Markus Hennig | Universität Leipzig (original) (raw)
Papers by Markus Hennig
Work in Progress. Work on Progress. Doktorand*innen-Jahrbuch 2023 der Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2023
Befreiung vollzieht sich durch ein Kollektiv, das sich durch eine gemeinsame Erfahrung der Unterd... more Befreiung vollzieht sich durch ein Kollektiv, das sich durch eine gemeinsame Erfahrung der Unterdrückung konstituiert. In diesem Sinne wird in diesem Beitrag nach der Stellung der Erfahrung für die Herausbildung von Kollektivtät gefragt. An einer Rekonstruktion der Verdrängung von Erfahrung aus der bürgerlichen Öffentlichkeit, wie Jürgen Habermas sie beschreibt, kann nachvollzogen werden, wie das Publikum der politischen Öffentlichkeit sich selbst durch eine gemeinsame Erfahrung konstituiert, diese aber nachfolgend in der öffentlichen Diskussion dethematisiert. Im Kontrast dazu wird in einem zweiten Schritt nach einem anderen Verständnis des Verhältnisses von Erfahrung und Kollektivität gefragt. Die in verschiedenen sozialen Bewegungen diskutierten Ambivalenzen des Bezuges auf Erfahrung werden abschließend mit Walter Benjamins These von der ›Krise der Erfahrung‹ zugespitzt, um daran mögliche Verkehrungen dieses Bezuges herauszustellen.
On the im-/possible connection between collectivity and experience
Liberation takes place through a collective that is constituted by a shared experience of oppression. In this sense, this paper asks about the position of experience for the formation of collectivity. Therefore it reconstructs the repression of experience from the bourgeois public sphere as Jürgen Habermas describes it. Against his intention it can be retrieved how the audience of the political public sphere constitutes itself through a shared experience, but subsequently dethematizes it in public discussions. In contrast to this conception I delineate, in a second step, a different understanding of the relationship between experience and collectivity. In the concluding remarks, the ambivalences of the reference to experience discussed in various social movements are then sharpened with Walter Benjamin’s thesis of the ›crisis of experience‹ in order to highlight possible reversals of this reference.
Phase 2, 2022
Ausgehend von Didier Eribon begibt sich der Essay auf eine etwas experimentelle Spurensuche nach ... more Ausgehend von Didier Eribon begibt sich der Essay auf eine etwas experimentelle Spurensuche nach den Intellektuellen. In einer Gegenüberstellung der Gedanken von Antonio Gramsci und Walter Benjamin versucht er eine Perspektive zu entwickeln, warum es sich lohnen könnte, die Figur des Intellektuellen wieder zu berücksichtigen.
Ne Znam - Zeitschrift für Anarchismusforschung, 2021
Der Artikel versucht das Argument zu entwickeln, dass der Fokus der post-anarchistischen Theorie ... more Der Artikel versucht das Argument zu entwickeln, dass der Fokus der post-anarchistischen Theorie auf Paradoxien deren Erklärung eher verhindert als ermöglicht. Indem die Theorie nicht danach fragt, wie diese Paradoxien entstehen, trägt sie dazu bei, sie zu reproduzieren. Dagegen wird mit Bezug auf Michael Bakunin ein Entwurf eines materialistischen Anarchismus skizziert. Mit diesem soll der Anspruch formuliert werden, dass anarchistische Theorie nicht einfach Paradoxien ausstellen kann, sondern dass sie sich zu diesen verhalten muss. Damit ist nicht gemeint, dass die Theorie sich für die eine oder andere Seite entscheiden müsste, sondern dass sie versuchen sollte, diese Paradoxien zu erklären und dadurch in ihrer paradoxen Gestalt zu überwinden.
