Johannes Makepeace | Universität Regensburg (original) (raw)
Papers by Johannes Makepeace
JURA - Juristische Ausbildung
Decker's, 2020
Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der beh... more Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der behördlichen Anordnung zu folgen, selbst wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Verwaltungsrechtlich kommt es allein auf die Wirksamkeit an. Diese »Gehorsamspflicht« lässt sich nicht ohne Weiteres auf das repressive Strafrecht übertragen. Entgegen der Rechtsprechung des BGH muss eine Strafbarkeit verneint werden, wenn ein strafbewehrter Verwaltungsakt materiell rechtswidrig ist. In diesem Fall schafft der Betroffene kein unerlaubtes Risiko, da er sich objektiv verkehrsgerecht verhält, so dass die objektive Zurechnung zu verneinen ist. Erst recht muss dies gelten, wenn der Verwaltungsakt aufgehoben wird. Stellt das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts fest, besteht ein verwaltungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch. Da dieser leerlaufen würde, wenn die schwerwiegenderen strafrechtlichen Folgen bestehen blieben, muss auch ein strafrechtliches Urteil aufgehoben werden oder ein noch laufendes Verfahren eingestellt werden. Dies gebietet das Dogma der Einheit der Rechtsordnung.
Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht... more Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht aktuell ein breiter Konsens darüber, dass die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus – sieht man von etwaigen Nachweisproblemen in der Praxis ab – unproblematisch eine Strafbarkeit nach den Normen des Kernstrafrechts begründet. Der Beitrag setzt hinter diesen Konsens ein kleines Fragezeichen und nimmt die neue Problematik zum Anlass, um auf ein grundsätzliches Problem im Rahmen der objektiven Zurechnung Aufmerksam zu machen. The Corona crisis raises several new questions in many areas of the law. In criminal law, a broad consensus exists that the transmission of the SARS-CoV-2-Virus can easily lead to criminal liability under the German Criminal Law Code ("StGB") – apart from solely practical issues regarding the proof of transmission. This article places a small question mark behind this consensus and seizes the current issues as an opportunity to draw attention to a fundamental problem of the criminal law: the doctrine of objective imputation ("objektive Zurechnung").
Juristische Rundschau, 2020
Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Sicherlich aus plausiblen Gründen treffen die Bu... more Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Sicherlich aus plausiblen Gründen treffen die Bundesregierung und die Bundesländer daher Maßnahmen, die die Freiheitsrechte der Bevölkerung nicht nur unerheblich einschränken. Nun fragt sich so mancher Verfassungsrechtler, ob es denn so einfach sei, die Bevölkerung kollektiv in ihrer Freiheit einzuschränken und Bürger (faktisch) zu entmündigen: Kontaktsperre – ein schallender Begriff, geläufig unter anderem im Gewaltschutzgesetz – für alle! Tatsächlichwurde etwa bei der in Bayern ursprünglich allgemeinverfügten »Ausgangsbeschränkung« mit beachtlichen Argumenten bereits die Existenz einer Rechtsgrundlage für einen solch tiefgreifenden Einschnitt in Frage gestellt. Auch das VG München bezweifelte, dass eine Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG die ausgesprochenen Ausgangsbeschränkungen regeln darf, und setzte die Allgemeinverfügung zu Gunsten zweier Einzelpersonen außer Kraft. Aus diesem Grund erließ das Bayerische Staatsministerium ...
JURA - Juristische Ausbildung, 2020
Aufgrund der Corona-Pandemie ordnet die Regierung per Rechtsverordnung (deren Rechtmäßigkeit zu u... more Aufgrund der Corona-Pandemie ordnet die Regierung per Rechtsverordnung (deren Rechtmäßigkeit zu unterstellen ist) weitgehende Ausgangsbeschränkungen an. Ziel der Verfügung ist es, »durch eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens die Belastung für das Gesundheitswesen insgesamt zu reduzieren, Belastungsspitzen zu vermeiden und die medizinische Versorgung sicherzustellen.« Insbesondere sind aus diesem Grund private Treffen mit Personen untersagt, die nicht im selben Haushalt wohnen. Eine Ausnahme gilt unter anderem für den »Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen [...] im jeweiligen privaten Bereich.« Der nicht-infizierte 23-jährige Medizinstudent Anton (A) sieht nicht ein, sich in seiner Fortbewegungsfreiheit einschränken zu lassen. Er fühle sich gesund und sei als junger Mann ohnehin nicht besonders gefährdet. Selbst wenn er erkranken würde, wären die Symptome – was zutrifft – mit hoher Wahrscheinlichkeit vergleichsweise mild. Er lädt daher sein...
