Christian Hoffarth | Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (original) (raw)
Books by Christian Hoffarth
Die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beherb... more Die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beherbergt einen Vitrinenschrank mit 31 weiblichen Beckenknochen. Die Becken wurden zwischen 1840 und 1888 den Körpern von Frauen entnommen, deren Geburten aufgrund ihrer Beckenform besondere Komplikationen verursachten und die in der Kieler Gebäranstalt verstarben. Nur die 31 Becken mit den medizinischen Aufzeichnungen sind noch von ihnen erhalten und erlauben den Autoren dieses Buchs, das Leben und Sterben dieser Frauen nachzuvollziehen.
König Christian VII. von Dänemark hatte 1805 an der Kieler Universität eine akademische Hebammenschule und ein Gebärhaus gestiftet, aus dem die Kieler Gebäranstalt erwuchs. Damit war er einem allgemeinen Trend gefolgt: hatten Schwangerschaft und Geburt seit Menschengedenken allein in den Händen von Frauen gelegen, begannen im 18. Jahrhundert männliche Mediziner damit, sich mehr und mehr auf diesem Feld zu betätigen.
Ibrahim Alkatout und Christian Hoffarth erklären die sozialen und gesetzlichen Bedingungen, unter denen sich die ledigen Schwangeren bewegten, und erzählen dabei eine Geschichte der Geburtshilfe ab dem 19. Jahrhundert. Seither wurden innovative Untersuchungsverfahren entwickelt und viele medizinische Erkenntnisse gewonnen, die die Umstände für werdende Mütter wesentlich verbessert haben. Dieser weite Weg zu den heutigen gynäkologischen Standards der westlichen Industrienationen begann in Institutionen wie der Kieler Gebäranstalt und mit Frauen wie Dorothea, Magdalena, Magdalena, Margretha, Friederica, Engel, Louise, Wiebke, Greten, Catharina, Anna, Adele, Katharina und Maria.
Bei diesem Buch handelt es sich um eine geringfügig überarbeitete und ergänzte Fassung einer Stud... more Bei diesem Buch handelt es sich um eine geringfügig überarbeitete und ergänzte Fassung einer Studie, die im Wintersemester 2015/16 von der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Hamburg als Dissertation angenommen wurde. Als die Idee zum Thema der Arbeit entstand, war noch nicht absehbar, welch große Relevanz das Konzept von Gütergemeinschaft im Rahmen des Booms sogenannter "Share Economy"-Modelle in der gesellschaftlichen Diskussion heute einmal mehr gewinnen sollte. Wenn meine Untersuchungen zur Idee gütergemeinschaftlicher Ordnungsmuster im späteren Mittelalter einen Beitrag dazu leisten könnten, die diachrone Perspektive in dieser Diskussion zu stärken, so wäre mehr erreicht, als ich angesichts der unmodischen Themenwahl für meine Dissertation zu hoffen gewagt hätte.
Edited Volumes by Christian Hoffarth
Heimat hat Konjunktur. Nicht nur wird der Begriff der Heimat im öffentlichen Diskurs in jüngerer ... more Heimat hat Konjunktur. Nicht nur wird der Begriff der Heimat im öffentlichen Diskurs in jüngerer Zeit wieder verstärkt verwendet und teilweise ideologisch aufgeladen. Auch die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit aktuellen und vergangenen Heimatkonzepten boomt. Für die Geschichtswissenschaft führt die Befassung mit historischen Konzepten von Heimat zwangsläufig zur Hinterfragung der Rolle des eigenen Fachs in vergangenen und gegenwärtigen Heimatdiskursen. Gerade die Landes- und Regionalgeschichte stand und steht von jeher in engem Bezug zur Idee der Heimat und zu einemihrer wichtigsten Medien: der Heimatgeschichte. Die professionelle Landesgeschichte und die überwiegend von Laien getragene Heimatgeschichte blicken auf ein vielfach spannungsreiches, gleichwohl äußerst fruchtbares Wechselverhältnis zurück. Gerade aufgrund der Geschichte des Heimatbegriffs muss eine reflektierte Landesgeschichte es sich zur Aufgabe machen, dieses Verhältnis gezielt und umfassend zu beleuchten. Der Sammelband nimmt die aktuelle Konjunktur des Heimatbegriffs und die damit verbundenen Herausforderungen zum Anlass, erstmals systematisch die Verbindung der institutionalisierten Landesgeschichte zur Heimatgeschichte multiperspektivisch und regional vergleichend in den Blick zu rücken. Er ergründet die Bedeutung der Landesgeschichte für Heimatdiskurse sowie das Zusammenwirken von Heimatgeschichte und Landesgeschichte bei der Konstruktion von Heimat vor unterschiedlichen politischen Hintergründen im deutschsprachigen Raum vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Auf diese Weise trägt er dazu bei, eine Basis für das Zusammenwirken einer aufgeklärten Heimatgeschichte und einer modernen Landes- und Regionalgeschichte jenseits ideologischer Vereinnahmungen zu schaffen.
Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 2024
While medieval studies have long devoted great attention to the phenomena of birth and death, thi... more While medieval studies have long devoted great attention to the phenomena of birth and death, this special issue for the first time focuses on their close connection in the realm of medieval thought, experience, and practices. Drawing on theories of rites of passage and liminality, the collected studies examine the symmetry of birth and death in literary, religious, social, and medical concepts and actions. The topics range from strategies for coping with high mortality rates during childbirth, to forms of burial and grave goods, and even the reception of Eastern reincarnation doctrines in late medieval Europe.
