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Institutsentwicklung

Die folgende Enwicklung des Instituts wurde von Prof. Alois Kieslinger im Zuge der 150 Jahr Feier der Technischen Hochschule im Jahr 1965 im dazugeh�rigen Festband publiziert.

Kieslinger, A.: Das Institut f�r Geologie. - [in: Kastner, R.H.: Die Technische Hochschule in Wien - Ihre Gr�ndung, Entwicklung und ihr bauliches Werden. Hrsg.: Sequenz, H.] Band "Bauten und Institute - Lehrer und Studenten" pp. 244 - 525, Wien, 1965.

DAS INSTITUT F�R GEOLOGIE

Die Geschichte des Institutes spiegelt im kleinen die Entwicklung der Naturwissenschaft im ganzen mit ihrer immer weiteren Aufspaltung in Teildisziplinen wider. Urspr�nglich waren am "Polytechnischen Institut" naturwissenschaftliche F�cher (Zoologie und Mineralogie) nur summarisch in den zwei Vorbereitungsklassen (der "Realschule") vertreten, die von einer Lehrkraft der Warenkunde, Michael HURTL, suppliert wurden. Vom Studienjahr 1820/21 an folgte Prof. Franz X. RIEPL (geb. 29. 11. 1790 in Graz, gest. 25. 4. 1857 in Wien). Er wurde aber bald immer mehr durch technische Arbeiten vom Unterricht abgezogen und dieser ("Naturgeschichte und Warenkunde") wurde zuerst fallweise, dann (1836 bis 1843) dauernd von einem Assistenten der Technischen Chemie, Jakob REUTER, suppliert, der dann noch bis 1848 Warenkunde und Handelsgeographie in der kommerziellen Abteilung des Polytechnikums lehrte. 1843 kommt mit Franz LEYDOLT (geb. 15. 7.1810 in Wien, gest. 10. 6.1859 in Wien) unsere Fachgruppe zum erstenmal an einen Naturwissenschaftler. LEYDOLT war von einer besonderen Vielseitigkeit. 1837 zum Dr. med. promoviert, arbeitete er zun�chst vorwiegend botanisch, wurde dann aber H�rer der Vorlesungen von MOHS (am k. k. Hofmineralienkabinett); dadurch erweiterten sich seine Interessen in der Richtung auf Mineralogie. 1850 brachte er ein einf�hrendes botanisches Lehrbuch heraus, 1853 (zweite Auflage 1859) zusammen mit seinem damaligen Assistenten Adolf MACHATSCHEK die "Anfangsgr�nde der Mineralogie". Dieses Buch behandelt vorwiegend die kristallographische Seite des Faches.

LEYDOLDT�s bleibender Beitrag zur wissenschaftlichen Mineralogie ist die An�tzung von Kristallen; durch die �tzfiguren kommen gewisse sonst nicht erfa�bare kristallographische Eigenschaften zum Vorschein. Er hat dar�ber in mehreren Arbeiten in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften in Wien 1851 bis 1856 berichtet, wurde �brigens 1853 korr. und 1855 ord. Mitglied der Akademie. �ber die engeren Fachkreise hinaus bekannt wurden seine �tzungen an geschliffenen Achatplatten, die er dann als Druckst�cke zu �beraus sch�nen "Naturselbstdrucken" verwendete. Im halben Jahr nach LEYDOLDT�s Tode wurde der Unterricht von Anton BISCHING (geb. 23. 9. 1832 in Wien, gest. 26. 6. 1907) suppliert, der �brigens bis 1865 unter HOCHSTETTER weiterhin Assistent blieb und auch an dem von diesem verfa�ten, seinerzeit weitverbreiteten Mittelschullehrbuch "Leitfaden der Mineralogie und Geologie" (das 23 Auflagen erlebte!) mitwirkte. LEYDOLDT war zwar 1847 zum o. Professor der Mineralogie und Geologie ernannt worden, hat aber offenkundig nur jene vertreten.
Das Jahr 1860 bringt eine vollkommene Neuordnung des Unterrichtes in den naturwissenschaftlichen F�chern. Die Zoologie und Botanik wurden von der Mineralogie getrennt (zun�chst von A. BISCHING suppliert, dann von Prof. A. KORNHUBER �bernommen). Die Lehrkanzel hie� nunmehr f�r "Mineralogie und Geologie", tats�chlich kam mit der Berufung von Ferdinand von HOCHSTETTER 1860 eine eigentlich wissenschaftliche Geologie in die Hochschule, die auch eine ausgesprochen technische Geologie umfa�te.

