Ricardo Kaufer - Georg-August-Universität Göttingen (original) (raw)
Papers by Ricardo Kaufer
Interface, 2019
The Kurdish movement and German leftist and anarchist activists cooperated in 2018 in criticizing... more The Kurdish movement and German leftist and anarchist activists cooperated in 2018 in criticizing the Turkish military operations in Afrin. Radical left wing and anarchist actors and the Kurds argued that the German government supported the Turkish state in its war on Afrin by its armament policy and thereby violating central human and political rights. This cooperation and the visibility of a formerly external ethnic conflict sheds light on the political impact of migrant social movements in Germany and its political culture. By describing and analyzing current protest activities of leftist and anarchist actors against the war in Afrin, the importance of the concept of solidarity to the leftist and anarchist movement becomes evident. The central source for solidarity by the leftist and anarchist actors with the Kurdish movement is the appealing character of the Kurdish federalism in Northern Syria.
Forum Wissenschaft, 2015
Das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Wissenschaft betrifft auch die Frage, wer Wissens... more Das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Wissenschaft betrifft auch die Frage, wer Wissenschaft betreibt und wie wissenschaftliche Arbeit organisiert wird, also auch in welchem Rahmen sie stattfindet. Die Digitalisierung hat neue technologisch basierte Handlungsmöglichkeiten hierfür eröffnet. Aber schon seit langer Zeit wird wissenschaftliche Forschung außerhalb der stark vermachteten öffentlichen Institutionen selbst organisiert, wie Ricardo Kaufer am Beispiel der anarchosyndikalistischen Bewegung aufzeigt.
ZfU - Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 2013
Die Politiksektoren der Landnutzer mit ihren Programmen, Politikzielen und Instrumenten haben ein... more Die Politiksektoren der Landnutzer mit ihren Programmen, Politikzielen und Instrumenten haben einen großen Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung von ländlichen Regionen. Die flächenmäßig bedeutendsten Landnutzungen sind die Land- und Forstwirtschaft, die sich jeweils in eigenen Politiksektoren organisieren. Im Rahmen eines Politiksektors steuern staatliche Akteure mit Beteiligung von gesellschaftlichen
Akteuren über politische Programme undVerfahren einen bestimmten Regelungsbereich, hier die Land- bzw. Forstwirtschaft.Ziel der vorliegenden Analyse ist, die Steuerungspotentiale des Politiksektors Forstwirtschaft zu untersuchen und mögliche Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung zu identifizieren. Die Steuerungspotentiale
werden entlang der vier wichtigen Entwicklungsdimensionen „ökonomisch“, „ökologisch“ sowie „regional“ und „global“ analysiert. Untersucht wird, auf welche Entwicklungsdimensionen die Ziele des Politiksektors Forstwirtschaft ausgerichtet sind, und inwieweit diese Zielorientierungen durch ein geeignetes Instrumentarium entlang der Dimensionen unterstützt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ziele
des Politiksektors stark in Richtung ökologischer und ökonomischer Dimension steuern, die vorhandenen Instrumente dies hingegen nur teilweise unterstützen. Die Ziele unterstützen auch mäßig starke Steuerungspotentiale mit regionalem Bezug, was keine Unterstützung durch geeignete Instrumente findet. Bezüglich globaler Steuerungswirkungen verbleibt der Politiksektor in Zielen und Instrumenten indifferent. Aus den Ergebnissen wird gefolgert, dass die Forstwirtschaft als Politiksektor aktuell für mögliche Bündnispartner wie z.B. Regionen einen wirtschaftlichen Beitrag zu deren nachhaltiger Entwicklung in Bereichen leisten kann, wo es an ökonomischen
Perspektiven mangelt. Ferner vermag die Forstpolitik Bündnispartnern punktuelle Beiträge zur Schärfung ihrer ökologischen Orientierungen im Sinne einer starken Nachhaltigkeit zu leisten. Zur Stärkung globaler Orientierungen und regionaler Nachhaltigkeit hingegen stehen der Forstpolitik wenige Instrumente zur Verfügung, um nachhaltige Entwicklung von Regionen zu flankieren. Somit entgehen dem Politiksektor in diesen Bereichen Bündnisoptionen.
