Thorsten Carstensen | University of Amsterdam (original) (raw)
Monograph by Thorsten Carstensen
Edited Books by Thorsten Carstensen
In welchem Zusammenhang steht die deutschsprachige Literatur der Jahrhundertwende mit dem Diskurs... more In welchem Zusammenhang steht die deutschsprachige Literatur der Jahrhundertwende mit dem Diskurs der »Lebensreform«? Auf diese Frage geht der Band detailliert ein, indem er die theoretisch-inhaltliche Verarbeitung von Ernährungsreform, Naturheilkunde,
Freikörperkultur etc. durch die Autor_innen des beginnenden 20. Jahrhunderts diskutiert.
In den Beiträgen renommierter Literatur- und Kulturwissenschaftler_innen aus Europa und den USA werden nicht nur bekannte Namen wie Kafka, Hesse und Rilke verhandelt,
sondern auch bisher weitgehend unerforschte Schriftsteller_innen wie Speyer, Schwaner und Bölsche. Zentral ist dabei die Fokussierung der Texte auf das Alltagsleben der Moderne sowie die Diskussion des durch Nietzsche geprägten theoretischen Gerüsts.
transcript Verlag, Nov 6, 2019
Die Rückkehr zu den Dingen, den Farben und Formen der Wirklichkeit: Peter Handke beschreibt das a... more Die Rückkehr zu den Dingen, den Farben und Formen der Wirklichkeit: Peter Handke beschreibt das aufmerksame Lesen als beseelende Erfahrung mit genau diesen Effekten. Für ihn als Schriftsteller bildet die tägliche Lektüre aber auch die Voraussetzung dafür, stets aufs Neue in Kontakt mit der globalen Gemeinde Gleichgesinnter treten zu können.
Die Beiträge des Bandes zeigen, wie Handke sich durch das variierende Wiederholen unterschiedlichster Wahrnehmungs- und Erzählmodelle – von der arabischen Mystik über die Grimm'schen Märchen bis hin zum amerikanischen Western – unter die »Großen« mischt, wenngleich als »kleiner, kleiner Angehöriger«. Dabei wird deutlich, dass seine Erkundungen von Geistesverwandtschaften und sein entzifferndes Lesen von Landschaften auch dazu dienen, die Koordinaten seines eigenen Werkes zu überprüfen.
Dieser Band widmet sich den unterschiedlichen ästhetischen Strategien der Literatur der Moderne, ... more Dieser Band widmet sich den unterschiedlichen ästhetischen Strategien der Literatur der Moderne, mit dem das Banal-Alltägliche zu einem legitimen Gegenstand künstlerischer Wiedergabe erhoben wird. Damit reagiert er auf ein bemerkenswertes Forschungsdefizit, denn für die Darstellung von Alltagsphänomenen und -handlungen in den Texten von Autoren wie Thomas Mann, Hermann Broch oder Alfred Döblin zeigte die Sekundärliteratur bislang wenig Interesse. Der Sammelband will die beschriebene Forschungslücke schließen, indem er in 19 Einzelanalysen die Aufmerksamkeit auf alltägliche Themen lenkt, die in den besprochenen Werken häufig von den epochentypischen Diskursen über Identität, Zeit und Erinnerung verdeckt werden. Dadurch wird verdeutlicht, dass die Literatur der Moderne keineswegs auf einen intellektuellen Eskapismus reduziert werden darf, sondern tief in den Alltagserfahrungen ihrer Gegenwart verwurzelt ist.
Journal Articles by Thorsten Carstensen
Journal of American Studies, 2019
In the cinema of Joel and Ethan Coen, contemporary America is depicted as an incoherent space in ... more In the cinema of Joel and Ethan Coen, contemporary America is depicted as an incoherent space in which traditional beliefs constantly collide with the new world order. Shaped by the erosion of commonly accepted values and the ubiquitous presence of the media and advertisements, this hybrid America is a world of commerce, consumption, and economic plight. While its cities are plagued by segregation, outbursts of casual violence undermine the myth of an unspoiled life in the countryside. Illustrating postmodern culture's preference for the periphery versus the center, the movies of the Coen brothers find a glimmer of morality remaining on the margin of society. Unimposing and compassionate characters such as the pregnant small-town detective in Fargo or the naive yet brilliant protagonist of The Hudsucker Proxy personify an idealistic, innocent America that is about to be displaced by selfish greed. Focusing on Fargo, The Big Lebowski, and The Man Who Wasn't There, my essay argues that the Coens’ visual playfulness, and their tendency to mine various cinematic genres, serve to emphasize their scathing critique of the American victory narrative.