Ferdinand von HOCHSTETTER (geb. 30.4.1829 zu E�lingen in W�rttemberg, gest. 18. 7. 1884 in Wien) hatte zwar (1850) mit einer mineralogischen Dissertation in T�bingen das Doktorat erworben, war aber doch durch seinen Lehrer F. A. QUENSTEDT zum Geologen ausgebildet worden. Seit 1852 arbeitete er f�r die k. k. Geologische Reichsanstalt in Wien unter deren Direktor HAIDINGER in verschiedenen Teilen der Monarchie, habilitierte sich auch 1856 an der Wiener Universit�t. Seine wissenschaftlichen Arbeiten, daneben wohl auch die vielen gemeinverst�ndlichen, besonders die �ber Karlsbad und seine Quellen, brachten ihm die Einladung zur Teilnahme an der mehrj�hrigen Forschungsreise der Segelfregatte "Novara"; diese Reise sollte nicht nur der Ausbildung von Marinepersonal dienen, sondern auch wissenschaftlichen Forschungen und Aufsammlungen, f�r die noch 5 "Zivilisten" (3 Naturforscher, 1 Maler und 1 Kunstg�rtner) mitgenommen wurden. Auf diese gro�e Fahrt hat sich HOCHSTETTER durch 11/2 Jahre in Reisen zu allen fahrenden Fachm�nnern (u. a. auch zu Alexander von HUMBOLDT) vorbereitet und besonders auch in London eine Ausbildung in der Handhabung der von dort bezogenen Magnetinstrumente erfahren.

Die langen Aufenthalte erm�glichten HOCHSTETTER eingehende geologische Untersuchungen �ber Gibraltar, die Umgebung von Rio de Janeiro, das Kapland, mehrere Inseln im Indischen 0zean Ceylon, Java, Hongkong, Shanghai, Sidney. Die Berichte und ihre pal�ontologiscben Ausarbeitungen sind in Einzelarbeiten und in dem vielb�ndigen Werk �ber die Novara-Expedition enthalten. Dar�ber hinaus wurden diese Studien durcb die damals iiblichen gemeinverst�ndlicben Darstellungen in weiteste Kreise getragen. Die Reisebriefe HOCHSTETTER�s an die (amtliche) "Wiener Zeitung" sind �brigens 1885 zu seinem Andenken in Buchform gesammelt worden. HOCHSTETTER�s Berichte wurden von allen gebildeten Kreisen mit ebensolchem Interesse aufgenommen wie wenige Jahre zuvor das Buch von Eduard SUESS �ber den Boden der Stadt Wien.
Das Novarawerk und die Arbeiten �ber die Geologie Neuseelands, daneben besonders auch ein allgemein gehaltenes, nicht nur geologisches Reisewerk �ber Neuseeland (in englischer und in deutscher Ausgabe), macbten ihn ber�hmt. Ungemein bezeicbnend ist es �brigens, da� das Neuseelandbucb nunmehr nach 100 Jahren in einer (englischen) Neuauflqge als offizielle "Government Publication" herausgebracht wurde (Wellington 1962).