ZIS, 2021
In dieser Zeitschrift erschien vor kurzem ein Beitrag von Bublitz zur aussagepsychologischen Glau... more In dieser Zeitschrift erschien vor kurzem ein Beitrag von Bublitz zur aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung. 1 Er reiht sich ein in die berechtigte aktuelle Diskussion über die Aussagepsychologie als taugliches Mittel zur Begutachtung von Aussagen im Strafverfahren. Dieser Diskurs ist umso wichtiger, wenn man bedenkt, wie überzeugt die strafrechtliche Praxis von der Aussagepsychologie zu sein scheint. Gemäß der auch von Bublitz zitierten Studie von König und Fegert folgen Richter, wenn sie sich der Sachkunde eines aussagepsychologischen Gutachters bedienten, in ihrer Entscheidung zu 89 % dem Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung. 2 In Bayern beträgt nach einer Studie von Jordan und Gresser die Übereinstimmungsquote 95,4 %, bei Psychiatern sogar 100 %. 3 Das unterstreicht ohne Frage den Stellenwert der aussagepsychologischen Begutachtung im Strafverfahren. Ein solcher Einfluss auf die richterliche Entscheidungshoheit ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die aussagepsychologische Begutachtung tatsächlich bestimmen kann, was sie zu bestimmen verspricht: die Glaubhaftigkeit einer Aussage. Andernfalls besteht die Gefahr, dass "das Gericht auf der Grundlage einer sachlich nicht gerechtfertigten Scheinsicherheit urteilt" 4hängt in Verfahrenskonstellationen, in denen Aussage gegen Aussage steht, eine Verurteilung doch oft allein von der Aussage des mutmaßlichen Opfers ab. 5 Es soll nicht Ziel dieses Beitrags sein, den Ablauf der aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung im Detail wiederzugeben. Ein solches Unterfangen ist zumindest innerhalb des hiesigen Rahmens nicht zu bewerkstelligen. Auch gibt es reichlich Literatur zur aussagepsychologischen Begutachtung, über die der BGH selbst einen guten Überblick in seiner Grundsatzentscheidung vom 30. Juli 1999
JURA - Juristische Ausbildung, 2021
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Prüfung der actio libera in causa in der Strafrechtsklausur.... more Der Beitrag beschäftigt sich mit der Prüfung der actio libera in causa in der Strafrechtsklausur. Entscheidend ist dabei das Gesetzlichkeitsprinzip nach Art. 103 Abs. 2 GG, insbesondere das Schriftlichkeitsgebot sowie das Analogieverbot. Anschließend widmet sich der Beitrag der Lösung des Ausgangsfalls. In diesem Zusammenhang erläutert der Beitrag das Ausnahme- und das Ausdehnungsmodell sowie die von der h.M. vertretene Tatbestandslösung und zeigt deren Konsequenzen und Schwächen auf. Des Weiteren behandelt der Beitrag die sog. Unterlassenslösung. Im Ergebnis scheitern die vorgenannten Lösungswege am Gesetzlichkeitsprinzip. Die Figur der actio libera in causa ist daher abzulehnen, auch wenn dies zu unbilligen Ergebnissen führen kann.
JURA - Juristische Ausbildung
Goltdammer's Archiv für Strafrecht (GA), 2020
Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der beh... more Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der behördlichen Anordnung zu folgen, selbst wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Verwaltungsrechtlich kommt es allein auf die Wirksamkeit an. Diese »Gehorsamspflicht« lässt sich nicht ohne Weiteres auf das repressive Strafrecht übertragen. Entgegen der Rechtsprechung des BGH muss eine Strafbarkeit verneint werden, wenn ein strafbewehrter Verwaltungsakt materiell rechtswidrig ist. In diesem Fall schafft der Betroffene kein unerlaubtes Risiko, da er sich objektiv verkehrsgerecht verhält, so dass die objektive Zurechnung zu verneinen ist. Erst recht muss dies gelten, wenn der Verwaltungsakt aufgehoben wird. Stellt das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts fest, besteht ein verwaltungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch. Da dieser leerlaufen würde, wenn die schwerwiegenderen strafrechtlichen Folgen bestehen blieben, muss auch ein strafrechtliches Urteil aufgehoben werden oder ein noch laufendes Verfahren eingestellt werden. Dies gebietet das Dogma der Einheit der Rechtsordnung.
