Feier der Heimatsprache – waddisch.de (original) (raw)
Noch gibt es sie, die vagen Erinnerungen an eine Zeit, in der Standarddeutsch bei uns in Werden, Fischlaken und Heidhausen eine Fremdsprache war. Im Alltag wurde Platt gesprochen – Platt gekallt. Doch die Generation, deren Oma oder Opa noch so sprach, ist heute selbst schon im Rentenalter. Nachgeborene und Zugezogene haben Platt nur selten erlebt. Wie oft wurde gerade bei uns im Ruhrgebiet der Dialekt schon totgesagt. Doch in einer kleinen Nische hat er bis heute überlebt: Wir kennen und können noch Platt und wollen die aule Modersprok noch einmal zu Wort kommen lassen, ehe sie völlig vergessen ist. Unsere Feier richtet sich an all jene, die etwas mit der alten Muttersprache verbindet, oder einfach neugierig sind, mehr darüber zu erfahren. Wir laden Sie ein, mit uns das Waddische zu feiern, die Heimatsprache im Werdener Land, dem heutigen Essener Süden!
Alles außer Standard: Von Waddisch zu Ruhrdeutsch
Waddisch on wi fieren de Heimotsproke
Waddisch und wir feiern die Heimatsprache
Samstag, 12. Oktober 2024, ab 13 Uhr (Ende offen)
Zentrum 60plus, Heckstr. 27, 45239 Essen-Werden
https://www.facebook.com/events/469857522316926/
Programm
Block I: Werden und Waddisch
13 – 13:15 Uhr: Grußwort von Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen
13:15 – 13:30 Uhr: Begrüßung mit Umfrage
Text 1: Plattdütsch kömmt van Hatten (Irmin Schmuck)
Text 2: Et geit nix öwer Waddisch Platt (Herbert Soer)
Text 3: Heimotsprok (Peter Gabka)
13:30 – 14 Uhr: Vorstellung der Waddisch-Fibel „Bramballe on Imseike“ (Dirk Uhlenbrock, Marc Real)
Sketch 1: Waddisch 1848 (Bernhard Kahmann, Peter Liere)
Text 4: Prumentied (Walburga Küthen)
Text 5: Appeltaten-Leed (Ulrike Liere)
– 30 Minuten Pause: Koffeetied –
Block II: Stadt und Region
Text 6: Wat usen Herrgott well (Irmin Schmuck)
Text 7: Herwstanfang (Klausdieter Pollak)
Text 8: De Ruhr es to (Günter Will)
14:30 – 15 Uhr: Vorstellung befreundeter Dialektinitiativen
15 – 15:45 Uhr: Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (Malin Ostermann, Tim Krokowski)
15:45 – 16:30 Landschaftsverband Rheinland, PALAVA-App (Verena Krautwald)
Sketch 2: Änne on Fretz (Walburga Küthen, Marc Real)
– 30 Minuten Pause: Memory on Sprökskes –
Block III: Aussicht und Ausklang
Text 9: Der Mintropstein (Günther Mayer)
Text 10: Die beste Medizin (Herbert Soer)
Text 11: Die Fahrkarten (Günter Will)
17 – 17:30 Uhr: Waddisch heute. Diskussion mit Gordon Strahl, Redaktionsleiter der Werdener Nachrichten
anschließend offener Ausklang
- Alles außer Standard: Von Waddisch zu Ruhrdeutsch
- Waddisch-Fibel und Wörterbuch
- Dialektatlas Mittleres Westdeutschland
- Sprach-App PALAVA
- Platt-Kolumne in der Heimatzeitung
- Vertellkes, Quiz und Sketche
- Probieren Sie mal Waddisch
Bald wird der Komm-Omend, der das Waddische pflegt, stolze 100 Jahre alt. Am 13. Oktober 1927 wurde im Ludgeri-Stift die erste öffentliche Abendveranstaltung zur Pflege der Werdener Mundart abgehalten. Auch feiert die Waddisch-Kolumne Döt on dat op Waddisch Platt in den Werdener Nachrichten das fünfte Jubiläum ihrer Neuauflage. Regelmäßige Mundartkolumnen gibt es in der Werdener Presse bereits seit den 1850er-Jahren. Den Anfang machte die Neue Ruhr-Zeitung, später Werdener Zeitung. Aus diesem Anlass wollen wir feiern – natürlich mit spannendem Programm rund um unseren heimatlichen Dialekt.