Zwei Monate nach seiner Heimkehr nach Wien wurde er zum Professor der Mineralogie und Geologie am Polytechnischen Institut ernannt. Das Mineralogisch-Geologische Institut und seine Sammlungen wurden auf den modernsten Stand gebracht. Die Skripten seiner �beraus sorgf�ltigen und umfassenden Vorlesungen sind noch erhalten. Der weitgereiste Mann erwies sich auch als ein Meister der angewandten bzw. technischen Geologie. Neben vielen Untersuchungen �ber Mineralquellen, �ber Dachschieferbr�che usw. hatte er u. a. (in Fortsetzung der Studien von AMI BOU�) die geologischen Vorarbeiten f�r die Linienf�hrung der t�rkischen Eisenbahnen zwischen Belgrad und Konstantinopel durchzuf�hren und sp�ter �hnliche f�r Bahnlinien �ber den Ural. Ungemein bezeichnend ist seine Rektoratsrede 1874 �ber "Geologie und Eisenbahnbau". In dieser Rede taucht zum erstenmal der Ausdruck "Ingenieurgeologie" auf. In Worten, wie wir sie heute nicht besser pr�gen k�nnten, beweist er die Unentbehrlichkeit der geologischen Vorarbeiten, die vielen Mi�erfolge durch ihre Unterlassung, und macht es auch klar, da� der Ingenieurgeologe nicht nur bei der Planung entscheidend mitarbeiten, sondern auch w�hrend des Baues alle geologischen Vorkommnisse genauestens zu erfassen h�tte. "Die Wichtigkeit einer speziellen Wissenschaft f�r ein spezielles Fach" wird eindringlich dargestellt. Es ist f�r unsere Hochschule und auch f�r die ganze �sterreichische technische Arbeit ungemein bedauerlich, da� diese Arbeitsrichtung der technischen Geologie oder Ingenieurgeologie nach HOCHSTETTER�s Abgang f�r rund 40 Jahre weitgehend zur�cktrat, zum Teil vollkommen erlosch.

Die Vielseitigkeit des gro�en Gelehrten (der neben der Geologie ein vollendeter Geograph, Botaniker und Pr�historiker war) f�hrte 1876 zu seiner Ernennung zum Intendanten des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums, dessen Riesengeb�ude damals im Bau war. Von all der Arbeit �berlastet, von zunehmender Kr�nklichkeit behindert, legte er im Studienjahr 1880/81 sein Lehramt an der Hochschule zur�ck, drei Jahre darauf ist er gestorben. 154 wissenschaftliche Arbeiten, unz�hlige Vortr�ge in wissenschaftlichen Gesellschaften und auf gro�en Tagungen hatten ihn weltbekannt gemacht.

Einige von HOCHSTETTER�s Assistenten haben sp�ter eine erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen. So Dr. Gustav Karl LAUBE (geb. 8. 1. 1839 in Teplitz, gest. 12. 4. 1923 in Prag), der 1871 die Lehrkanzel f�r Mineralogie und Geologie an der Technische Hochschule Prag �bernahm, 1876 die Lehrkanzel f�r Geologie und Pal�ontologie der Deutschen Universit�t Prag. Ein anderer Assistent war Josef SZOMBATHY, der nach chemischen und geoloischen Studien scblie�lich besonders als Anthropologe t�tig war und als Kustos der betreffenden Abteilung des Naturhistorischen Museums wirkte. Ein weiterer Assistent war Ernst KITTL (geb. 2. 12. 1854 in Wien, gest. 1. 5. 1913 in Wien), der auch Dozent und seit 1907 titl. a. o. Prof. unserer Hochschule war; hauptberuflich war er Kustos und im letzten Lebensjahr Direktor der geologisch-pal�ontologischen Abteilung des naturhistorischen Hofmuseums und hat ein reiches wissenschaftliches Erbe hinterlassen.
Einer von HOCHSTETTER�s begabtesten Mitarbeitern war Franz TOULA (geb. 20.12.1845 in Wien, gest. 3. 1. 1920 in Wien). Er war drei Jahre Assistent, dann Realschulprofessor, seit 1877 Privatdozent f�r Pal�ontologie (1880 wurde die Lehrbefugnis auf "Geologie von �sterreich-Ungarn" erweitert). 1881 wurde er HOCHSTETTERs Nachfolger im Lehramte (zun�chst als a. o., ab 1884 als o. Prof.) und f�hrte die Lehrkanzel bis Ende 1917, bald darauf, am 3. J�nner 1920, ist er gestorben.
TOULA war ein Wissenschaftler von hohen Graden, der jeder Universit�t zur Ehre gereicht h�tte.

