Daniel Witte | Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (original) (raw)
Books by Daniel Witte
There is little doubt about the importance of Emile Durkheim’s work and the influence it had on t... more There is little doubt about the importance of Emile Durkheim’s work and the influence it had on the social sciences. His insights into the realms of normativity in particular remain an inspiring mine of information for theoretical reflection and empirical analyses.
While his strengths, as we know nowadays, might not have always laid in systematic arguments, his main concerns have shaped the development of social thought in fundamental ways: the question of changing social bonds and the problem of integration; belief and unbelief in societal values; acceptance and rejection of the law, obligation and rights; inner tensions of normative orders; the problem of aligning the polymorphism of normativities with the polymorphic structures of society – and, hence, the project of normative and social pluralism.
The Sacred occupies an important dual position in this context: marking an autonomous sphere of the Holy, endangered and upstaged by processes of modernization, and at the same time a fundamental trait of sociality, culture and normativity in general, thus providing the basis even still for modern, ‘secularized’ forms of collective beliefs.
The current volume is comprised of contributions from a variety of disciplinary perspectives dealing with a wide range of topics in the realm of normativity in order to recall these important issues and demonstrate the influence and moment of Durkheim’s thinking on matters of the Sacred and the law.
Über die als „Rechtssoziologie“ bekannt gewordenen Werkstücke von „Wirtschaft und Gesellschaft“ i... more Über die als „Rechtssoziologie“ bekannt gewordenen Werkstücke von „Wirtschaft und Gesellschaft“ ist bereits vieles gesagt und geschrieben worden. Die mittlerweile vorliegende Edition der Texte im Rahmen der historisch-kritischen Gesamtausgabe sowie die in der Editionsarbeit gewonnenen Einsichten in den Entstehungsprozess, die innere Logik und den Ort dieses „Collagenwerkes“ geben jedoch Anlass, sowohl etablierte Deutungen zu hinterfragen als auch neue Interpretationen dieser vielschichtigen Texte zur Debatte zu stellen. So lassen sich in diesen Texten bereits Ansätze eines Pluralismus normativer Ordnungen finden, und auch die kulturelle Dimension als Differenz der Rechtsordnungen wird von Weber in einer Weise betont, die noch für Betrachtungen von Gegenwartsgesellschaften und ihrer Identitätsbilder bedeutsam scheint. Dieser Band versammelt Beiträge, die vor diesem Hintergrund und in der erneuten Auseinandersetzung mit Webers Schriften zum Recht entstanden sind.
Die Theorie Pierre Bourdieus wird häufig als eine Synthese klassischer Ansätze bezeichnet, wobei ... more Die Theorie Pierre Bourdieus wird häufig als eine Synthese klassischer Ansätze bezeichnet, wobei typischerweise Weber, Durkheim und Marx als zentrale Referenzfiguren benannt werden. Kontextualisierenden Aussagen dieser Art kommt jedoch nicht lediglich ein disziplinhistorischer, sondern vielmehr auch ein systematischer Wert für die Verortung von Theorien zu, und damit: für die Bestimmung ihrer spezifischen Perspektivität und Anwendbarkeit. Worin genau die jeweiligen Anleihen zu sehen sind, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und inwieweit eine Fokussierung auf die genannten Autoren überhaupt gerechtfertigt ist, bleibt allerdings in der Regel unklar.
Daniel Witte rekonstruiert die zentralen Erbstücke Max Webers, Emile Durkheims und Georg Simmels in Pierre Bourdieus Werk. Hierzu wird Bourdieus Ansatz in einem ersten Teil als Feldtheorie, d. h. mit Blick auf seinen differenzierungs- und gesellschaftstheoretischen Anspruch gelesen. In einem zweiten Teil werden die genannten Klassiker auf drei zentrale Aspekte der soziologischen Theorie hin befragt: die kategoriale Fundierung ihrer soziologischen Analytik, ihre Konzeptualisierung von Macht und Herrschaft sowie ihren differenzierungstheoretischen Gehalt.
In der theorievergleichenden Zusammenschau ergibt sich mit dieser Studie das Bild Bourdieus als das eines modernen Klassikers, der fest auf den Schultern der Riesen des Faches steht, sich gegenüber einer oft unterstellten Nähe zu Marx jedoch als heimlicher Nachfolger Simmels erweist. Seine Gesellschaftstheorie zeigt sich vor diesem Hintergrund von neuen Seiten.
Die nach wie vor unbegreiflichen Anschläge des 11. September unter Verwendung von Rational-Choice... more Die nach wie vor unbegreiflichen Anschläge des 11. September unter Verwendung von Rational-Choice-Modellen ein Stück begreiflicher zu machen, fördert überraschende Ergebnisse zutage: Einerseits das unerwartete Potenzial, das die Theorie für das Verstehen dieses "irrationalen" Handelns birgt, andererseits aber auch die Verdeutlichung von Grenzen des rationalistischen Erklärungsansatzes.
Papers by Daniel Witte
Comparison, as a fundamental operation in the social sciences, is anything but a clearly defined ... more Comparison, as a fundamental operation in the social sciences, is anything but a clearly defined method. Rather, there is a highly heterogeneous field of comparative approaches with different intellectual traditions, ideas of "comparison," specific problems, and research strategies. In fact, different streams of comparative studies exist in parallel, each highly elaborated in its own way but largely ignoring the achievements of the other tradition and thus ultimately wasting analytical potential—namely cross-national studies (often associated with quantitative methods and explanatory objectives) on the one hand and cross-cultural studies or cultural comparisons (usually associated with qualitative methods and hermeneutical approaches) on the other. However, contemporary social sciences are confronted with an increasingly complex global reality that can no longer be described on the basis of one-dimensional frames of reference. Drawing on the basic methodological principle ...
Zeitschrift für Theoretische Soziologie, 2020
Die historisch in regelmäßigen Abständen auflebende Debatte über den Charakter und die Aufgaben d... more Die historisch in regelmäßigen Abständen auflebende Debatte über den Charakter und die Aufgaben des Fachs sowie über das Gesicht und die Zukunft der Soziologie hat im Zuge der Ausgründung der Akademie für Soziologie (AS) im Jahr 2017 eine lange nicht dagewesene Dynamik entfaltet. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Faches haben sich in öffentlichen Medien wie in teilöffentlichen Diskussionszusammenhängen zu diesem Ereignis zu Wort gemeldet. Ein Jahr nach dem Gründungsmanifest der AS reagierte die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) offiziell mit einer kritischen Stellungnahme, die auf der Homepage der DGS veröffentlicht wurde und das Ergebnis von Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der AS darstellt (DGS 2018). Darin weist die DGS einen allgemeinen Vertretungsanspruch des Fachs seitens der AS zurück und reklamiert diesen ihrerseits für sich. In zahlreichen Artikeln und Kommentaren, auf Blogs und Webseiten, in offenen Briefen und E-Mails sowie in verschiedenen Diskussionsrunden - so beispielsweise 2018 auf dem DGS-Kongress in Göttingen und jüngst beim »Soziologischen Aschermittwoch«, ausgerichtet vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Köln (ISS 2019) - wurden durchaus unterschiedliche Bewertungen der Entwicklungen und zum Teil harsche wechselseitige Kritik vorgetragen (siehe u.a. Strübing 2017a; 2017b; Scheffer 2017; Hinz 2018; Müller 2018; Nassehi 2018; Pries 2018; Burzan 2018). Im Zuge dieser lebhaften Debatte wurden - von Hartmut Esser und Stefan Hirschauer prominent in der Zeitschrift für Theoretische Soziologie - unterschiedlichste Deutungsangebote vorgelegt, die neben (wissenschafts-)theoretischen und methodologischen Aspekten auch Fragen der Konkurrenz um (unterschiedliche) Ressourcen und der (verweigerten) Anerkennung berühren.
In diesen heterogenen und miteinander konkurrierenden Deutungen wird jedoch implizit von empirischen Verhältnissen ausgegangen, die das Fach (wissenschaftlich wie sozial) strukturieren, wobei diese Verhältnisse selbst je nach Position und Disposition mitunter sehr unterschiedlich beurteilt werden. Systematische Analysen der gegenwärtigen Situation des Fachs im Sinne einer empirischen Rekonstruktion seiner Verhältnisse, was als eine wesentliche Voraussetzung für eine belastbare Urteilsbildung begriffen werden kann, finden sich dagegen bislang nicht. Stattdessen erfahren die elaborierten, dem Fach hierfür zur Verfügung stehenden theoretischen und methodischen Angebote im Zuge der aktuellen Debatte vielfach wechselseitige Abwertungen. Dies mag verwundern - liegt doch eine wesentliche Stärke des Fachs gerade darin begründet, dasses über Mittel verfügt, die es erlauben, die Voraussetzungen der eigenen Praxis zu reflektieren.