Juristische Rundschau, 2020
Juristische Ausbildung (JURA), 2020
StR-Fortgeschrittenenklausur zur fahrlässigen Tötung und Körperverletzungsdelikten
Strafverteidiger (StV), 2020
Die Gerichtssprache ist deutsch (§ 184 S. 1 GVG). An diesem schon im GVG von 1877 enthaltenen Gru... more Die Gerichtssprache ist deutsch (§ 184 S. 1 GVG). An diesem schon im GVG von 1877 enthaltenen Grundsatz wird trotz der nicht geringen Anzahl sprachunkundiger Tatverdächtiger seit jeher festgehalten. Da die Gerichtssprache in zunehmendem Maße von Verfahrensbeteiligten nicht gesprochen und verstanden wird, gehen Strafverfahren unter Beteiligung Sprachunkundiger mit besonderen faktischen und strafprozessualen Erschwernissen einher.
Der Gesetzgeber hat es versäumt, der klaren Verpflichtung seitens des europäischen Gesetzgebers nachzukommen, Ungleichbehandlungen durch die Festlegung von Mindestvorschriften vorzubeugen. Die Aufgabe der Rechtsprechung wäre es gewesen, die neugefassten Gesetze nicht nur richtlinienkonform auszulegen, sondern dem Grundsatz des fairen Verfahrens ausreichend Geltung zu verschaffen und der Benachteiligung Sprachunkundiger im Strafverfahren entgegenzuwirken. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Kommission ihrer Ankündigung nachkommt, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen und "erforderlichenfalls auch Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV" einzuleiten, um die Einhaltung der Richtlinie zu gewährleisten. Jedenfalls ist diese Benachteiligung nicht durch einen zusätzlichen, aber vergleichsweise geringen Kostenaufwand zu rechtfertigen, denn das Recht auf ein faires Verfahren darf niemals Gegenstand einer monetären Abwägung sein.
Zeitschrift für das juristische Studium (ZJS), 2020
Den bislang dazu erschienenen juristischen Beiträgen nach besteht scheinbar der Konsens, dass ein... more Den bislang dazu erschienenen juristischen Beiträgen nach besteht scheinbar der Konsens, dass ein mit dem Coronavirus Infizierter zumindest den objektiven Tatbestand einer Körperverletzung erfüllt, ohne dass der Zweitinfizierte tatsächlich an COVID-19 erkranken muss. Es reiche für eine vollendete Körperverletzung aus, dass der Zweitinfizierte selbst hochinfektiös werde. Verwiesen wird meist auf die HIV-Rechtsprechung aus den 80er-Jahren.
Dieser Ansicht ist jedenfalls bei einer symptomlosen Infektion zu widersprechen. Auch liefert der Beitrag eine neue und differenziertere Bewertung des Qualifikationstatbestandes der lebensgefährdenden Behandlung des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB: Eine "generelle" Eignung zur Lebensgefährlichkeit muss bei einer geringen statistischen Wahrscheinlichkeit eines letalen Schadenseintritts verneint werden, wenn man mit der herrschenden Meinung eine abstrakte Gefährlichkeit fordert und dem strafrechtlichen Zweifelssatz Rechnung tragen möchte.
Kriminalpolitische Zeitschrift (KriPoZ), 2020
Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht... more Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht aktuell ein breiter Konsens darüber, dass die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus – sieht man von etwaigen Nachweisproblemen in der Praxis ab – unproblematisch eine Strafbarkeit nach den Normen des Kernstrafrechts begründet. Der Beitrag setzt hinter diesen Konsens ein kleines Fragezeichen und nimmt die neue Problematik zum Anlass, um auf ein grundsätzliches Problem im Rahmen der objektiven Zurechnung Aufmerksam zu machen.
The Corona crisis raises several new questions in many areas of the law. In criminal law, a broad consensus exists that the transmission of the SARS-CoV-2-Virus can easily lead to criminal liability under the German Criminal Law Code ("StGB") – apart from solely practical issues regarding the proof of transmission. This article places a small question mark behind this consensus and seizes the current issues as an opportunity to draw attention to a fundamental problem of the criminal law: the doctrine of objective imputation ("objektive Zurechnung").
