Impressionismus (Epoche) | Merkmale, Vertreter, Werke (original) (raw)

Als Impressionismus wird eine Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu verorten ist und vornehmlich für die bildende Kunst galt, allerdings in Frankreich bereits 1879 auf die Literatur angewandt wurde. Weiterhin lassen sich in Musik, Fotografie sowie Film impressionistische Einschläge ausmachen. Bilder, die als impressionistisch gelten, zeigen vor allem die Natur und Eindrücke vom Leben in der Großstadt. Revolutionär ist an ihnen die Wiedergabe von momentanen Schatten- und Lichteffekten, das Verzichten auf Schwarz, was die Werke aufhellte und die Unmittelbarkeit der Momentaufnahme und die scheinbare Zufälligkeit des Bildausschnittes, wobei die Maltechnik an nebeneinander gesetzte Striche erinnert. Durch diese Technik braucht es oft eine Distanz zum impressionistischen Werk, um es ganz und gar erfassen zu können. Die Welt sollte im Impressionismus so gezeigt werden, wie sie sich auch für den Betrachter darstellte. Die Künstler lösten sich von der malerischen Abbildungsfunktion und zeigten das, was im Moment geschah.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der Begriff wurde anfangs kritisch gebraucht, ist allerdings schon seit dem Jahr 1874 als Bezeichnung für die Strömung in der Kunstwissenschaft gebräuchlich. Heutzutage wird dieses Wort wertfrei verwendet. Der Begriff Impressionismus ist vom Titel eines Bildes von Claude Monet abgeleitet, welches er bei einer Ausstellung von mehreren Künstlern im Atelier des Pariser Fotografen Nadar 1874 zeigte. Neben Monet waren daran unter anderem Camille Pissarro, Alfred Sisley, Auguste Renoir, Paul Cézanne, Edgar Degas beteiligt.

Der Kunstkritiker Louis Leroy bezeichnete das ausgestellte Werk Impression − soleil levant (frz.: Impression − Sonnenaufgang) kritisch mit dem Begriff impressionistisch. Er war erbost, da er befand, dass ein einfaches Tapenmuster künstlerisch anspruchsvoller sei als Monets Bild. Diese Arbeit wirkte auf ihn unvollendet sowie skizzenhaft, was auch für andere Exponate galt, weshalb er das Ganze anschließend als Ausstellung der Impressionisten benannte. Diese Meinung teilten übrigens zahlreiche Besucher der Ausstellung.
Das Werk Impression soleil levant gab dem Impressionismus seinen Namen

Hinweis: Nach dem Werk Impression – soleil levant von Claude Monet ist der Impressionismus benannt


Diese Kritik war vernichtend: die Werke der Künstlergruppe wurden folglich als unvollendet betrachtet, wobei die Besucher aufgrund der farbintensiven Experimente entsetzt waren. Einige behaupteten sogar, dass sie überhaupt nicht erkennen konnten, was auf dem jeweiligen Bild abgebildet war. Die Folge waren sinkende Besucherzahlen, wodurch die Kosten der Austellung, die die Künstler selbst trugen, nicht gedeckt waren.

Dennoch griffen die Künstler den Begriff Impressionismus, der von Leroy abwertend gebraucht wurde, auf und bezeichneten sich fortan selbst als Impressionisten. Dadurch sollte ein Zeichen gesetzt und kommuniziert werden, dass man sich bewusst gegen die etablierte Kunstwelt des Salon de Paris, eine regelmäßige Kunstausstellung, wandte. Immerhin war deren ablehnende Haltung auch ursächlich für die eigene und selbständig organisierte Ausstellung der Künstler im Atelier des Fotografen Nadar.
Epochen der Literatur als Zeitstrahl

Da sich der Impressionismus in der bildenden Kunst, aber eben auch in Literatur, Film, Musik und Fotografie nachweisen lässt, können konkrete Merkmale natürlich nicht auf sämtliche Medien übertragen werden. Nachfolgend eine Übersicht, die diesen Umstand berücksichtigt. Anfänglich werden die allgemeinen Merkmale mit einem Schwerpunkt auf die Malerei gezeigt, um anschließend auf die Merkmale in den verschiedenen Darstellungsformen einzugehen.

Übersicht: Die Merkmale des Impressionismus (Schwerpunkt: Malerei)



Übersicht: Die Merkmale des Impressionismus (Schwerpunkt: Literatur)



Übersicht: Die Merkmale des Impressionismus (Schwerpunkt: Musik)



Übersicht: Die Merkmale des Impressionismus (Schwerpunkt: Fotografie & Film)


Impressionismus in der Malerei

Die wesentlichen Merkmale impressionistischer Malerei wurden in der obigen Übersicht bereits erläutert. Nachfolgend sollen diese Merkmale allerdings noch durch ausgewählte Beispiele, einzelne Besonderheiten und andere Auffälligkeiten in Bezug auf die Maltechnik ergänzt werden.