ZfU - Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 2014
Nachhaltigkeit in derWasserwirtschaft und der wasserwirtschaftlichen Energieerzeugung sind aktuel... more Nachhaltigkeit in derWasserwirtschaft und der wasserwirtschaftlichen Energieerzeugung sind aktuelle Gegenstände des Fach- und Praxisdiskurses. Die Relevanz dieser Gegenstände nimmt im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Energieerzeugungstransformation zu. Doch welche Nachhaltigkeitspotentiale besitzt der Politiksektor
Wasserwirtschaft insgesamt? Welche formalen Steuerungspotentiale für eine nachhaltige Entwicklung ländlicher Regionen beinhaltet dieWasserwirtschaftspolitik? Diesen Fragen widmet sich die zu Grunde liegende Analyse. Hierzu wurden die Ziele und Instrumente des Politiksektors Wasserwirtschaft hinsichtlich formaler Beiträge zu
einer nachhaltigen Entwicklung ländlicher Regionen geprüft. Kriterien zur Analyse der Ziele und Instrumente sind die vier Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologieorientierung,
Ökonomieorientierung, regionale und globale Orientierung. Die Analyse der zentralen sektoralen Zielstellungen und Instrumente ergibt, dass der Politiksektor Wasserwirtschaft bezogen auf die Ziele starke Steuerungspotentiale im Bereich Ökologieorientierung, mäßige Steuerungspotentiale bzgl. der Ökonomieorientierung und
keine relevanten Steuerungspotentiale bzgl. der globalen Orientierung aufweist. Regionale Orientierung ist insofern relevant als die Potentiale wasserwirtschaftlicher Ressourcen prioritär regionaler „Entwicklung“ dienen sollen. Auf der Ebene der Instrumente werden die Zielformulierungen unterstützt. Von 19 betrachteten Instrumenten
beinhalten 14 Instrumente formal mäßig starke bis starke Ausrichtungen auf die Ökologieorientierung und 11 Instrumente beinhalten eine mäßig starke bis starkeAusrichtung auf die Entwicklungsdimension Ökonomieorientierung. Regionale und globale Orientierung sind darüber hinaus wenig relevant. In der Konsequenz ist festzustellen,
dass die Steuerungspotentiale des PolitiksektorsWasserwirtschaft primär im Bereich Ökologieorientierung liegen, darüber hinaus aber insbesondere regionale energiewirtschaftliche Potentiale durch denWasserwirtschaftssektor befördert werden.
Raumforschung und Raumordnung, 2013
Agrar- und Raumordnungspolitik beanspruchen in ihren Zielformulierungen zur nachhaltigen Landnutz... more Agrar- und Raumordnungspolitik beanspruchen in ihren Zielformulierungen zur nachhaltigen Landnutzung in ländlichen Regionen beizutragen. Beide Politiken versprechen auf der Zielebene eine mehrdimensionale nachhaltige Entwicklung für Regionen, die sowohl
die Ökologie als auch die Ökonomie voranbringt und darüber
hinaus Regionen Anschluss an wirtschaftliche Globalisierungsprozesse
verschafft und interne Stoffflüsse stärkt. Zur Überprüfung dieses Anspruchs werden die Ziele und Instrumente der beiden Politiken separat hinsichtlich ihres Steuerungspotentials für nachhaltige Landnutzung, operationalisiert anhand der vier Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologieorientierung, Ökonomieorientierung, regionale und globale Orientierung, analysiert. Im Ergebnis zeigt sich, dass für die anspruchsvollen Ziele nur wenige starke
Instrumente zur Verfügung stehen und diese auf Ökonomie
und Anschluss an wirtschaftliche Globalisierungsprozesse
fokussieren. Ökologieorientierung und die Stärkung regionsinterner
Stoffflüsse werden entgegen der Zielformulierungen nicht durch ein zielentsprechendes Instrumentarium gestützt.
Female labor activists in the German anarcho-syndicalist union (FAU) and the women*s strike movement: class mobilization against exploitation
Journal of Labor and Society, 2019
The 8th of March in 1994 (“Frauenstreik 1994”), was an important date for the German women*s labo... more The 8th of March in 1994 (“Frauenstreik 1994”), was an important date for the German women*s labor movement. 1 million female workers went on strike. The organizers of the 2018 women*s rights demonstrations, which were supported by people in more than 20 cities throughout Germany, linked their mobilization efforts with the successful strike of 1994. The women*s rights demonstrations in Germany were part of a transnational women*s and female worker*s mobilization. This global strike and protest movement with women* on strike in Argentina, Poland, Spain and USA was supported by the anarcho-syndicalist labor unions from Poland, Inicjatywa Pracownicza (IP), and Spain, Confederación Nacional del Trabajo (CNT). After the successful mobilization in 2018, a network of female worker*s aims at a nationwide general and political strike in Germany on the 8 March of 2019 (8M) to put the feminist labor movement and its´ criticism of women*s exploitation and discrimination on the general agenda. The 2019 women*s strike will not only attack wage labor, but all types of work which women* carry out with the consequences of unsafe and violent situations. The female unionists of the German anarcho-syndicalist labor union Free Workers´ Union (FAU; German: Freie ArbeiterInnen- und Arbeiter-Union) are part of the transnational network which aims at the coordination of female labor unionists and their strike activities. All these mobilization efforts show that female labor activism is increasing. Anarcho-syndicalist unions are an organizational element and tool for the increasing of women*s labor activism.
Zusammenfassung Die Hambacher Forstbesetzung kann als derzeit zentrales, ökologieorientiert-anar... more Zusammenfassung
Die Hambacher Forstbesetzung kann als derzeit zentrales, ökologieorientiert-anarchistisches Widerstandsprojekt in Deutschland bezeichnet werden. Anarchisten*innen im Hambacher Forst sind Teil der deutschlandweiten und transnationalen Anti-Kohle-Bewegung. Zentrale Prinzipien der anarchistischen Praxis innerhalb der Forstbesetzung sind Dezentralität, freiwilliger Zusammenschluss für die Durchführung direkter Aktionen und die Praktizierung einer versammlungsbasierten Lebensweise. Günstig für den Widerstand erscheint die Anschlussfähigkeit der Ziele der Forstbesetzung an gesellschaftliche Ziele und die relativ einfach zu kommunizierende Gegenüberstellung von nachhaltiger und ausbeutender Produktions-und Lebensweise (Hambi bleibt! vs. RWE).