JURA - Juristische Ausbildung
Decker's, 2020
Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der beh... more Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der behördlichen Anordnung zu folgen, selbst wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Verwaltungsrechtlich kommt es allein auf die Wirksamkeit an. Diese »Gehorsamspflicht« lässt sich nicht ohne Weiteres auf das repressive Strafrecht übertragen. Entgegen der Rechtsprechung des BGH muss eine Strafbarkeit verneint werden, wenn ein strafbewehrter Verwaltungsakt materiell rechtswidrig ist. In diesem Fall schafft der Betroffene kein unerlaubtes Risiko, da er sich objektiv verkehrsgerecht verhält, so dass die objektive Zurechnung zu verneinen ist. Erst recht muss dies gelten, wenn der Verwaltungsakt aufgehoben wird. Stellt das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts fest, besteht ein verwaltungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch. Da dieser leerlaufen würde, wenn die schwerwiegenderen strafrechtlichen Folgen bestehen blieben, muss auch ein strafrechtliches Urteil aufgehoben werden oder ein noch laufendes Verfahren eingestellt werden. Dies gebietet das Dogma der Einheit der Rechtsordnung.
Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht... more Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht aktuell ein breiter Konsens darüber, dass die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus – sieht man von etwaigen Nachweisproblemen in der Praxis ab – unproblematisch eine Strafbarkeit nach den Normen des Kernstrafrechts begründet. Der Beitrag setzt hinter diesen Konsens ein kleines Fragezeichen und nimmt die neue Problematik zum Anlass, um auf ein grundsätzliches Problem im Rahmen der objektiven Zurechnung Aufmerksam zu machen. The Corona crisis raises several new questions in many areas of the law. In criminal law, a broad consensus exists that the transmission of the SARS-CoV-2-Virus can easily lead to criminal liability under the German Criminal Law Code ("StGB") – apart from solely practical issues regarding the proof of transmission. This article places a small question mark behind this consensus and seizes the current issues as an opportunity to draw attention to a fundamental problem of the criminal law: the doctrine of objective imputation ("objektive Zurechnung").
Juristische Rundschau, 2020
Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Sicherlich aus plausiblen Gründen treffen die Bu... more Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Sicherlich aus plausiblen Gründen treffen die Bundesregierung und die Bundesländer daher Maßnahmen, die die Freiheitsrechte der Bevölkerung nicht nur unerheblich einschränken. Nun fragt sich so mancher Verfassungsrechtler, ob es denn so einfach sei, die Bevölkerung kollektiv in ihrer Freiheit einzuschränken und Bürger (faktisch) zu entmündigen: Kontaktsperre – ein schallender Begriff, geläufig unter anderem im Gewaltschutzgesetz – für alle! Tatsächlichwurde etwa bei der in Bayern ursprünglich allgemeinverfügten »Ausgangsbeschränkung« mit beachtlichen Argumenten bereits die Existenz einer Rechtsgrundlage für einen solch tiefgreifenden Einschnitt in Frage gestellt. Auch das VG München bezweifelte, dass eine Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG die ausgesprochenen Ausgangsbeschränkungen regeln darf, und setzte die Allgemeinverfügung zu Gunsten zweier Einzelpersonen außer Kraft. Aus diesem Grund erließ das Bayerische Staatsministerium ...
JURA - Juristische Ausbildung, 2020
Aufgrund der Corona-Pandemie ordnet die Regierung per Rechtsverordnung (deren Rechtmäßigkeit zu u... more Aufgrund der Corona-Pandemie ordnet die Regierung per Rechtsverordnung (deren Rechtmäßigkeit zu unterstellen ist) weitgehende Ausgangsbeschränkungen an. Ziel der Verfügung ist es, »durch eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens die Belastung für das Gesundheitswesen insgesamt zu reduzieren, Belastungsspitzen zu vermeiden und die medizinische Versorgung sicherzustellen.« Insbesondere sind aus diesem Grund private Treffen mit Personen untersagt, die nicht im selben Haushalt wohnen. Eine Ausnahme gilt unter anderem für den »Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen [...] im jeweiligen privaten Bereich.« Der nicht-infizierte 23-jährige Medizinstudent Anton (A) sieht nicht ein, sich in seiner Fortbewegungsfreiheit einschränken zu lassen. Er fühle sich gesund und sei als junger Mann ohnehin nicht besonders gefährdet. Selbst wenn er erkranken würde, wären die Symptome – was zutrifft – mit hoher Wahrscheinlichkeit vergleichsweise mild. Er lädt daher sein...