Teaching Documents by Markus Hennig
Universität Leipzig, 2023
Im Zentrum der bürgerlichen Gesellschaft steht das Versprechen der individuellen Freiheit. Doch d... more Im Zentrum der bürgerlichen Gesellschaft steht das Versprechen der individuellen Freiheit. Doch da sich diese Freiheit schlecht allein verwirklichen kann, erscheinen Kollektive einerseits als Probleme und andererseits als Sehnsuchtsorte. Umstritten ist besonders die Frage, ob ein Kollektiv diese Freiheit nun ermöglicht oder gar verhindert. Das Seminar möchte dieser ambivalenten Bezugnahme anhand von zwei recht unterschiedlichen Begriffen des Kollektiven nachgehen: zum einen jenem der Gemeinschaft und zum anderen jenem der Masse. Beide Begriffe erscheinen zunächst als Gegensatz, insofern die Gemeinschaft ein auf Nähe basierendes Kollektiv bezeichnet, während in der Masse die Individuen als Entfremdete zusammenkommen. Jedoch verdächtigen liberale Theorien sie gleichermaßen der Irrationalität, insofern ihre Kollektivität jeweils mehr aus Gefühlen denn aus der Vernunft entsteht.
Das Seminar will versuchen das Phänomen des Kollektiven durch diese beiden Konzepte zu begreifen. Indem sich in ihnen auf je unterschiedliche Weise Versprechen und Bedrohung verbinden, können sie helfen zu verstehen, warum Kollektive ebenso zur bürgerlichen Gesellschaft gehören wie das Individuum. In diesem Sinne werden die im Seminar wiederkehrenden Fragen unter anderem sein: Auf welche Probleme soll mit den Konzepten von Gemeinschaft und Masse jeweils geantwortet werden? Welche Lösungen versprechen sie? Wie denken sie die Beziehung zwischen Individuum und Kollektiv? Zur Beantwortung werden ältere und neuere Texte aus unterschiedlichen Theoriertraditionen besprochen (u.a. F. Tönnies, H. Plessner, J.-N. Nancy, S. Freud, R. Luxemburg, E. Canetti, C. Mouffe).
Walter Benjamin begann seine theoretischen Auseinandersetzungen mit Kant und Platon, bis er sich ... more Walter Benjamin begann seine theoretischen Auseinandersetzungen mit Kant und Platon, bis er sich Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre zunehmend dem Materialismus zuwandte. Mit Skepsis betrachteten seine Bekannten diese Wendung zum Materialismus: Gershom Scholem warf Benjamin vor, sich selbst zu verraten und das eigene Denken zu verkleiden. Bertolt Brecht bemängelte, dass es nicht materialistisch genug ist, weil es zu sehr an metaphysischen und mystischen Gedankengängen hängt. Theodor W. Adorno fehlte es an der dialektischen Vermittlung. Und doch hielt Benjamin am Vorhaben fest, sein Denken mit dem Materialismus zu vermitteln, weil es ihm angesichts seiner prekären Lebenslage als Intellektueller innerhalb der sich zuspitzenden gesellschaftlichen Krise als einzige Möglichkeit erschien, sich mit den entscheidenden Gegenständen auseinanderzusetzen. So räumt er jedoch in einem Brief aus dem Jahre 1931 offen ein, dass es sich nur um eine angespannte und teils problematische Vermittlung seines bisherigen Denkens zum Materialismus handeln könnte. Doch trotzdem hält er an ihr als einziger gangbarer Weg der theoretischen Arbeit fest. Das Seminar möchte den Weg dieser Vermittlung und Aneignung des Materialismus verfolgen. Dafür beschäftigen wir uns vor allem mit Benjamins Kritiken und Kommentaren zu anderen intellektuellen Arbeiten, an denen er seine eigene Methode durch Abgrenzung weiterentwickelte (so etwa zu Brecht, Karl Kraus, dem Surrealismus u.a.). Außerdem werden wir uns Aufsätzen aus dem Umfeld des Passagen-Werks und seinen Arbeiten zu Charles Baudelaire widmen. Korrespondierend zur Entstehungsgeschichte stehen am Ende des Seminars die Thesen über den Begriff der Geschichte, welche er 1940 kurz vor seinem Selbstmord verfasste.
