker der philosophischen Literatur" (Müller-Doohm o.J., 3) geworden ist. Es droht ihr die Entschärfung ihres Inhaltes gerade durch gebetsmühlenartige Verbreitung. Indem sie zur "Ikone" (Müller-Doohm) stilisiert wird, verliert sie den kommunizierenden Kontakt zur Gegenwart und verkommt zu einem toten Museumsstück, das lediglich der subjektiven Erbauung dient. Apologie als Abwehr! Vergleicht man die heutige Situation mit den vierziger Jahren, so ist sie scheinbar diametral verschieden, da die "Dialektik der Aufklärung" zu einem geflügelten Wort der Zeitdiagnose in den Feuilletons der Tageszeitungen wie auch der wissenschaftlichen Fachliteratur avanciert und quasi in aller Munde ist. Und dennoch hinterläßt dieser Tatbestand eher einen schalen Nachgeschmack, so daß man sich beinahe den Zustand der Unbekanntheit bzw. der Irritation bei den Wenigen, die das Buch kannten, zu Beginn der Rezeption wieder herbeisehnte. In Anlehnung an einen Vortragstitel von Elisabeth Lenk (1990, 10ff.) muß man wohl die Dialektik der Aufklärung gerade heute gegen ihre Liebhaber verteidigen. Nicht nur dadurch, daß die Sekundärliteratur zur Dialektik mittlerweile ins Unüberschaubare angewachsen ist (vgl. Görtzen 1983, 430ff.; ders. 1986, 384ff.; ders. 1987, 242ff.), darüber hinaus wird die rezeptionsgeschichtliche Aufarbeitung dieses Buches durch die oftmals unbewußte oder implizite Bezugnahme auf dieses Buch in aktuellen Diskursen vor ein nahezu unlösbares Problem gestellt. Es kann im Rahmen dieser Arbeit deshalb nicht darum gehen, diese verborgenen Bezugslinien aufzuzeigen. Einen Eindruck von den Dimensionen dieses Problems gibt Stefan Müller-Doohm in einem bislang unveröffentlichten Vortrag. Er macht dort auf die vielfältigen Bezüge, die zwischen der Dialektik der Aufklärung und den aktuellen politischen, gesellschaftstheoretischen und kulturphilosophischen Diskursen bestehen, aufmerksam. So sieht er z.B. Ähnlichkeiten und Berührungspunkte zum Programm einer "reflexiven Modernisierung", wie es aktuell vor allem von Beck, und Giddens vertreten wird (vgl. Müller-Doohm o.J., 2) und zu diversen Positionen in den Diskussionen um eine ökologische Ethik, etwa bei den Brüdern Böhme. Desweiteren verweist Müller-Doohm auf die fortwährende Aktualität der Dialektik in den Fragen der Antisemitismusforschung. Eng mit den Fragestellungen der Antisemitismusforschungen verknüpft, -so wäre die Darstelmer Gesammelte Schriften". Die Zahl vor dem Komma bezeichnet den jeweiligen Band, jene nach dem Komma die Seitenzahl.
Ich möchte im Folgenden an zwei klassischen Positionen zum Subjektbegriff, nämlich der Kritischen... more Ich möchte im Folgenden an zwei klassischen Positionen zum Subjektbegriff, nämlich der Kritischen Theorie und ihrer kritischen Fortführung durch Michel Foucault und Judith Butler zeigen, dass der Subjektdiskurs ein Diskurs über Beherrschung, Unterwerfung und Befreiung aus der Herrschaft ist. Diese Sichtweise möchte ich mit dem Personen- und Politikverständnis Hannah Arendts konfrontieren, um zu zeigen, warum das Subjektdenken selbst in seiner kritischen Variante für Arendt eher apolitisch ist und die Grundtatsache des Politischen, nämlich die Pluralität, missachtet.