Emmanuel Neuhaus | University of Basel, Switzerland (original) (raw)
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Papers by Emmanuel Neuhaus
In der 1921 eröffneten Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstation Stephansburg... more In der 1921 eröffneten Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstation Stephansburg, der ersten Institution dieser Art in der Schweiz, und ihrer Nachfolgeinstitution Brüschhalde wurden – im Auftrag von Vormundschafts-, Fürsorge-, Armen-, Schul- und Justizbehörden, Ärztinnen und Ärzten, aber auch den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten – Kinder und Jugendliche begutachtet, die im schulischen oder privaten Alltag durch ihr «Verhalten» aufgefallen waren. Diese bis dato noch kaum untersuchte Begutachtungspraxis, die meist mit der Frage nach einer möglichen Fremdplatzierung verbunden war, steht im Zentrum des Dissertationsprojekts. Den Kern des Quellenkorpus’ bilden die Fallakten der Stephansburg und der Brüschhalde. Sie werden ergänzt um Publikationen der involvierten Ärztinnen und Ärzte, die Jahresberichte der Institutionen sowie quantitative Auswertungen basierend auf eigenen Erhebungen. Anhand der Diagnosen «Psychopathie», «Neurose» und «Schwachsinn» arbeite ich ...
The paper deals with the psychiatric assessment of personality in connection with the out-of-home... more The paper deals with the psychiatric assessment of personality in connection with the out-of-home-placement of children. The focus lies on the assessment of two children, who were both born out of wedlock and admitted by their guardians to the psychiatric child observation ward Bruschhalde in the Canton of Zurich in 1957 and 1972. The authors show how personality was conceptualised, recorded and evaluated in an in-patient context. The doctors examining the two children diagnosed «abnormal», or more precisely «neurotic reactions», which were triggered by «unfavourable social conditions» and led to developmental disorders. This was in fact the most common diagnosis at the Bruschhalde in those years. The personality concept of child psychiatry represented a developmental concept which aimed not only at personal development but also at social assimilation. The most important prerequisite for a «normal» personality to develop, was and remained a «decent, harmonious family life». Out-ofho...
Soziale Risiken waren in der Schweiz lange Zeit nicht ausreichend versichert. Ein Teil der Bevolk... more Soziale Risiken waren in der Schweiz lange Zeit nicht ausreichend versichert. Ein Teil der Bevolkerung blieb im Bedarfsfall vom Ermessen der Fursorge und Vormundschaftsbehorden abhangig. Besonders arbeitslose, kranke oder verarmte Personen wurden in geschlossene Anstalten eingewiesen statt finanziell unterstutzt. Die Gesetze ermoglichten es, solche administrativen Versorgungen mit «Arbeitsscheu», «Liederlichkeit» und «Trunksucht» zu begrunden. Mit diesen moralisierenden Kategorien wiesen die Behorden die Schuld fur die Versorgungen den Betroffenen zu. In den untersuchten Kantonen Freiburg, Schwyz, Waadt und Zurich hatten die getroffenen Massnahmen ausdrucklich den Zweck, zu disziplinieren und zu bestrafen. Pendant longtemps, les risques sociaux n’ont pas suffisamment ete assures en Suisse. En cas de necessite, une partie de la population etait alors soumise a la libre appreciation des autorites. Des personnes sans emploi, malades ou en situation de precarite, qui etaient accusees de...
From the 1920s, children in Switzerland were psychiatrically examined in observation wards. In ma... more From the 1920s, children in Switzerland were psychiatrically examined in observation wards. In many cases, these medical reports were linked to the placement of children in homes and foster families. Focusing on a specific case study of the observation institution Stephansburg in Zurich in 1944, this paper retraces the genesis of a child psychiatric report, identifying patterns by which the experts dealt with narratives of teachers, parents or school doctors. At a closer look, tests and medical examinations were not necessarily committed to a strictly scientific approach. The case study analysed in this paper indicates that experts in child psychiatry did not always apply expert knowledge when preparing their opinion. Rather, they resorted to a selection of aspects alien to psychiatry but suitable to satisfy the interests of the contracting authority.