Abstract
An eco-anarchist movement (Hambi bleibt!) occupied the Hambach forest in Germany to prevent it´s clearing by the RWE Power AG. This occupation is currently the most important eco-anarchist resistance project in Germany. Hambi bleibt! is part of the transnational anti-coal and climate-justice-movement. Central anarchist organizational principles within the occupation movement are de-centrality, horizontality and an assembly-based consensus-democracy. The anarchist movement aims at a transformation of the current fossil fuels based energy regime.
Wissenschaft oder Forschung finde in Deutschland und im deutschsprachigen Raum, so eine weit verb... more Wissenschaft oder Forschung finde in Deutschland und im deutschsprachigen Raum, so eine weit verbreitete Annahme, vorwiegend in Universitäten und staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen statt. Dort werde belastbare und relevante Wissenschaft betrieben. In unserem Beitrag zeigen wir auf, dass diese Annahme, trotz der quantitativen Dominanz staatlich geförderter respektive staatlich organisierter Wissenschaft, zumindest ergänzt werden muss. Jenseits zentralistisch organisierter Forschung in staatlichen Wissenschaftsapparaten gibt es im deutschsprachigen Raum eine Forschung, welche den Interessen der Forschenden als Lohnabhängige unmittelbar entspringt und auf die Überwindung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse abzielt. Wir können aufzeigen, dass Syndikalismus-und Anarchismusforschung neben ihrer Kritik am Zentralismus in Staat und Politik, in Wirtschaft und in den Kirchen auch eine Kritik an den (staatlichen) Wissenschaftsapparaten formuliert. Anhand zahlreicher Akteur*innen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen zeigen wir auf, dass Syndikalismus-und Anarchismusforschung im deutschsprachigen Raum eine Vorstellung von Wissenschaft bedient, welche insbesondere zwei Elemente beinhaltet: erstens die strikte Orientierung der Forschungsinhalte und -gegenstände an den Interessen der Forschenden mit dem Ziel der Überwindung von Herrschaft und zweitens eine tatsächliche Demokratisierung der Wissenschaft, hier verstanden als Öffnung jener für alle Menschen.
Drafts by Ricardo Kaufer
Europawahlen 2019, 2020
Die Cabina Elettorale in Italien, Vokskabin in Ungarn oder der deutsche Wahl-O-Mat. Überall in Eu... more Die Cabina Elettorale in Italien, Vokskabin in Ungarn oder der deutsche Wahl-O-Mat. Überall in Europa haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten Voting Advice Applications (VAAs) etabliert, die zum Teil millionenfach von Wahlberechtigten zur Wahlentscheidung genutzt werden (Credoni und Grazia 2010). Die Idee von VAAs ist an dem Wunsch nach größerer politischer Kompetenz der WählerInnenschaft aufgrund sinkendenden Informationsaufwandes orientiert (Fossen und Anderson 2014, S. 244). Unsere Untersuchung nimmt die Themensetzung nationaler Voting Advice Applications zur Europawahl 2019 in den Blick. Zwar hat die Mehrzahl der stark genutzten VAAs laut Fossen und Anderson einen demokratietheoretischen Unterbau, welcher sich auf social choice-Logiken bezieht (Fossen und Anderson 2014, S. 245), jedoch erfolgt die Erstellung sehr unterschiedlich: Teils durch JournalistInnen, WissenschaftlerInnen oder sogar Jugendliche. Der Beitrag nimmt vor diesem Hintergrund keine Wirkungsanalyse von VAAs vor, sondern wertet die in Europa unterschiedliche Schwerpunktsetzung dieser Online-Instrumente aus. Dabei wird erhoben, welche Politikfelder / Themen in den einzelnen VAAs vertreten sind und welche Rolle sie prozentual gesehen spielen. Über die VAAs hinaus wollen wir weitere Erkenntnisse zur unterschiedlichen Themensetzung im Europawahlkampf gewinnen und damit zu den Debatten um die Europawahlen als Second Order Elections und die Dominanz nationaler Themen beitragen, da jene neben dem Wahlrecht eine bedeutende Herausforderung für das Europäische Parlament darstellen.
Ich werde die beobachtbare und praktizierte Solidarität beschreiben, die sich insbesondere in gew... more Ich werde die beobachtbare und praktizierte Solidarität beschreiben, die sich insbesondere in gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen um die Rechte von Lohnabhängigen und Migranten*innen einerseits und andererseits in den kollektiven Widerständen gegen die zerstörerische In-Wert-Setzung nichtmenschlicher Natur manifestiert. Solidarität ist dabei als Erfahrung und Gefühl in Kämpfen eine Werthaltung und ein leitendes Prinzip, welches idealerweise nicht Gleichheit, sondern Vielfalt zur Grundlage hat.