ZIS, 2021
In dieser Zeitschrift erschien vor kurzem ein Beitrag von Bublitz zur aussagepsychologischen Glau... more In dieser Zeitschrift erschien vor kurzem ein Beitrag von Bublitz zur aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung. 1 Er reiht sich ein in die berechtigte aktuelle Diskussion über die Aussagepsychologie als taugliches Mittel zur Begutachtung von Aussagen im Strafverfahren. Dieser Diskurs ist umso wichtiger, wenn man bedenkt, wie überzeugt die strafrechtliche Praxis von der Aussagepsychologie zu sein scheint. Gemäß der auch von Bublitz zitierten Studie von König und Fegert folgen Richter, wenn sie sich der Sachkunde eines aussagepsychologischen Gutachters bedienten, in ihrer Entscheidung zu 89 % dem Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung. 2 In Bayern beträgt nach einer Studie von Jordan und Gresser die Übereinstimmungsquote 95,4 %, bei Psychiatern sogar 100 %. 3 Das unterstreicht ohne Frage den Stellenwert der aussagepsychologischen Begutachtung im Strafverfahren. Ein solcher Einfluss auf die richterliche Entscheidungshoheit ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die aussagepsychologische Begutachtung tatsächlich bestimmen kann, was sie zu bestimmen verspricht: die Glaubhaftigkeit einer Aussage. Andernfalls besteht die Gefahr, dass "das Gericht auf der Grundlage einer sachlich nicht gerechtfertigten Scheinsicherheit urteilt" 4hängt in Verfahrenskonstellationen, in denen Aussage gegen Aussage steht, eine Verurteilung doch oft allein von der Aussage des mutmaßlichen Opfers ab. 5 Es soll nicht Ziel dieses Beitrags sein, den Ablauf der aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung im Detail wiederzugeben. Ein solches Unterfangen ist zumindest innerhalb des hiesigen Rahmens nicht zu bewerkstelligen. Auch gibt es reichlich Literatur zur aussagepsychologischen Begutachtung, über die der BGH selbst einen guten Überblick in seiner Grundsatzentscheidung vom 30. Juli 1999
JURA - Juristische Ausbildung, 2021
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Prüfung der actio libera in causa in der Strafrechtsklausur.... more Der Beitrag beschäftigt sich mit der Prüfung der actio libera in causa in der Strafrechtsklausur. Entscheidend ist dabei das Gesetzlichkeitsprinzip nach Art. 103 Abs. 2 GG, insbesondere das Schriftlichkeitsgebot sowie das Analogieverbot. Anschließend widmet sich der Beitrag der Lösung des Ausgangsfalls. In diesem Zusammenhang erläutert der Beitrag das Ausnahme- und das Ausdehnungsmodell sowie die von der h.M. vertretene Tatbestandslösung und zeigt deren Konsequenzen und Schwächen auf. Des Weiteren behandelt der Beitrag die sog. Unterlassenslösung. Im Ergebnis scheitern die vorgenannten Lösungswege am Gesetzlichkeitsprinzip. Die Figur der actio libera in causa ist daher abzulehnen, auch wenn dies zu unbilligen Ergebnissen führen kann.
JURA - Juristische Ausbildung
Goltdammer's Archiv für Strafrecht (GA), 2020
Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der beh... more Erlassen Behörden belastende Verwaltungsakte, besteht eine verwaltungsrechtliche Pflicht, der behördlichen Anordnung zu folgen, selbst wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Verwaltungsrechtlich kommt es allein auf die Wirksamkeit an. Diese »Gehorsamspflicht« lässt sich nicht ohne Weiteres auf das repressive Strafrecht übertragen. Entgegen der Rechtsprechung des BGH muss eine Strafbarkeit verneint werden, wenn ein strafbewehrter Verwaltungsakt materiell rechtswidrig ist. In diesem Fall schafft der Betroffene kein unerlaubtes Risiko, da er sich objektiv verkehrsgerecht verhält, so dass die objektive Zurechnung zu verneinen ist. Erst recht muss dies gelten, wenn der Verwaltungsakt aufgehoben wird. Stellt das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts fest, besteht ein verwaltungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch. Da dieser leerlaufen würde, wenn die schwerwiegenderen strafrechtlichen Folgen bestehen blieben, muss auch ein strafrechtliches Urteil aufgehoben werden oder ein noch laufendes Verfahren eingestellt werden. Dies gebietet das Dogma der Einheit der Rechtsordnung.