With unprecedented clarity, both the global crisis of the Covid 19 pandemic and the ideological l... more With unprecedented clarity, both the global crisis of the Covid 19 pandemic and the ideological legitimization of the Russian invasion of Ukraine revealed the juxtaposition and opposition of scientistic-rationalistic and non-scientific-esoteric explanations of the world in the 21st century. Supposedly marginal alternative patterns of interpretation suddenly revealed themselves to be suitable for the masses, and world views that seemed deeply contradictory from a rationalist point of view suddenly became acceptable. The controversies this triggered teach us to what extent social and political influence can be gained by people who claim to have insights into hidden causal connections. Such conspiracy theorists and other intellectual arsonists can be regarded as the political prophets of our time. But it would be too short-sighted to lump them together with the self-declared prophets and forecasters who have emerged throughout history. The contributions in this volume are therefore devoted to the connections between the spheres of the political and the prophetic from antiquity to modern times, using examples illustrating an immense heterogeneity of intellectual attitudes.
Mit außergewöhnlicher Schaffenskraft und immensem innovativen Gespür hat der Hamburger Historiker... more Mit außergewöhnlicher Schaffenskraft und immensem innovativen Gespür hat der Hamburger Historiker und Professor für mittelalterliche Geschichte Jürgen Sarnowsky die geschichtswissenschaftliche Forschung entscheidend geprägt. Wieder und wieder bahnte er neue Wege und erschloss neue Felder des historischen Arbeitens im regionalen, globalen und digitalen Raum. Die in diesem Buch zu seinen Ehren versammelten Beiträge von Freund_innen, Schüler_innen und akademischen Wegbegleiter_innen Sarnowskys treten in Dialog mit seinem Schaffen und bieten erhellende neue Einblicke in zentrale Bereiche seines Werks. Sie handeln vom Norden und der Hanse, vom Mittelmeerraum, vom Deutschen Orden, den Digital Humanities sowie von Reisen und der Ferne.
With extraordinary productivity and immense innovative intuition, historian Jürgen Sarnowsky, professor of medieval history in Hamburg, has decisively impacted historical research. Time and again, he has forged new paths and opened up new fields of historical inquiry in regional, global, and digital spheres. The articles by friends, students, and academic companions assembled in this volume in Sarnowsky’s honor enter into a dialogue with his works and offer illuminating new insights into central areas of his oeuvre. They encompass the North and the Hanseatic League, the Mediterranean region, the Teutonic Order, and digital humanities, as well as travel and distance.
Rechtgläubig/ungläubig, fremd/eigen, männlich/weiblich, arm/reich – diese und andere binäre Unter... more Rechtgläubig/ungläubig, fremd/eigen, männlich/weiblich, arm/reich – diese und andere binäre Unterscheidungen waren von konstitutiver Bedeutung für die Strukturierung sozialer Welten in der Vormoderne. Doch was geschah, wenn sie nicht mehr verfingen und Praktiken und Akteure sich nicht mehr eindeutig auf einer ihrer beiden Seiten verorten ließen? Wie nahm man im Mittelalter etwa Konvertiten, Hermaphroditen, Migranten und freiwillig Arme wahr, und welche Konsequenzen hatte dies? Mit dem Begriff der Ambiguität spricht der Band Zustände und Situationen an, in denen Leitunterscheidungen der sozialen und kulturellen Ordnung verunklart wurden. Die Beiträge aus Geschichts-, Literatur- und Sprachwissenschaft, Archäologie und Kunstgeschichte fragen danach, wie historische Akteure auf die Irritation gängiger Unterscheidungsmodi reagierten, wie sie sich Ambiguität zunutze machten, welche Strategien der Disambiguierung sie entwickelten und worin die Bedingungen und Grenzen von Ambiguitätstoleranz in der Vormoderne lagen. Der Band trägt so nicht nur zum besseren Verständnis von Diversität und Pluralität von Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne bei, sondern liefert auch ein konzeptionelles Angebot für weitere Forschungen.
Papers by Christian Hoffarth
Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 2024
From the mid-thirteenth century, fragmentary accounts of the Buddhist doctrine of reincarnation a... more From the mid-thirteenth century, fragmentary accounts of the Buddhist doctrine of reincarnation appear in Latin European travellers’ reports. General analyses of the idea of transmigration in Europe have so far ignored these pieces of knowledge. Against this background, this article will first summarise the sources for the idea of the transmigration of souls in the Far East in late medieval travel literature. Such a concept contrasted sharply with Christian anthropological and eschatological teachings. For this reason, in a second step, the article will explore the question of how Far Eastern ideas of birth and death were received and contextualised in European discourse.
Oliver Auge/Stefan Brenner/Christiane Thomsen (eds.): Toleranz! Interdisziplinäre Zugänge zu einem Kernthema der Menschheitsgeschichte, Neumünster 2023, S. 115-133., 2023
Under the conditions of the Christian religious worldview of the Middle Ages, tolerance as a soci... more Under the conditions of the Christian religious worldview of the Middle Ages, tolerance as a socio-ethical instrument for securing a pluralistic society, whose value lies in its very plurality, could not exist. People of other faiths could at best be endured in certain situations, but they were always regarded as a challenge to the order of society and the world. The roots of this attitude lie in early Christianity. Non-Christian rulers subjected Christians to persecution and violence, at least according to Christian historiography. Tracing the resulting discourse since late antiquity, one can see a close connection between the problem of dealing with rule perceived as unjust and the concept of tolerance. The central question was whether tyranny should be tolerated or resisted. The article analyzes the positions developed in Christian thought on this question on the basis of central statements from the New Testament to the late Middle Ages. In this way, the genuinely medieval history of the idea of tolerance comes into focus, which is finally related to the thinking on tolerance in the modern age.