Zur Beantwortung der Frage nach den strukturellen Verhältnissen, die eine wissenschaftliche Disziplin kennzeichnen und damit zum Verständnis ihrer internen Konfliktdynamik beitragen können, bietet sich die von Bourdieu (1975; 1988; 2004) vorgeschlagene und zunehmend wissenschaftssoziologisch fruchtbar gemachte feldtheoretische Perspektive an (Münch 2011; Baier/Schmitz 2012; Maeße 2013; Schneickert 2013; Warczok/Zarycki 2014; Gengnagel et al. 2016, 2017; Hamann et al. 2017; Lenger/Rhein 2018; Schmidt-Wellenburg 2018; Keil 2019; Schwemmer/Wieczorek 2019). Diese Perspektive setzt die Analyse ebenjener strukturellen Dimensionen zentral, über deren Beschaffen heit, Relevanz und Verhältnisse in der laufenden Debatte Uneinigkeit besteht und letzt lich Unklarheit hemcht. Sie versteht dabei >genuin< wissenschaftlich (theoretische, methodologische, methodische und fachpolitische) wie auch >außerwissenschaftliche< (insb. ressourcen-, macht- und anerkennungsbezogene) Aspekte als gleichermaßen konstitutive Strukturmomente einer wissenschaftlichen Disziplin; sie interessiert sich auch und gerade für das empirische Verhältnis und Zusammenspiel jener zunächst nur analytisch zu unterscheidenden Dimensionen, die in akademischen Streits nicht selten gegeneinander ausgespielt werden, wobei Stellungnahmen. letztlich auf ungesicherten Annahmen über die >tatsächlichen< Hierarchie- und (Un-)Abhängigkeitsverhältnisse der >eigentlichen< Strukturdimensionen des Fachs fußen.
An diese Forschungstradition anknüpfend soll das Ziel des vorliegenden Debattenbeitrags darin bestehen, die (institutionalisierte) deutsche Soziologie in ihrer Feldstruktur zu rekonstruieren, d.h. auf empirischer Basis die Relevanz der im aktuellen Diskurs thematisierten Dimensionen sowie ihre Verhältnisse zueinander zu bestimmen. Zu diesem Zweck diskutieren wir erste Ergebnisse eines laufenden Forschungsprojekts, anhand derer die grundlegenden Strukturen des Feldes objektiviert werden, um auf diese, Grundlage einen konstruktiven Beitrag zur gegenwärtigen (wissenschafts-)soziologischen Debatte leisten zu können.
Berliner Journal für Soziologie 28 (3), 2018 (online first) (DOI: https://doi.org/10.1007/s11609-018-0378-2)
Der Aufsatz befasst sich mit dem ambivalenten Erbe Emile Durkheims in der Soziologie Pierre Bourd... more Der Aufsatz befasst sich mit dem ambivalenten Erbe Emile Durkheims in der Soziologie Pierre Bourdieus. Im Mittelpunkt stehen die Beiträge beider Autoren zur politischen Soziologie und zur Staatssoziologie, die von ihren wissenssoziologischen Prämissen her rekonstruiert werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt zunächst einige gravierende blinde Flecken in Durkheims politischer Soziologie aufgezeigt, in der der Staat als gesellschaftliches „Gehirn“ konzipiert und zugleich Machtbalancen, sozialen Konflikten sowie konkreten Akteurs- und Interessenskonstellationen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. In einem zweiten Schritt wird herausgearbeitet, dass Bourdieus Staatssoziologie einerseits an zentralen Punkten auf den Annahmen Durkheims aufbaut, andererseits aber dessen Defizite unter Einbeziehung von Ideen Max Webers und durch ihre Integration in einen erweiterten macht- und herrschaftssoziologischen Rahmen zu überwinden sucht. Der Vergleich der beiden Autoren zeigt, dass Bourdieu allerdings nicht lediglich Durkheims staatszentrische Konzeption von Gesellschaft übernimmt; zu seinem „durkheimianischen Erbe“ gehört vielmehr auch ein methodologischer religionssoziologischer Universalismus, der seine gesamte Gesellschaftstheorie anleitet und letztlich ihr analytisches Potenzial beschneidet, was in der theoretischen Behandlung des Staates deutlich zutage tritt.
ENGLISH: An ambivalent legacy: From Durkheims’s (un-)political sociology to Bourdieu’s religio-sociological theory of the state
ABSTRACT: The paper deals with the ambivalent legacy of Emile Durkheim’s thought in the sociology of Pierre Bourdieu. It focuses on the contributions of both authors to political sociology and the sociology of the state, which are reconstructed from their underlying premises in the sociology of knowledge. In a first step, the paper reveals weak spots in the political sociology of Durkheim, who conceived of the state as the “brain” of society, largely ignoring the role of power balances, social conflicts as well as concrete constellations of actors and interests. In a second step, it is shown how crucial aspects of Bourdieu’s sociology of the state are, on the one hand, built on Durkheimian foundations, while, on the other hand, he aims to overcome the French founding father’s deficits by including ideas of Max Weber and integrating them into an extended analytical framework for a sociology of power and domination. However, the comparison between the two authors unveils that Bourdieu did not simply adopt Durkheim’s state-centric account of society – rather, to his “Durkheiman legacy” also belongs a methodological religio-sociological universalism that orients his entire theory of society and ultimately limits its analytical potential, as becomes obvious in his theoretical handling of the state.
FRANÇAIS: Un héritage ambivalent: de la sociologie (a-)politique de Durkheim à la sociologie religieuse de l’État de Bourdieu
RÉSUMÉ: Cet article se penche sur l’héritage ambivalent d’Émile Durkheim dans la sociologie de Pierre Bourdieu. L’accent est mis sur la contribution de ces deux auteurs à la sociologie politique et à la sociologie de l’État, laquelle est reconstruite ici à partir de leurs présupposés en matière de sociologie de la connaissance. Un certain nombre de points aveugles importants sont tout d’abord relevés dans la sociologie politique de Durkheim qui conçoit l’État comme le « cerveau » de la société et accorde trop peu d’attention aux rapports de force, aux conflits sociaux ainsi qu’aux constellations concrètes d’acteurs et d’intérêts. Dans un second temps, il est mis en évidence que, sur certains points essentiels, la sociologie de l’État de Bourdieu s’appuie sur les hypothèses de Durkheim tout en cherchant, par ailleurs, à dépasser les déficits de ce dernier en intégrant certaines idées de Max Weber dans le cadre plus large d’une sociologie du pouvoir et de la domination. La comparaison entre ces deux auteurs montre que Bourdieu ne reprend pas seulement à son compte la conception statocentrique de la société de Durkheim. Son « héritage durkheimien » comprend également un universalisme méthodologique des catégories de la sociologie religieuse qui sous-tend l’ensemble de sa théorie de la société et limite en définitive sa portée analytique, comme il apparaît clairement dans son traitement théorique de l’État.
Oliver Marchart & Renate Martinsen (Hrsg.): Foucault und das Politische. Transdisziplinäre Impulse für die politische Theorie der Gegenwart, Wiesbaden 2019: VS, S. 211-233., 2019
Der Beitrag sucht die Verwandtschaft einer Theoriefigur bei Michel Foucault, Norbert Elias und Pi... more Der Beitrag sucht die Verwandtschaft einer Theoriefigur bei Michel Foucault, Norbert Elias und Pierre Bourdieu nachzuzeichnen, die den Zusammenhang der Formierung und Formatierung von Subjekten mit langfristigen historischen Prozessen der Staaten(um)bildung betrifft. Zu diesem Zweck werden zunächst komplementäre Motive dieser drei Autoren versammelt, die jeweils spezifische Schwerpunktsetzungen markieren: die Disziplinierung gelehriger Körper bei Foucault, die Modellierung des Affekthaushalts bei Norbert Elias und Durchsetzung eines „Staatsdenkens“ bei Pierre Bourdieu. In einem darauffolgenden Schritt werden zwei Vorschläge gemacht, wie sich diese unterschiedlichen Akzentuierungen (erstens historisch und zweitens systematisch) wechselseitig befruchten könnten und sinnvoll zu einem Modell der politischen Transformation von Subjektivierungsweisen integrieren ließen. Abschließend wird die Frage nach tieferliegenden Ursachen für die beobachtete Wahlverwandtschaft der drei Ansätze aufgeworfen: Der Beitrag argumentiert, dass eine solche Ursache in einem gemeinsam geteilten Anschluss an Max Weber gesucht werden kann, der mit der Betonung motivationaler Prägungen in spezifischen historischen Strukturen schon früh einen Relationalismus von Akteurs- und Ordnungsebene entworfen hatte.
Zeitschrift für Theoretische Soziologie 6 (2), 2017, S. 156-188, 2017
English: Sociology gives different theoretical answers to the challenges of a globalized society.... more English: Sociology gives different theoretical answers to the challenges of a globalized society. In recent times, also Bourdieu´s conceptual instruments have been used increasingly. Bourdieu´s approach, however, faces the problem that his notion of society, in its classical form, is based on the assumption of nationally limited fields and spaces, and ultimately equates society with the "nation-state". In this article, we argue that Bourdieu´s strong analytical emphasis on the state is to be abandoned and that the resulting theoretical gap is to be filled with a more abstract concept. To this end, we first critically reflect his version of the nation-state as a "field of power" and present theoretical deficits therein as well as the implied challenges for an analysis of global issues. By deriving a "global field of power", an approach is proposed that is capable of theoretically integrating different research perspectives and results on transnational fields. Moreover, this modification allows us to relocate the nation-state as a historical and analytical special case of the formation of social order. We conclude with an outlook on the analytical potential of such a generalized field theory.