Il est un vrai parasite de la société et il ne mérite plus d'y avoir sa place.» 41 Auparavant, le... more Il est un vrai parasite de la société et il ne mérite plus d'y avoir sa place.» 41 Auparavant, les tutelles reposaient sur un effectif restreint de tuteurs non professionnels.
Gesnerus, 2020
Der Beitrag setzt sich mit der psychiatrischen Beurteilung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit... more Der Beitrag setzt sich mit der psychiatrischen Beurteilung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit der Fremdplatzierung von Kindern auseinander. Im Zentrum steht die Begutachtung zweier Kinder, die 1957 beziehungsweise 1972 von ihren Vormunden in die kinderpsychiatrische Beobachtungsstation Brüschhalde im Kanton Zürich eingewiesen wurden. Die Autorinnen und Autoren zeigen auf, wie Persönlichkeit im stationären Kontext konzeptualisiert, erfasst und bewertet wurde. Bei den beiden ausserehelich geborenen Kindern diagnostizierten die begutachtenden Ärztinnen und Ärzte, wie bei den meisten Kindern in der Brüschhalde zu jener Zeit, «abnorme», genauer «neurotische Reaktionen», die durch «ungünstige Milieuverhältnisse» ausgelöst worden waren und zu Entwicklungsstörungen führten. Das Persönlichkeitskonzept der Kinderpsychiatrie stellte ein Entwicklungskonzept dar, das nicht nur die individuelle Entfaltung, sondern auch die gesellschaftliche Assimilation zum Ziel hatte. Die wichtigste Voraussetzung für eine «normale» Persönlichkeitsentwicklung des Kindes war und blieb ein «geordnetes, harmonisches Familienleben». Massgeblich für die Fremdplatzierung war nicht die Diagnose, sondern die familiäre Konstellation und die Persönlichkeit der Eltern, insbesondere der Mütter.
In der 1921 eröffneten Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstation Stephansburg... more In der 1921 eröffneten Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstation Stephansburg, der ersten Institution dieser Art in der Schweiz, und ihrer Nachfolgeinstitution Brüschhalde wurden – im Auftrag von Vormundschafts-, Fürsorge-, Armen-, Schul- und Justizbehörden, Ärztinnen und Ärzten, aber auch den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten – Kinder und Jugendliche begutachtet, die im schulischen oder privaten Alltag durch ihr «Verhalten» aufgefallen waren. Diese bis dato noch kaum untersuchte Begutachtungspraxis, die meist mit der Frage nach einer möglichen Fremdplatzierung verbunden war, steht im Zentrum des Dissertationsprojekts. Den Kern des Quellenkorpus’ bilden die Fallakten der Stephansburg und der Brüschhalde. Sie werden ergänzt um Publikationen der involvierten Ärztinnen und Ärzte, die Jahresberichte der Institutionen sowie quantitative Auswertungen basierend auf eigenen Erhebungen. Anhand der Diagnosen «Psychopathie», «Neurose» und «Schwachsinn» arbeite ich ...
The paper deals with the psychiatric assessment of personality in connection with the out-of-home... more The paper deals with the psychiatric assessment of personality in connection with the out-of-home-placement of children. The focus lies on the assessment of two children, who were both born out of wedlock and admitted by their guardians to the psychiatric child observation ward Bruschhalde in the Canton of Zurich in 1957 and 1972. The authors show how personality was conceptualised, recorded and evaluated in an in-patient context. The doctors examining the two children diagnosed «abnormal», or more precisely «neurotic reactions», which were triggered by «unfavourable social conditions» and led to developmental disorders. This was in fact the most common diagnosis at the Bruschhalde in those years. The personality concept of child psychiatry represented a developmental concept which aimed not only at personal development but also at social assimilation. The most important prerequisite for a «normal» personality to develop, was and remained a «decent, harmonious family life». Out-ofho...