(Un)Sichtbar – Frauen in der Geschichte Schleswig-Holsteins (= Schleswig-Holstein. Die Kulturzeitschrift für den Norden, Thema VII), 2023
Bordesholm in der Geschichte, 2023
Eine niedrigschwellige Geschichte der Gemeinde Bordesholm nach 1945: Nach dem Ende des Zweiten We... more Eine niedrigschwellige Geschichte der Gemeinde Bordesholm nach 1945:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand Bordesholm vor enormen Herausforderungen. Die Verwerfungen der nationalsozialistischen Zeit wirkten noch lange nach und hemmten das politische und soziale Zusammenwachsen der Gemeinde. Raum- und Ressourcenknappheit als Folgen des explosionsartigen Bevölkerungswachstums blieben über Jahrzehnte spürbar. Durch Unternehmungsgeist und Erfindungsreichtum gelang es der Gemeinde seit der Mitte des 20. Jahrhunderts jedoch, ihrer neuen Rolle als Unterzentrum gerecht zu werden und sich zu einem prosperierenden Wohn- und Wirtschaftsstandort im Herzen Schleswig-Holsteins zu entwickeln.
Medizinhistorisches Journal 58, 2023
The Kiel obstetric pelvis collection from the nineteenth century is largely comprised of the bone... more The Kiel obstetric pelvis collection from the nineteenth century is largely comprised of the bones of poor, unmarried women who died in the Kiel lying-in hospital during or shortly after childbirth. Based on the written records from the hospital as well as a variety of other biographical source material, this article attempts to reconstruct the life of one of the women behind the Kiel pelvis collection. In this way, not only the scope for action and movement of people of unprivileged status in Schleswig-Holstein in the nineteenth century becomes evident, but it is also made clear to what extent biographical reconstructions are possible at all for unmarried women from the pre- and early industrial lower classes. Last but not least, the results can support decisions on ethical questions that are inevitably raised by the existence of the Kiel pelvis collection.
Oliver Auge/Anke Scharrenberg (eds.), Die Diener der Fürstbischöfe. Der Eutiner Hof im 17. und 18. Jahrhundert (= Eutiner Forschungen, 19), Neumünster, 2023
Jan-Hendryk de Boer/Marcel Bubert (Hgg.), Absichten, Pläne, Strategien. Erkundungen einer historischen Intentionalitätsforschung (Kontingenzgeschichten 5), Frankfurt/M. 2018., 2018
Es ist längst ein abgedroschener Gemeinplatz der Geschichts-und Literaturwissenschaften, dass Rei... more Es ist längst ein abgedroschener Gemeinplatz der Geschichts-und Literaturwissenschaften, dass Reisetexte aller Epochen in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen aus Fakten und Fiktionen zusammengesetzt sind. 1 Die Erklärungsansätze für dieses geradezu konstitutive Merkmal der Reiseliteratur allerdings variieren. In Hinblick auf neuzeitliche, postaufklärerische Reiseerzählungen wird in der Regel das intentional handelnde Autorsubjekt für etwaige fiktionale Implantate und literarische Überformungen verantwortlich gemacht. 2 Die Vormoderneforschung hingegen bringt überwiegend strukturale Erklärungsmodelle in Anschlag. Im Folgenden möchte ich anhand des Itinerario Ludovico de Varthemas zeigen, dass die gängigen antimentalistischen Diagnosen für Fiktionen und Fiktionalisierungen in vormodernen Reisetexten zuweilen wesentlich zu kurz greifen und ihre mitunter geradezu reflexartige Applikation problematisiert werden muss.
Sibylle Baumbach/Lena Henningsen/Klaus Oschema (Hrsgg.), The Fascination with Unknown Time, 2017
The paper explores the role of unknown time in medieval utopian thought, drawing special attentio... more The paper explores the role of unknown time in medieval utopian thought, drawing special attention to the relationship between temporality and spatiality as crucial for the understanding of utopian concepts from the Middle Ages. It offers a critical review of scholarship on medieval utopianism and especially calls into question the commonly accepted distinction between ideal places (‘Wunschräume’) and ideal times (‘Wunschzeiten’) as established by A. Doren. Focusing on the medieval perception of ‘Jerusalem’ as a multidimensional utopian vision, it then expounds how the principles of biblical exegesis influenced the medieval notion of a perfect society. The chapter concludes with an observation of a figure from Joachim of Fiore’s Liber figurarum in which the temporal and the spatial dimensions are indistinguishably entangled with one another.
Daniel Schläppi/Malte Gruber (eds.), Von der Allmende zur Share Economy. Gemeinbesitz und kollektive Ressourcen in historischer und rechtlicher Perspektive, 2018
In der Geisteskultur des Mittelalters existierten vielfältige Vorstellungen einer Überlegenheit k... more In der Geisteskultur des Mittelalters existierten vielfältige Vorstellungen einer Überlegenheit kollektiver über individuelle Konzepte des Gütergebrauchs und -besitzes, die Befürwortern von Kollektivökonomien und kommunistischen Ordnungsmodellen in der Neuzeit immer wieder als positive Bezugspunkte dienten. Im folgenden Beitrag wird aus mediävistischer Perspektive geprüft, ob das mittelalterliche Ideengut tatsächlich in eine logische Verbindung zu Modellen moderner Share Economy gebracht werden kann. Hierzu werden zunächst die philosophischen, juridischen und religiösen Traditionslinien zusammengeführt, in deren Bahnen sich das Denken über Gütergemeinschaft im Mittelalter bewegte. Darauf aufbauend, rückt anschließend der englische Philosoph und Theologe John Wyclif in den Fokus. Ende des 14. Jahrhunderts entwickelte dieser eine differenzierte Lehre des dominium, in deren Rahmen er sich für eine Gütergemeinschaft der Gesamtkirche aussprach. Um die Kohärenz der Wyclif’schen Güterlehre sowie ihre Kompatibilität mit den Prinzipien von Share Economy ermessen zu können, wird sie gezielt mit den Regeln erfolgreichen Commonings nach E. Ostrom konfrontiert, aus denen eine Vielzahl gegenwärtiger Allmende-Konzepte ihr Regularium bezieht. Auf diese Weise werden substantielle Unterschiede, aber auch überraschende Gemeinsamkeiten zwischen mittelalterlichen und postmodernen Ideen des Commoning erkennbar.
