Bedeutung, Merkmale und Beispiele der Aufforderung (original) (raw)

Der Appell war ursprünglich das Zeichen, welches mit der Trommel oder Trompete gegeben wurde, auf dessen Ertönen sich Soldaten versammelten und meint auch die geordnete Aufstellung von Soldaten. In der Linguistik ist der Appell ein Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation. Dieser meint die auffordernde und aufrüttelnde Mahnung oder eine Aufforderung sowie einen Aufruf im Allgemeinen.

Begriff und Beispiele

Der Begriff ist dem französischen appel entlehnt, das auf das lateinische appellare zurückzuführen ist. Diese Wörter lassen sich mit rufen oder auch aufrufen übersetzen. Die Übersetzung verdeutlicht also, worum es grundsätzlich geht: nämlich um eine Art des Aufrufens und auch des Aufforderns [und demnach um das Sprechen mit einer anderen Person]. Schauen wir zur Veranschaulichung auf ein Beispiel.


Tiere sind Lebewesen: Esst weniger Fleisch!


Das obige Beispiel beinhaltet einen Appell. Hierbei wird ersichtlich, worum es geht: der Sprechende fordert den Empfänger (Leser, Zuhörer) zu etwas auf: nämlich weniger Fleisch zu essen. Eine solche Aufforderung kann entweder auf das Handeln oder das Nichthandeln ausgerichtet sein. Im obigen Beispielsatz soll der Empfänger nicht handeln: er soll kein Fleisch mehr essen.

Der Appell versucht also immer, Einfluss auf den Empfänger zu nehmen. Dieser soll etwas annehmen, tun, glauben, unterlassen etc. Appelle können nonverbal (ohne Worte) oder auch verbal (mit Worten) vorgetragen werden. Würde ein Ertrinkender beispielsweise aus dem Wasser mit dem Arm winken, würde er nonverbal dazu appellieren, ihm zu helfen. Würde er um Hilfe rufen, wäre der Appell verbal.

Der Appell ist in vier Formen möglich: (1) Aufforderung, (2) Befehl, (3) Bitte, (4) Überredung. Allerdings ist es mitunter schwierig, diese Formen klar voneinander zu trennen. Schauen wir auf einige Beispiele.


(1) Sie können jetzt Fragen stellen.
(2) Komm her. Sofort!
(3) Könntest du mir bitte helfen?
(4) Komm! Trink doch noch ein Bier mit uns.


Die vorgestellten Beispielsätze sind Formen des Appells, da sie den Adressaten (Empfänger) auffordern, zu handeln. Allerdings unterscheiden sie sich in einigen Aspekten. Die Aufforderung steht zwischen dem Befehl und der Bitte, es handelt sich hierbei nämlich um eine mit Nachdruck vorgebrachte Bitte.

Der Befehl fordert direkt zur Handelung auf, ist demnach eine Instruktion und wird meist zwischen Autoritäten und Untergebenen vorgebracht (Lehrer – Schüler, Meister – Lehrling). Bei der Bitte handelt es sich um einen höflich vorgetragenen Wunsch, wohingegen die Überredeung versucht, das Gegenüber zu verführen und mitunter manipulativ erscheint. Alle Appellformen liegen somit sehr dicht beieinander.

Hinweis: Dennoch haben alle Formen gemeinsam, dass sie den Adressaten, also den Empfänger, zu etwas auffordern. Entweder soll er handeln oder eine Handlung unterlassen.

Kommunikationsmodell (Schulz von Thun)

Friedemann Schulz von Thun, ein Psychologe sowie Kommunikationswissenschaftler, entwickelte ein Kommunikationsmodell, das er 1981 vorstellte: das Vier-Ohren-Modell (auch Kommunikationsquadrat oder Vier-Seiten-Modell). Schulz von Thun zeigt hierbei auf, dass jede Nachricht vier Seiten hat.

Wer als Mensch kommuniziert, also einem Adressaten eine Nachricht mitteilt, wird auf vier Weisen wirksam. Jede Äußerung enthält nämlich, ob es der Sprechende will oder nicht: eine Sachinformation (worüber wird gesprochen), eine Selbstkundgabe (gibt der Sprechende von sich zu erkennen), einen Beziehungshinweis (wie der Sprechende zum Adressaten steht), einen Appell (was der Sprechende vom Adressaten will).


Das Vier-Ohren-Modell nach Friedemann Schulz von Thun zeigt die Appell-Seite einer Nachricht.