Books by Ricardo Kaufer
Ursprünge der zu Grunde liegenden Studie sind die Beobachtung der Omnipräsenz des wissenschaftlic... more Ursprünge der zu Grunde liegenden Studie sind die Beobachtung der Omnipräsenz des wissenschaftlichen und politpraktischen Nachhaltigkeitsdiskurses im Bereich der Landnutzung, die Hochkonjunktur des Begriffs der (Umwelt-)„Politikintegration“ in Wissenschaft und politisch-administrativer Praxis, das politikwissenschaftliche Konzept der Politiksektoren und schließlich die Annahme, dass für die Entwicklung kritisch-materialistischer Gesellschaftstheorie die Bedeutung der Analyse von Machtverhältnissen im Bereich der Landnutzung groß ist. Der Nachhaltigkeitsdiskurs und dessen „Verschleierung“ materieller Konflikte erfasst die gesellschaftlichen Teilsysteme Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in unterschiedlichem Ausmaß. Im politisch-administrativen System wird „Nachhaltigkeit“ formal zur Legitimation und als Ziel politischen Handelns eingesetzt, im Teilsystem Wirtschaft dient „Nachhaltigkeit“ als Handlungsstrategie der Legitimation, „corporate greening“, wie der Verschleierung mikro- und makroökonomischer Entscheidungen, und zugleich als Motor technologischen Wandels, in den Wissenschaften wird u. a. die Generierung und Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten untersucht. Ziel dieser Studie ist daher die Aufdeckung von Machtverhältnissen zwischen den Politiksektoren Land- und Forstwirtschaft einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits zur Erklärung des Niveaus der Umsetzung von Natur- und Umweltschutz in der deutschen Land- und Forstwirtschaft. Fraglich ist folglich, welche Bedeutung den sektoralen Produktionsweisen und Machtressourcen von AkteurInnen⃰ innerhalb und zwischen Politiksektoren zukommt, um die Ökologisierung der Landnutzung ausgehend vom EU-Umweltschutz voranzutreiben oder zu blockieren. In der politikwissenschaftlichen und umweltökonomischen Literatur wurden zahlreiche Studien zur Beschreibung allgemeiner Umsetzungsdefizite der EU-Umweltpolitik im EU-Mehrebenensystem erarbeitet. In aktuelleren Studien werden darüber hinaus die gegenwärtigen Entwicklungslinien nationaler Umsetzungsprozesse von EU-Umweltschutzpolitikvorgaben im Rahmen der politökonomischen Konkurrenz nationaler Wettbewerbsstaaten diskutiert (vgl. u. a. Gouldson/Carpenter/Afionis 2014; Holzinger/Knill/Sommerer 2011; Holzinger/Sommerer 2011). Den genannten Beiträgen soll mit der vorliegenden Studie eine kritisch-materialistische Perspektive auf Politiksektoren, als Ausdruck regionaler Produktionsverhältnisse und -weisen und integraler Staatlichkeit (vgl. Kap. 2.1 Politiksektoren), und deren Machtressourcen als erklärende Faktoren für die Umsetzung von EU-Umweltschutz in der deutschen Land- und Forstwirtschaft beigestellt werden. Relevant ist eine derartige Perspektive, da die überwiegende Zahl politikwissenschaftlicher Erklärungsansätze stärker politisch-institutionelle, z. B. Parteienwettbewerb und Föderalismus, Vetospieler, Dezentralisierung vs. Zentralisierung, und bürokratietheoretische Erklärungsfaktoren betonen, denn politökonomische Erklärungsmuster, z. B. Weltmarktintegration nationaler Industrien und Volkswirtschaften, Kapitalisierung der Produktionsweise, Konzentration der Produktionsmittel, fokussieren.
Zugleich wird der Frage nachgegangen, ob Deutschland als "Ökologisierungsvorreiter" in den Politikfeldern Agrar- und Forstpolitik bezeichnet werden kann.
Die Zusammenführung der politikfeldanalytischen Theorie der Politiksektoren und der sozialwissenschaftlichen Analysekategorie „Kapitalismus“ in der vorliegenden Studie leistet auf wissenschaftstheoretischer Ebene einen Beitrag dazu, politik- und sozialwissenschaftliche Diskurse über „Nachhaltigkeit“ und „nachhaltige“ Landnutzung an die Krisenhaftigkeit sozioökonomischer Realitäten der industriekapitalistischen Umwelt- und Tiervernutzung rückzubinden. Auch stellt die Zusammenführung des sozialwissenschaftlichen Kapitalismusbegriffs mit dem politikfeldanalytischen Ansatz der Politiksektoren im Rahmen der Untersuchung der Umsetzung von EU-Umweltschutz in der nationalen und subnationalen Land- und Forstwirtschaft ein empirisch ergiebiges Beispiel für die politische Bearbeitung von Steuerungsdefiziten, hier in der Form der ökologieorientierten und tierethischen Defizite, welche auch aus umfangreichen Interventionen in den Markt bzw. den Agrarsektor durch die GAP resultieren, im EU-Mehrebenensystem dar.