Christian Hoffarth/Benjamin Scheller (eds.), Ambiguität und die Ordnungen des Sozialen im Mittelalter (Das Mittelalter. Beihefte 4), Berlin/Boston/New York
Im lateineuropäischen Mittelalter bildete die binäre Unterscheidung der Menschheit in Arme und R... more Im lateineuropäischen Mittelalter bildete die binäre Unterscheidung der Menschheit in Arme und Reiche ein gängiges soziales Deutungsmuster. Das Nebeneinander Bedürftiger und Begüterter schien biblischen Kategorien zu entsprechen und galt daher grundsätzlich als göttlich legitimiert. Vor dem Hintergrund einer sich ökonomisch ausdifferenzierenden Gesellschaft geriet diese dualistische Vorstellung seit dem 12. Jahrhundert allerdings mehr und mehr in Bewegung, was nicht zuletzt zu einer immer stärkeren Marginalisierung der Armen führte. Die zur selben Zeit sich immer schärfer artikulierenden Vorwürfe an den Klerus, das evangelische Armutsgebot zu missachten, können in ebendiesen Kontext eingeordnet werden. Der Beitrag wirft die Frage auf, welche Rolle dem sich just in jener Gemengelage herausbildenden mendikantischen Armutskonzept im Wandel der Ordnungen und Deutungen des Sozialen zukam. Anhand apologetischer Schriften mendikantischer Autoren des 13. Jahrhunderts, namentlich von Thomas von Aquin, Bonaventura und Petrus Olivi ergründet er, welchen Wert die Vordenker der Bettelorden der Leitdifferenz arm/reich beimaßen, wie sie auf potentielle Verunklarungen reagierten und wo sie ihre eigenen Gemeinschaften im gesellschaftlichen Gefüge von Armut und Reichtum verorteten. Auf diese Weise wird erkennbar, dass das ursprüngliche mendikantische Armutsideal und seine radikaleren Vertreter im 13. und 14. Jahrhundert auf eine Disambiguierung des Armutsbegriffs und auf die schematische Reduktion sozialer Komplexität zielten.
Die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beherb... more Die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beherbergt einen Vitrinenschrank mit 31 weiblichen Beckenknochen. Die Becken wurden zwischen 1840 und 1888 den Körpern von Frauen entnommen, deren Geburten aufgrund ihrer Beckenform besondere Komplikationen verursachten und die in der Kieler Gebäranstalt verstarben. Nur die 31 Becken mit den medizinischen Aufzeichnungen sind noch von ihnen erhalten und erlauben den Autoren dieses Buchs, das Leben und Sterben dieser Frauen nachzuvollziehen.
König Christian VII. von Dänemark hatte 1805 an der Kieler Universität eine akademische Hebammenschule und ein Gebärhaus gestiftet, aus dem die Kieler Gebäranstalt erwuchs. Damit war er einem allgemeinen Trend gefolgt: hatten Schwangerschaft und Geburt seit Menschengedenken allein in den Händen von Frauen gelegen, begannen im 18. Jahrhundert männliche Mediziner damit, sich mehr und mehr auf diesem Feld zu betätigen.
Ibrahim Alkatout und Christian Hoffarth erklären die sozialen und gesetzlichen Bedingungen, unter denen sich die ledigen Schwangeren bewegten, und erzählen dabei eine Geschichte der Geburtshilfe ab dem 19. Jahrhundert. Seither wurden innovative Untersuchungsverfahren entwickelt und viele medizinische Erkenntnisse gewonnen, die die Umstände für werdende Mütter wesentlich verbessert haben. Dieser weite Weg zu den heutigen gynäkologischen Standards der westlichen Industrienationen begann in Institutionen wie der Kieler Gebäranstalt und mit Frauen wie Dorothea, Magdalena, Magdalena, Margretha, Friederica, Engel, Louise, Wiebke, Greten, Catharina, Anna, Adele, Katharina und Maria.
Bei diesem Buch handelt es sich um eine geringfügig überarbeitete und ergänzte Fassung einer Stud... more Bei diesem Buch handelt es sich um eine geringfügig überarbeitete und ergänzte Fassung einer Studie, die im Wintersemester 2015/16 von der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Hamburg als Dissertation angenommen wurde. Als die Idee zum Thema der Arbeit entstand, war noch nicht absehbar, welch große Relevanz das Konzept von Gütergemeinschaft im Rahmen des Booms sogenannter "Share Economy"-Modelle in der gesellschaftlichen Diskussion heute einmal mehr gewinnen sollte. Wenn meine Untersuchungen zur Idee gütergemeinschaftlicher Ordnungsmuster im späteren Mittelalter einen Beitrag dazu leisten könnten, die diachrone Perspektive in dieser Diskussion zu stärken, so wäre mehr erreicht, als ich angesichts der unmodischen Themenwahl für meine Dissertation zu hoffen gewagt hätte.
Heimat hat Konjunktur. Nicht nur wird der Begriff der Heimat im öffentlichen Diskurs in jüngerer ... more Heimat hat Konjunktur. Nicht nur wird der Begriff der Heimat im öffentlichen Diskurs in jüngerer Zeit wieder verstärkt verwendet und teilweise ideologisch aufgeladen. Auch die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit aktuellen und vergangenen Heimatkonzepten boomt. Für die Geschichtswissenschaft führt die Befassung mit historischen Konzepten von Heimat zwangsläufig zur Hinterfragung der Rolle des eigenen Fachs in vergangenen und gegenwärtigen Heimatdiskursen. Gerade die Landes- und Regionalgeschichte stand und steht von jeher in engem Bezug zur Idee der Heimat und zu einemihrer wichtigsten Medien: der Heimatgeschichte. Die professionelle Landesgeschichte und die überwiegend von Laien getragene Heimatgeschichte blicken auf ein vielfach spannungsreiches, gleichwohl äußerst fruchtbares Wechselverhältnis zurück. Gerade aufgrund der Geschichte des Heimatbegriffs muss eine reflektierte Landesgeschichte es sich zur Aufgabe machen, dieses Verhältnis gezielt und umfassend zu beleuchten. Der Sammelband nimmt die aktuelle Konjunktur des Heimatbegriffs und die damit verbundenen Herausforderungen zum Anlass, erstmals systematisch die Verbindung der institutionalisierten Landesgeschichte zur Heimatgeschichte multiperspektivisch und regional vergleichend in den Blick zu rücken. Er ergründet die Bedeutung der Landesgeschichte für Heimatdiskurse sowie das Zusammenwirken von Heimatgeschichte und Landesgeschichte bei der Konstruktion von Heimat vor unterschiedlichen politischen Hintergründen im deutschsprachigen Raum vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Auf diese Weise trägt er dazu bei, eine Basis für das Zusammenwirken einer aufgeklärten Heimatgeschichte und einer modernen Landes- und Regionalgeschichte jenseits ideologischer Vereinnahmungen zu schaffen.
Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 2024
While medieval studies have long devoted great attention to the phenomena of birth and death, thi... more While medieval studies have long devoted great attention to the phenomena of birth and death, this special issue for the first time focuses on their close connection in the realm of medieval thought, experience, and practices. Drawing on theories of rites of passage and liminality, the collected studies examine the symmetry of birth and death in literary, religious, social, and medical concepts and actions. The topics range from strategies for coping with high mortality rates during childbirth, to forms of burial and grave goods, and even the reception of Eastern reincarnation doctrines in late medieval Europe.
With unprecedented clarity, both the global crisis of the Covid 19 pandemic and the ideological l... more With unprecedented clarity, both the global crisis of the Covid 19 pandemic and the ideological legitimization of the Russian invasion of Ukraine revealed the juxtaposition and opposition of scientistic-rationalistic and non-scientific-esoteric explanations of the world in the 21st century. Supposedly marginal alternative patterns of interpretation suddenly revealed themselves to be suitable for the masses, and world views that seemed deeply contradictory from a rationalist point of view suddenly became acceptable. The controversies this triggered teach us to what extent social and political influence can be gained by people who claim to have insights into hidden causal connections. Such conspiracy theorists and other intellectual arsonists can be regarded as the political prophets of our time. But it would be too short-sighted to lump them together with the self-declared prophets and forecasters who have emerged throughout history. The contributions in this volume are therefore devoted to the connections between the spheres of the political and the prophetic from antiquity to modern times, using examples illustrating an immense heterogeneity of intellectual attitudes.
Mit außergewöhnlicher Schaffenskraft und immensem innovativen Gespür hat der Hamburger Historiker... more Mit außergewöhnlicher Schaffenskraft und immensem innovativen Gespür hat der Hamburger Historiker und Professor für mittelalterliche Geschichte Jürgen Sarnowsky die geschichtswissenschaftliche Forschung entscheidend geprägt. Wieder und wieder bahnte er neue Wege und erschloss neue Felder des historischen Arbeitens im regionalen, globalen und digitalen Raum. Die in diesem Buch zu seinen Ehren versammelten Beiträge von Freund_innen, Schüler_innen und akademischen Wegbegleiter_innen Sarnowskys treten in Dialog mit seinem Schaffen und bieten erhellende neue Einblicke in zentrale Bereiche seines Werks. Sie handeln vom Norden und der Hanse, vom Mittelmeerraum, vom Deutschen Orden, den Digital Humanities sowie von Reisen und der Ferne.
With extraordinary productivity and immense innovative intuition, historian Jürgen Sarnowsky, professor of medieval history in Hamburg, has decisively impacted historical research. Time and again, he has forged new paths and opened up new fields of historical inquiry in regional, global, and digital spheres. The articles by friends, students, and academic companions assembled in this volume in Sarnowsky’s honor enter into a dialogue with his works and offer illuminating new insights into central areas of his oeuvre. They encompass the North and the Hanseatic League, the Mediterranean region, the Teutonic Order, and digital humanities, as well as travel and distance.
Rechtgläubig/ungläubig, fremd/eigen, männlich/weiblich, arm/reich – diese und andere binäre Unter... more Rechtgläubig/ungläubig, fremd/eigen, männlich/weiblich, arm/reich – diese und andere binäre Unterscheidungen waren von konstitutiver Bedeutung für die Strukturierung sozialer Welten in der Vormoderne. Doch was geschah, wenn sie nicht mehr verfingen und Praktiken und Akteure sich nicht mehr eindeutig auf einer ihrer beiden Seiten verorten ließen? Wie nahm man im Mittelalter etwa Konvertiten, Hermaphroditen, Migranten und freiwillig Arme wahr, und welche Konsequenzen hatte dies? Mit dem Begriff der Ambiguität spricht der Band Zustände und Situationen an, in denen Leitunterscheidungen der sozialen und kulturellen Ordnung verunklart wurden. Die Beiträge aus Geschichts-, Literatur- und Sprachwissenschaft, Archäologie und Kunstgeschichte fragen danach, wie historische Akteure auf die Irritation gängiger Unterscheidungsmodi reagierten, wie sie sich Ambiguität zunutze machten, welche Strategien der Disambiguierung sie entwickelten und worin die Bedingungen und Grenzen von Ambiguitätstoleranz in der Vormoderne lagen. Der Band trägt so nicht nur zum besseren Verständnis von Diversität und Pluralität von Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne bei, sondern liefert auch ein konzeptionelles Angebot für weitere Forschungen.
Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 2024
From the mid-thirteenth century, fragmentary accounts of the Buddhist doctrine of reincarnation a... more From the mid-thirteenth century, fragmentary accounts of the Buddhist doctrine of reincarnation appear in Latin European travellers’ reports. General analyses of the idea of transmigration in Europe have so far ignored these pieces of knowledge. Against this background, this article will first summarise the sources for the idea of the transmigration of souls in the Far East in late medieval travel literature. Such a concept contrasted sharply with Christian anthropological and eschatological teachings. For this reason, in a second step, the article will explore the question of how Far Eastern ideas of birth and death were received and contextualised in European discourse.