Die obige Grafik verdeutlicht das Prinzip und zeigt, dass jede Nachricht laut Schulz von Thun vier Seiten hat. Als Sachinhalt werden Dinge bezeichnet, die auf der sachlichen Ebene kommuniziert werden: Informationen über Objekte und Vorgänge in der Welt. Die Selbstkundgabe gibt an, was der Sender über sich oder seine derzeitige Befindlichkeit preisgibt.

Durch die Beziehungseite der Nachricht werden, so Schulz von Thun, zwei Aspekte mitgeteilt. Einerseits wird kommuniziert, was der Sender vom Empfänger hält und wie er selbst zur Beziehung der beiden steht. Die letzte Seite, die Appellseite gibt darüber Aufschluss, was der Sender mit seiner Nachricht überhaupt bezwecken will, was er also vom Empfänger will. Schauen wir auf ein Beispiel.

Stellen wir uns vor, ein Mann sitzt mit seiner Frau beim Essen. Die Frau hat Königsberger Klopse gekocht und in der Soße schwimmen zahlreiche Kapern, die typisch für dieses Gericht sind. Die Kaper ist klein und grün und seit Jahrhunderten als pikantes Küchengewürz verbreitet. Der Mann sieht die Kapern und fragt: „Was ist das Grüne in der Soße?“. Er meint damit auf den verschiedenen Ebenen:


Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Ich weiß nicht, was es ist.
Beziehung: Du wirst es wissen.
Appell: Sag mir, was es ist!


Diese Dinge kommuniziert der Mann mitunter, wenn er diese Frage am Tisch mit vier Schnäbeln (siehe obige Grafik) kommuniziert. Seine Frau kann die Frage nun ebenso auf vier verschiedene Weisen, also mit vier Ohren, hören. Das könnte in etwa folgendermaßen aussehen:


Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Mir schmeckt das nicht.
Beziehung: Du bist eine miese Köchin!
Appell: Lass nächstes Mal das Grüne weg!


Diese vier Seiten der Nachricht können sich inhaltlich überlagern. Beispielsweise können Appellebene und Sachinhalt weitestgehend gleich sein, wenn der Satz eine unmittelbare Aufforderung ist. Im obigen Beispiel sagt der Mann auf der Sachebene das Gleiche, was auch die Frau auf der Sachebene versteht: da ist eine grüne Sache in der Soße. Allerdings sind die anderen Ebenen grundsätzlich sehr verschieden.

Für diesen Beitrag ist vor allem die Appellseite der Nachricht interessant. Der Mann möchte im Beispiel wissen, was das Grüne denn nun ist. Die Frau versteht einen anderen Appell: nämlich, dass sie das Grüne nicht mehr servieren soll. Unabhängig davon, ob es dem Mann vielleicht richtig gut schmeckt.

Der entscheidende Aspekt ist nun, dass eine sprachliche Äußerung des Sprechenden einen anderen Appell beinhalten kann, als der, der beim Empfänger tatsächlich ankommt. Um das zu vermeiden, sollten Appelle möglichst deutlich mitgeteilt werden, um das richtige Ergebnis zu bewirken, und nicht durch die Blume kommuniziert werden. Wertet die Frau vor allem die Beziehungsseite, ist der Streit vorprogrammiert.

Appellierende Texte

Nicht nur verbale Äußerungen können als Appelle gewertet werden, sondern auch Texte können eine appellierende Funktion haben. Die Intention solcher Texte ist demnach, dass sie beim Leser etwas bewirken, ihn also zum Handeln oder Nichthandeln veranlassen wollen. Solche Schriften werden gemeinhin als appelierende oder appellative Textsorten bezeichnet.

Grundsätzlich kann jeder Text, der den Empfänger (Leser, Zuhörer, Zuschauer) zu einer Handlung animieren will, also auffordert, etwas zu tun, als appellierend gelten. Dennoch ist das Merkmal für die Werbung oder die Rede charakteristisch. Hierbei steht nämlich im Vordergrund, dass der Empfänger etwas tut: entweder das jeweilige Produkt kaufen oder beispielsweise eine politische Fraktion wählen (vgl. Redeanalyse).

Demnach kann ein Slogan (einprägsamer Wahlspruch / Devise), eine Argumentation, aber auch ein Leserbrief als vordergründig appellierend gewertet werden. Im journalistischen Bereich sind es vor allem der Kommentar, das Interview, die Reportage sowie das Feature, welche einen Appell kommunizieren. Wesentlich ist, dass solche Schriften überzeugen, zu einer Handlung auffordern oder zu einer Einstellung überreden wollen.

Kurzübersicht: Das Wichtigste zum Appell im Überblick