Interface, 2019
The Kurdish movement and German leftist and anarchist activists cooperated in 2018 in criticizing... more The Kurdish movement and German leftist and anarchist activists cooperated in 2018 in criticizing the Turkish military operations in Afrin. Radical left wing and anarchist actors and the Kurds argued that the German government supported the Turkish state in its war on Afrin by its armament policy and thereby violating central human and political rights. This cooperation and the visibility of a formerly external ethnic conflict sheds light on the political impact of migrant social movements in Germany and its political culture. By describing and analyzing current protest activities of leftist and anarchist actors against the war in Afrin, the importance of the concept of solidarity to the leftist and anarchist movement becomes evident. The central source for solidarity by the leftist and anarchist actors with the Kurdish movement is the appealing character of the Kurdish federalism in Northern Syria.
Forum Wissenschaft, 2015
Das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Wissenschaft betrifft auch die Frage, wer Wissens... more Das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Wissenschaft betrifft auch die Frage, wer Wissenschaft betreibt und wie wissenschaftliche Arbeit organisiert wird, also auch in welchem Rahmen sie stattfindet. Die Digitalisierung hat neue technologisch basierte Handlungsmöglichkeiten hierfür eröffnet. Aber schon seit langer Zeit wird wissenschaftliche Forschung außerhalb der stark vermachteten öffentlichen Institutionen selbst organisiert, wie Ricardo Kaufer am Beispiel der anarchosyndikalistischen Bewegung aufzeigt.
ZfU - Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 2013
Die Politiksektoren der Landnutzer mit ihren Programmen, Politikzielen und Instrumenten haben ein... more Die Politiksektoren der Landnutzer mit ihren Programmen, Politikzielen und Instrumenten haben einen großen Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung von ländlichen Regionen. Die flächenmäßig bedeutendsten Landnutzungen sind die Land- und Forstwirtschaft, die sich jeweils in eigenen Politiksektoren organisieren. Im Rahmen eines Politiksektors steuern staatliche Akteure mit Beteiligung von gesellschaftlichen
Akteuren über politische Programme undVerfahren einen bestimmten Regelungsbereich, hier die Land- bzw. Forstwirtschaft.Ziel der vorliegenden Analyse ist, die Steuerungspotentiale des Politiksektors Forstwirtschaft zu untersuchen und mögliche Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung zu identifizieren. Die Steuerungspotentiale
werden entlang der vier wichtigen Entwicklungsdimensionen „ökonomisch“, „ökologisch“ sowie „regional“ und „global“ analysiert. Untersucht wird, auf welche Entwicklungsdimensionen die Ziele des Politiksektors Forstwirtschaft ausgerichtet sind, und inwieweit diese Zielorientierungen durch ein geeignetes Instrumentarium entlang der Dimensionen unterstützt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ziele
des Politiksektors stark in Richtung ökologischer und ökonomischer Dimension steuern, die vorhandenen Instrumente dies hingegen nur teilweise unterstützen. Die Ziele unterstützen auch mäßig starke Steuerungspotentiale mit regionalem Bezug, was keine Unterstützung durch geeignete Instrumente findet. Bezüglich globaler Steuerungswirkungen verbleibt der Politiksektor in Zielen und Instrumenten indifferent. Aus den Ergebnissen wird gefolgert, dass die Forstwirtschaft als Politiksektor aktuell für mögliche Bündnispartner wie z.B. Regionen einen wirtschaftlichen Beitrag zu deren nachhaltiger Entwicklung in Bereichen leisten kann, wo es an ökonomischen
Perspektiven mangelt. Ferner vermag die Forstpolitik Bündnispartnern punktuelle Beiträge zur Schärfung ihrer ökologischen Orientierungen im Sinne einer starken Nachhaltigkeit zu leisten. Zur Stärkung globaler Orientierungen und regionaler Nachhaltigkeit hingegen stehen der Forstpolitik wenige Instrumente zur Verfügung, um nachhaltige Entwicklung von Regionen zu flankieren. Somit entgehen dem Politiksektor in diesen Bereichen Bündnisoptionen.