Soziale Risiken waren in der Schweiz lange Zeit nicht ausreichend versichert. Ein Teil der Bevolk... more Soziale Risiken waren in der Schweiz lange Zeit nicht ausreichend versichert. Ein Teil der Bevolkerung blieb im Bedarfsfall vom Ermessen der Fursorge und Vormundschaftsbehorden abhangig. Besonders arbeitslose, kranke oder verarmte Personen wurden in geschlossene Anstalten eingewiesen statt finanziell unterstutzt. Die Gesetze ermoglichten es, solche administrativen Versorgungen mit «Arbeitsscheu», «Liederlichkeit» und «Trunksucht» zu begrunden. Mit diesen moralisierenden Kategorien wiesen die Behorden die Schuld fur die Versorgungen den Betroffenen zu. In den untersuchten Kantonen Freiburg, Schwyz, Waadt und Zurich hatten die getroffenen Massnahmen ausdrucklich den Zweck, zu disziplinieren und zu bestrafen. Pendant longtemps, les risques sociaux n’ont pas suffisamment ete assures en Suisse. En cas de necessite, une partie de la population etait alors soumise a la libre appreciation des autorites. Des personnes sans emploi, malades ou en situation de precarite, qui etaient accusees de...
From the 1920s, children in Switzerland were psychiatrically examined in observation wards. In ma... more From the 1920s, children in Switzerland were psychiatrically examined in observation wards. In many cases, these medical reports were linked to the placement of children in homes and foster families. Focusing on a specific case study of the observation institution Stephansburg in Zurich in 1944, this paper retraces the genesis of a child psychiatric report, identifying patterns by which the experts dealt with narratives of teachers, parents or school doctors. At a closer look, tests and medical examinations were not necessarily committed to a strictly scientific approach. The case study analysed in this paper indicates that experts in child psychiatry did not always apply expert knowledge when preparing their opinion. Rather, they resorted to a selection of aspects alien to psychiatry but suitable to satisfy the interests of the contracting authority.
Il est un vrai parasite de la société et il ne mérite plus d'y avoir sa place.» 41 Auparavant, le... more Il est un vrai parasite de la société et il ne mérite plus d'y avoir sa place.» 41 Auparavant, les tutelles reposaient sur un effectif restreint de tuteurs non professionnels.
Gesnerus, 2020
Der Beitrag setzt sich mit der psychiatrischen Beurteilung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit... more Der Beitrag setzt sich mit der psychiatrischen Beurteilung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit der Fremdplatzierung von Kindern auseinander. Im Zentrum steht die Begutachtung zweier Kinder, die 1957 beziehungsweise 1972 von ihren Vormunden in die kinderpsychiatrische Beobachtungsstation Brüschhalde im Kanton Zürich eingewiesen wurden. Die Autorinnen und Autoren zeigen auf, wie Persönlichkeit im stationären Kontext konzeptualisiert, erfasst und bewertet wurde. Bei den beiden ausserehelich geborenen Kindern diagnostizierten die begutachtenden Ärztinnen und Ärzte, wie bei den meisten Kindern in der Brüschhalde zu jener Zeit, «abnorme», genauer «neurotische Reaktionen», die durch «ungünstige Milieuverhältnisse» ausgelöst worden waren und zu Entwicklungsstörungen führten. Das Persönlichkeitskonzept der Kinderpsychiatrie stellte ein Entwicklungskonzept dar, das nicht nur die individuelle Entfaltung, sondern auch die gesellschaftliche Assimilation zum Ziel hatte. Die wichtigste Voraussetzung für eine «normale» Persönlichkeitsentwicklung des Kindes war und blieb ein «geordnetes, harmonisches Familienleben». Massgeblich für die Fremdplatzierung war nicht die Diagnose, sondern die familiäre Konstellation und die Persönlichkeit der Eltern, insbesondere der Mütter.