Irina Rehberger | Université du Luxembourg (original) (raw)
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Schreibwissenschaft Band 3
die neben wissenschaftlichem Schreibtraining und allgemeinen Sprachkursen auch individuelle Schre... more die neben wissenschaftlichem Schreibtraining und allgemeinen Sprachkursen auch individuelle Schreibberatung in ihren offiziellen Universitätssprachen Deutsch, Englisch und Französisch anbietet. Diese werden von studentischen Sprachlern-und Schreibtutor*innen durchgeführt, die am Sprachenzentrum der Universität Luxemburg ausgebildet werden. Die Ausbildung dieser Tutor*innen umfasst neben Modulen zur Begleitung von Sprachlernprozessen und wissenschaftlichem Schreiben auch ein Modul zu interkultureller Kompetenz und Mehrsprachigkeitsdidaktik, da dies die mehrsprachige und in hohem Maße internationale Umgebung 1 der Universität Luxemburg erfordert. Schreibberatungen, die in diesem Kontext durchgeführt werden, eignen sich besonders, um Merkmale von Beratungsgesprächen mit mehrsprachigen Studierenden zu untersuchen. Bisherige Studien zum Thema Schreibberatung im anglo-amerikanischen und im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Textfeedbackgespräche oder Schreibberatungen mit fremdsprachigen Studierenden vom anfänglichen Ideal eines non-direktiven und kollaborativ geführten Gesprächs sowie von einem symmetrischen Verhältnis zwischen Tutor*in und Tutees mitunter deutlich abweichen (vgl. Bruffee 1984; Gillespie & Lerner 2000). Thompson (2009) beschreibt in ihrer Studie, wie ein erfahrener Tutor in einer Schreibberatung Scaffolding anwendet und den Grad der Direktivität in der Gesprächsführung flexibel an das vorhandene Schreibwissen des Tutees anpasst. Auch das Modell von McAndrew & Reigstad (2001) zeigt eine gewisse Flexibilität in der Gesprächsführung von Tutor*innen. Die Autoren erkennen in ihrer Studie drei verschiedene Formen in Schreibberatungsgesprächen, die sich mitunter mischen können: 1) das studentenzentrierte Gespräch, das dem ursprünglichen US-amerikanischen Modell eines non-direktiven Peer-Tutorings am ehesten entspricht, 2) das kollaborative Gespräch, das einen informellen und freundschaftlichen Charakter hat und 3) das lehrer-oder tutor*innenzentrierte Gespräch, in dem die Tutor*in die Gesprächsführung weitgehend übernimmt (vgl. Lammers 2017). Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass fremdsprachige Studierende Tutor*innen als "cultural informants" betrachten und Tutor*innen in fremdsprachigen Kontexten ihre Gesprächsführung direktiver gestalten (vgl. Powers 1993: 41; siehe auch Lammers 2017). Denn besonders Studierende mit niedrigerem Sprachniveau sind häufig mit dem Finden adäquater Lösungen überfordert (vgl. Blau & Hall 2002; Ulmi et al. 2014). Außerdem sind sich Schreibende in einer Fremdsprache nicht immer darüber bewusst, welche Probleme der Text aufweist und überlassen Problemformulierung und Lösung daher oft den Tutor*innen (vgl. Büker & Lange 2010). Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es nun herauszufinden, wie die Tutorin bei Schreibberatungen mit mehrsprachigen Studierenden vorgeht. Dafür wurden fünf auf Deutsch durchgeführte Online-Schreibberatungen mit Studierenden untersucht, die Deutsch als Fremd-oder Zweitsprache sprechen und die ein stark heterogenes Sprachprofil (zwischen A2 und C1 im 1 Mit einer Punktezahl von 99,4 nimmt die Universität Luxemburg einen Platz unter den weltweit führenden Universität in der Kategorie "International Outlook" im Ranking der Times Higher Education (THE)
Schreibwissenschaft Band 3
die neben wissenschaftlichem Schreibtraining und allgemeinen Sprachkursen auch individuelle Schre... more die neben wissenschaftlichem Schreibtraining und allgemeinen Sprachkursen auch individuelle Schreibberatung in ihren offiziellen Universitätssprachen Deutsch, Englisch und Französisch anbietet. Diese werden von studentischen Sprachlern-und Schreibtutor*innen durchgeführt, die am Sprachenzentrum der Universität Luxemburg ausgebildet werden. Die Ausbildung dieser Tutor*innen umfasst neben Modulen zur Begleitung von Sprachlernprozessen und wissenschaftlichem Schreiben auch ein Modul zu interkultureller Kompetenz und Mehrsprachigkeitsdidaktik, da dies die mehrsprachige und in hohem Maße internationale Umgebung 1 der Universität Luxemburg erfordert. Schreibberatungen, die in diesem Kontext durchgeführt werden, eignen sich besonders, um Merkmale von Beratungsgesprächen mit mehrsprachigen Studierenden zu untersuchen. Bisherige Studien zum Thema Schreibberatung im anglo-amerikanischen und im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Textfeedbackgespräche oder Schreibberatungen mit fremdsprachigen Studierenden vom anfänglichen Ideal eines non-direktiven und kollaborativ geführten Gesprächs sowie von einem symmetrischen Verhältnis zwischen Tutor*in und Tutees mitunter deutlich abweichen (vgl. Bruffee 1984; Gillespie & Lerner 2000). Thompson (2009) beschreibt in ihrer Studie, wie ein erfahrener Tutor in einer Schreibberatung Scaffolding anwendet und den Grad der Direktivität in der Gesprächsführung flexibel an das vorhandene Schreibwissen des Tutees anpasst. Auch das Modell von McAndrew & Reigstad (2001) zeigt eine gewisse Flexibilität in der Gesprächsführung von Tutor*innen. Die Autoren erkennen in ihrer Studie drei verschiedene Formen in Schreibberatungsgesprächen, die sich mitunter mischen können: 1) das studentenzentrierte Gespräch, das dem ursprünglichen US-amerikanischen Modell eines non-direktiven Peer-Tutorings am ehesten entspricht, 2) das kollaborative Gespräch, das einen informellen und freundschaftlichen Charakter hat und 3) das lehrer-oder tutor*innenzentrierte Gespräch, in dem die Tutor*in die Gesprächsführung weitgehend übernimmt (vgl. Lammers 2017). Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass fremdsprachige Studierende Tutor*innen als "cultural informants" betrachten und Tutor*innen in fremdsprachigen Kontexten ihre Gesprächsführung direktiver gestalten (vgl. Powers 1993: 41; siehe auch Lammers 2017). Denn besonders Studierende mit niedrigerem Sprachniveau sind häufig mit dem Finden adäquater Lösungen überfordert (vgl. Blau & Hall 2002; Ulmi et al. 2014). Außerdem sind sich Schreibende in einer Fremdsprache nicht immer darüber bewusst, welche Probleme der Text aufweist und überlassen Problemformulierung und Lösung daher oft den Tutor*innen (vgl. Büker & Lange 2010). Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es nun herauszufinden, wie die Tutorin bei Schreibberatungen mit mehrsprachigen Studierenden vorgeht. Dafür wurden fünf auf Deutsch durchgeführte Online-Schreibberatungen mit Studierenden untersucht, die Deutsch als Fremd-oder Zweitsprache sprechen und die ein stark heterogenes Sprachprofil (zwischen A2 und C1 im 1 Mit einer Punktezahl von 99,4 nimmt die Universität Luxemburg einen Platz unter den weltweit führenden Universität in der Kategorie "International Outlook" im Ranking der Times Higher Education (THE)