Critique: Studies in Contemporary Fiction, 2017
Paul Auster’s novels evoke with staunch sincerity what the American philosopher Stanley Cavell ca... more Paul Auster’s novels evoke with staunch sincerity what the American philosopher Stanley Cavell calls “the responsibility you bear” for your words and actions alike. I argue that Cavell’s ongoing inquiry into topics such as community and skepticism, informed by nineteenth-century Transcendentalist philosophy, can be extended to Auster’s fiction to help illuminate the ethical underpinnings of his metaphysical work. In my analysis of the author’s 2002 novel, "The Book of Illusions," I show how Auster subverts the postmodern paradigm of deconstructing the humanist subject as a locus of ethical conflicts and choices. A meditation on assuming responsibility for one’s own actions and their sometimes tragic consequences, the novel rejects any claim to an unsatisfying relativism of “anything goes.” In a story obsessively occupied with guilt and penance, characters are held accountable for their mistakes and neglects. Shaped by chance events, unanticipated encounters and deadly accidents, The Book of Illusions confirms Auster’s view of the random workings of the universe. At the same time, the novel negotiates Cavellian skepticism by advocating an ethics of love, companionship and responsibility for the other.
Gegenwartsliteratur. A German Studies Yearbook, Sep 2014
Fotografien zeigen Thomas Bernhard oft auf seinem Vierkanthof, dessen Gebäude er selbst restaurie... more Fotografien zeigen Thomas Bernhard oft auf seinem Vierkanthof, dessen Gebäude er selbst restaurierte und einrichtete. Mit dieser Art der Bestandspflege, durch die Haus und Wohnung zu Orten der Subjektkonstitution werden, haben Bernhards literarische Figuren freilich wenig im Sinn: Die Inszenierung des Wohnens, mit der das Ich Spuren im Raum hinterlässt, ist ihnen fremd. Stattdessen opponieren sie gegen die bürgerliche Wohnsucht, indem sie sich in Denkkerker zurückziehen, ihren Haushalt auflösen, das Anwesen der Eltern herunterwirtschaften oder den Familiensitz gleich ganz wegschenken. Wenn Bernhards Prosatexte vom Bauen, Wohnen und Erben in Österreich erzählen, setzen sie sich immer auch mit der politischen und kulturellen Kollektivgeschichte auseinander: Gerade der Umgang mit dem baulichen Erbe ist bei Bernhard als Kommentar zur österreichischen Vergangenheitsbewältigung zu lesen.
Gegenwartsliteratur. A German Studies Yearbook, Oct 2013
Seminar-a Journal of Germanic Studies, 2010
In seiner Romantrilogie Die Schlafwandler (1929)(1930)(1931)(1932) zeichnet Hermann Broch das Bil... more In seiner Romantrilogie Die Schlafwandler (1929)(1930)(1931)(1932) zeichnet Hermann Broch das Bild einer Welt, die ihrer absoluten Orientierungspunkte beraubt ist -einer Welt, in der Werte und Wahrheiten nur noch kontextuelle Gültigkeit beanspruchen können. Vor dem historischen Hintergrund des Deutschen Kaiserreiches agieren Modernisierung erfahren sie als Prozess ethischen Niedergangs und sozialer Atomisierung. In ihrem Handeln manifestiert sich die Erfahrung der modernen Ambivalenz, die Broch als "eine Zerspaltung des Gesamtlebens" beschreibt, die bis "in das Einzelindividuum und in seine einheitliche Wirklichkeit selber" hinabreiche (Kommentierte Werkausgabe [= KW] I, 42). Die Schlafwandler damit Überlegungen vorweg, wie sie der französische Philocondition postmoderne formulieren wird. Brochs Roman antizipiert postmoderne und von der Ausdifferenzierung der Gesellschaft in unvereinbare Sprachspiele. Broch massiver Widerstand gegen eine Pluralisierung, die in ein ethisches und moralisches Dilemma mündet. Mit der Grundannahme der Postmoderne, die menschlichen Welten seien "irreduzibel und auf Dauer plural" (Bauman 58), und wertlos" (KW XIII/1, 65). Paul Michael Lützeler, Herausgeber der Kommentierten Werkausgabe, hat Modernisten charakterisiert (Die Entropie 33), der vor Fehlentwicklungen der den Essayzyklus vom "Zerfall der Werte," der die Handlung des dritten Teils der Schlafwandler und theoretische Schriften Brochs zugrunde, so wird ersichtlich, dass dieser Autor in seiner "Trauerarbeit über den Verlust kultureller Einheit" (Lützeler,
Zeitschrift für deutsche Philologie, 2009
Journal of Commonwealth Literature, 2007
Book Chapters by Thorsten Carstensen
Einheit in der Vielfalt? Germanistik zwischen Divergenz und Konvergenz. Asiatische Germanistentagung 2019 in Sapporo, 2020
Show, don't tell. Education and historical representations on stage and screen in Germany and the USA. Eds. Tim Zumhof and Nicholas Johnson (Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt), pp. 131-159, 2020
Text & Kontext: Jahrbuch für germanistische Literaturforschung in Skandinavien, 2019
This article discusses Hermann Bahr's writings on Austrian Heimatliteratur and the focus of this ... more This article discusses Hermann Bahr's writings on Austrian Heimatliteratur and the focus of this countermovement on modernity's discontents around 1900. In his essays on regional literature and cultural traditions, especially those from his home state of Upper Austria, Bahr proved himself eager to push a discourse, championed by fellow writers like Peter Rosegger and Hugo Greinz, that encouraged novelists to ‘return to the provinces' in order to help generate what was hoped to be a specifically Austrian aesthetic. Bahr's attention to Heimatliteratur is reflected in his dialect play "Der Franzl" (1900). Based on the biography of the Upper Austrian poet Franz Stelzhamer (1802-1874), who in his poems, folk songs, and village stories depicted the everyday life of the rural Catholic community, Bahr's play constitutes an attempt to remake the Austrian literary canon.