Der Name Walter Benjamin steht für vielfältige Assoziationen: zunächst marginalisierter Angehörig... more Der Name Walter Benjamin steht für vielfältige Assoziationen: zunächst marginalisierter Angehöriger der Kritischen Theorie, Übersetzer von Balzac, Baudelaire und Proust, jüdischer Intellektueller in der Weimarer Republik, tragische Flucht vor dem Nationalsozialismus, um nur einige zu nennen. Und nicht zuletzt steht der Name Walter Benjamin für ein besonderes Denken, weshalb Hannah Arendt schrieb, dass Benjamin "ohne ein Dichter zu sein, dichterisch dachte". Theodor W. Adorno wiederum interpretierte es derart, dass dieses Denken "das Fragmentarische zum Prinzip [macht]." Das Seminar will sich also dem Namen Walter Benjamin als eine spezifische Art des Denkens nähern. Hierfür werden insbesondere jene frühen Schriften von Benjamin herangezogen, in denen er sich mit dem Problem der Sprache beschäftigt. Grundlage dieser Herangehensweise ist die These, dass Benjamins Texte zur Sprache als eine Selbstverständigung interpretiert werden können, in welchen er verhandelt, wie zu schreiben und nicht zuletzt zu denken sei. Davon ausgehend sollen weiterhin spätere Schriften hinzugezogen werden, in denen Benjamin methodische Fragen des Philosophierens bearbeitet. So liefert die Sprache Benjamins selbst die Grundlage, sich seinem Denken anzunähern, in welches das Seminar einführen soll.
Conference Presentations by Markus Hennig
Kritische Theorie aus Paris und Frankfurt. Zur Frage der Vernunftkritik, 2024
XI. Tagung für Praktische Philosophie, 2024
Erfahrung der Krise - Krise der Erfahrung. Wissenschaftliche Tagung der Promovierenden der Hans-Böckler-Stiftung, 2024
International Walter Benjamin Conference, 2023
Ever since his Notizen zu einer Arbeit über die Kategorie der Gerechtigkeit of October 1916, the ... more Ever since his Notizen zu einer Arbeit über die Kategorie der Gerechtigkeit of October 1916, the notion of justice was one of the key concepts of Walter Benjamin's thinking. It is central to his paper On the Critique of Violence, as well as to the seminal essays on Karl Kraus, Franz Kafka, and Nikolai Lesskov. Explicitly mentioned or merely intimated, it operates at the very core of virtually all Benjamin's intellectual endeavors-from the Goethe essay, translation theory, and Trauerspielbuch, to the Arcades Project itself. In fact, set as it is against the recurrent element of myth, justice can be seen as the driving force behind Benjamin's oeuvre, and the work itself may be perceived as an experimental field of various ways of understanding, situating, and practicing justice in the face of crisis. And it was crisis-the deep moral, ethical, economic, and political crisis of modernity-which Benjamin was trying to bear witness to and adequately express. Beginning with his early diagnoses on the political impact of the new social and cultural movements, Benjamin's writings always sought to name the crisis present in the philosophical, theological, and literary legacies of different European traditions. It was predominantly the crisis of the 1920s and 1930s that created the context for his concepts of poverty, the aura of the work of art, and history and sovereignty. This conceptuality, however, can hardly be thought of without reference to the idea of just intervention: the idea of justice as a proper and, precisely, just response to the crisis of modernity constitutes one of the most original traits of Benjamin's philosophical endeavor. Program 27 SEPTEMBER / IFiS PAN 28 SEPTEMBER / SWPS UNIVERSITY 10:00 Social Activity: Facing the catastrophe of the past: a walk along the traces of the Warsaw Ghetto
Presentation at the Workshop "Working with Benjamin on Law", 15, 16 & 17 July 2021at ZfL Berlin &... more Presentation at the Workshop "Working with Benjamin on Law", 15, 16 & 17 July 2021at ZfL Berlin & Online, Organized by Alexis Alvarez-Nakagawa (CONICET/UBA), Hannah Franzki (University of Bremen) & Rafael Vieira (UFRJ).