Oliver Auge/Stefan Brenner/Christiane Thomsen (eds.): Toleranz! Interdisziplinäre Zugänge zu einem Kernthema der Menschheitsgeschichte, Neumünster 2023, S. 115-133., 2023
Under the conditions of the Christian religious worldview of the Middle Ages, tolerance as a soci... more Under the conditions of the Christian religious worldview of the Middle Ages, tolerance as a socio-ethical instrument for securing a pluralistic society, whose value lies in its very plurality, could not exist. People of other faiths could at best be endured in certain situations, but they were always regarded as a challenge to the order of society and the world. The roots of this attitude lie in early Christianity. Non-Christian rulers subjected Christians to persecution and violence, at least according to Christian historiography. Tracing the resulting discourse since late antiquity, one can see a close connection between the problem of dealing with rule perceived as unjust and the concept of tolerance. The central question was whether tyranny should be tolerated or resisted. The article analyzes the positions developed in Christian thought on this question on the basis of central statements from the New Testament to the late Middle Ages. In this way, the genuinely medieval history of the idea of tolerance comes into focus, which is finally related to the thinking on tolerance in the modern age.
(Un)Sichtbar – Frauen in der Geschichte Schleswig-Holsteins (= Schleswig-Holstein. Die Kulturzeitschrift für den Norden, Thema VII), 2023
Bordesholm in der Geschichte, 2023
Eine niedrigschwellige Geschichte der Gemeinde Bordesholm nach 1945: Nach dem Ende des Zweiten We... more Eine niedrigschwellige Geschichte der Gemeinde Bordesholm nach 1945:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand Bordesholm vor enormen Herausforderungen. Die Verwerfungen der nationalsozialistischen Zeit wirkten noch lange nach und hemmten das politische und soziale Zusammenwachsen der Gemeinde. Raum- und Ressourcenknappheit als Folgen des explosionsartigen Bevölkerungswachstums blieben über Jahrzehnte spürbar. Durch Unternehmungsgeist und Erfindungsreichtum gelang es der Gemeinde seit der Mitte des 20. Jahrhunderts jedoch, ihrer neuen Rolle als Unterzentrum gerecht zu werden und sich zu einem prosperierenden Wohn- und Wirtschaftsstandort im Herzen Schleswig-Holsteins zu entwickeln.
Medizinhistorisches Journal 58, 2023
The Kiel obstetric pelvis collection from the nineteenth century is largely comprised of the bone... more The Kiel obstetric pelvis collection from the nineteenth century is largely comprised of the bones of poor, unmarried women who died in the Kiel lying-in hospital during or shortly after childbirth. Based on the written records from the hospital as well as a variety of other biographical source material, this article attempts to reconstruct the life of one of the women behind the Kiel pelvis collection. In this way, not only the scope for action and movement of people of unprivileged status in Schleswig-Holstein in the nineteenth century becomes evident, but it is also made clear to what extent biographical reconstructions are possible at all for unmarried women from the pre- and early industrial lower classes. Last but not least, the results can support decisions on ethical questions that are inevitably raised by the existence of the Kiel pelvis collection.
Oliver Auge/Anke Scharrenberg (eds.), Die Diener der Fürstbischöfe. Der Eutiner Hof im 17. und 18. Jahrhundert (= Eutiner Forschungen, 19), Neumünster, 2023
Jan-Hendryk de Boer/Marcel Bubert (Hgg.), Absichten, Pläne, Strategien. Erkundungen einer historischen Intentionalitätsforschung (Kontingenzgeschichten 5), Frankfurt/M. 2018., 2018
Es ist längst ein abgedroschener Gemeinplatz der Geschichts-und Literaturwissenschaften, dass Rei... more Es ist längst ein abgedroschener Gemeinplatz der Geschichts-und Literaturwissenschaften, dass Reisetexte aller Epochen in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen aus Fakten und Fiktionen zusammengesetzt sind. 1 Die Erklärungsansätze für dieses geradezu konstitutive Merkmal der Reiseliteratur allerdings variieren. In Hinblick auf neuzeitliche, postaufklärerische Reiseerzählungen wird in der Regel das intentional handelnde Autorsubjekt für etwaige fiktionale Implantate und literarische Überformungen verantwortlich gemacht. 2 Die Vormoderneforschung hingegen bringt überwiegend strukturale Erklärungsmodelle in Anschlag. Im Folgenden möchte ich anhand des Itinerario Ludovico de Varthemas zeigen, dass die gängigen antimentalistischen Diagnosen für Fiktionen und Fiktionalisierungen in vormodernen Reisetexten zuweilen wesentlich zu kurz greifen und ihre mitunter geradezu reflexartige Applikation problematisiert werden muss.
Sibylle Baumbach/Lena Henningsen/Klaus Oschema (Hrsgg.), The Fascination with Unknown Time, 2017
The paper explores the role of unknown time in medieval utopian thought, drawing special attentio... more The paper explores the role of unknown time in medieval utopian thought, drawing special attention to the relationship between temporality and spatiality as crucial for the understanding of utopian concepts from the Middle Ages. It offers a critical review of scholarship on medieval utopianism and especially calls into question the commonly accepted distinction between ideal places (‘Wunschräume’) and ideal times (‘Wunschzeiten’) as established by A. Doren. Focusing on the medieval perception of ‘Jerusalem’ as a multidimensional utopian vision, it then expounds how the principles of biblical exegesis influenced the medieval notion of a perfect society. The chapter concludes with an observation of a figure from Joachim of Fiore’s Liber figurarum in which the temporal and the spatial dimensions are indistinguishably entangled with one another.