Michaela Holdenried/Alexander Honold/Stefan Hermes (Hg.), Reiseliteratur der Moderne und Postmoderne, Jan 2017
Afrika im deutschsprachigen Kommunikationsraum
Beginning in the mid-1960s, the aging writer Ernst Jünger embarked on several ambitious intercont... more Beginning in the mid-1960s, the aging writer Ernst Jünger embarked on several ambitious intercontinental journeys that led him to various parts of Africa. In the travel journals composed during these trips, his interpretation of modernity as the transformation of the world into a ›workshop landscape‹ is accompanied by nostalgic longing for an archaic life before the Fall. Jünger adopts the pose of a mourning aestheticist: while his orientalizing gaze elevates the everyday life of people in places such as Liberia, Tunisia, and Angola in a manner that seems to suggest serene eternity, the actual effect of his portrayal is to project unstoppable ›disenchant-ment‹ onto the African continent.
Gutes Leben auf dem Land?
In welchem Zusammenhang steht die deutschsprachige Literatur der Jahrhundertwende mit dem Diskurs... more In welchem Zusammenhang steht die deutschsprachige Literatur der Jahrhundertwende mit dem Diskurs der »Lebensreform«? Auf diese Frage geht der Band detailliert ein, indem er die theoretisch-inhaltliche Verarbeitung von Ernährungsreform, Naturheilkunde,
Freikörperkultur etc. durch die Autor_innen des beginnenden 20. Jahrhunderts diskutiert.
In den Beiträgen renommierter Literatur- und Kulturwissenschaftler_innen aus Europa und den USA werden nicht nur bekannte Namen wie Kafka, Hesse und Rilke verhandelt,
sondern auch bisher weitgehend unerforschte Schriftsteller_innen wie Speyer, Schwaner und Bölsche. Zentral ist dabei die Fokussierung der Texte auf das Alltagsleben der Moderne sowie die Diskussion des durch Nietzsche geprägten theoretischen Gerüsts.
transcript Verlag, Nov 6, 2019
Die Rückkehr zu den Dingen, den Farben und Formen der Wirklichkeit: Peter Handke beschreibt das a... more Die Rückkehr zu den Dingen, den Farben und Formen der Wirklichkeit: Peter Handke beschreibt das aufmerksame Lesen als beseelende Erfahrung mit genau diesen Effekten. Für ihn als Schriftsteller bildet die tägliche Lektüre aber auch die Voraussetzung dafür, stets aufs Neue in Kontakt mit der globalen Gemeinde Gleichgesinnter treten zu können.
Die Beiträge des Bandes zeigen, wie Handke sich durch das variierende Wiederholen unterschiedlichster Wahrnehmungs- und Erzählmodelle – von der arabischen Mystik über die Grimm'schen Märchen bis hin zum amerikanischen Western – unter die »Großen« mischt, wenngleich als »kleiner, kleiner Angehöriger«. Dabei wird deutlich, dass seine Erkundungen von Geistesverwandtschaften und sein entzifferndes Lesen von Landschaften auch dazu dienen, die Koordinaten seines eigenen Werkes zu überprüfen.