Sehr viele -Forscbungsreisen, besonders in die Balkanl�nder, ausgedebnte und oft wiederholte Untersuchungen haupts�chlich am Ostrande der Alpen, f�hrten zu umfangreichen Aufsammlungen von Versteinerungen, zu deren pal�ontologischer Beschreibung und stratigraphischer Auswertung. TOULA war �beraus fruchtbar und hat 148 wissenschaftliche Originalarbeiten ver�ffentlicht. Er gilt auch heute noch als einer der Begr�nder der Geologie des Balkans. Daneben schrieb er �ber 360 gemeinverst�ndliche Aufs�tze �ber geologiscbe Fragen, aber auch �ber Tagesfragen verschiedensten Art in der Tagespresse, in Wochen- und Monatsschriften. So hat er in Fortsetzung der Bem�hungen von HOCHSTETTER unglaublich viel f�r die Popularisierung unserer Wissenschaft geleistet. Sein ebenfalls ziemlich gemeinverst�ndlich gehaltenes Lehrbuch der Geologie fand gro�e Verbreitung und erlebte drei Auflagen. Un�bersebbar ist die Zahl seiner Referate �ber wissenschaftliche Arbeiten (allein an das "Geographische Jahrbuch" hat er deren 18.127 geliefert!).

Leider hat er nicht auf jenem Gebiet gearbeitet, das wir heute zur technischen oder Ingenieurgeologie rechnen w�rden. Wohl hat er �ber fremde Arbeiten �ber solche Fragen (Wildbachverbauungen, die Schlagwetterkatastrophe von Karwin usw.) ausgezeichnete Referate verfa�t, aber kaum eigene Untersuchungen durchgef�hrt. In seinem Nachla�, der am Institut f�r Geologie bis in kleinste Zeitungsausschnitte vollkommen erhalten ist, findet sich nur eine Stellungnahme zu zwei technischen Gutachten �ber die Gef�hrdung der Karlsbader Heilquellen durch eine geplante Vertiefung der benachbarten Kaolingruben. Nicht nur seine eigene Forschungsarbeit, sondern auch sein Unterricht verfolgte die an den Universit�ten vorwiegend gepflegte Geologie auf pal�ontologisch-stratigraphischer Grundlage. Die von HOCHSTETTER inaugurierte Ingenieurgeologie hat er nicht fortgesetzt, sie fehlt also von 1880 bis 1918 im Unterricht an unserer Hochschule. TOULA erfreute sich im Kollegium gr��ter Beliebtheit - nicht zuletzt auch wegen seines energischen Einsatzes f�r Standesfragen der Hochschulprofessoren - und wurde auch (f�r 1893/94) zum Rektor gew�hlt. Sein geologisch-pal�ontologischer Unterricht hat aber in weiten Kreisen von Technikern das Vorurteil erzeugt, da� die Geologie "mit ihren alten Schneckerln" wohl zweifellos eine h�chst wertvolle Universit�tswissenschaft sei, aber eigentlich kaum in den Rahmen einer Technischen Hochschule passe. Unter diesem Vorurteil hatten TOULA�s Nachfolger noch bis in die Gegenwart zu leiden.

Die �bungen in Geologie wurden unter TOULA lange Zeit von Adjunkt Dr. Josef PORSCHE abgehalten. Ein halbes Jahr (von 1. 10. 1908 bis 6. 6. 1909) war Dr. Bruno SANDER, der sp�ter durch die Entwicklung der Gef�gekunde weltber�hmt geworden ist, als Assistent bei TOULA.