The contribution reconsidered the distinction of the masses which Walter Benjamin suggests at the end of The Work of Art in the Age of Its Technological Reproducibility, where he writes: "It [Fascism] sees its salvation in granting expression to the masses – but on no account granting them rights."
Book Reviews by Markus Hennig
nd. Die Woche, 2024
Eine Besprechung der historischen Studie "Means and Ends" von Zoe Baker zur Geschichte der Praxis... more Eine Besprechung der historischen Studie "Means and Ends" von Zoe Baker zur Geschichte der Praxis des Anarchismus.
kritisch-lesen.de, 2021
Ende der 1970er Jahre diskutierten kommunistische und feministische Frauen über ihre Distanz zur ... more Ende der 1970er Jahre diskutierten kommunistische und feministische Frauen über ihre Distanz zur Politik. Rezension zu Rossana Rossanda (Hg.): Einmischung. Gespräche mit Frauen über ihr Verhältnis zu Politik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie, Faschismus, Widerstand, Staat, Partei, Revolution, Feminismus.
https://kritisch-lesen.de/rezension/die-storung-zwischen-politik-und-feminismus
kritisch-lesen.de, 2022
Die Enttäuschung utopischer Hoffnungen lähmt die politische Kreativität. Nun muss die Philosophie... more Die Enttäuschung utopischer Hoffnungen lähmt die politische Kreativität. Nun muss die Philosophie emanzipatorische Möglichkeiten auszuloten. Rezension zu Bolívar Echeverría "Für eine alternative Moderne. Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje".
https://kritisch-lesen.de/rezension/philosophieren-in-der-krise-der-moderne
nd.Die Woche, 2022
Eltern sein und links bleiben? Mit Kindern stößt man schnell an den Widerspruch der privaten Orga... more Eltern sein und links bleiben? Mit Kindern stößt man schnell an den Widerspruch der privaten Organisation gesellschaftlicher Sorgearbeit. Zwei Bücher aus Wissenschaft und Alltag zeigen die Schwierigkeiten, dieser Klemme zu entkommen.
Work in Progress. Work on Progress. Doktorand*innen-Jahrbuch 2023 der Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2023
Befreiung vollzieht sich durch ein Kollektiv, das sich durch eine gemeinsame Erfahrung der Unterd... more Befreiung vollzieht sich durch ein Kollektiv, das sich durch eine gemeinsame Erfahrung der Unterdrückung konstituiert. In diesem Sinne wird in diesem Beitrag nach der Stellung der Erfahrung für die Herausbildung von Kollektivtät gefragt. An einer Rekonstruktion der Verdrängung von Erfahrung aus der bürgerlichen Öffentlichkeit, wie Jürgen Habermas sie beschreibt, kann nachvollzogen werden, wie das Publikum der politischen Öffentlichkeit sich selbst durch eine gemeinsame Erfahrung konstituiert, diese aber nachfolgend in der öffentlichen Diskussion dethematisiert. Im Kontrast dazu wird in einem zweiten Schritt nach einem anderen Verständnis des Verhältnisses von Erfahrung und Kollektivität gefragt. Die in verschiedenen sozialen Bewegungen diskutierten Ambivalenzen des Bezuges auf Erfahrung werden abschließend mit Walter Benjamins These von der ›Krise der Erfahrung‹ zugespitzt, um daran mögliche Verkehrungen dieses Bezuges herauszustellen.
On the im-/possible connection between collectivity and experience
Liberation takes place through a collective that is constituted by a shared experience of oppression. In this sense, this paper asks about the position of experience for the formation of collectivity. Therefore it reconstructs the repression of experience from the bourgeois public sphere as Jürgen Habermas describes it. Against his intention it can be retrieved how the audience of the political public sphere constitutes itself through a shared experience, but subsequently dethematizes it in public discussions. In contrast to this conception I delineate, in a second step, a different understanding of the relationship between experience and collectivity. In the concluding remarks, the ambivalences of the reference to experience discussed in various social movements are then sharpened with Walter Benjamin’s thesis of the ›crisis of experience‹ in order to highlight possible reversals of this reference.
