Eine kleine Rochade der Strassennamen in der Stadt St. Gallen: Furgler und Dürrenmatt verdrängen Kruger (original) (raw)
St. Gallen hat eines seiner bewegendsten Probleme der letzten Monate lösen können: Der Name des südafrikanischen Politikers Paul Kruger ziert keine Strasse mehr, dafür sind nun alt Bundesrat Kurt Furgler und Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt angemessen verewigt.
kru. St. Gallen, 8. Juni
Das Problem, das sich dem St. Galler Stadtrat stellte, war höchst diffizil: Wie sollte Kurt Furgler, der im Juli letzten Jahres verstorbene Alt-Bundesrat und ehrwürdige Sohn der Stadt, im Strassennetz verewigt werden? Passend schien die Benennung der Erschliessungsstrasse für ein Siedlungsprojekt direkt beim neuen Bundesverwaltungsgericht, das derzeit im Bau ist. Furgler war als Bundesrat eine Dekade lang für Justiz und Polizei verantwortlich. Allein: Die Strasse hatte bereits – vom Stadtrat 2007 entschieden – einen Namensgeber: Friedrich Dürrenmatt. Der Schriftsteller war zu Lebzeiten gelegentlich nach St. Gallen gereist, wo er bei der Erker-Presse die Freude an der Kunst der Lithografie entdeckte. Für einen Wechsel im Strassennamen sprach aber, dass Gerichtsentscheide eher vom Einfluss und von der Rhetorik Furglers als Dürrenmatts geprägt sein dürften. Doch Dürrenmatt streichen und durch Furgler ersetzen, das ging nicht ohne Weiteres.
Kein historischer Ballast mehr
Der Stadtrat fand die Lösung: Er beschloss tatsächlich die Umbenennung der Friedrich-Dürrenmatt- in die Kurt-Furgler-Strasse, doch schickte er den Schriftsteller flugs wenige hundert Meter nach Westen, um dort historischen Ballast zu tilgen. Als einzige Schweizer Stadt verfügte St. Gallen nämlich über eine Krüger-Strasse, in Erinnerung an den südafrikanischen Burenpolitiker Paul Kruger, der die Schwarzen gerne «Kaffer» oder «Wilde» nannte und als ein Wegbereiter der Apartheid gilt. Kruger starb 1904 in der Westschweiz. Ende Mai ist aus der Krüger- nun die Dürrenmatt-Strasse geworden, obwohl sich einige betroffene Anwohner und der Quartierverein zuerst dagegen wehrten, Krüger «locker zu entsorgen» – nicht etwa, weil sie Apartheid gut finden, sondern wegen der Umtriebe und aus Protest gegen mangelhafte Information durch den Stadtrat. Vergangenes Wochenende hat das Quartier Dürrenmatt denn doch wohlwollend aufgenommen und sich an einer Matinee aus seinem Werk vorlesen lassen. Um die Rochade der Strassennamen gebührend zu feiern, hat am Montag auch ein Vertreter der südafrikanischen Botschaft, Solomon Tshivhula, den Stadtoberen seine Aufwartung gemacht. In einem festlichen Akt in kleinem Kreis wurde die Entfernung der Krüger-Strassenschilder als Steinchen neuer südafrikanischer Geschichtsschreibung gewürdigt.
Sicherheitsabstand
Ein Problem allerdings hat St. Gallen noch zu lösen. Die projektierten Stadtvillen an der Kurt-Furgler-Strasse sollen nahe ans Gerichtsgebäude gestellt werden, zu nahe, wie viele Politiker und Architekten meinen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat Ende Mai die sankt-gallische Kantonsregierung aufgefordert, den geplanten Mindestabstand von 7,5 Metern zu erhöhen, aus ästhetischen und städtebaulichen Gründen, aber auch wegen Vorschriften der Sicherheit. Furgler darf das Gericht nicht erdrücken.