TOULA�s Nachfolger, zun�chst (1917/18) als Supplent, ab 5. 8. 1918 als Ordinarius, wurde Ing. August ROSIWAL (geb. 2. 12. 1860 in Wien, gest. 9. 10. 1923 in Wien). Er war 1885 bis 1891 Assistent bei TOULA gewesen, bildete sich nebenbei als Autodidakt zum ausgezeichneten Petrographen aus (welche Arbeitsrichtung von TOULA ja nicht gepflegt wurde) und hat dann sp�ter auch als Privatdozent f�r Mineralogie und Petrographie 1892 bzw. seit 1898 als Honorardozent durch �bernahme des Unterrichts in Mineralogie Prof. TOULA entlastet. Hauptberuflich war ROSIWAL an der Geologischen Reichsanstalt, f�r die er als Aufnahmsgeologe nicht weniger als sechs hochkomplizierte Kartenbl�tter der Geologischen Karte �sterreichs mit einer bis dahin noch nicht ge�bten Genauigkeit und Vielfalt der Ausscheidungen aufgenommen hat.
Mit ROS1WAL lebte die Pflege der technischen Geologie und Gesteinskunde an der Hochschule wieder auf. Im Studienjahre 1919/20 tritt in seinen Vorlesungen neben der Grundlagenwissenschaft zum ersten Male die Bezeichnung "Technische Geologie" (Sondierung, Abbaumethoden, Anwendung der Geologie bei der Wasserversorgung, im Grundbau, Wasser-, Stra�en-, Eisenbahn- und Tunnelbau) auf.

Schon fr�hzeitig hatte er sich mit Fragen einer technischen Petrographie eingehend befa�t. Allgemein bekannt sind seine Untersuchungen �ber Bohrfestigkeit der Gesteine, �ber die Schleifb�rte der Mineralien in Gegen�berstellung zur Ritzh�rte von MOHS und �hnliche Arbeiten. Dauernder Besitz der Petrographie ist die von ihm (nach einem Grundgedanken von DELESSE) entwickelte geometrische Gesteinsanalyse im D�nnscbliff. Umfangreicbe Gutachten und Arbeiten verfa�te er �ber Schutz der Heilquellen von Karlsbad (die durch Warmwassereinbr�che in den Kohlen gruben von K�nigswerth gef�hrdet erschienen), Marienbad, Teplitz und Franzensbad. Ferner zahlreiche technisch-petrographische Untersuchungen �ber vielerlei nutzbare Gesteine.

Erst mit 58 Jahren (am 5. 8. 1918) - �berdies in den katastrophalen Hungerjahren nach dem Zusammenbruch der Monarchie - hatte der schon kr�nkliche Gelehrte die Leitung und damit auch die Modernisierung unseres Institutes �bernommen. Die zus�tzliche Belastung durch eine anstrengende zweij�hrige Dekanatsarbeit (1921/23) richteten seine Gesundheit vollends zugrunde, so da� er schon am 9. 10. 1923 starb.

Nach Rosiwals Tod wurde die verwaiste Lehrkanzel vom 1. 11. 1923 bis Anfang 1925 von Dr. Roman GRENGG (geb. 1. 12. 1884, Privatdozent 26. 8. 1916) suppliert, der schon seit 1. 10. 1910 (also noch unter TOULA) Assistent gewesen war.
Mit Anfang 1925 erfolgte eine Aufteilung: Die Stammlehrkanzel blieb als "Institut f�r Geologie und Landformenkunde" bei der Fakult�t Bauingenieurwesen mit Prof. Josef STINY als Vorstand, die Mineralogie wurde als selbst�ndige Lehrkanzel abgetrennt, der Fakult�t Chemie zugewiesen und als "Institut f�r Mineralogie und Baustoffkunde II" von Prof. Roman GRENGG 1925 bis 1945 geleitet.