Phase 2, 2022
Ausgehend von Didier Eribon begibt sich der Essay auf eine etwas experimentelle Spurensuche nach ... more Ausgehend von Didier Eribon begibt sich der Essay auf eine etwas experimentelle Spurensuche nach den Intellektuellen. In einer Gegenüberstellung der Gedanken von Antonio Gramsci und Walter Benjamin versucht er eine Perspektive zu entwickeln, warum es sich lohnen könnte, die Figur des Intellektuellen wieder zu berücksichtigen.
Ne Znam - Zeitschrift für Anarchismusforschung, 2021
Der Artikel versucht das Argument zu entwickeln, dass der Fokus der post-anarchistischen Theorie ... more Der Artikel versucht das Argument zu entwickeln, dass der Fokus der post-anarchistischen Theorie auf Paradoxien deren Erklärung eher verhindert als ermöglicht. Indem die Theorie nicht danach fragt, wie diese Paradoxien entstehen, trägt sie dazu bei, sie zu reproduzieren. Dagegen wird mit Bezug auf Michael Bakunin ein Entwurf eines materialistischen Anarchismus skizziert. Mit diesem soll der Anspruch formuliert werden, dass anarchistische Theorie nicht einfach Paradoxien ausstellen kann, sondern dass sie sich zu diesen verhalten muss. Damit ist nicht gemeint, dass die Theorie sich für die eine oder andere Seite entscheiden müsste, sondern dass sie versuchen sollte, diese Paradoxien zu erklären und dadurch in ihrer paradoxen Gestalt zu überwinden.
Universität Leipzig, 2023
Im Zentrum der bürgerlichen Gesellschaft steht das Versprechen der individuellen Freiheit. Doch d... more Im Zentrum der bürgerlichen Gesellschaft steht das Versprechen der individuellen Freiheit. Doch da sich diese Freiheit schlecht allein verwirklichen kann, erscheinen Kollektive einerseits als Probleme und andererseits als Sehnsuchtsorte. Umstritten ist besonders die Frage, ob ein Kollektiv diese Freiheit nun ermöglicht oder gar verhindert. Das Seminar möchte dieser ambivalenten Bezugnahme anhand von zwei recht unterschiedlichen Begriffen des Kollektiven nachgehen: zum einen jenem der Gemeinschaft und zum anderen jenem der Masse. Beide Begriffe erscheinen zunächst als Gegensatz, insofern die Gemeinschaft ein auf Nähe basierendes Kollektiv bezeichnet, während in der Masse die Individuen als Entfremdete zusammenkommen. Jedoch verdächtigen liberale Theorien sie gleichermaßen der Irrationalität, insofern ihre Kollektivität jeweils mehr aus Gefühlen denn aus der Vernunft entsteht.
Das Seminar will versuchen das Phänomen des Kollektiven durch diese beiden Konzepte zu begreifen. Indem sich in ihnen auf je unterschiedliche Weise Versprechen und Bedrohung verbinden, können sie helfen zu verstehen, warum Kollektive ebenso zur bürgerlichen Gesellschaft gehören wie das Individuum. In diesem Sinne werden die im Seminar wiederkehrenden Fragen unter anderem sein: Auf welche Probleme soll mit den Konzepten von Gemeinschaft und Masse jeweils geantwortet werden? Welche Lösungen versprechen sie? Wie denken sie die Beziehung zwischen Individuum und Kollektiv? Zur Beantwortung werden ältere und neuere Texte aus unterschiedlichen Theoriertraditionen besprochen (u.a. F. Tönnies, H. Plessner, J.-N. Nancy, S. Freud, R. Luxemburg, E. Canetti, C. Mouffe).