ZfU - Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 2014
Nachhaltigkeit in derWasserwirtschaft und der wasserwirtschaftlichen Energieerzeugung sind aktuel... more Nachhaltigkeit in derWasserwirtschaft und der wasserwirtschaftlichen Energieerzeugung sind aktuelle Gegenstände des Fach- und Praxisdiskurses. Die Relevanz dieser Gegenstände nimmt im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Energieerzeugungstransformation zu. Doch welche Nachhaltigkeitspotentiale besitzt der Politiksektor
Wasserwirtschaft insgesamt? Welche formalen Steuerungspotentiale für eine nachhaltige Entwicklung ländlicher Regionen beinhaltet dieWasserwirtschaftspolitik? Diesen Fragen widmet sich die zu Grunde liegende Analyse. Hierzu wurden die Ziele und Instrumente des Politiksektors Wasserwirtschaft hinsichtlich formaler Beiträge zu
einer nachhaltigen Entwicklung ländlicher Regionen geprüft. Kriterien zur Analyse der Ziele und Instrumente sind die vier Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologieorientierung,
Ökonomieorientierung, regionale und globale Orientierung. Die Analyse der zentralen sektoralen Zielstellungen und Instrumente ergibt, dass der Politiksektor Wasserwirtschaft bezogen auf die Ziele starke Steuerungspotentiale im Bereich Ökologieorientierung, mäßige Steuerungspotentiale bzgl. der Ökonomieorientierung und
keine relevanten Steuerungspotentiale bzgl. der globalen Orientierung aufweist. Regionale Orientierung ist insofern relevant als die Potentiale wasserwirtschaftlicher Ressourcen prioritär regionaler „Entwicklung“ dienen sollen. Auf der Ebene der Instrumente werden die Zielformulierungen unterstützt. Von 19 betrachteten Instrumenten
beinhalten 14 Instrumente formal mäßig starke bis starke Ausrichtungen auf die Ökologieorientierung und 11 Instrumente beinhalten eine mäßig starke bis starkeAusrichtung auf die Entwicklungsdimension Ökonomieorientierung. Regionale und globale Orientierung sind darüber hinaus wenig relevant. In der Konsequenz ist festzustellen,
dass die Steuerungspotentiale des PolitiksektorsWasserwirtschaft primär im Bereich Ökologieorientierung liegen, darüber hinaus aber insbesondere regionale energiewirtschaftliche Potentiale durch denWasserwirtschaftssektor befördert werden.
Raumforschung und Raumordnung, 2013
Agrar- und Raumordnungspolitik beanspruchen in ihren Zielformulierungen zur nachhaltigen Landnutz... more Agrar- und Raumordnungspolitik beanspruchen in ihren Zielformulierungen zur nachhaltigen Landnutzung in ländlichen Regionen beizutragen. Beide Politiken versprechen auf der Zielebene eine mehrdimensionale nachhaltige Entwicklung für Regionen, die sowohl
die Ökologie als auch die Ökonomie voranbringt und darüber
hinaus Regionen Anschluss an wirtschaftliche Globalisierungsprozesse
verschafft und interne Stoffflüsse stärkt. Zur Überprüfung dieses Anspruchs werden die Ziele und Instrumente der beiden Politiken separat hinsichtlich ihres Steuerungspotentials für nachhaltige Landnutzung, operationalisiert anhand der vier Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologieorientierung, Ökonomieorientierung, regionale und globale Orientierung, analysiert. Im Ergebnis zeigt sich, dass für die anspruchsvollen Ziele nur wenige starke
Instrumente zur Verfügung stehen und diese auf Ökonomie
und Anschluss an wirtschaftliche Globalisierungsprozesse
fokussieren. Ökologieorientierung und die Stärkung regionsinterner
Stoffflüsse werden entgegen der Zielformulierungen nicht durch ein zielentsprechendes Instrumentarium gestützt.
Female labor activists in the German anarcho-syndicalist union (FAU) and the women*s strike movement: class mobilization against exploitation
Journal of Labor and Society, 2019
The 8th of March in 1994 (“Frauenstreik 1994”), was an important date for the German women*s labo... more The 8th of March in 1994 (“Frauenstreik 1994”), was an important date for the German women*s labor movement. 1 million female workers went on strike. The organizers of the 2018 women*s rights demonstrations, which were supported by people in more than 20 cities throughout Germany, linked their mobilization efforts with the successful strike of 1994. The women*s rights demonstrations in Germany were part of a transnational women*s and female worker*s mobilization. This global strike and protest movement with women* on strike in Argentina, Poland, Spain and USA was supported by the anarcho-syndicalist labor unions from Poland, Inicjatywa Pracownicza (IP), and Spain, Confederación Nacional del Trabajo (CNT). After the successful mobilization in 2018, a network of female worker*s aims at a nationwide general and political strike in Germany on the 8 March of 2019 (8M) to put the feminist labor movement and its´ criticism of women*s exploitation and discrimination on the general agenda. The 2019 women*s strike will not only attack wage labor, but all types of work which women* carry out with the consequences of unsafe and violent situations. The female unionists of the German anarcho-syndicalist labor union Free Workers´ Union (FAU; German: Freie ArbeiterInnen- und Arbeiter-Union) are part of the transnational network which aims at the coordination of female labor unionists and their strike activities. All these mobilization efforts show that female labor activism is increasing. Anarcho-syndicalist unions are an organizational element and tool for the increasing of women*s labor activism.
Zusammenfassung Die Hambacher Forstbesetzung kann als derzeit zentrales, ökologieorientiert-anar... more Zusammenfassung
Die Hambacher Forstbesetzung kann als derzeit zentrales, ökologieorientiert-anarchistisches Widerstandsprojekt in Deutschland bezeichnet werden. Anarchisten*innen im Hambacher Forst sind Teil der deutschlandweiten und transnationalen Anti-Kohle-Bewegung. Zentrale Prinzipien der anarchistischen Praxis innerhalb der Forstbesetzung sind Dezentralität, freiwilliger Zusammenschluss für die Durchführung direkter Aktionen und die Praktizierung einer versammlungsbasierten Lebensweise. Günstig für den Widerstand erscheint die Anschlussfähigkeit der Ziele der Forstbesetzung an gesellschaftliche Ziele und die relativ einfach zu kommunizierende Gegenüberstellung von nachhaltiger und ausbeutender Produktions-und Lebensweise (Hambi bleibt! vs. RWE).