German: Die Soziologie gibt auf die Herausforderungen globaler Vergesellschaftung unterschiedliche theoretische Antworten; in jüngerer Zeit wird dabei zunehmend auch auf das begriffliche Instrumentarium Bourdieus zurückgegriffen. Dieser Zugangsweise steht jedoch das Problem gegenüber, dass das Bourdieu´sche Gesellschaftsverständnis in seiner klassischen Form auf der Annahme national begrenzter Felder und Räume fast und damit letztlich "Gesellschaft" mit "Nationalstaat" gleichsetzt. In diesem Beitrag argumentieren wir, dass die bei Bourdieu angelegte Zentralsetzung des Staates aufzugeben und die hieraus resultierende theoretische Leerstelle mit einem abstrakteren Ersatzkonzept zu schließen ist. Zu diesem Zweck reflektieren wir zunächst kritisch Bourdieus Fassung des Nationalstaats als Feld der Macht und legen ihre theoretischen Defizite und die daraus folgenden Herausforderungen für eine Analyse globaler Problemstellungen dar. Mit dem globalen Feld der Macht wird dann ein theoriekonsistenter Gegenentwurf vorgeschlagen, der geeignet ist, unterschiedliche Forschungsrichtungen und -ergebnisse zu transnationalen Feldern theoretisch zu integrieren. Diese Modifikation erlaubt es darüber hinaus, den Nationalstaat als einen historischen und analytischen Spezialfall sozialer Ordnungsbildung zu diskutieren. Wir schließen mit einem Ausblick auf das analytische Potenzial einer solchermaßen generalisierten Feldtheorie.
Annette Schnabel, Melanie Reddig & Heidemarie Winkel (Hrsg.): Religion im Kontext | Religion in Context. Handbuch für Wissenschaft und Studium, Baden-Baden 2018: Nomos, S. 223-238.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliograf... more Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Berliner Journal für Soziologie 27 (3-4), 2017, S. 341–346 (DOI: https://doi.org/10.1007/s11609-018-0365-7), 2017
„Relationalität“ ist zu einem zentralen Begriff unterschiedlichster soziologischer Teildiskurse a... more „Relationalität“ ist zu einem zentralen Begriff unterschiedlichster soziologischer Teildiskurse avanciert. Das gilt für die jüngeren Theoriedebatten und ihre prominentesten Stichwortgeber – man denke an Pierre Bourdieu, Bruno Latour, Harrison C. White, Peter Hedström oder Niklas Luhmann – ebenso wie für methodische Entwicklungen: Relationale Methoden wie die verschiedenen Varianten der Diskursanalyse, der geometrischen Datenanalyse oder der Netzwerkanalyse feiern, nicht erst seit „Big Data“, Hochkonjunktur. Dabei scheint es fast, als sei das Bekenntnis zu „Relationalität“ zum festen Bestandteil des Markierens soziologischer Fachidentität geworden – der Begriff hat einen geradezu normativen, wenn nicht gar hegemonialen Beiklang gewonnen, und kaum eine Autorin oder ein Autor würde noch von sich behaupten, „essenzialistisch“, „substanzialisierend“ oder anderweitig bewusst nichtrelational zu denken. [read more]
Der Begriff der Relationalität ist aus aktuellen soziologischen Diskussionen kaum noch wegzudenke... more Der Begriff der Relationalität ist aus aktuellen soziologischen Diskussionen kaum noch wegzudenken, wobei sich ein unübersichtliches Terrain mit einer Vielzahl von ganz unterschiedlichen Ansichten darüber auftut, was genau unter „relationaler Soziologie“ zu verstehen sei. Vor diesem Hintergrund will der vorliegende Artikel einen Beitrag zum Verständnis der Vielfalt und Einheit relationaler Soziologie leisten und damit zugleich in systematischer Hinsicht zur Verständigung über ihre Grundprinzipien beitragen. Hierzu wird zunächst ein Aufriss der wichtigsten intellektuellen Traditionen und Denkbewegungen des soziologischen Diskurses gegeben, die für diese Debatte von Bedeutung sind. In einem zweiten Schritt wird die Vielzahl der auf diese Weise versammelten Motive und Argumente geordnet und eine Schematik vorgeschlagen, in der 1) eine ontologisch-epistemologische, 2) eine sozialtheoretische, 3) eine gesellschaftstheoretische und 4) eine forschungspraktische Dimension relationaler Soziologie unterschieden werden. Im dritten Teil des Beitrags werden abschließend die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der ausgewählten Ansätze für eine Konstruktion von Idealtypen relationalen Denkens fruchtbar gemacht.
Jan Fuhse & Karoline Krenn (Hrsg.): Netzwerke in gesellschaftlichen Feldern, Wiesbaden 2019: Springer VS, S. 25-61.
Im Rahmen des Beitrags werden unterschiedliche Interpretationen des Verhältnisses von Feldern und... more Im Rahmen des Beitrags werden unterschiedliche Interpretationen des Verhältnisses von Feldern und Netzwerken diskutiert und damit mögliche Ansatzpunkte zur Verknüpfung von Feldtheorie und Netzwerkforschung ausgelotet. Hierfür werden zunächst 1) das Relationalitätsverständnis beider Paradigmen verglichen, manifeste und latente Relationen unterschieden und die Konzepte „Netzwerk“ und „Sozialkapital“ miteinander kontrastiert. Am Beispiel von Wissenschaftsnetzwerken werden in den darauffolgenden Schritten sodann Netzwerke als soziale Strukturen 2) in Feldern und 3) zwischen Feldern behandelt, um schließlich aufzuzeigen, wie 4) Netzwerke selbst als relativ autonome „transversale Felder“ konzipiert werden können. Dieser Zugriff erlaubt es, das analytische Instrumentarium der Feldtheorie für die Untersuchung von Netzwerkstrukturen fruchtbar zu machen. Dabei zeigt sich unter anderem, dass die unterschiedlichen Verwendungsweisen der Netzwerksemantik (der formal-analytische sowie der gesellschaftsdiagnostische Netzwerkbegriff) mit spezifischen Positionen in transversalen Netzwerkfeldern korrespondieren und damit systematisch zueinander in Beziehung gesetzt werden können. Der Beitrag schließt mit weiterführenden Überlegungen zum Komplementärverhältnis der zwei behandelten Spielarten relationaler Soziologie.
Naika Foroutan, Juliane Karakayali & Riem Spielhaus (Hrsg.): Postmigrantische Perspektiven. Ordnungssysteme, Repräsentationen, Kritik, Frankfurt am Main: Campus, S. 145ff.
Oliver Tewes & Garabet Gül (Hrsg.): Der soziale Raum der postmigrantischen Gesellschaft, Weinheim/Basel 2018: Beltz Juventa, S. 45-58.
Oliver Tewes & Garabet Gül (Hrsg.): Der soziale Raum der postmigrantischen Gesellschaft, Weinheim/Basel 2018: Beltz Juventa, S. 16-31.
Zeitschrift für Rechtssoziologie 37 (2), 2017, S. 266–312 (DOI: https://doi.org/10.1515/zfrs-2017-0016).
Constitutions provide a complex cultural object for socio-legal studies that cannot be adequately... more Constitutions provide a complex cultural object for socio-legal studies that cannot be adequately described in terms of a normative order alone. The potentials for the comparative study of legal cultures resulting from this have not been sufficiently exploited by either comparative law or the sociology of law. Against this background, the paper presents a general outline of a comparative sociology of constitutions as part of a sociology of legal cultures. As a first step, an analytical model is developed that embraces the multidimensionality and diversity of the subject by distinguishing between the normative-semantic, symbolic-epistemic, practical-discursive and organisational-sociostructural dimensions of constitutional cultures. This model is then applied to the US and the Polish cases. The paper closes with remarks on the logics and heuristic utility of the model.
Verfassungen bilden einen komplexen kulturellen Tatbestand, der sich als normative Ordnung allein nicht angemessen beschreiben lässt. Hieraus ergeben sich vielfältige komparative Potenziale, die bislang weder in der Rechtsvergleichung noch in der Soziologie des Rechts ausgeschöpft scheinen. Der Beitrag skizziert vor diesem Hintergrund die Grundzüge einer rechts-kulturvergleichenden Verfassungssoziologie. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt ein Analyseraster vorgeschlagen, das an der Mehrdimensionalität und Vielgestaltigkeit von Verfassungskulturen orientiert ist. Dabei wird zwischen einer normativ-semantischen, einer symbolisch-epistemischen, einer praktisch-diskursiven und einer organisatorisch-sozialstrukturellen Dimension von Verfassungskultur unterschieden. In einem zweiten Schritt wird diese Analytik exemplarisch auf die Verfassungskulturen der USA sowie Polens angewendet, die sodann in einem dritten Schritt miteinander kontrastiert werden. Der Beitrag schließt mit einigen Anmerkungen zur Logik und dem heuristischen Nutzen des Untersuchungsschemas.