Walter Benjamin begann seine theoretischen Auseinandersetzungen mit Kant und Platon, bis er sich ... more Walter Benjamin begann seine theoretischen Auseinandersetzungen mit Kant und Platon, bis er sich Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre zunehmend dem Materialismus zuwandte. Mit Skepsis betrachteten seine Bekannten diese Wendung zum Materialismus: Gershom Scholem warf Benjamin vor, sich selbst zu verraten und das eigene Denken zu verkleiden. Bertolt Brecht bemängelte, dass es nicht materialistisch genug ist, weil es zu sehr an metaphysischen und mystischen Gedankengängen hängt. Theodor W. Adorno fehlte es an der dialektischen Vermittlung. Und doch hielt Benjamin am Vorhaben fest, sein Denken mit dem Materialismus zu vermitteln, weil es ihm angesichts seiner prekären Lebenslage als Intellektueller innerhalb der sich zuspitzenden gesellschaftlichen Krise als einzige Möglichkeit erschien, sich mit den entscheidenden Gegenständen auseinanderzusetzen. So räumt er jedoch in einem Brief aus dem Jahre 1931 offen ein, dass es sich nur um eine angespannte und teils problematische Vermittlung seines bisherigen Denkens zum Materialismus handeln könnte. Doch trotzdem hält er an ihr als einziger gangbarer Weg der theoretischen Arbeit fest. Das Seminar möchte den Weg dieser Vermittlung und Aneignung des Materialismus verfolgen. Dafür beschäftigen wir uns vor allem mit Benjamins Kritiken und Kommentaren zu anderen intellektuellen Arbeiten, an denen er seine eigene Methode durch Abgrenzung weiterentwickelte (so etwa zu Brecht, Karl Kraus, dem Surrealismus u.a.). Außerdem werden wir uns Aufsätzen aus dem Umfeld des Passagen-Werks und seinen Arbeiten zu Charles Baudelaire widmen. Korrespondierend zur Entstehungsgeschichte stehen am Ende des Seminars die Thesen über den Begriff der Geschichte, welche er 1940 kurz vor seinem Selbstmord verfasste.
Der Name Walter Benjamin steht für vielfältige Assoziationen: zunächst marginalisierter Angehörig... more Der Name Walter Benjamin steht für vielfältige Assoziationen: zunächst marginalisierter Angehöriger der Kritischen Theorie, Übersetzer von Balzac, Baudelaire und Proust, jüdischer Intellektueller in der Weimarer Republik, tragische Flucht vor dem Nationalsozialismus, um nur einige zu nennen. Und nicht zuletzt steht der Name Walter Benjamin für ein besonderes Denken, weshalb Hannah Arendt schrieb, dass Benjamin "ohne ein Dichter zu sein, dichterisch dachte". Theodor W. Adorno wiederum interpretierte es derart, dass dieses Denken "das Fragmentarische zum Prinzip [macht]." Das Seminar will sich also dem Namen Walter Benjamin als eine spezifische Art des Denkens nähern. Hierfür werden insbesondere jene frühen Schriften von Benjamin herangezogen, in denen er sich mit dem Problem der Sprache beschäftigt. Grundlage dieser Herangehensweise ist die These, dass Benjamins Texte zur Sprache als eine Selbstverständigung interpretiert werden können, in welchen er verhandelt, wie zu schreiben und nicht zuletzt zu denken sei. Davon ausgehend sollen weiterhin spätere Schriften hinzugezogen werden, in denen Benjamin methodische Fragen des Philosophierens bearbeitet. So liefert die Sprache Benjamins selbst die Grundlage, sich seinem Denken anzunähern, in welches das Seminar einführen soll.