Essener Volks-Zeitung vom 13. Oktober 1927
Kreuzbund Werden-Stadt und -Land. We maken de Waddischen Krützböndler hedorch obmerksam, datt Donnerschtag, 13. Oktober, öm 21 Uhr, em St.-Geres-Hem enen Waddischen Plattowend afgehaulen wett. Wae en sinn Läwen noch es döchtig lache well, dae mott am Donnerschtagowend es kommen. Voer allem sall de Jugend doettmool es stark vertratt sinn, denn di mott den ganzen Rummel schmieten. Froende vom Platt, die ouk enmol enen Waddischen Plattowend metmaken wellen, send alle Tiet gaen gesehn.
Waddisch-Fibel und Wörterbuch
1. Über zwanzig Jahre sind vergangen, seitdem die letzte Publikation auf Waddisch Platt erschien. Zur Feier der Heimatsprache können wir Ihnen gleich zwei neue präsentieren.
Als sechstes Heft der Reihe „Wadden Kladden“ erscheint die charmant illustrierte Fibel „Bramballe on Imseike“: zum Platt lernen für junge und junggebliebene Waddisch-Freunde. Gestaltet hat sie der in Werden ansässige Grafikdesigner Dirk Uhlenbrock.
https://waddenkladden.de/2021/02/04/bramballe-imsegge/
Flankiert wird diese vom umfangreichen Waddischen Wörterbuch, das digital erscheint. Schauen Sie vorab doch mal vorbei!
https://waddisch.de/woerbok.
Dialektatlas Mittleres Westdeutschland
2. Zwei Programmpunkte zeigen, wie Dialekt und Regiolekt in Werden, Essen und dem Ruhrgebiet aktuell erforscht werden. Von der Universität Bonn besuchen uns Malin Ostermann M.A. und Dr. Tim Krokowski, die am neuen Dialektatlas Mittleres Westdeutschland mitarbeiten. Sie stellen das Projekt und erste Ergebnisse aus unserer Region vor.
https://dmw-projekt.de
Sprach-App PALAVA
3. Seit letztem Jahr gibt es die Sprach-App „PALAVA“ der beiden NRW-Landschaftsverbände im Rheinland und in Westfalen-Lippe. Verena Krautwald M.A. vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte zeigt, was es damit auf sich hat. Mit dabei hat sie anschauliche Daten aus Essen und Umgebung.
https://dat-portal.lvr.de/ueber-uns/blog/wo-es-regnet-plaeddert-gallert-oder-sickt.
Platt-Kolumne in der Heimatzeitung
4. Zum Fünfjährigen der aktuellen Waddisch-Serie „Döt on dat“ in den Werdener Nachrichten tauschen sich Redaktionsleiter Gordon Strahl und Kolumnist Marc Real über Zustand und Zukunft unseres Dialekts aus. Im Anschluss dürfen und sollen die Gäste mitdiskutieren. We dat kann on well, sall op Platt spreken.
https://waddische.de/
Vertellkes, Quiz und Sketche
Und Sie können natürlich auch Waddisch erleben: Hören, sprechen und befragen. Neben Dönekes on Vertellkes op Platt und einem spannenden Quiz wird es eine Ausstellung zur Geschichte und Pflege unseres Werdener Dialekts geben: Was ist Waddisch (Etymologie), woher kommt es (Sprachgeschichte), wen interessiert das (Sprachpflege und Literatur) und was bleibt davon übrig (Sprachwandel: Vom Dialekt zum Regiolekt).