Stephan Lessenich (Hrsg.): Geschlossene Gesellschaften. Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016 (online unter: http://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband\_2016).
Der Beitrag geht der Frage nach, wie soziale Schließung von Klassen, Kulturen und gesellschaftlic... more Der Beitrag geht der Frage nach, wie soziale Schließung von Klassen, Kulturen und gesellschaftlichen Teilbereichen her gedacht werden kann. Dabei wird ein besonderer Akzent auf solche Schließungseffekte gelegt, die sich nicht aus der jeweiligen Binnenlogik dieser Einheiten allein, sondern gerade aus ihren Wechselwirkungen ergeben, was hier mit dem Begriff der „Schließungsverhältnisse“ bezeichnet wird. Ausgehend von einem modifizierten Feldbegriff wird dabei zunächst gefragt, wie sich Klasseneffekte auf die Schließung sozialer Felder und umgekehrt Feldeffekte auf die Schließung sozialer Klassen auswirken. In einem nächsten Schritt wird die Frage aufgeworfen, wie und in welchem Sinne „Kultur“ als eine distinkte Dimension gesellschaftlicher Differenzierung in den bis hier vorgeschlagenen Rahmen integriert werden kann. Damit trägt die Leitfrage nach Formen des sozialen Ausschlusses auch zur Präzisierung der Diskussion darüber bei, auf welche Weise stratifikatorische, sachliche und kulturelle Differenzierung jenseits von Primatsthesen als miteinander verknüpft gedacht werden können.
Die daraus resultierende Kombinatorik führt zu der Annahme, dass sich für diese Relationierung von Differenzierungsprinzipien und die damit einhergehenden Schließungseffekte im Vergleich unterschiedlicher gesellschaftlicher Formationen ganz verschiedenartige Logiken identifizieren lassen. In diesem Sinne lassen sich nicht nur Schichtungs- bzw. Klassenstrukturen sowie kulturelle Differenzierungsmuster komparativ beleuchten, sondern auch das Prinzip sachlicher Differenzierung sowie die unterschiedlichen Verknüpfungsprofile der drei Differenzierungsformen werden für eine gesellschaftsvergleichende Perspektive geöffnet. Hierzu wird in einem dritten Schritt der Begriff der „Differenzierungskulturen“ vorgeschlagen und die angedeutete Vielfalt von Schließungsverhältnissen in einen allgemeineren gesellschaftstheoretischen Rahmen einstellt. In dieser komparativen Perspektive rückt schließlich der Nationalstaat als ein – noch immer – zentraler Ort der Verknüpfung und Variation von Schließungsmechanismen in den Blick.
Stephan Lessenich (Hrsg.): Geschlossene Gesellschaften. Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016 (online unter: http://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband\_2016).
Verfassungen stellen „Grundordnungen“ nicht nur politischer Verbände, sondern auch allgemein von ... more Verfassungen stellen „Grundordnungen“ nicht nur politischer Verbände, sondern auch allgemein von Gesellschaften dar. Sie bestimmen den Zuschnitt und die Kompetenzen staatlicher Organe in gewaltenteiligen Arrangements, limitieren Macht und politische Herrschaft und stellen dem gewöhnlichen Recht einen Maßstab seiner eigenen Rechtmäßigkeit zur Seite. Darüber hinaus ziehen Verfassungen die Grenzen zwischen gesellschaftlichen Teilbereichen und schreiben deren grundsätzliche Verhältnisse zueinander fest. Über die Grundrechtskataloge sind fundamentale Werte und Normen von Rechtskulturen mit variierenden Gewichtungen in Verfassungen eingeschrieben und u. a. in Präambeln gerinnen Gründungsmythen und Identitätsnarrationen. Aufgrund ihres Vorrangs gegenüber anderen positivrechtlichen Regelungen und ihres Anspruchs auf dauerhafte Geltung kommt Verfassungen schließlich auch in Fragen sozialen Wandels eine besondere Relevanz zu, die unter dem Stichwort expliziten und impliziten Verfassungswandels kontrovers diskutiert wird und wiederum auf die Einbettung von Verfassungsgerichtsbarkeiten in unterschiedlichste Machtbalancen verweist.
Der Beitrag skizziert mögliche Ansatzpunkte einer soziologisch interessierten Verfassungsanalyse und fragt nach den analytischen Potenzialen, die sich hieraus für gesellschafts- und kulturvergleichende Fragestellungen ergeben. Zu diesem Zweck wird ein analytisches Raster für die Verfassungssoziologie skizziert und auf das Beispiel der polnischen Verfassungskrise 2015/16 angewendet. In der Debatte über diese Krise um Auslegung und Anwendung der Verfassung von 1997 wird das Recht häufig eher als ein Epiphänomen politischer Verhältnisse dargestellt, eher als ein Prätext denn als Gegenstand landesweiter Konflikte. Gegenüber dieser Deutung wird die gegenwärtige Krise hier als Ergebnis eines Entwicklungsprozesses analysiert, in dessen Rahmen sich ein für die polnische Gesellschaft typisches Rechtsverständnis sowie eine diskursive Situation entwickeln konnte, in der die Verfassung zum Fokalpunkt politischer und gesellschaftlicher Konflikte avancierte. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick zu den komparativen Potenzialen einer soziologischen Analyse von Verfassungskulturen.
Philipp Stoellger/Martina Kumlehn (Hrsg.): Wortmacht – Machtwort. Deutungsmachtkonflikte in und um Religion, Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 417-454.
There is little doubt about the importance of Emile Durkheim’s work and the influence it had on t... more There is little doubt about the importance of Emile Durkheim’s work and the influence it had on the social sciences. His insights into the realms of normativity in particular remain an inspiring mine of information for theoretical reflection and empirical analyses.
While his strengths, as we know nowadays, might not have always laid in systematic arguments, his main concerns have shaped the development of social thought in fundamental ways: the question of changing social bonds and the problem of integration; belief and unbelief in societal values; acceptance and rejection of the law, obligation and rights; inner tensions of normative orders; the problem of aligning the polymorphism of normativities with the polymorphic structures of society – and, hence, the project of normative and social pluralism.
The Sacred occupies an important dual position in this context: marking an autonomous sphere of the Holy, endangered and upstaged by processes of modernization, and at the same time a fundamental trait of sociality, culture and normativity in general, thus providing the basis even still for modern, ‘secularized’ forms of collective beliefs.
The current volume is comprised of contributions from a variety of disciplinary perspectives dealing with a wide range of topics in the realm of normativity in order to recall these important issues and demonstrate the influence and moment of Durkheim’s thinking on matters of the Sacred and the law.
Über die als „Rechtssoziologie“ bekannt gewordenen Werkstücke von „Wirtschaft und Gesellschaft“ i... more Über die als „Rechtssoziologie“ bekannt gewordenen Werkstücke von „Wirtschaft und Gesellschaft“ ist bereits vieles gesagt und geschrieben worden. Die mittlerweile vorliegende Edition der Texte im Rahmen der historisch-kritischen Gesamtausgabe sowie die in der Editionsarbeit gewonnenen Einsichten in den Entstehungsprozess, die innere Logik und den Ort dieses „Collagenwerkes“ geben jedoch Anlass, sowohl etablierte Deutungen zu hinterfragen als auch neue Interpretationen dieser vielschichtigen Texte zur Debatte zu stellen. So lassen sich in diesen Texten bereits Ansätze eines Pluralismus normativer Ordnungen finden, und auch die kulturelle Dimension als Differenz der Rechtsordnungen wird von Weber in einer Weise betont, die noch für Betrachtungen von Gegenwartsgesellschaften und ihrer Identitätsbilder bedeutsam scheint. Dieser Band versammelt Beiträge, die vor diesem Hintergrund und in der erneuten Auseinandersetzung mit Webers Schriften zum Recht entstanden sind.
Die Theorie Pierre Bourdieus wird häufig als eine Synthese klassischer Ansätze bezeichnet, wobei ... more Die Theorie Pierre Bourdieus wird häufig als eine Synthese klassischer Ansätze bezeichnet, wobei typischerweise Weber, Durkheim und Marx als zentrale Referenzfiguren benannt werden. Kontextualisierenden Aussagen dieser Art kommt jedoch nicht lediglich ein disziplinhistorischer, sondern vielmehr auch ein systematischer Wert für die Verortung von Theorien zu, und damit: für die Bestimmung ihrer spezifischen Perspektivität und Anwendbarkeit. Worin genau die jeweiligen Anleihen zu sehen sind, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und inwieweit eine Fokussierung auf die genannten Autoren überhaupt gerechtfertigt ist, bleibt allerdings in der Regel unklar.