Josef STINY (geb. 20. 2. 1880 in Wappoltenreith, Nieder�sterreich, gest. 20. 1. 1958 in Wien) hat nicht weniger als drei Hochschulstudien (Hochschule f�r Bodenkultur in Wien, Technische Hochschule und Universit�t in Graz) absolviert und durch diese breite wissenschaftliche Grundlage jene universelle Naturwissenschaft und Technik verbindende Fachbildung erarbeitet, die ihn zu dem bedeutendsten Vertreter des Grenzgebietes zwischen Geologie und Bauwesen, also der technischen oder Ingenieurgeologie machte. Sein kaum �bersehbares gro�es Lebenswerk wurde an anderer Stelle ausf�hrlich gew�rdigt mit einem Verzeichnis seiner rund 340 wissenschaftlichen Arbeiten, darunter mehrerer umfangreicher B�cher. Er gr�ndete f�r das von ihm planm��ig entwickelte Arbeitsgebiet eine eigene Fachzeitschrift "Geologie und Bauwesen", von der bis zu seinem Tode 23 B�nde erschienen waren und die dann von einem seiner Sch�ler, Dr. techn. L. M�LLER in Salzburg, weitergef�hrt wurde.
STINY (er hat seit 1942 die Schreibweise seines Namens auf STINI ge�ndert) war von 1919 bis 1925 Professor f�r naturwissenschaftliche F�cher an der H�heren Forstlehranstalt in Bruck a. d. M. gewesen, seit 1924 auch Privatdozent f�r Geologie an der Universit�t Graz. Mit 1. 3. 1925 �bernahm er das Geologische Institut an unserer Hochschule und leitete es bis zu seiner auf eigenes Ansuchen erfolgten vorzeitigen Pensionierung 1943. Tats�chlich mu�te er aber, da der zu seinem Nachfolger ernannte Grazer Professor E. CLAR mit kriegswirtschaftlichen Aufgaben betraut war, die Lehrkanzel noch bis Ende 1944 und dann sp�ter, nach Kriegsende, also nach April 1945, neuerlich bis 1947 supplieren. 1950 verlieh ihm die Technische Hochschule Graz die W�rde eines Dr. techn. h. c.
Das Entscheidende in STINI�s Leistung als Institutsvorstand war die bewu�te Umstellung des Lehrstoffes und der Lehrweise auf die tats�chlichen Bed�rfnisse der k�nftigen Bauingenieure. Bei aller Genauigkeit des Grundlagenwissens (aus dem begreiflicherweise fernerliegende Disziplinen, wie Pal�ontologie und Stratigraphie, fast g�nzlich ausgespart werden mu�ten) wurde dem in ganz anderen Denkbezirken beheimateten Techniker in seiner Sprache die naturwissenschaftliche Anschauungsweise vermittelt, so da� jeder H�rer bald die Wichtigkeit des Faches f�r seinen k�nftigen Beruf erkennen mu�te. Der Stoff wurde also gegen�ber fr�her mehr auf das Gebiet der Allgemeinen Geologie verschoben; denn Technische Geologie ist ja im Wesen eine angewandte Allgemeine Geologie. Gleichzeitig wurde der Unterricht zur G�nze durch Vorf�hrung von Lichtbildern begleitet, weil sich das optische Erlebnis, die Anschauung, in der Geologie durch das gesprochene Wort nicht ersetzen l��t.

Die Hauptvorlesung seit 1925/26 (Geologie I und II) wurde von ihm schon nach zwei Jahren als "Technische Geologie" bezeichnet, also gleichlautend mit seinem 1922 erschienenen Lehrbuch; seit 1940/41 wurde sie "Ingenieurgeologie" genannt. Eine zweite Hauptvorlesung war die aber Landformenkunde f�r die H�rer des Vermessungswesens. 1929/30 wurde die Geschichtliche Geologie als Nebenvorlesung aus dem Hauptunterricht abgegliedert. Daneben liefen vielerlei Sondervorlesungen, z.B. �ber Grundwasser- und Ouellenkunde, ferner aber Grundz�ge der Forstwirtschaft, �ber Technische Bodenphysik. Seit 1941/42 wurde der Unterricht auf Ingenieurgeologie und Landformenkunde beschr�nkt. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg haben einige Bauingenieure bei STINI das technische Doktorat erworben. Mehrfach hat STINI in Fachzeitscbriften zur Methodik des Unterrichtes in Ingenieurgeologie Stellung genommen und Vorscbl�ge zu einer Zusammenziehung dieses Doppelstudiums auf eine ertr�gliche Studiendauer gemacht.