Bild: Gordon Strahl, Werdener Nachrichten
Die Fischlaker Theatergruppe „FiThea“ brachte erst kürzlich den vollbesetzten Gemeindesaal am Wintgenhof zum Toben: Einen Auszug aus ihrem aktuellen Stück „Tod in Raten“ bringen Walburga Küthen und Marc Real. Nachdem die improvisierte Szene auf Waddisch Platt bei einem unserer Komm-Omende so gut ankam, gibt es sie in einer schmissigen Übersetzung nun auch zur Feier der Heimatsprache!
Eine kurze Vorschau: Der Segen hängt in einem Fischlaker Mehrfamilienhaus gerne mal schief. Gekeif und Geträller vom Dach bis in den Keller. Und was bloß will denn Fritz Blaulicht, der 90-jährige, nicht mehr so rüstige Eigentümer schon wieder so plötzlich von Änne, der bräsigen Seele des Hauses?
Und auch aus der Nachbarschaft hat sich von nah und fern schon Besuch angekündigt. Aus Mülheim an der Ruhr besuchen uns zwei Mitglieder des Stammtischs „Aul Ssaan“, der noch das heimatliche Mölmsch bzw. Ssaansch Platt pflegt. Zusammen mit dem Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr entstehen gelegentlich Podcasts, die den Mölmschen Klang hörbar machen.
https://aulssaan.de/
https://geschichtsverein-muelheim.ruhr/
Vom Heimatverein Schmalbroich in Kempen kommen die beiden Initiiatoren der Website kempschplatt.de – dort werden typische Redewendungen und Wörter auf Kempener Dialekt vorgestellt. Auch ein Plakat mit bekannten Kempsche Wöert gibt es dazu und wird bei unserer Feier der Heimatsprache präsentiert.
https://kempschplatt.de/
Die Velberter Offers-Kompeneï feiert in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. Im Jahr 1954 wurde der erste Kuëmowend – also Komm-Omend auf Velberter Platt – abgehalten. Die Gruppe wird offiziell als heimatkundliche Arbeitsgruppe der Volkshochschule geführt und trifft sich derzeit einmal monatlich zum Plausch im Velberter Forum.
https://velberter-platt.de
Zudem werden in den Pausen weitere ausgewählte Platt-Texte aus den letzten 200 Jahren präsentiert. Mit Stift und Zettel können Gäste ihre Erinnerungen und Ideen notieren. Bei Speis und Trank – natürlich der typischen Waddischen Appeltate passend zum Herbst – wollen wir gerne ins Gespräch kommen. Auch unsere Referenten können und sollen natürlich ausgefragt werden!
Vom Ruhrdeutschen bis zum tiefsten Dialekt dreht sich alles um die Sprache im Werdener Land. Dabei schauen wir auch in die Nachbarschaft und bringen Erkenntnisse, die für viele Essener relevant und spannend sind. Immerhin gab es einst auch in jedem Stadtteil mindestens eine Gruppe, die den örtlichen Dialekt pflegte. Am Reuenberg in Borbeck gab es „Holl Pohl“ und in Steele den „Pohlbörger-Verein“, die bis in die 1980er-Jahre bestanden. Vor zehn Jahren gab es auch noch Aktive in Byfang und Burgaltendorf. Nun sind wir vom Werdener Komm-Omend die letzte aktive Gemeinschaft im Essener Stadtgebiet.
Probieren Sie mal Waddisch
Wir möchten den Tag gerne mit Ihnen zusammen gestalten. Was wollen Sie über Waddisch wissen? Haben Sie noch eigene Geschichten darüber zu erzählen? Oder möchten Sie mal etwas Kreatives ausprobieren? Dann geben Sie uns doch kurz Bescheid! Persönlich bei einem unserer Treffen (immer am 2. und 4. Freitag im Monat um 17 Uhr, Heckstr. 27, 45239 Essen-Werden: 13. September, 27. September, 11. Oktober usw.) oder per E-Mail an real@waddisch.de – das Fest der Heimatsprache soll ein kleines Fest für unser Werdener Land und seine Menschen sein!
Herzliche Grüße und god gon – auf ein gutes Gelingen!
Marc Real
Vörsetter des Komm-Omend
Werdener Mundart-Gesellschaft seit 1927
real@waddisch.de
https://facebook.com/waddisch.de https://instagram.com/waddisch.de