Dieser Band widmet sich den unterschiedlichen ästhetischen Strategien der Literatur der Moderne, ... more Dieser Band widmet sich den unterschiedlichen ästhetischen Strategien der Literatur der Moderne, mit dem das Banal-Alltägliche zu einem legitimen Gegenstand künstlerischer Wiedergabe erhoben wird. Damit reagiert er auf ein bemerkenswertes Forschungsdefizit, denn für die Darstellung von Alltagsphänomenen und -handlungen in den Texten von Autoren wie Thomas Mann, Hermann Broch oder Alfred Döblin zeigte die Sekundärliteratur bislang wenig Interesse. Der Sammelband will die beschriebene Forschungslücke schließen, indem er in 19 Einzelanalysen die Aufmerksamkeit auf alltägliche Themen lenkt, die in den besprochenen Werken häufig von den epochentypischen Diskursen über Identität, Zeit und Erinnerung verdeckt werden. Dadurch wird verdeutlicht, dass die Literatur der Moderne keineswegs auf einen intellektuellen Eskapismus reduziert werden darf, sondern tief in den Alltagserfahrungen ihrer Gegenwart verwurzelt ist.
Journal of American Studies, 2019
In the cinema of Joel and Ethan Coen, contemporary America is depicted as an incoherent space in ... more In the cinema of Joel and Ethan Coen, contemporary America is depicted as an incoherent space in which traditional beliefs constantly collide with the new world order. Shaped by the erosion of commonly accepted values and the ubiquitous presence of the media and advertisements, this hybrid America is a world of commerce, consumption, and economic plight. While its cities are plagued by segregation, outbursts of casual violence undermine the myth of an unspoiled life in the countryside. Illustrating postmodern culture's preference for the periphery versus the center, the movies of the Coen brothers find a glimmer of morality remaining on the margin of society. Unimposing and compassionate characters such as the pregnant small-town detective in Fargo or the naive yet brilliant protagonist of The Hudsucker Proxy personify an idealistic, innocent America that is about to be displaced by selfish greed. Focusing on Fargo, The Big Lebowski, and The Man Who Wasn't There, my essay argues that the Coens’ visual playfulness, and their tendency to mine various cinematic genres, serve to emphasize their scathing critique of the American victory narrative.
Critique: Studies in Contemporary Fiction, 2017
Paul Auster’s novels evoke with staunch sincerity what the American philosopher Stanley Cavell ca... more Paul Auster’s novels evoke with staunch sincerity what the American philosopher Stanley Cavell calls “the responsibility you bear” for your words and actions alike. I argue that Cavell’s ongoing inquiry into topics such as community and skepticism, informed by nineteenth-century Transcendentalist philosophy, can be extended to Auster’s fiction to help illuminate the ethical underpinnings of his metaphysical work. In my analysis of the author’s 2002 novel, "The Book of Illusions," I show how Auster subverts the postmodern paradigm of deconstructing the humanist subject as a locus of ethical conflicts and choices. A meditation on assuming responsibility for one’s own actions and their sometimes tragic consequences, the novel rejects any claim to an unsatisfying relativism of “anything goes.” In a story obsessively occupied with guilt and penance, characters are held accountable for their mistakes and neglects. Shaped by chance events, unanticipated encounters and deadly accidents, The Book of Illusions confirms Auster’s view of the random workings of the universe. At the same time, the novel negotiates Cavellian skepticism by advocating an ethics of love, companionship and responsibility for the other.
Gegenwartsliteratur. A German Studies Yearbook, Sep 2014
Fotografien zeigen Thomas Bernhard oft auf seinem Vierkanthof, dessen Gebäude er selbst restaurie... more Fotografien zeigen Thomas Bernhard oft auf seinem Vierkanthof, dessen Gebäude er selbst restaurierte und einrichtete. Mit dieser Art der Bestandspflege, durch die Haus und Wohnung zu Orten der Subjektkonstitution werden, haben Bernhards literarische Figuren freilich wenig im Sinn: Die Inszenierung des Wohnens, mit der das Ich Spuren im Raum hinterlässt, ist ihnen fremd. Stattdessen opponieren sie gegen die bürgerliche Wohnsucht, indem sie sich in Denkkerker zurückziehen, ihren Haushalt auflösen, das Anwesen der Eltern herunterwirtschaften oder den Familiensitz gleich ganz wegschenken. Wenn Bernhards Prosatexte vom Bauen, Wohnen und Erben in Österreich erzählen, setzen sie sich immer auch mit der politischen und kulturellen Kollektivgeschichte auseinander: Gerade der Umgang mit dem baulichen Erbe ist bei Bernhard als Kommentar zur österreichischen Vergangenheitsbewältigung zu lesen.