Daniel Schläppi/Malte Gruber (eds.), Von der Allmende zur Share Economy. Gemeinbesitz und kollektive Ressourcen in historischer und rechtlicher Perspektive, 2018
In der Geisteskultur des Mittelalters existierten vielfältige Vorstellungen einer Überlegenheit k... more In der Geisteskultur des Mittelalters existierten vielfältige Vorstellungen einer Überlegenheit kollektiver über individuelle Konzepte des Gütergebrauchs und -besitzes, die Befürwortern von Kollektivökonomien und kommunistischen Ordnungsmodellen in der Neuzeit immer wieder als positive Bezugspunkte dienten. Im folgenden Beitrag wird aus mediävistischer Perspektive geprüft, ob das mittelalterliche Ideengut tatsächlich in eine logische Verbindung zu Modellen moderner Share Economy gebracht werden kann. Hierzu werden zunächst die philosophischen, juridischen und religiösen Traditionslinien zusammengeführt, in deren Bahnen sich das Denken über Gütergemeinschaft im Mittelalter bewegte. Darauf aufbauend, rückt anschließend der englische Philosoph und Theologe John Wyclif in den Fokus. Ende des 14. Jahrhunderts entwickelte dieser eine differenzierte Lehre des dominium, in deren Rahmen er sich für eine Gütergemeinschaft der Gesamtkirche aussprach. Um die Kohärenz der Wyclif’schen Güterlehre sowie ihre Kompatibilität mit den Prinzipien von Share Economy ermessen zu können, wird sie gezielt mit den Regeln erfolgreichen Commonings nach E. Ostrom konfrontiert, aus denen eine Vielzahl gegenwärtiger Allmende-Konzepte ihr Regularium bezieht. Auf diese Weise werden substantielle Unterschiede, aber auch überraschende Gemeinsamkeiten zwischen mittelalterlichen und postmodernen Ideen des Commoning erkennbar.
Christian Hoffarth/Benjamin Scheller (eds.), Ambiguität und die Ordnungen des Sozialen im Mittelalter (Das Mittelalter. Beihefte 4), Berlin/Boston/New York
Im lateineuropäischen Mittelalter bildete die binäre Unterscheidung der Menschheit in Arme und R... more Im lateineuropäischen Mittelalter bildete die binäre Unterscheidung der Menschheit in Arme und Reiche ein gängiges soziales Deutungsmuster. Das Nebeneinander Bedürftiger und Begüterter schien biblischen Kategorien zu entsprechen und galt daher grundsätzlich als göttlich legitimiert. Vor dem Hintergrund einer sich ökonomisch ausdifferenzierenden Gesellschaft geriet diese dualistische Vorstellung seit dem 12. Jahrhundert allerdings mehr und mehr in Bewegung, was nicht zuletzt zu einer immer stärkeren Marginalisierung der Armen führte. Die zur selben Zeit sich immer schärfer artikulierenden Vorwürfe an den Klerus, das evangelische Armutsgebot zu missachten, können in ebendiesen Kontext eingeordnet werden. Der Beitrag wirft die Frage auf, welche Rolle dem sich just in jener Gemengelage herausbildenden mendikantischen Armutskonzept im Wandel der Ordnungen und Deutungen des Sozialen zukam. Anhand apologetischer Schriften mendikantischer Autoren des 13. Jahrhunderts, namentlich von Thomas von Aquin, Bonaventura und Petrus Olivi ergründet er, welchen Wert die Vordenker der Bettelorden der Leitdifferenz arm/reich beimaßen, wie sie auf potentielle Verunklarungen reagierten und wo sie ihre eigenen Gemeinschaften im gesellschaftlichen Gefüge von Armut und Reichtum verorteten. Auf diese Weise wird erkennbar, dass das ursprüngliche mendikantische Armutsideal und seine radikaleren Vertreter im 13. und 14. Jahrhundert auf eine Disambiguierung des Armutsbegriffs und auf die schematische Reduktion sozialer Komplexität zielten.
Julian T. D. Gärtner / Malin S. Wilckens (Eds.): Racializing Humankind: Interdisciplinary Perspectives on Practices of ‘Race’ and Racism, 2022
Peper/Kunze/Mollenhauer-Klüber (Hgg.), Jenseits von Wachstum und Nutzenmaximierung. Modelle für ein gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, 2019
Examining the idea of a community of goods in the so-called Niklashauser Wallfahrt of 1476.
Impulse der Kieler Geschichtsforschung einst und heute, eds. Oliver Auge and Gerald Schwedler, 2022
Since the emergence of historical journals in Germany in the first half of the nineteenth century... more Since the emergence of historical journals in Germany in the first half of the nineteenth century, Kiel historians have repeatedly acted as editors of renowned periodicals. Using four examples from the nineteenth and twentieth centuries-namely the Preußische Jahrbücher, the Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Geschichte in Wissenschaft und Unterricht and Das Historisch-Politische Buch-the article examines the significance of these editorial activities for scholars at Kiel University and the possible relevance of the Kiel location in the relationship between the journals and their editors. Following Pierre Bourdieu, academia can be understood as a regulatory field in which the command of capital is of elementary importance for the actors. The article makes use of this concept by searching for mechanisms and strategies of acquiring capital through the editorship of journals and by exploring how Kiel historians reinvested the capital they had gained in this way.
Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft, 2020
Jochen Burgtorf/Christian Hoffarth/Sebastian Kubon (Hg.), Von Hamburg nach Java. Studien zur mittelalterlichen, neuen und digitalen Geschichte. Festschrift zu Ehren von Jürgen Sarnowsky (Nova Mediaevalia 18), Göttingen 2020, 2020
Exploring the background, meaning, and functions of ascriptions of cannibalism to East Asian peop... more Exploring the background, meaning, and functions of ascriptions of cannibalism to East Asian peoples in late medieval European travel writing.