Diese Unterrichtst�tigkeit STINI�s an der Technischen Hochschule Wien hat durch die unmittelbare Ausbildung einer Generation von Bauingenieuren am meisten dazu beigetragen, die naturwissenschaftliche, geologische Betrachtungsweise in das technische Denken einzugliedern. Wenn heute unter diesen j�ngeren Fachleuten die Notwendigkeit einer geologischen Vor- und Mitarbeit an technischen Aufgaben eine Selbstverst�ndlichkeit geworden ist, so ist dies im wesentlichen sein Verdienst.

Unter STINI als Institutsvorstand waren als Dozenten t�tig: seit 1930 Dr. Alois KIESLINGER (seit 1937 titl. a. o. Prof.), seit 1925 Dr. Ernst NOWAK (geb. 1891, gest. 1946), seit 23. 6. 1926 Dr. Friedrich TRAUTH (geb. 22. 6. 1883, seit 22. 5. 1935 titl. a. o. Prof.), ebenso wie KITTL Kustos und seit Juli 1936 Direktor der Geologisch-Pal�ontologischen Abteilung und Hofrat am Naturhistorischen Museum. Mit 21.2.1941 kam auch als apl. Prof. Dr. Hans GALLWITZ ( geb. 24.11. 1896 in Sigmaringen, gest. 9. 10. 1958 in Halle) von Dresden an unsere Hochschule, wo er bis Kriegsende verblieb (hauptberuflich war er in diesen Jahren als Armeegeologe t�tig.

Der mit 1. 10. 1944 zum Nachfolger STINIs bestellte o. Prof der Grazer Universit�t Dr. Eberhard CLAR (geb. 23. 7. 1904) konnte das Institut erst Ende 1944 �bernehmen, zu einer Zeit, als durch die Einziehung der meisten H�rer zur Kriegsdienstleistung und durch die t�glichen Bombenangriffe die Hochschult�tigkeit in Wien praktisch ziemlich zum Erliegen gekommen war und eine Verlagerung der Institute nach Strobl am Wolfgangsee begann. Nach Wiederaufnahme des Hochschulbetriebes im Mai 1945 wurde zun�chst Prof. STINI mit der Supplierung seines ehemaligen Institutes betraut (Prof. CLAR wurde sp�ter Vorstand des Geologischen Institutes der Universit�t Wien). Von 1947 bis Ende September 1949 erfolgte eine Supplierung durch den von der Technischen Hochschule Br�nn kommenden Prof. Dr. H. MOHR, mit 1. 10. 1949 wurde Prof. Dr. Alois KIESLINGER (geb. 1. 2. 1900 in Wien, Habilitation an der Technischen Hochschule 1929/30, titl. a. o. Pro� 1937) zum neuen Institutsvorstand ernannt. Das Institut hatte in den Nachkriegsmonaten schwerste Sch�den erlitten, war weitgehend ausgepl�ndert, hatte im �brigen auch im Dienstpostenplan die wissenschaftlichen Mitarbeiter bis auf einen Assistenten verloren. Erst in langj�hrigen Bem�hungen gelang es dem neuen Institutsvorstand, das durch die Kriegs- und Nachkriegsjahre schwer beeintr�chtigte Institut wieder einigerma�en auf die alte H�he zu bringen und dar�ber hinaus wenigstens teilweise zu modernisieren. Allerdings sind viele Verh�ltnisse gegen fr�her wesentlich erschwert: die H�rerzahl hat sich vervielfacht (z. B. derart, da� in einer Vorlesung nur ein Drittel der H�rer Platz hat, auch m�ssen alle �bungen viele Male wiederholt werden). Dazu kam bis vor kurzem die �bernahme einer weiteren gro�en Vorlesung "Baustoffkunde II f�r Architekten", die in fr�heren Jahren vom Institut f�r Mineralogie besorgt worden war. So besteht eine ganze Reihe von noch nicht bew�ltigten Schwierigkeiten.
Im Jahre 1952 wurde durch Erla� des Unterrichtsministeriums der Titel des Institutes offiziell auf "Institut f�r Geologie" festgelegt; darin kommt ganz allgemein die Zust�ndigkeit des Institutes f�r das Gesamtgebiet der Geologie zum Ausdruck, also auch f�r Einzelvorlesungen, wie Landformenkunde, Lagerst�ttenkunde und andere, die teils vom Institutsvorstand, teils von Dozenten gehalten werden k�nnen. Hauptinhalt der Lehrt�tigkeit und damit auch Hauptziel der weitgehenden Modernisierung der Institutssammlungen ist die Ingenieurgeologie mit zugeh�rigen �bungen und Exkursionen; im Zuge einer teilweisen �nderung des Studienplanes wurde seit dem Wintersemester 1960/61 noch eine besondere Wahlplanvorlesung "lngenieurgeologie III" angegliedert.
Die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten am Institut betreffen das Gesamtgebiet der Ingenieurgeologie. In den letzten Jahren steht im Vordergrunde der Arbeit das Studium der Restspannungen im Fels und der technischen Auswirkung der Entspannungsvorg�nge. Neben den Feldbefunden sind ausgedehnte Versuchsreihen an Gesteinsproben in Vorbereitung. Die Untersuchung und monographische Darstellung aller Vorkommen von nutzbaren Gesteinen in den �sterreichischen Bundesl�ndern wird fortgesetzt. Bisher sind die beiden B�nde �ber K�rnten (1956) und Salzburg (1963) erschienen. Die Darstellung der Gesteinsvorkommen der �brigen Bundesl�nder ist in Arbeit. Die Neuausgabe der �sterreichischen Normen �ber Gesteinspr�fung und verwandte Fragen ist in der Hauptsache abgeschlossen.