Gegenwartsliteratur. A German Studies Yearbook, Oct 2013
Seminar-a Journal of Germanic Studies, 2010
In seiner Romantrilogie Die Schlafwandler (1929)(1930)(1931)(1932) zeichnet Hermann Broch das Bil... more In seiner Romantrilogie Die Schlafwandler (1929)(1930)(1931)(1932) zeichnet Hermann Broch das Bild einer Welt, die ihrer absoluten Orientierungspunkte beraubt ist -einer Welt, in der Werte und Wahrheiten nur noch kontextuelle Gültigkeit beanspruchen können. Vor dem historischen Hintergrund des Deutschen Kaiserreiches agieren Modernisierung erfahren sie als Prozess ethischen Niedergangs und sozialer Atomisierung. In ihrem Handeln manifestiert sich die Erfahrung der modernen Ambivalenz, die Broch als "eine Zerspaltung des Gesamtlebens" beschreibt, die bis "in das Einzelindividuum und in seine einheitliche Wirklichkeit selber" hinabreiche (Kommentierte Werkausgabe [= KW] I, 42). Die Schlafwandler damit Überlegungen vorweg, wie sie der französische Philocondition postmoderne formulieren wird. Brochs Roman antizipiert postmoderne und von der Ausdifferenzierung der Gesellschaft in unvereinbare Sprachspiele. Broch massiver Widerstand gegen eine Pluralisierung, die in ein ethisches und moralisches Dilemma mündet. Mit der Grundannahme der Postmoderne, die menschlichen Welten seien "irreduzibel und auf Dauer plural" (Bauman 58), und wertlos" (KW XIII/1, 65). Paul Michael Lützeler, Herausgeber der Kommentierten Werkausgabe, hat Modernisten charakterisiert (Die Entropie 33), der vor Fehlentwicklungen der den Essayzyklus vom "Zerfall der Werte," der die Handlung des dritten Teils der Schlafwandler und theoretische Schriften Brochs zugrunde, so wird ersichtlich, dass dieser Autor in seiner "Trauerarbeit über den Verlust kultureller Einheit" (Lützeler,
Zeitschrift für deutsche Philologie, 2009
Journal of Commonwealth Literature, 2007
Einheit in der Vielfalt? Germanistik zwischen Divergenz und Konvergenz. Asiatische Germanistentagung 2019 in Sapporo, 2020
Show, don't tell. Education and historical representations on stage and screen in Germany and the USA. Eds. Tim Zumhof and Nicholas Johnson (Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt), pp. 131-159, 2020
Text & Kontext: Jahrbuch für germanistische Literaturforschung in Skandinavien, 2019
This article discusses Hermann Bahr's writings on Austrian Heimatliteratur and the focus of this ... more This article discusses Hermann Bahr's writings on Austrian Heimatliteratur and the focus of this countermovement on modernity's discontents around 1900. In his essays on regional literature and cultural traditions, especially those from his home state of Upper Austria, Bahr proved himself eager to push a discourse, championed by fellow writers like Peter Rosegger and Hugo Greinz, that encouraged novelists to ‘return to the provinces' in order to help generate what was hoped to be a specifically Austrian aesthetic. Bahr's attention to Heimatliteratur is reflected in his dialect play "Der Franzl" (1900). Based on the biography of the Upper Austrian poet Franz Stelzhamer (1802-1874), who in his poems, folk songs, and village stories depicted the everyday life of the rural Catholic community, Bahr's play constitutes an attempt to remake the Austrian literary canon.
Michaela Holdenried/Alexander Honold/Stefan Hermes (Hg.), Reiseliteratur der Moderne und Postmoderne, Jan 2017
Afrika im deutschsprachigen Kommunikationsraum
Beginning in the mid-1960s, the aging writer Ernst Jünger embarked on several ambitious intercont... more Beginning in the mid-1960s, the aging writer Ernst Jünger embarked on several ambitious intercontinental journeys that led him to various parts of Africa. In the travel journals composed during these trips, his interpretation of modernity as the transformation of the world into a ›workshop landscape‹ is accompanied by nostalgic longing for an archaic life before the Fall. Jünger adopts the pose of a mourning aestheticist: while his orientalizing gaze elevates the everyday life of people in places such as Liberia, Tunisia, and Angola in a manner that seems to suggest serene eternity, the actual effect of his portrayal is to project unstoppable ›disenchant-ment‹ onto the African continent.
Gutes Leben auf dem Land?