Daniel Witte rekonstruiert die zentralen Erbstücke Max Webers, Emile Durkheims und Georg Simmels in Pierre Bourdieus Werk. Hierzu wird Bourdieus Ansatz in einem ersten Teil als Feldtheorie, d. h. mit Blick auf seinen differenzierungs- und gesellschaftstheoretischen Anspruch gelesen. In einem zweiten Teil werden die genannten Klassiker auf drei zentrale Aspekte der soziologischen Theorie hin befragt: die kategoriale Fundierung ihrer soziologischen Analytik, ihre Konzeptualisierung von Macht und Herrschaft sowie ihren differenzierungstheoretischen Gehalt.
In der theorievergleichenden Zusammenschau ergibt sich mit dieser Studie das Bild Bourdieus als das eines modernen Klassikers, der fest auf den Schultern der Riesen des Faches steht, sich gegenüber einer oft unterstellten Nähe zu Marx jedoch als heimlicher Nachfolger Simmels erweist. Seine Gesellschaftstheorie zeigt sich vor diesem Hintergrund von neuen Seiten.
Die nach wie vor unbegreiflichen Anschläge des 11. September unter Verwendung von Rational-Choice... more Die nach wie vor unbegreiflichen Anschläge des 11. September unter Verwendung von Rational-Choice-Modellen ein Stück begreiflicher zu machen, fördert überraschende Ergebnisse zutage: Einerseits das unerwartete Potenzial, das die Theorie für das Verstehen dieses "irrationalen" Handelns birgt, andererseits aber auch die Verdeutlichung von Grenzen des rationalistischen Erklärungsansatzes.
Comparison, as a fundamental operation in the social sciences, is anything but a clearly defined ... more Comparison, as a fundamental operation in the social sciences, is anything but a clearly defined method. Rather, there is a highly heterogeneous field of comparative approaches with different intellectual traditions, ideas of "comparison," specific problems, and research strategies. In fact, different streams of comparative studies exist in parallel, each highly elaborated in its own way but largely ignoring the achievements of the other tradition and thus ultimately wasting analytical potential—namely cross-national studies (often associated with quantitative methods and explanatory objectives) on the one hand and cross-cultural studies or cultural comparisons (usually associated with qualitative methods and hermeneutical approaches) on the other. However, contemporary social sciences are confronted with an increasingly complex global reality that can no longer be described on the basis of one-dimensional frames of reference. Drawing on the basic methodological principle ...
Zeitschrift für Theoretische Soziologie, 2020
Die historisch in regelmäßigen Abständen auflebende Debatte über den Charakter und die Aufgaben d... more Die historisch in regelmäßigen Abständen auflebende Debatte über den Charakter und die Aufgaben des Fachs sowie über das Gesicht und die Zukunft der Soziologie hat im Zuge der Ausgründung der Akademie für Soziologie (AS) im Jahr 2017 eine lange nicht dagewesene Dynamik entfaltet. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Faches haben sich in öffentlichen Medien wie in teilöffentlichen Diskussionszusammenhängen zu diesem Ereignis zu Wort gemeldet. Ein Jahr nach dem Gründungsmanifest der AS reagierte die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) offiziell mit einer kritischen Stellungnahme, die auf der Homepage der DGS veröffentlicht wurde und das Ergebnis von Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der AS darstellt (DGS 2018). Darin weist die DGS einen allgemeinen Vertretungsanspruch des Fachs seitens der AS zurück und reklamiert diesen ihrerseits für sich. In zahlreichen Artikeln und Kommentaren, auf Blogs und Webseiten, in offenen Briefen und E-Mails sowie in verschiedenen Diskussionsrunden - so beispielsweise 2018 auf dem DGS-Kongress in Göttingen und jüngst beim »Soziologischen Aschermittwoch«, ausgerichtet vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Köln (ISS 2019) - wurden durchaus unterschiedliche Bewertungen der Entwicklungen und zum Teil harsche wechselseitige Kritik vorgetragen (siehe u.a. Strübing 2017a; 2017b; Scheffer 2017; Hinz 2018; Müller 2018; Nassehi 2018; Pries 2018; Burzan 2018). Im Zuge dieser lebhaften Debatte wurden - von Hartmut Esser und Stefan Hirschauer prominent in der Zeitschrift für Theoretische Soziologie - unterschiedlichste Deutungsangebote vorgelegt, die neben (wissenschafts-)theoretischen und methodologischen Aspekten auch Fragen der Konkurrenz um (unterschiedliche) Ressourcen und der (verweigerten) Anerkennung berühren.
In diesen heterogenen und miteinander konkurrierenden Deutungen wird jedoch implizit von empirischen Verhältnissen ausgegangen, die das Fach (wissenschaftlich wie sozial) strukturieren, wobei diese Verhältnisse selbst je nach Position und Disposition mitunter sehr unterschiedlich beurteilt werden. Systematische Analysen der gegenwärtigen Situation des Fachs im Sinne einer empirischen Rekonstruktion seiner Verhältnisse, was als eine wesentliche Voraussetzung für eine belastbare Urteilsbildung begriffen werden kann, finden sich dagegen bislang nicht. Stattdessen erfahren die elaborierten, dem Fach hierfür zur Verfügung stehenden theoretischen und methodischen Angebote im Zuge der aktuellen Debatte vielfach wechselseitige Abwertungen. Dies mag verwundern - liegt doch eine wesentliche Stärke des Fachs gerade darin begründet, dasses über Mittel verfügt, die es erlauben, die Voraussetzungen der eigenen Praxis zu reflektieren.
Zur Beantwortung der Frage nach den strukturellen Verhältnissen, die eine wissenschaftliche Disziplin kennzeichnen und damit zum Verständnis ihrer internen Konfliktdynamik beitragen können, bietet sich die von Bourdieu (1975; 1988; 2004) vorgeschlagene und zunehmend wissenschaftssoziologisch fruchtbar gemachte feldtheoretische Perspektive an (Münch 2011; Baier/Schmitz 2012; Maeße 2013; Schneickert 2013; Warczok/Zarycki 2014; Gengnagel et al. 2016, 2017; Hamann et al. 2017; Lenger/Rhein 2018; Schmidt-Wellenburg 2018; Keil 2019; Schwemmer/Wieczorek 2019). Diese Perspektive setzt die Analyse ebenjener strukturellen Dimensionen zentral, über deren Beschaffen heit, Relevanz und Verhältnisse in der laufenden Debatte Uneinigkeit besteht und letzt lich Unklarheit hemcht. Sie versteht dabei >genuin< wissenschaftlich (theoretische, methodologische, methodische und fachpolitische) wie auch >außerwissenschaftliche< (insb. ressourcen-, macht- und anerkennungsbezogene) Aspekte als gleichermaßen konstitutive Strukturmomente einer wissenschaftlichen Disziplin; sie interessiert sich auch und gerade für das empirische Verhältnis und Zusammenspiel jener zunächst nur analytisch zu unterscheidenden Dimensionen, die in akademischen Streits nicht selten gegeneinander ausgespielt werden, wobei Stellungnahmen. letztlich auf ungesicherten Annahmen über die >tatsächlichen< Hierarchie- und (Un-)Abhängigkeitsverhältnisse der >eigentlichen< Strukturdimensionen des Fachs fußen.
An diese Forschungstradition anknüpfend soll das Ziel des vorliegenden Debattenbeitrags darin bestehen, die (institutionalisierte) deutsche Soziologie in ihrer Feldstruktur zu rekonstruieren, d.h. auf empirischer Basis die Relevanz der im aktuellen Diskurs thematisierten Dimensionen sowie ihre Verhältnisse zueinander zu bestimmen. Zu diesem Zweck diskutieren wir erste Ergebnisse eines laufenden Forschungsprojekts, anhand derer die grundlegenden Strukturen des Feldes objektiviert werden, um auf diese, Grundlage einen konstruktiven Beitrag zur gegenwärtigen (wissenschafts-)soziologischen Debatte leisten zu können.
Berliner Journal für Soziologie 28 (3), 2018 (online first) (DOI: https://doi.org/10.1007/s11609-018-0378-2)
Der Aufsatz befasst sich mit dem ambivalenten Erbe Emile Durkheims in der Soziologie Pierre Bourd... more Der Aufsatz befasst sich mit dem ambivalenten Erbe Emile Durkheims in der Soziologie Pierre Bourdieus. Im Mittelpunkt stehen die Beiträge beider Autoren zur politischen Soziologie und zur Staatssoziologie, die von ihren wissenssoziologischen Prämissen her rekonstruiert werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt zunächst einige gravierende blinde Flecken in Durkheims politischer Soziologie aufgezeigt, in der der Staat als gesellschaftliches „Gehirn“ konzipiert und zugleich Machtbalancen, sozialen Konflikten sowie konkreten Akteurs- und Interessenskonstellationen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. In einem zweiten Schritt wird herausgearbeitet, dass Bourdieus Staatssoziologie einerseits an zentralen Punkten auf den Annahmen Durkheims aufbaut, andererseits aber dessen Defizite unter Einbeziehung von Ideen Max Webers und durch ihre Integration in einen erweiterten macht- und herrschaftssoziologischen Rahmen zu überwinden sucht. Der Vergleich der beiden Autoren zeigt, dass Bourdieu allerdings nicht lediglich Durkheims staatszentrische Konzeption von Gesellschaft übernimmt; zu seinem „durkheimianischen Erbe“ gehört vielmehr auch ein methodologischer religionssoziologischer Universalismus, der seine gesamte Gesellschaftstheorie anleitet und letztlich ihr analytisches Potenzial beschneidet, was in der theoretischen Behandlung des Staates deutlich zutage tritt.