Als Dozent f�r Lagerst�ttenkunde war seit 1951 Dipl. Ing. Dr. phil. Alfred POLLAK habilitiert und hielt diese Vorlesungen bis zu seiner Ernennung zum Professor der Geologie an der Technischen Hochschule Graz 1963. In den Jahren 1954 bis Sommer 1956 war Dr. Walter J. SCHMIDT als Dozent f�r Geologie am Institut t�tig. Als Lehrbeauftragter f�r Bodenkunde waren dem Institut bis Sommersemester 1961 Sektionschef i. R. Dr. h. c. Bernhard RAMSAUER, seit 1962 der Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Petzenkirchen Dipl.-Ing. Franz BL�MEL angegliedert, als Lehrbeauftragter fiir angewandte Geophysik seit Wintersemester 1964/65 tit. a. o. Prof. Dr. rer. nat. Bruno KUNZ.

A. KIESLINGER

Literatur (Auswahl)

Dietrich Margret und K�hn Othmar: Hans Gallwitz. - Mitt. d. Geol. Gesellschaft, 51 (1958), 365-371, Wien 1960.
G�tzinger Gustav: Zur Erinnerung an Prof. Ing. August Rosiwal. - Mitt. d. Geol. Gesellschaft, Wien, 16, 302-305, Wien 1923.
Hauer Fr. v.: Zur Erinnerung an F. von Hochstetter. - Jahrb. Geol. Reichsanstalt 34, 601 - 608,Wien 1884.
Herger Franz: Ferdinand von Hochstetter. - Mitt. Geograph. Gesellschaft in Wien, 27, 345-392,Wien 1884.
Kieslinger A.: Josef Stiny. Zur Geschichte der technischen Geologie. - Mitt. d. Geol. Gesellschaft, 50, 389-430, Wien 1957.
Lechner Alfred: Geschichte der Technischen Hochschule in Wien 1815-1840. - Wien 1942.
Rosiwal A.: Prof. Franz Toula. - Verhandlungen Geol. Staatsanstalt, 1920, 41-49, Wien 1920.
Toula F: Die Lehrkanzel f�r Mineralogie und Geologie und ihre Sammlungen. - [In: Die k. k. Technische Hochschule in Wien 1815-1915], 426-439, Wien 1915.
Toula F: Franz Toulas wissenschaftliche Arbeiten bis zum vollendeten siebzigsten Lebensjahre. Freunden und Kollegen zur Erinnerung. - Selbstverlag des Autors. Wien.
Trauth Friedrich: Ernst Nowak. - Mitt. d. Geol. Gesellschaft, 39-41, (1946-1948), 227--237, Wien 1951.

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