Juristische Rundschau, 2020
Juristische Ausbildung (JURA), 2020
StR-Fortgeschrittenenklausur zur fahrlässigen Tötung und Körperverletzungsdelikten
Strafverteidiger (StV), 2020
Die Gerichtssprache ist deutsch (§ 184 S. 1 GVG). An diesem schon im GVG von 1877 enthaltenen Gru... more Die Gerichtssprache ist deutsch (§ 184 S. 1 GVG). An diesem schon im GVG von 1877 enthaltenen Grundsatz wird trotz der nicht geringen Anzahl sprachunkundiger Tatverdächtiger seit jeher festgehalten. Da die Gerichtssprache in zunehmendem Maße von Verfahrensbeteiligten nicht gesprochen und verstanden wird, gehen Strafverfahren unter Beteiligung Sprachunkundiger mit besonderen faktischen und strafprozessualen Erschwernissen einher.
Der Gesetzgeber hat es versäumt, der klaren Verpflichtung seitens des europäischen Gesetzgebers nachzukommen, Ungleichbehandlungen durch die Festlegung von Mindestvorschriften vorzubeugen. Die Aufgabe der Rechtsprechung wäre es gewesen, die neugefassten Gesetze nicht nur richtlinienkonform auszulegen, sondern dem Grundsatz des fairen Verfahrens ausreichend Geltung zu verschaffen und der Benachteiligung Sprachunkundiger im Strafverfahren entgegenzuwirken. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Kommission ihrer Ankündigung nachkommt, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen und "erforderlichenfalls auch Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV" einzuleiten, um die Einhaltung der Richtlinie zu gewährleisten. Jedenfalls ist diese Benachteiligung nicht durch einen zusätzlichen, aber vergleichsweise geringen Kostenaufwand zu rechtfertigen, denn das Recht auf ein faires Verfahren darf niemals Gegenstand einer monetären Abwägung sein.
Zeitschrift für das juristische Studium (ZJS), 2020
Den bislang dazu erschienenen juristischen Beiträgen nach besteht scheinbar der Konsens, dass ein... more Den bislang dazu erschienenen juristischen Beiträgen nach besteht scheinbar der Konsens, dass ein mit dem Coronavirus Infizierter zumindest den objektiven Tatbestand einer Körperverletzung erfüllt, ohne dass der Zweitinfizierte tatsächlich an COVID-19 erkranken muss. Es reiche für eine vollendete Körperverletzung aus, dass der Zweitinfizierte selbst hochinfektiös werde. Verwiesen wird meist auf die HIV-Rechtsprechung aus den 80er-Jahren.
Dieser Ansicht ist jedenfalls bei einer symptomlosen Infektion zu widersprechen. Auch liefert der Beitrag eine neue und differenziertere Bewertung des Qualifikationstatbestandes der lebensgefährdenden Behandlung des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB: Eine "generelle" Eignung zur Lebensgefährlichkeit muss bei einer geringen statistischen Wahrscheinlichkeit eines letalen Schadenseintritts verneint werden, wenn man mit der herrschenden Meinung eine abstrakte Gefährlichkeit fordert und dem strafrechtlichen Zweifelssatz Rechnung tragen möchte.
Kriminalpolitische Zeitschrift (KriPoZ), 2020
Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht... more Die Corona-Krise wirft in zahlreichen Bereichen des Rechts neue Fragen auf. Im Strafrecht besteht aktuell ein breiter Konsens darüber, dass die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus – sieht man von etwaigen Nachweisproblemen in der Praxis ab – unproblematisch eine Strafbarkeit nach den Normen des Kernstrafrechts begründet. Der Beitrag setzt hinter diesen Konsens ein kleines Fragezeichen und nimmt die neue Problematik zum Anlass, um auf ein grundsätzliches Problem im Rahmen der objektiven Zurechnung Aufmerksam zu machen.
The Corona crisis raises several new questions in many areas of the law. In criminal law, a broad consensus exists that the transmission of the SARS-CoV-2-Virus can easily lead to criminal liability under the German Criminal Law Code ("StGB") – apart from solely practical issues regarding the proof of transmission. This article places a small question mark behind this consensus and seizes the current issues as an opportunity to draw attention to a fundamental problem of the criminal law: the doctrine of objective imputation ("objektive Zurechnung").