Abstract
An eco-anarchist movement (Hambi bleibt!) occupied the Hambach forest in Germany to prevent it´s clearing by the RWE Power AG. This occupation is currently the most important eco-anarchist resistance project in Germany. Hambi bleibt! is part of the transnational anti-coal and climate-justice-movement. Central anarchist organizational principles within the occupation movement are de-centrality, horizontality and an assembly-based consensus-democracy. The anarchist movement aims at a transformation of the current fossil fuels based energy regime.
Wissenschaft oder Forschung finde in Deutschland und im deutschsprachigen Raum, so eine weit verb... more Wissenschaft oder Forschung finde in Deutschland und im deutschsprachigen Raum, so eine weit verbreitete Annahme, vorwiegend in Universitäten und staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen statt. Dort werde belastbare und relevante Wissenschaft betrieben. In unserem Beitrag zeigen wir auf, dass diese Annahme, trotz der quantitativen Dominanz staatlich geförderter respektive staatlich organisierter Wissenschaft, zumindest ergänzt werden muss. Jenseits zentralistisch organisierter Forschung in staatlichen Wissenschaftsapparaten gibt es im deutschsprachigen Raum eine Forschung, welche den Interessen der Forschenden als Lohnabhängige unmittelbar entspringt und auf die Überwindung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse abzielt. Wir können aufzeigen, dass Syndikalismus-und Anarchismusforschung neben ihrer Kritik am Zentralismus in Staat und Politik, in Wirtschaft und in den Kirchen auch eine Kritik an den (staatlichen) Wissenschaftsapparaten formuliert. Anhand zahlreicher Akteur*innen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen zeigen wir auf, dass Syndikalismus-und Anarchismusforschung im deutschsprachigen Raum eine Vorstellung von Wissenschaft bedient, welche insbesondere zwei Elemente beinhaltet: erstens die strikte Orientierung der Forschungsinhalte und -gegenstände an den Interessen der Forschenden mit dem Ziel der Überwindung von Herrschaft und zweitens eine tatsächliche Demokratisierung der Wissenschaft, hier verstanden als Öffnung jener für alle Menschen.
Europawahlen 2019, 2020
Die Cabina Elettorale in Italien, Vokskabin in Ungarn oder der deutsche Wahl-O-Mat. Überall in Eu... more Die Cabina Elettorale in Italien, Vokskabin in Ungarn oder der deutsche Wahl-O-Mat. Überall in Europa haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten Voting Advice Applications (VAAs) etabliert, die zum Teil millionenfach von Wahlberechtigten zur Wahlentscheidung genutzt werden (Credoni und Grazia 2010). Die Idee von VAAs ist an dem Wunsch nach größerer politischer Kompetenz der WählerInnenschaft aufgrund sinkendenden Informationsaufwandes orientiert (Fossen und Anderson 2014, S. 244). Unsere Untersuchung nimmt die Themensetzung nationaler Voting Advice Applications zur Europawahl 2019 in den Blick. Zwar hat die Mehrzahl der stark genutzten VAAs laut Fossen und Anderson einen demokratietheoretischen Unterbau, welcher sich auf social choice-Logiken bezieht (Fossen und Anderson 2014, S. 245), jedoch erfolgt die Erstellung sehr unterschiedlich: Teils durch JournalistInnen, WissenschaftlerInnen oder sogar Jugendliche. Der Beitrag nimmt vor diesem Hintergrund keine Wirkungsanalyse von VAAs vor, sondern wertet die in Europa unterschiedliche Schwerpunktsetzung dieser Online-Instrumente aus. Dabei wird erhoben, welche Politikfelder / Themen in den einzelnen VAAs vertreten sind und welche Rolle sie prozentual gesehen spielen. Über die VAAs hinaus wollen wir weitere Erkenntnisse zur unterschiedlichen Themensetzung im Europawahlkampf gewinnen und damit zu den Debatten um die Europawahlen als Second Order Elections und die Dominanz nationaler Themen beitragen, da jene neben dem Wahlrecht eine bedeutende Herausforderung für das Europäische Parlament darstellen.
Ich werde die beobachtbare und praktizierte Solidarität beschreiben, die sich insbesondere in gew... more Ich werde die beobachtbare und praktizierte Solidarität beschreiben, die sich insbesondere in gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen um die Rechte von Lohnabhängigen und Migranten*innen einerseits und andererseits in den kollektiven Widerständen gegen die zerstörerische In-Wert-Setzung nichtmenschlicher Natur manifestiert. Solidarität ist dabei als Erfahrung und Gefühl in Kämpfen eine Werthaltung und ein leitendes Prinzip, welches idealerweise nicht Gleichheit, sondern Vielfalt zur Grundlage hat.