ENGLISH: An ambivalent legacy: From Durkheims’s (un-)political sociology to Bourdieu’s religio-sociological theory of the state
ABSTRACT: The paper deals with the ambivalent legacy of Emile Durkheim’s thought in the sociology of Pierre Bourdieu. It focuses on the contributions of both authors to political sociology and the sociology of the state, which are reconstructed from their underlying premises in the sociology of knowledge. In a first step, the paper reveals weak spots in the political sociology of Durkheim, who conceived of the state as the “brain” of society, largely ignoring the role of power balances, social conflicts as well as concrete constellations of actors and interests. In a second step, it is shown how crucial aspects of Bourdieu’s sociology of the state are, on the one hand, built on Durkheimian foundations, while, on the other hand, he aims to overcome the French founding father’s deficits by including ideas of Max Weber and integrating them into an extended analytical framework for a sociology of power and domination. However, the comparison between the two authors unveils that Bourdieu did not simply adopt Durkheim’s state-centric account of society – rather, to his “Durkheiman legacy” also belongs a methodological religio-sociological universalism that orients his entire theory of society and ultimately limits its analytical potential, as becomes obvious in his theoretical handling of the state.
FRANÇAIS: Un héritage ambivalent: de la sociologie (a-)politique de Durkheim à la sociologie religieuse de l’État de Bourdieu
RÉSUMÉ: Cet article se penche sur l’héritage ambivalent d’Émile Durkheim dans la sociologie de Pierre Bourdieu. L’accent est mis sur la contribution de ces deux auteurs à la sociologie politique et à la sociologie de l’État, laquelle est reconstruite ici à partir de leurs présupposés en matière de sociologie de la connaissance. Un certain nombre de points aveugles importants sont tout d’abord relevés dans la sociologie politique de Durkheim qui conçoit l’État comme le « cerveau » de la société et accorde trop peu d’attention aux rapports de force, aux conflits sociaux ainsi qu’aux constellations concrètes d’acteurs et d’intérêts. Dans un second temps, il est mis en évidence que, sur certains points essentiels, la sociologie de l’État de Bourdieu s’appuie sur les hypothèses de Durkheim tout en cherchant, par ailleurs, à dépasser les déficits de ce dernier en intégrant certaines idées de Max Weber dans le cadre plus large d’une sociologie du pouvoir et de la domination. La comparaison entre ces deux auteurs montre que Bourdieu ne reprend pas seulement à son compte la conception statocentrique de la société de Durkheim. Son « héritage durkheimien » comprend également un universalisme méthodologique des catégories de la sociologie religieuse qui sous-tend l’ensemble de sa théorie de la société et limite en définitive sa portée analytique, comme il apparaît clairement dans son traitement théorique de l’État.
Oliver Marchart & Renate Martinsen (Hrsg.): Foucault und das Politische. Transdisziplinäre Impulse für die politische Theorie der Gegenwart, Wiesbaden 2019: VS, S. 211-233., 2019
Der Beitrag sucht die Verwandtschaft einer Theoriefigur bei Michel Foucault, Norbert Elias und Pi... more Der Beitrag sucht die Verwandtschaft einer Theoriefigur bei Michel Foucault, Norbert Elias und Pierre Bourdieu nachzuzeichnen, die den Zusammenhang der Formierung und Formatierung von Subjekten mit langfristigen historischen Prozessen der Staaten(um)bildung betrifft. Zu diesem Zweck werden zunächst komplementäre Motive dieser drei Autoren versammelt, die jeweils spezifische Schwerpunktsetzungen markieren: die Disziplinierung gelehriger Körper bei Foucault, die Modellierung des Affekthaushalts bei Norbert Elias und Durchsetzung eines „Staatsdenkens“ bei Pierre Bourdieu. In einem darauffolgenden Schritt werden zwei Vorschläge gemacht, wie sich diese unterschiedlichen Akzentuierungen (erstens historisch und zweitens systematisch) wechselseitig befruchten könnten und sinnvoll zu einem Modell der politischen Transformation von Subjektivierungsweisen integrieren ließen. Abschließend wird die Frage nach tieferliegenden Ursachen für die beobachtete Wahlverwandtschaft der drei Ansätze aufgeworfen: Der Beitrag argumentiert, dass eine solche Ursache in einem gemeinsam geteilten Anschluss an Max Weber gesucht werden kann, der mit der Betonung motivationaler Prägungen in spezifischen historischen Strukturen schon früh einen Relationalismus von Akteurs- und Ordnungsebene entworfen hatte.
Zeitschrift für Theoretische Soziologie 6 (2), 2017, S. 156-188, 2017
English: Sociology gives different theoretical answers to the challenges of a globalized society.... more English: Sociology gives different theoretical answers to the challenges of a globalized society. In recent times, also Bourdieu´s conceptual instruments have been used increasingly. Bourdieu´s approach, however, faces the problem that his notion of society, in its classical form, is based on the assumption of nationally limited fields and spaces, and ultimately equates society with the "nation-state". In this article, we argue that Bourdieu´s strong analytical emphasis on the state is to be abandoned and that the resulting theoretical gap is to be filled with a more abstract concept. To this end, we first critically reflect his version of the nation-state as a "field of power" and present theoretical deficits therein as well as the implied challenges for an analysis of global issues. By deriving a "global field of power", an approach is proposed that is capable of theoretically integrating different research perspectives and results on transnational fields. Moreover, this modification allows us to relocate the nation-state as a historical and analytical special case of the formation of social order. We conclude with an outlook on the analytical potential of such a generalized field theory.
German: Die Soziologie gibt auf die Herausforderungen globaler Vergesellschaftung unterschiedliche theoretische Antworten; in jüngerer Zeit wird dabei zunehmend auch auf das begriffliche Instrumentarium Bourdieus zurückgegriffen. Dieser Zugangsweise steht jedoch das Problem gegenüber, dass das Bourdieu´sche Gesellschaftsverständnis in seiner klassischen Form auf der Annahme national begrenzter Felder und Räume fast und damit letztlich "Gesellschaft" mit "Nationalstaat" gleichsetzt. In diesem Beitrag argumentieren wir, dass die bei Bourdieu angelegte Zentralsetzung des Staates aufzugeben und die hieraus resultierende theoretische Leerstelle mit einem abstrakteren Ersatzkonzept zu schließen ist. Zu diesem Zweck reflektieren wir zunächst kritisch Bourdieus Fassung des Nationalstaats als Feld der Macht und legen ihre theoretischen Defizite und die daraus folgenden Herausforderungen für eine Analyse globaler Problemstellungen dar. Mit dem globalen Feld der Macht wird dann ein theoriekonsistenter Gegenentwurf vorgeschlagen, der geeignet ist, unterschiedliche Forschungsrichtungen und -ergebnisse zu transnationalen Feldern theoretisch zu integrieren. Diese Modifikation erlaubt es darüber hinaus, den Nationalstaat als einen historischen und analytischen Spezialfall sozialer Ordnungsbildung zu diskutieren. Wir schließen mit einem Ausblick auf das analytische Potenzial einer solchermaßen generalisierten Feldtheorie.
Annette Schnabel, Melanie Reddig & Heidemarie Winkel (Hrsg.): Religion im Kontext | Religion in Context. Handbuch für Wissenschaft und Studium, Baden-Baden 2018: Nomos, S. 223-238.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliograf... more Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Berliner Journal für Soziologie 27 (3-4), 2017, S. 341–346 (DOI: https://doi.org/10.1007/s11609-018-0365-7), 2017
„Relationalität“ ist zu einem zentralen Begriff unterschiedlichster soziologischer Teildiskurse a... more „Relationalität“ ist zu einem zentralen Begriff unterschiedlichster soziologischer Teildiskurse avanciert. Das gilt für die jüngeren Theoriedebatten und ihre prominentesten Stichwortgeber – man denke an Pierre Bourdieu, Bruno Latour, Harrison C. White, Peter Hedström oder Niklas Luhmann – ebenso wie für methodische Entwicklungen: Relationale Methoden wie die verschiedenen Varianten der Diskursanalyse, der geometrischen Datenanalyse oder der Netzwerkanalyse feiern, nicht erst seit „Big Data“, Hochkonjunktur. Dabei scheint es fast, als sei das Bekenntnis zu „Relationalität“ zum festen Bestandteil des Markierens soziologischer Fachidentität geworden – der Begriff hat einen geradezu normativen, wenn nicht gar hegemonialen Beiklang gewonnen, und kaum eine Autorin oder ein Autor würde noch von sich behaupten, „essenzialistisch“, „substanzialisierend“ oder anderweitig bewusst nichtrelational zu denken. [read more]
Der Begriff der Relationalität ist aus aktuellen soziologischen Diskussionen kaum noch wegzudenke... more Der Begriff der Relationalität ist aus aktuellen soziologischen Diskussionen kaum noch wegzudenken, wobei sich ein unübersichtliches Terrain mit einer Vielzahl von ganz unterschiedlichen Ansichten darüber auftut, was genau unter „relationaler Soziologie“ zu verstehen sei. Vor diesem Hintergrund will der vorliegende Artikel einen Beitrag zum Verständnis der Vielfalt und Einheit relationaler Soziologie leisten und damit zugleich in systematischer Hinsicht zur Verständigung über ihre Grundprinzipien beitragen. Hierzu wird zunächst ein Aufriss der wichtigsten intellektuellen Traditionen und Denkbewegungen des soziologischen Diskurses gegeben, die für diese Debatte von Bedeutung sind. In einem zweiten Schritt wird die Vielzahl der auf diese Weise versammelten Motive und Argumente geordnet und eine Schematik vorgeschlagen, in der 1) eine ontologisch-epistemologische, 2) eine sozialtheoretische, 3) eine gesellschaftstheoretische und 4) eine forschungspraktische Dimension relationaler Soziologie unterschieden werden. Im dritten Teil des Beitrags werden abschließend die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der ausgewählten Ansätze für eine Konstruktion von Idealtypen relationalen Denkens fruchtbar gemacht.