Erzählungen inszenieren das Schreiben als so gefahrvolles wie erhe bendes Abenteuer. Der tägliche... more Erzählungen inszenieren das Schreiben als so gefahrvolles wie erhe bendes Abenteuer. Der tägliche Weg zum Schreib-Ort, auch wenn es sich dabei lediglich um den Gang ins andere Zimmer, ,,[d]ie paar Schritte hinaus und hinein an den Schreib tisch", handelt, gerät zum Aufbruch ins Ungewisse: ",Soll es doch ernst werden.1"1 Einerseits vollzieht sich das Tagewerk dabei als Ordnung schaffende Aventure, steht doch der Schriftsteller, wie der Versuch über den Pilznarren (2013) nahelegt, in der Tradition des ausreitenden Sheriffs in John Fords Western Two Rode Together (1961), der wie selbstverständlich eingreift und mit "still helfende[r] Geistesgegenwart" (VP 9) zur Stelle ist. Andererseits verbindet sich mit dem Schreiben das Gefühl, "etwas Ungehöriges" zu leisten-eine Konstellation, die auch der Erzähler in Die Obstdiebin oder Einfache Fahrt ins Landesinnere (2017), Handkes jüngstem Epos, noch betont: "Jemand ,Ungesetzlicher1, ein Verbotener zu sein bestimmt meine gesamte Existenz."1 2 Bei aller Selbstreferentialität und Metafiktionalität ist Handkes Werk jedoch nicht weltfremd, sondern steht vielmehr im Zeichen einer eigenwilligen Welterkundung. So finden denn auch außerliterarische Diskurse in den Texten dieses Autors ihren ganz of fensichtlichen Niederschlag.3 Die Architektur-und mit ihr das Wohnen im Zeitalter des Spätkapitalismus-ist ein solches Referenzsystem: Handke besitzt ein genaues Auge sowohl für Spuren der menschlichen Siedlungsgeschichte als auch für die Einbettung des Individuums in moderne Infrastruktur. Während der Blick des Dichters in den Jour nalen immer wieder an architekturgeschichtlichen Details geschult wird, reflektieren die Erzählungen zeitgenössische Trends des Bauens und Wohnens, wobei stets die Frage mitschwingt, die Handke sich schon 1973 in dem Aufsatz "Die offenen Geheimnisse der Technokratie" angesichts der als unmenschlich empfundenen Wohntürme von La
Journal of Austrian Studies, 2013
Monatshefte
radio and a camera, and saw their correspondence steadily examined by the censor (62; 77–78). Wol... more radio and a camera, and saw their correspondence steadily examined by the censor (62; 77–78). Wolfskehl’s insatiable hunger for new cultural experiences led him to explore the essays, novels, and poetry of English-language figures such as D.H. Lawrence, Henry Miller, Emily Dickinson, and current New Zealand writers (114– 15), while defending the controversial translation of George’s poetry into English by Ernst Morwitz, which, Wolfskehl hoped, would counteract the high esteem of Rilke in the English-speaking world (118). After the Second World War and the collapse of the Nazi regime, “Wolfskehl’s optimistic hope for a new and better future for humanity [ . . . ] soon sobered and gave way to a more realistic and increasingly pessimistic outlook,” not only because Munich did not extend an invitation for him to return but also because of increasing social fears and threats, including the rise of anti-foreigner sentiments in New Zealand (141). The dropping of the atomic bomb on Hiroshima and Nagasaki further underscored the discrepancy between George’s utopian ideals of high culture and the stark reality of the present (144). Illness and poverty overshadowed his final years in New Zealand, and he died there without having seen Germany again, his life and work “largely forgotten in Europe and barely known” in his adopted country (173). Mainly owing to the initiatives of Margot Ruben, members of the George circle, and many others, his collected poetry, essays, and letters have been edited since the 1950s, followed by a series of scholarly articles and monographs, including earlier publications by Voit, that helped keep Wolfskehl’s literary legacy alive. The present biography chronicles the dramatic twists and turns, accomplishments and drawbacks of Wolfskehl’s remarkable life in thoroughly documented detail, supplemented by helpful commentary on his poetic works. After Voit’s earlier volume Karl Wolfskehl: Leben und Werk im Exil (Göttingen 2005), the new biography probably aims primarily at a broader English-speaking public. It cites the poetry almost exclusively in English translation; some original citations are relegated to the endnotes. These translations appear faithful but may not really capture the often remarkable musicality of Wolfskehl’s poetic voice, which is obviously influenced by George’s but frequently sounds more sensuously spontaneous than the Master’s more austere style. It is no coincidence that an early essay by Wolfskehl addresses the spirit of music and its high, if presumably inferior achievements when compared to poetry (21). The scholar Paul Hoffmann even noted, as regards Die Stimme spricht, that Wolfskehl’s poetic language had never sounded “more mellow, more musical, more conversational” (33); or more precisely, in Hoffmann’s words, “gelöster und sangbarer, nie auch gesprächshafter” (194, n. 41). For this songlike ease and melodious, almost spoken quality, one assumes, the reader is encouraged to go back to Wolfskehl’s original verses.