Ambiguität und die Ordnungen des Sozialen im Mittelalter, 2018
Mitteilungen. Institut für Personengeschichte. Förderkreis der Stiftung für Personengeschichte, 2019
An Essay exploring the history, backgrounds, and imagery of an early map of Virginia in the colle... more An Essay exploring the history, backgrounds, and imagery of an early map of Virginia in the collection of the Institut für Personengeschichte.
Person und Milieu. Individualbewusstsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld, 2013
Der geplante Workshop soll ein Forum für Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen sein, au... more Der geplante Workshop soll ein Forum für Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen sein, auf dem Ansätze, Methoden und Zugänge zur Mobilitätsforschung diskutiert werden. Dazu sollen laufende Projekte und Forschungsarbeiten vorgestellt werden, die sich mit Formen des Reisens, Pilgerns und Migrierens in Europa von ca. 500 bis ca. 1800 beschäftigen – der thematische Rahmen ist hier bewusst offengehalten.
Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 2024
Das Themenheft 2024/2 von „Das Mittelalter: Perspektiven mediävistischer Forschung“, der Verbands... more Das Themenheft 2024/2 von „Das Mittelalter: Perspektiven mediävistischer Forschung“, der Verbandszeitschrift des Mediävistenverbands e.V., widmet sich den vielfältigen ideellen und reellen Zusammenhängen von Geburt und Tod im Mittelalter. Die Herausgeber*innen bitten um Themenvorschläge bis zum 15. Mai 2023.
We invite proposals for contributions to an edited volume on the relations between political acto... more We invite proposals for contributions to an edited volume on the relations between political actors and supposedly prophetic and otherwise clairvoyant persons from antiquity to the modern age.
Sehepunkte 24, Nr. 9, 2024
Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung, Bd. 68,1, 2019
Das Historisch-Politische Buch 3/2011, S. 251f.
Das Historisch-Politische Buch 4/2011, S. 347f.
Das Historisch-Politische Buch 4/2012, S. 367f.
Archiv für Familiengeschichtsforschung 1/2012, S. 38.
Das Historisch-Politische Buch 3/2011, S. 329f.
Das Historisch-Politische Buch 2/2011, S. 126f.
Archiv für Familiengeschichtsforschung 2/2011, S. 71f.
Z i t a t i o n: Christian Hoffarth, Von der vita regularis zur tota universitas hominum. Studien... more Z i t a t i o n: Christian Hoffarth, Von der vita regularis zur tota universitas hominum. Studien zur Ideengeschichte der urchristlichen Gütergemeinschaft im späteren Mittelalter, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 5. Juni 2016, http://mittelalter.hypotheses.org/8303. 1 Von der vita regularis zur tota universitas hominum. Studien zur Ideengeschichte der urchristlichen Gütergemeinschaft im späteren Mittelalter von Christian Hoffarth 1000 Worte Forschung: Dissertation im Fach Mittlere und Neuere Geschichte, Universität Hamburg, verteidigt im Januar 2016. Die Dissertation erscheint voraussichtlich 2016 im Franz Steiner Verlag in der Reihe " Hamburger Studien zu Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne ". In der Apostelgeschichte schildert der Evangelist Lukas das Leben der ersten christlichen Ge-meinde in Jerusalem (Apg 2,42–47; 4,32–37). Als eines ihrer wichtigsten Merkmale charakteri-siert er die Gütergemeinschaft. Die zum neuen Glauben Konvertierten hätten ihre Besitztümer verkauft und die Erlöse in die Gemeinde eingebracht, sodass niemand mehr irgendetwas sein Eigen genannt habe und alle mit dem Lebensnotwendigen versorgt gewesen seien. Seit der Spätantike stand das lukanisch-urchristliche Ideal des Gemeinbesitzes Pate für das Le-ben in regulierten Gemeinschaften. Während die Ordnung der Gesamtgesellschaft in hohem Ma-ße auf Unterschieden des Besitzes basierte, hatte die Gütergemeinschaft der Urgemeinde in der vita communis gleichsam ihr Exil gefunden. Erst im späteren Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden schließlich zahlreiche Stimmen laut, die die Gütergemeinschaft der ecclesia primitiva zum Vorbild für die gesamte Christenheit erklärten und mitunter seine Verwirklichung außerhalb der Klostermauern betrieben. Zu denken ist etwa an die apokalyptisch inspirierten Praxisversu-che bei den böhmischen Taboriten (1420er) und im Täuferreich von Münster (1530er), an die radikal-theologischen Zukunftsspekulationen des sogenannten Oberrheinischen Revolutionärs, an Thomas Müntzer oder Sebastian Franck. In der bisherigen Forschung zur Ideengeschichte der Gütergemeinschaft finden sich zwei gegen-sätzliche, gleichermaßen verabsolutierende Narrative: 1. das marxistische, demzufolge der Drang nach Gütergemeinschaft eine anthropologische Konstante und damit im Mittelalter gleicherma
Renaissance Quarterly, 2018
In a welcome move, given the preponderance of attention to the exotic in travelwriting scholarshi... more In a welcome move, given the preponderance of attention to the exotic in travelwriting scholarship, Legassie's final section pursues the notion of the medieval discovery of the proximate. Noting that many more travel accounts tend to treat short-range journeys after 1350, he focuses on two specific travelers: the prehumanist intellectual Petrarch, whose journeys paradoxically culminate in a rationale for staying put, and Castilian noble Pero Tafur, whose writings attempt to make his journeys conform with existing "courtly ethnographic" and chivalric "adventure" modes (204). While these final chapters are often observant and illuminating accounts of Petrarch's and Tafur's texts, at times they read as less closely bound into the concerns of the volume than their forerunners. As Legassie himself points out, that Petrarch "distinguishes himself from most of his contemporaries by resisting the tendency to assimilate literate labor to the art of travel" may partially explain the imperfect fit (15). However, chapter 5's attempt to explain Petrarch's attitudes through "the diasporic orientation of his political consciousness" (202) also reads as an underexplored afterthought rather than as central to the chapter's analysis.