Jan Fuhse & Karoline Krenn (Hrsg.): Netzwerke in gesellschaftlichen Feldern, Wiesbaden 2019: Springer VS, S. 25-61.
Im Rahmen des Beitrags werden unterschiedliche Interpretationen des Verhältnisses von Feldern und... more Im Rahmen des Beitrags werden unterschiedliche Interpretationen des Verhältnisses von Feldern und Netzwerken diskutiert und damit mögliche Ansatzpunkte zur Verknüpfung von Feldtheorie und Netzwerkforschung ausgelotet. Hierfür werden zunächst 1) das Relationalitätsverständnis beider Paradigmen verglichen, manifeste und latente Relationen unterschieden und die Konzepte „Netzwerk“ und „Sozialkapital“ miteinander kontrastiert. Am Beispiel von Wissenschaftsnetzwerken werden in den darauffolgenden Schritten sodann Netzwerke als soziale Strukturen 2) in Feldern und 3) zwischen Feldern behandelt, um schließlich aufzuzeigen, wie 4) Netzwerke selbst als relativ autonome „transversale Felder“ konzipiert werden können. Dieser Zugriff erlaubt es, das analytische Instrumentarium der Feldtheorie für die Untersuchung von Netzwerkstrukturen fruchtbar zu machen. Dabei zeigt sich unter anderem, dass die unterschiedlichen Verwendungsweisen der Netzwerksemantik (der formal-analytische sowie der gesellschaftsdiagnostische Netzwerkbegriff) mit spezifischen Positionen in transversalen Netzwerkfeldern korrespondieren und damit systematisch zueinander in Beziehung gesetzt werden können. Der Beitrag schließt mit weiterführenden Überlegungen zum Komplementärverhältnis der zwei behandelten Spielarten relationaler Soziologie.
Naika Foroutan, Juliane Karakayali & Riem Spielhaus (Hrsg.): Postmigrantische Perspektiven. Ordnungssysteme, Repräsentationen, Kritik, Frankfurt am Main: Campus, S. 145ff.
Oliver Tewes & Garabet Gül (Hrsg.): Der soziale Raum der postmigrantischen Gesellschaft, Weinheim/Basel 2018: Beltz Juventa, S. 45-58.
Oliver Tewes & Garabet Gül (Hrsg.): Der soziale Raum der postmigrantischen Gesellschaft, Weinheim/Basel 2018: Beltz Juventa, S. 16-31.
Zeitschrift für Rechtssoziologie 37 (2), 2017, S. 266–312 (DOI: https://doi.org/10.1515/zfrs-2017-0016).
Constitutions provide a complex cultural object for socio-legal studies that cannot be adequately... more Constitutions provide a complex cultural object for socio-legal studies that cannot be adequately described in terms of a normative order alone. The potentials for the comparative study of legal cultures resulting from this have not been sufficiently exploited by either comparative law or the sociology of law. Against this background, the paper presents a general outline of a comparative sociology of constitutions as part of a sociology of legal cultures. As a first step, an analytical model is developed that embraces the multidimensionality and diversity of the subject by distinguishing between the normative-semantic, symbolic-epistemic, practical-discursive and organisational-sociostructural dimensions of constitutional cultures. This model is then applied to the US and the Polish cases. The paper closes with remarks on the logics and heuristic utility of the model.
Verfassungen bilden einen komplexen kulturellen Tatbestand, der sich als normative Ordnung allein nicht angemessen beschreiben lässt. Hieraus ergeben sich vielfältige komparative Potenziale, die bislang weder in der Rechtsvergleichung noch in der Soziologie des Rechts ausgeschöpft scheinen. Der Beitrag skizziert vor diesem Hintergrund die Grundzüge einer rechts-kulturvergleichenden Verfassungssoziologie. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt ein Analyseraster vorgeschlagen, das an der Mehrdimensionalität und Vielgestaltigkeit von Verfassungskulturen orientiert ist. Dabei wird zwischen einer normativ-semantischen, einer symbolisch-epistemischen, einer praktisch-diskursiven und einer organisatorisch-sozialstrukturellen Dimension von Verfassungskultur unterschieden. In einem zweiten Schritt wird diese Analytik exemplarisch auf die Verfassungskulturen der USA sowie Polens angewendet, die sodann in einem dritten Schritt miteinander kontrastiert werden. Der Beitrag schließt mit einigen Anmerkungen zur Logik und dem heuristischen Nutzen des Untersuchungsschemas.
Stephan Lessenich (Hrsg.): Geschlossene Gesellschaften. Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016 (online unter: http://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband\_2016).
Der Beitrag geht der Frage nach, wie soziale Schließung von Klassen, Kulturen und gesellschaftlic... more Der Beitrag geht der Frage nach, wie soziale Schließung von Klassen, Kulturen und gesellschaftlichen Teilbereichen her gedacht werden kann. Dabei wird ein besonderer Akzent auf solche Schließungseffekte gelegt, die sich nicht aus der jeweiligen Binnenlogik dieser Einheiten allein, sondern gerade aus ihren Wechselwirkungen ergeben, was hier mit dem Begriff der „Schließungsverhältnisse“ bezeichnet wird. Ausgehend von einem modifizierten Feldbegriff wird dabei zunächst gefragt, wie sich Klasseneffekte auf die Schließung sozialer Felder und umgekehrt Feldeffekte auf die Schließung sozialer Klassen auswirken. In einem nächsten Schritt wird die Frage aufgeworfen, wie und in welchem Sinne „Kultur“ als eine distinkte Dimension gesellschaftlicher Differenzierung in den bis hier vorgeschlagenen Rahmen integriert werden kann. Damit trägt die Leitfrage nach Formen des sozialen Ausschlusses auch zur Präzisierung der Diskussion darüber bei, auf welche Weise stratifikatorische, sachliche und kulturelle Differenzierung jenseits von Primatsthesen als miteinander verknüpft gedacht werden können.
Die daraus resultierende Kombinatorik führt zu der Annahme, dass sich für diese Relationierung von Differenzierungsprinzipien und die damit einhergehenden Schließungseffekte im Vergleich unterschiedlicher gesellschaftlicher Formationen ganz verschiedenartige Logiken identifizieren lassen. In diesem Sinne lassen sich nicht nur Schichtungs- bzw. Klassenstrukturen sowie kulturelle Differenzierungsmuster komparativ beleuchten, sondern auch das Prinzip sachlicher Differenzierung sowie die unterschiedlichen Verknüpfungsprofile der drei Differenzierungsformen werden für eine gesellschaftsvergleichende Perspektive geöffnet. Hierzu wird in einem dritten Schritt der Begriff der „Differenzierungskulturen“ vorgeschlagen und die angedeutete Vielfalt von Schließungsverhältnissen in einen allgemeineren gesellschaftstheoretischen Rahmen einstellt. In dieser komparativen Perspektive rückt schließlich der Nationalstaat als ein – noch immer – zentraler Ort der Verknüpfung und Variation von Schließungsmechanismen in den Blick.
Stephan Lessenich (Hrsg.): Geschlossene Gesellschaften. Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016 (online unter: http://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband\_2016).