German Studies Review, 2017
KULT_online
Subjektivierung wird in diesem Band konzeptualisiert als Prozess der Selbstbildung und Selbstform... more Subjektivierung wird in diesem Band konzeptualisiert als Prozess der Selbstbildung und Selbstformung im Zusammenspiel von Selbst und Anderem. Diese Prozesse im Hinblick auf die Techniken zu untersuchen, die zu ihrer Genese beitragen, soll einen konkreten Ansatzpunkt für empirische Studien ermöglichen. Mithin verspricht der Band Antworten auf jene Fragen, die in
Die nach 1945 veröffentlichten Reisejournale des Autors Ernst Jüngers sind von der Absicht gepräg... more Die nach 1945 veröffentlichten Reisejournale des Autors Ernst Jüngers sind von der Absicht geprägt, die Räume der Moderne neu zu vermessen. Die Texte betreiben dieses Projekt unter einer dezidiert ‚planetarischen‘ Perspektive. Mein Vortrag widmet sich den Wahrnehmungs- und Schreibstrategien, mit denen Jünger das zu erklären versucht, was er als den Eintritt moderner Gesellschaften in eine neue funktionalistische Raumordnung betrachtet: die Umorganisation der Welt zur gigantischen Arbeitsstätte. Unter dem Eindruck seiner Reisen in den Mittelmeerraum, nach Afrika und nach Asien nimmt Jünger Ideen wieder auf, die er schon in der Essayistik der 1920er Jahre formulierte, und entwickelt seine eigene Vorstellung dessen, was heute unter dem Begriff der „Globalisierung“ firmiert: Die sich ausbreitende Universalsprache der Technik zeigt sich ihm auf Sardinien ebenso wie in Japan oder im Nahen Osten. Während in den Reisejournalen der Weltstaat des Arbeiters an die Stelle nationalistischer Ideen tritt, lässt sich zugleich beobachten, wie Jünger seine semiotische Deutung industrialisierter und vom Tourismus beherrschter Landschaften mit metahistorischen Überlegungen verknüpft. Beharrlich inszeniert der Reisende den Austritt aus politischen Zeitläuften, die nur noch den Gesetzen der instrumentellen Vernunft folgen, und entwirft mythisierende Alternativgeschichten „des Menschen an sich“.
Im Laufe der Jahre hat Peter Handke mit Beiträgen in Feuilletons und Geleitworten zu Neuausgaben ... more Im Laufe der Jahre hat Peter Handke mit Beiträgen in Feuilletons und Geleitworten zu Neuausgaben immer wieder Partei ergriffen für Autorinnen und Autoren, deren Werk bis dahin oft nur Eingeweihten ein Begriff war. Dies gilt in besonderem Maße für den Westschweizer Schriftsteller Philippe Jaccottet, in dem Handke eine Art Seelenverwandten gefunden hat. Jaccottets Gedichte und Prosaaufzeichnungen, so Handke im Nachwort zu Der Spaziergang unter den Bäumen, seien geprägt „durch ein großes, naturgewachsenes Zögern, durch viele Kehrtwendungen, In-Frage-Stellungen der Sprache, und vor allem durch Umwege“. Damit benennt Handke indirekt auch die Grundlinien seines eigenen Schreibens, das die Dinge auf der Suche nach dem „gerechten“ sprachlichen Ausdruck sanft zu umkreisen sucht.
Ausgehend von Handkes vielfältigen Äußerungen zu den Schriften Jaccottets in Journalen und Essays, widmet sich mein Vortrag einem Topos, der die Werke beider Autoren eng miteinander verbindet: dem Versuch des Subjekts, durch das Ergehen, Wahrnehmen und Versprachlichen von Landschaften zu einer zumindest provisorischen Teilhabe an der Außenwelt zu gelangen. Der Kern dieses poetologischen Programms, das beide Autoren in ihren selbstreflexiven Texten permanent thematisieren, besteht in einer unaufdringlichen, von politischen und historischen Denkmustern befreiten Annäherung an die Natur. Der utopische Fluchtpunkt dieser von der deutschen Romantik inspirierten Vorstellung wird verkörpert von der Figur des „gelassen“ Schauenden und Hörenden, der für die Farben, Formen und Geräusche der oft übersehenen Dinge am Wegesrand offen ist – und damit auch deren „Eigentlichkeit“ zu erkennen vermag.
