Merkmale, Bedeutung und Beispiele der Textsorte (original) (raw)

Die Glosse ist eine meinungsbildende und journalistische Textsorte und ähnelt in Aufbau und Art dem Kommentar. Die Glosse gilt, wie auch Leserbrief, Filmkritik, Rezension, Buchbesprechung, Diagnose oder das Gutachten als judizierende Textart. Das bedeutet, dass in ihr bestimmte Themen bewertet und beurteilt werden. Oftmals werden aktuelle Nachrichten satirisch aufs Korn genommen.

Begriff & Ursprung

Das Wort lässt sich aus dem Altgriechischen ableiten (γλῶσσα ~ glóssa) und in etwa mit Zunge oder Sprache übersetzen. Diese Übersetzung verweist auf die wichtigsten Merkmale der Glosse, die eine Textsorte ist, die sich durch ein hohes Maß an sprachlicher Fertigkeit und eleganten Formulierungen auszeichnet und dabei sarkastisch und außerdem sehr ironisch ist (→ Stilmittel).

Hinweis: Als Glosse wird neben der journalistischen Textsorte noch die Erklärung eines Wortes und eine in der deutschen Romantik nachgeahmte spanische Gedichtform bezeichnet. Im Folgenden möchten wir Ihnen die Merkmale der Glosse vorstellen und dann auf die weiteren Bedeutungen des Wortes eingehen.

Merkmale der Glosse

Merkmale der journalistischen Textsorte

Unterschied: Glosse, Nachricht, Kommentar und Kolumne

Es gibt einige journalistische Textsorten, die der Glosse ähneln und schwierig davon abzugrenzen sind. Deshalb möchten wir ähnliche Textarten vorstellen und stichpunktartig die wesentlichen Merkmale hervorheben, um eine eindeutige Abgrenzung möglich zu machen.




Glosse als Erklärung eines Wortes

Im Altertum, vor allem im griechischen, war Glosse ein Begriff für ein Fremdwort. Dafür standen auch die Begriffe glossa, glossema bzw. glossematum. Quintilian, ein römischer Rhetoriker, erklärte dies folgendermaßen: „Glossemata, das heißt wenig gebräuchliche Wörter“. Das Wort meint also ein schwieriges Wort und ist später ein Begriff für die Worterklärung selbst.


Solche Glossen waren oft an den Rand eines Textes skizziert und erklärten dabei schwierige Wörter. Mitunter wurden lateinische Begriffe am Rande übersetzt. Dies grenzt die altertümliche Glosse von der Scholie ab, welche eine Erläuterung zu einer sprachlich oder inhaltlich schwierigen Textstelle bezeichnet. Daraus entstanden später die sogenannten Glossare, also Sammlungen komplizierter Wörter.

Diese Tradition setzt sich dann im Latein- oder auch Griechischunterricht fort. Hierbei wurden einzelne Wörter, deren Bedeutung schwierig war, an den Rand des Textes geschrieben. Entweder nach einer alphabetischen Ordnung oder wie sie im Text auftraten. Solche Hinweise gibt es auch heute im Fremdsprachenunterricht.

Hinweis: Diese Form wird zumeist als Randglosse bezeichnet und ist heutzutage vornehmlich in der sprachlichen Auseinandersetzung mit der Bibel, anderen religiösen Schriften oder wissenschaftlichen Texten relevant, um wesentliche Hinweise zum Textverständnis zu geben.

Glosse als Gedichtform

Weiterhin sind Glossen eine Bezeichnung für eine spanische Gedichtform des 15. – 17. Jahrhunderts. Diese glosa ist oftmals von philosophischem oder erotischem Inhalt. Ihre Strophenform heißt Dezime. Die Glosse hat vier Strophen zu je zehn Versen, die dem Reimschema der Dezime folgen.

Das Besondere ist, dass der Glosse ein Motto vorangestellt ist, also ein kurzer, knapper Leitgedanke, der in den nachfolgenden Strophen zeilenweise aufgegriffen wird. Das bedeutet, dass die Schlusszeilen der Abschnitte das Motto selbst ergeben. Das Gedicht ist eine Paraphrase (Umschreibung) des Mottos.

Beispiel einer Glosse von Ludwig Uhland

Süße Liebe denkt in Tönen, Denn Gedanken stehn zu fern, Nur in Tönen mag sie gern Alles, was sie will, verschönen.

Schönste! Du hast mir befohlen
Dieses Thema zu glossieren;
Doch ich sag es unverhohlen:
Dieses heißt die Zeit verlieren,
Und ich sitze wie auf Kohlen.
Liebtet ihr nicht, stolze Schönen!
Selbst die Logik zu verhöhnen,
Würd ich zu beweisen wagen,
Daß es Unsinn ist zu sagen:
Süße Liebe denkt in Tönen

Zwar versteh ich wohl das Schema
Dieser abgeschmackten Glossen,
Aber solch verzwicktes Thema,
Solche rätselhaften Possen
Sind ein gordisches Problema.
Dennoch macht‘ ich mir, mein Stern!
Diese Freude gar zu gern.
Hoffnungslos reib ich die Hände,
Nimmer bring ich es zu Ende,
Denn Gedanken stehn zu fern.

Laß, mein Kind, die span’sche Mode!
Laß die fremden Triolette!
Laß die welsche Klangmethode
Der Kanzonen und Sonette!
Bleib bei deiner sapph’schen Ode!
Bleib der Aftermuse fern
Der romatisch süßen Herrn!
Duftig schwebeln, luftig tänzeln
Nur in Reimchen, Assonänzeln,
Nur in Tönen mag sie gern.

Nicht in Tönen solcher Glossen
Kann die Poesie sich zeigen;
In antiken Verskolossen
Stampft sie besser ihren Reigen
Mit Spondeen und Molossen.
Nur im Hammerschlag und Dröhnen
Deutschhellenischer Kamönen
Kann sie selbst die alten, kranken,
Allerhäßlichsten Gedanken,
Alles, was sie will, verschönen.

Das Wichtigste in der Übersicht