Ursprünge der zu Grunde liegenden Studie sind die Beobachtung der Omnipräsenz des wissenschaftlic... more Ursprünge der zu Grunde liegenden Studie sind die Beobachtung der Omnipräsenz des wissenschaftlichen und politpraktischen Nachhaltigkeitsdiskurses im Bereich der Landnutzung, die Hochkonjunktur des Begriffs der (Umwelt-)„Politikintegration“ in Wissenschaft und politisch-administrativer Praxis, das politikwissenschaftliche Konzept der Politiksektoren und schließlich die Annahme, dass für die Entwicklung kritisch-materialistischer Gesellschaftstheorie die Bedeutung der Analyse von Machtverhältnissen im Bereich der Landnutzung groß ist. Der Nachhaltigkeitsdiskurs und dessen „Verschleierung“ materieller Konflikte erfasst die gesellschaftlichen Teilsysteme Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in unterschiedlichem Ausmaß. Im politisch-administrativen System wird „Nachhaltigkeit“ formal zur Legitimation und als Ziel politischen Handelns eingesetzt, im Teilsystem Wirtschaft dient „Nachhaltigkeit“ als Handlungsstrategie der Legitimation, „corporate greening“, wie der Verschleierung mikro- und makroökonomischer Entscheidungen, und zugleich als Motor technologischen Wandels, in den Wissenschaften wird u. a. die Generierung und Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten untersucht. Ziel dieser Studie ist daher die Aufdeckung von Machtverhältnissen zwischen den Politiksektoren Land- und Forstwirtschaft einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits zur Erklärung des Niveaus der Umsetzung von Natur- und Umweltschutz in der deutschen Land- und Forstwirtschaft. Fraglich ist folglich, welche Bedeutung den sektoralen Produktionsweisen und Machtressourcen von AkteurInnen⃰ innerhalb und zwischen Politiksektoren zukommt, um die Ökologisierung der Landnutzung ausgehend vom EU-Umweltschutz voranzutreiben oder zu blockieren. In der politikwissenschaftlichen und umweltökonomischen Literatur wurden zahlreiche Studien zur Beschreibung allgemeiner Umsetzungsdefizite der EU-Umweltpolitik im EU-Mehrebenensystem erarbeitet. In aktuelleren Studien werden darüber hinaus die gegenwärtigen Entwicklungslinien nationaler Umsetzungsprozesse von EU-Umweltschutzpolitikvorgaben im Rahmen der politökonomischen Konkurrenz nationaler Wettbewerbsstaaten diskutiert (vgl. u. a. Gouldson/Carpenter/Afionis 2014; Holzinger/Knill/Sommerer 2011; Holzinger/Sommerer 2011). Den genannten Beiträgen soll mit der vorliegenden Studie eine kritisch-materialistische Perspektive auf Politiksektoren, als Ausdruck regionaler Produktionsverhältnisse und -weisen und integraler Staatlichkeit (vgl. Kap. 2.1 Politiksektoren), und deren Machtressourcen als erklärende Faktoren für die Umsetzung von EU-Umweltschutz in der deutschen Land- und Forstwirtschaft beigestellt werden. Relevant ist eine derartige Perspektive, da die überwiegende Zahl politikwissenschaftlicher Erklärungsansätze stärker politisch-institutionelle, z. B. Parteienwettbewerb und Föderalismus, Vetospieler, Dezentralisierung vs. Zentralisierung, und bürokratietheoretische Erklärungsfaktoren betonen, denn politökonomische Erklärungsmuster, z. B. Weltmarktintegration nationaler Industrien und Volkswirtschaften, Kapitalisierung der Produktionsweise, Konzentration der Produktionsmittel, fokussieren.
Zugleich wird der Frage nachgegangen, ob Deutschland als "Ökologisierungsvorreiter" in den Politikfeldern Agrar- und Forstpolitik bezeichnet werden kann.
Die Zusammenführung der politikfeldanalytischen Theorie der Politiksektoren und der sozialwissenschaftlichen Analysekategorie „Kapitalismus“ in der vorliegenden Studie leistet auf wissenschaftstheoretischer Ebene einen Beitrag dazu, politik- und sozialwissenschaftliche Diskurse über „Nachhaltigkeit“ und „nachhaltige“ Landnutzung an die Krisenhaftigkeit sozioökonomischer Realitäten der industriekapitalistischen Umwelt- und Tiervernutzung rückzubinden. Auch stellt die Zusammenführung des sozialwissenschaftlichen Kapitalismusbegriffs mit dem politikfeldanalytischen Ansatz der Politiksektoren im Rahmen der Untersuchung der Umsetzung von EU-Umweltschutz in der nationalen und subnationalen Land- und Forstwirtschaft ein empirisch ergiebiges Beispiel für die politische Bearbeitung von Steuerungsdefiziten, hier in der Form der ökologieorientierten und tierethischen Defizite, welche auch aus umfangreichen Interventionen in den Markt bzw. den Agrarsektor durch die GAP resultieren, im EU-Mehrebenensystem dar.