Über Landschaften zu schreiben, heißt für Handke und Jaccottet aber auch, sich an den Grenzen des sprachlich Mitteilbaren zu bewegen. Anstatt die Phänomene vorschnell begrifflich zu erfassen, soll der Schreibende sich darin üben, genau die richtigen Worte zu finden: „ne rien expliquer, mais prononcer juste“, heißt es bei Jaccottet einmal. In den Texten beider Autoren werden die Momente plötzlicher Teilhabe an der Welt freilich von der schmerzhaften Einsicht begleitet, dass das Ich jederzeit aus dem großen Zusammenhang herauszufallen droht. Die feierliche Rhetorik der Welterneuerung und des geglückten Augenblicks, die auch dazu dient, manche Ambivalenzen zu überdecken, muss mithin als Teil eines dialektischen Schreibens begriffen werden, das die Möglichkeit des kompletten Sprach- und Sinnverlusts stets mitdenkt.
Vom späten 19. Jahrhundert bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts formierten sich verschieden... more Vom späten 19. Jahrhundert bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts formierten sich verschiedene Bewegungen, die heute gemeinhin unter dem Begriff „Lebensreform“ veranschlagt werden. Das thematische und ideologische Spektrum reichte von der Ernährungsreform zur Naturheilkunde, von der Freikörperkultur zur Gartenstadtbewegung. Die wohl stärkste Ausprägung erlebte die Lebensreform im wilhelminischen Kaiserreich, doch gab es entsprechende Bewegungen zeitgleich oder später auch im englischsprachigen Raum. Besonders in den USA hat der
lebensreformerische Diskurs seit Ende des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle gespielt; das zeigt sich nicht nur in der Abstinenzbewegung und in dem Erfolg der Turnerbewegung, sondern letztlich auch in den Naturschutz- und Gesundheitsbewegungen, die vor allem in Kalifornien fest verankert sind.
Einen besonderen Anteil an der Interkulturalität der Lebensreform haben aber die weitgereisten Künstler, Architekten und Kunsttheoretiker. Ob die Mitglieder des Kollektivs „Der Blaue Reiter“, Theoretiker des Bauhaus wie Josef Albers oder Vertreter einer organischen Architektur wie Frank Lloyd Wright: Sie alle haben die lebensreformerischen Ideen in die Welt hinausgetragen und dafür gesorgt, dass das Erbe der Lebensreform auch heute noch – jenseits von Kneippschen Wasserkuren und alpinen Nacktwanderern – im akademischen wie öffentlichen Diskurs präsent ist.
Die Organisatoren dieses Panels haben sich intensiv mit dem Verhältnis von Literatur und Lebensreform beschäftig (u.a. in dem Sammelband „Die Literatur der Lebensreform. Kulturkritik und Aufbruchstimmungum 1900“, Bielefeld: transcript 2016). Dabei wurde deutlich, dass die Verbindungen zwischen der Lebensreform und der international
agierenden Avantgarde der Kunst und Architektur bisher kaum erforscht worden sind. Das geplante Panel will deshalb nicht nur die theoretischen und ideologischen Grundlagen der Lebensreformbewegungen untersuchen, sondern vor allem konkret von der Lebensreform beeinflusste Künstler und Architekten in den Blick nehmen. Im Fokus stehen könnte dabei die häufig problematische Adaption eines „back to nature“-Prinzips durch die Kunst, der aufstrebende Holismus bei den Expressionisten, die Propagierung einer naturverbundenen und deshalb
deutschnationalen Authentizität in einschlägigen Zeitschriften wie „Der Kunstwart“ und „Kraft und Schönheit“ oder der „zwanglose“ Zwang zur körperlichen Veränderung in der Kreation eines neuen, gesunden Menschenbilds. Darüber hinaus sind auch Vorträge, die sich dem lebensreformerischen Nexus von Kunst/Architektur und Literatur um 1900 widmen, ausdrücklich erwünscht.
Interessierte Kolleginnen und Kollegen werden gebeten, ein kurzes Proposal (ca. 250 Wörter, Deutsch oder Englisch) bis zum 10. Februar 2017 an Thorsten Carstensen (tcarsten@iupui.edu) und Marcel Schmid
(marcel.schmid@yale.edu) zu schicken.
The desire of literature to replicate the things, places, and events of ordinary life is most com... more The desire of literature to replicate the things, places, and events of ordinary life is most commonly associated with nineteenth-century Realism. Erich Auerbach, for instance, analyzing seemingly banal dinner scenes in the works of Balzac, Flaubert, and Stendhal, maintains that it is in the representation of everyday practices that the Realist novel comments on and critiques the processes of modernization. More recently, similar arguments have been made about the major triad of German Realist novelists, Theodor Storm, Wilhelm Raabe, and Theodor Fontane.