Verfassungen stellen „Grundordnungen“ nicht nur politischer Verbände, sondern auch allgemein von ... more Verfassungen stellen „Grundordnungen“ nicht nur politischer Verbände, sondern auch allgemein von Gesellschaften dar. Sie bestimmen den Zuschnitt und die Kompetenzen staatlicher Organe in gewaltenteiligen Arrangements, limitieren Macht und politische Herrschaft und stellen dem gewöhnlichen Recht einen Maßstab seiner eigenen Rechtmäßigkeit zur Seite. Darüber hinaus ziehen Verfassungen die Grenzen zwischen gesellschaftlichen Teilbereichen und schreiben deren grundsätzliche Verhältnisse zueinander fest. Über die Grundrechtskataloge sind fundamentale Werte und Normen von Rechtskulturen mit variierenden Gewichtungen in Verfassungen eingeschrieben und u. a. in Präambeln gerinnen Gründungsmythen und Identitätsnarrationen. Aufgrund ihres Vorrangs gegenüber anderen positivrechtlichen Regelungen und ihres Anspruchs auf dauerhafte Geltung kommt Verfassungen schließlich auch in Fragen sozialen Wandels eine besondere Relevanz zu, die unter dem Stichwort expliziten und impliziten Verfassungswandels kontrovers diskutiert wird und wiederum auf die Einbettung von Verfassungsgerichtsbarkeiten in unterschiedlichste Machtbalancen verweist.
Der Beitrag skizziert mögliche Ansatzpunkte einer soziologisch interessierten Verfassungsanalyse und fragt nach den analytischen Potenzialen, die sich hieraus für gesellschafts- und kulturvergleichende Fragestellungen ergeben. Zu diesem Zweck wird ein analytisches Raster für die Verfassungssoziologie skizziert und auf das Beispiel der polnischen Verfassungskrise 2015/16 angewendet. In der Debatte über diese Krise um Auslegung und Anwendung der Verfassung von 1997 wird das Recht häufig eher als ein Epiphänomen politischer Verhältnisse dargestellt, eher als ein Prätext denn als Gegenstand landesweiter Konflikte. Gegenüber dieser Deutung wird die gegenwärtige Krise hier als Ergebnis eines Entwicklungsprozesses analysiert, in dessen Rahmen sich ein für die polnische Gesellschaft typisches Rechtsverständnis sowie eine diskursive Situation entwickeln konnte, in der die Verfassung zum Fokalpunkt politischer und gesellschaftlicher Konflikte avancierte. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick zu den komparativen Potenzialen einer soziologischen Analyse von Verfassungskulturen.
Philipp Stoellger/Martina Kumlehn (Hrsg.): Wortmacht – Machtwort. Deutungsmachtkonflikte in und um Religion, Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 417-454.
Philipp Stoellger/Martina Kumlehn (Hrsg.): Wortmacht – Machtwort. Deutungsmachtkonflikte in und um Religion, Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 65-106.
Philosophy and Society 28 (2), July 2017, pp. 231-249.
The paper reflects on recent developments towards authoritarianism and right-wing populism that h... more The paper reflects on recent developments towards authoritarianism and right-wing populism that have become apparent in a number of Western societies and aims at pinpointing possible cultural foundations for this trend. Using the example of the German PEGIDA movement and the wider milieu in which it is embedded, it identifies and describes a rapidly spreading culture of mistrust and discusses some of its political and epistemological implications. In a second step, the paper draws on Luc Boltanski's theory of justification in order to attain a better understanding of this political movement's specificities. It is argued that it is a quasi-violent refusal of justification which is constitutive for the movement in question, thereby transcending the reach of Boltanski's framework to some extent. In a third step, a closer look is taken at the epistemological paradox that results from the fact that a number of the PEGIDA movement's crucial points of criticism are effectively shared by a larger part of the overall population, raising severe problems for the question of sociological critique. The paper utilizes ideas by Bruno Latour in order to illuminate this paradox further and examine its consequences. It closes with remarks on the possibility to "reassemble" trust and critique as crucial but contested – and, hence, precarious – foundations of modern society.
Sociologia Internationalis 53 (2), 2015, S. 161-198.
Analysen des Rechts lassen sich grundsätzlich danach unterscheiden, ob sie Recht primär als Macht... more Analysen des Rechts lassen sich grundsätzlich danach unterscheiden, ob sie Recht primär als Macht- und Herrschaftsinstrument deuten, seine innerjuridische Eigenlogik in den Vordergrund rücken oder Recht als einen kulturellen Tatbestand in den Blick nehmen. Der Beitrag unterzieht die Schriften Pierre Bourdieus und Michel Foucaults zum Recht einer vergleichenden Untersuchung und zeigt einige zentrale Konvergenzen beider Perspektiven auf. Dabei zeigt sich, dass Bourdieu und Foucault die Anerkennung eigenlogischer Qualitäten des Rechts mit einer herrschaftssoziologischen Perspektive zusammenführen; obwohl jedoch beide Autoren eigentlich Ansatzpunkte zur Analyse der kulturellen Dimension von Recht liefern, blenden sie diese weitgehend aus, womit wichtige Potenziale für eine kulturvergleichende Rechtsanalyse verschenkt werden. Der Beitrag schließt mit einigen Hinweisen darauf, wie die beiden verhandelten Ansätze eine solche Analyse anleiten können.
Analyses of law can basically be distinguished according to whether they primarily refer to law as an instrument of power and domination, place an emphasis on its autonomous juridical inner-logic or conceive it as a cultural fact. The article comparatively examines Pierre Bourdieu’s and Michel Foucault’s writings on the law and identifies several crucial convergences between both perspectives. It shows that both authors combine attention to the inner logic of law with a power-theoretical approach. However, although both Bourdieu and Foucault provide fruitful starting points for a cultural analysis of the law, they largely ignore its cultural dimension, thereby giving away significant potential for a comparative analysis of legal cultures. The paper concludes with some hints on how the two approaches can guide such an analysis.
International Sociological Association Research Committee on Sociology of Law (RC12) (ed.): RCSL Newsletter, Winter 2017, pp. 12-17.
Die Ad-hoc-Gruppe möchte ausgehend vom bisherigen Stand der differenzierungstheoretischen Debatte... more Die Ad-hoc-Gruppe möchte ausgehend vom bisherigen Stand der differenzierungstheoretischen Debatte die Potenziale einer stärker empirisch orientierten Differenzierungsforschung ausloten, die die globale Vielfalt von Differenzierungsmustern zum Ausgangspunkt vergleichender Analysen nimmt (Organisation: Daniel Witte und Uta Karstein).
international conference at the käte hamburger center for advanced study "law as culture" 27 o c ... more international conference at the käte hamburger center for advanced study "law as culture" 27 o c t o b e r 28 o c t o b e r the sacred and the law: the durkheimian legacy tuesday wednesday SESSION 3: SACRED NORMATIVITY, POLITICS AND THE DIVISION OF LABOR (PART 1) (Chair: Marta Bucholc) 16:30-17:15 DANIEL WITTE (Bonn) From Durkheim's (A-)Political Sociology to Bourdieu's Religio-Sociological Critique of the State 17:45 Conclusion: Why we all do remain Durkheimians 27 o c t o b e r tuesday 28 o c t o b e r wednesday speakers O v e r v i e w o f S p e a k e r s
Sociologia Internationalis 55 (1), S. 132-138, 2017
lich, zeitgenössische Meister dominierten (vgl. S. 45). Die Villa in Bassanodel Grappa wies berei... more lich, zeitgenössische Meister dominierten (vgl. S. 45). Die Villa in Bassanodel Grappa wies bereits die -noch erhaltene -"triumphale Gestaltung der Innenräume" (S. 101) auf, die dann von der Ca' Rezzonico noch überboten wurden (hiervon überdauern nur die Architektur, die Fresken, Steinmetzarbeiten und Stukkaturen). Als "Synergieeffekt" (S. 196) der Papstwahlerhielt der Bruder Clemens' XIII. das Amt des "Prokurators von San Marco", das zweithöchste der Republik. Der Papst selbst war bei persönlicher Liebenswürdigkeit und Frömmigkeit eher ein Leichtgewicht, er war wiederholt als Kompromisskandidat nach oben befördert worden.
Soziologische Revue 41 (3), S. 384-399, 2018
Die Etablierung des Außenseiters Norbert Elias als eines Klassikers der Soziologie verlief bekann... more Die Etablierung des Außenseiters Norbert Elias als eines Klassikers der Soziologie verlief bekanntlich keineswegs reibungslos, über Umwege und im internationalen Vergleich höchst heterogen. Auch dort, wo eine Kanonisierung des Elias’schen Werkes bereits erfolgt ist, lassen sich jedoch maßgebliche Verschiebungen beobachten, von denen die Mehrzahl der hier rezensierten Arbeiten Zeugnis ablegen. Es zeigt sich, dass diese insbesondere in einer verstärkten Hinwendung zu methodologischen und methodischen Aspekten bzw. einer empirischen Forschung im Anschluss an Elias bestehen, wobei zunehmend auch Fragestellungen adressiert werden, die nicht selbst seinem Werk entstammen und damit lediglich dort bereits nachzulesende Argumente reproduzieren. Zugleich erfolgt im Zuge dieser Entwicklung gegenwärtig eine Reorientierung von der (spezielleren) Zivilisationstheorie auf die (allgemeinere) Prozess- und Figurationssoziologie. Insbesondere für die deutschsprachige Soziologie kann insofern von einer zweiten Phase der Kanonisierung des Elias’schen Werkes gesprochen werden.
Kritische Justiz 49 (2), 2016, S. 275-278.