Kritische Theorie aus Paris und Frankfurt. Zur Frage der Vernunftkritik, 2024
XI. Tagung für Praktische Philosophie, 2024
Erfahrung der Krise - Krise der Erfahrung. Wissenschaftliche Tagung der Promovierenden der Hans-Böckler-Stiftung, 2024
International Walter Benjamin Conference, 2023
Ever since his Notizen zu einer Arbeit über die Kategorie der Gerechtigkeit of October 1916, the ... more Ever since his Notizen zu einer Arbeit über die Kategorie der Gerechtigkeit of October 1916, the notion of justice was one of the key concepts of Walter Benjamin's thinking. It is central to his paper On the Critique of Violence, as well as to the seminal essays on Karl Kraus, Franz Kafka, and Nikolai Lesskov. Explicitly mentioned or merely intimated, it operates at the very core of virtually all Benjamin's intellectual endeavors-from the Goethe essay, translation theory, and Trauerspielbuch, to the Arcades Project itself. In fact, set as it is against the recurrent element of myth, justice can be seen as the driving force behind Benjamin's oeuvre, and the work itself may be perceived as an experimental field of various ways of understanding, situating, and practicing justice in the face of crisis. And it was crisis-the deep moral, ethical, economic, and political crisis of modernity-which Benjamin was trying to bear witness to and adequately express. Beginning with his early diagnoses on the political impact of the new social and cultural movements, Benjamin's writings always sought to name the crisis present in the philosophical, theological, and literary legacies of different European traditions. It was predominantly the crisis of the 1920s and 1930s that created the context for his concepts of poverty, the aura of the work of art, and history and sovereignty. This conceptuality, however, can hardly be thought of without reference to the idea of just intervention: the idea of justice as a proper and, precisely, just response to the crisis of modernity constitutes one of the most original traits of Benjamin's philosophical endeavor. Program 27 SEPTEMBER / IFiS PAN 28 SEPTEMBER / SWPS UNIVERSITY 10:00 Social Activity: Facing the catastrophe of the past: a walk along the traces of the Warsaw Ghetto
Presentation at the Workshop "Working with Benjamin on Law", 15, 16 & 17 July 2021at ZfL Berlin &... more Presentation at the Workshop "Working with Benjamin on Law", 15, 16 & 17 July 2021at ZfL Berlin & Online, Organized by Alexis Alvarez-Nakagawa (CONICET/UBA), Hannah Franzki (University of Bremen) & Rafael Vieira (UFRJ).
The contribution reconsidered the distinction of the masses which Walter Benjamin suggests at the end of The Work of Art in the Age of Its Technological Reproducibility, where he writes: "It [Fascism] sees its salvation in granting expression to the masses – but on no account granting them rights."
nd. Die Woche, 2024
Eine Besprechung der historischen Studie "Means and Ends" von Zoe Baker zur Geschichte der Praxis... more Eine Besprechung der historischen Studie "Means and Ends" von Zoe Baker zur Geschichte der Praxis des Anarchismus.
kritisch-lesen.de, 2021
Ende der 1970er Jahre diskutierten kommunistische und feministische Frauen über ihre Distanz zur ... more Ende der 1970er Jahre diskutierten kommunistische und feministische Frauen über ihre Distanz zur Politik. Rezension zu Rossana Rossanda (Hg.): Einmischung. Gespräche mit Frauen über ihr Verhältnis zu Politik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie, Faschismus, Widerstand, Staat, Partei, Revolution, Feminismus.
https://kritisch-lesen.de/rezension/die-storung-zwischen-politik-und-feminismus
kritisch-lesen.de, 2022
Die Enttäuschung utopischer Hoffnungen lähmt die politische Kreativität. Nun muss die Philosophie... more Die Enttäuschung utopischer Hoffnungen lähmt die politische Kreativität. Nun muss die Philosophie emanzipatorische Möglichkeiten auszuloten. Rezension zu Bolívar Echeverría "Für eine alternative Moderne. Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje".
https://kritisch-lesen.de/rezension/philosophieren-in-der-krise-der-moderne
nd.Die Woche, 2022
Eltern sein und links bleiben? Mit Kindern stößt man schnell an den Widerspruch der privaten Orga... more Eltern sein und links bleiben? Mit Kindern stößt man schnell an den Widerspruch der privaten Organisation gesellschaftlicher Sorgearbeit. Zwei Bücher aus Wissenschaft und Alltag zeigen die Schwierigkeiten, dieser Klemme zu entkommen.