Wie beschrieben, geht die Bezeichnung der Strömung auf ein Bild von Claude Monet zurück, das er im Rahmen einer Ausstellung im Atelier von Nadar 1874 ausstellte. Dieses Bild verdeutlicht recht eindrücklich, auf welche wesentlichen Aspekte sich der Impressionismus konzentrierte: eine momentane Situation wird im Hier und Jetzt eingefangen, zumeist werden die Natur oder weite Räume gezeigt, wohingegen Darstellungen von Innenräumen seltener sind. Es werden Impressionen, also Eindrücke, gemalt, die die subjektive Empfindung des Künstlers zum Ausdruck bringen. Diese Momentaufnahme wird durch den hauptsächlichen Einsatz von Grundfarben leuchtend illustriert, wobei vor allem Bilder aus Strichen oder Punkten entsanden.

Diese Herangehensweise war allerdings auch im Jahr 1874, also als Monet und weitere Künstler ausstellten, nur bedingt neu. Zwar konzentrierten sich 1874 erstmalig so viele impressionistische Bilder dicht aufeinander, doch finden sich erste Ansätze bereits um 1860, wie etwa in Édouard Manets Musik in den Tuilerien (1862).Erste Ansätze des Impressionismus finden sich bereits 1862 bei Manet

Édouard Manet, Musik in den Tuilerien, 1862, National Gallery, London (Ausschnitt)


Auf Manets Meisterwerk finden sich zahlreiche Merkmale, die später als typische Charakteristika des Impressionismus gelten sollten. Dabei wird eine Szene aus dem modernen Alltag dargestellt und kein überladenes Szenario, welches historische Ereignisse oder mythologische und religiöse Themen offenbart. Manet zeigt etwas Banales, das wie eine Momentaufnahme wirkt. Das ist typisch impressionistisch.

Das Werk ist, auch ein typisches Merkmal, im Freien entstanden und zeigt eine Gesellschaft unter Bäumen, also in der Natur. Weiterhin setzt es auf eine enorme Farbvielfalt und scheint beinahe zu leuchten. Diese Liebe zum Bunten ist es außerdem, die kennzeichnend für impressionistische Werke ist. So wird der Versuch unternommen, das natürliche Licht einzufangen, wobei Effekte von Schatten und Licht farbenfroh erscheinen.

Diese Herangehensweise steht im krassen Gegensatz zur gängigen Malerei jener Zeit. In dieser dominierten vor allem dunkle Farbtöne, die von zahlreichen Abstufungen in Grau und Braun dominiert wurden. Der Impressionismus setzt dieser Malerei das Bunte entgegen, was vor allem bei Claude Monet deutlich wird, der eine einzigartige Maltechnik entwickelte: die Malerei mit ungemischten Farben.Bordighera, ein Werk von Claude Monet, ist eindeutig impressionistisch

Claude Monet, Bordighera, 1884, Art Institute of Chicago (Ausschnitt)


Im obigen Beispiel scheinen die einzelnen Farbpunkte und Striche nebeneinander zu stehen und eben nicht durch großflächiges Auftragen der Farbe miteinander verbunden zu sein. Dieses Merkmal ist ebenso charakteristisch für die Kunst der Strömung. Auf die Spitze getrieben wurde ebendiese Technik im sogenannten Neoimpressionismus, der später auch als Pointillismus bezeichnet wurde.

Im Gegensatz zu den Vertretern des Impressionismus, die keine Abhandlungen und theoretischen Schriften über ihre Kunst anfertigten, hinterließen Paul Signac und Georges Seurat, welche als Hauptvertreter des Neoimpressionismus gelten, eine wissenschaftliche Abhandlung über ihre Kunst.

Charakteristisch ist hierfür, dass auf Linien und Striche nahezu verzichtet wird und ausschließlich Farbpunkte dicht an dicht nebeneinander stehen. Folglich muss der Betrachter, was zum Teil bereits für die vorherigen Werke des Impressionismus galt, das Werk aus der Distanz betrachten. Nur so ist es möglich, dass die einzelnen Punkte zu einem Kunstwerk verschwimmen und auch Gegenstände sichtbar werden.Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte (Seurat)

Georges Seurat, Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte, 1884 – 1885, Metropolitan Museum of Art (Ausschnitt)


Auffällig ist hierbei, dass das Prinzip der impressionistischen Malerei gewissermaßen auf die Spitze getrieben wurde. Dieses Bild ist förmlich ein Mosaik aus reinen Grundfarben und leuchtet intensiv. Neoimpressionisten, aber auch schon Impressionisten, lehnten das Darstellen von Details ab, denn das würde ein genaues Zeichnen voraussetzen. Bei Seurats Werk verschwimmen die Objekte allerdings beinahe.

Dennoch: Impressionisten lehnten zwar Details ab, zeigen Empfindungen und alltägliche Momentaufnahmen und doch blieben sie der Perspektive und Raumaufteilung in der Malerei treu. Wege und Menschen werden am Horizont kleiner und darüber hinaus werden die grundsätzlichen Proportionen des Dargestellten gewahrt. Manchmal ist es nur erforderlich, einen Schritt zurück zu treten, um genau das erkennen zu können.

Vertreter impressionistischer Malerei




















Impressionismus in der Literatur

Der Impressionismus, der vor allem für die Strömung in der bildenden Kunst gilt, wurde allerdings auch in anderen Darstellungsformen nachgeahmt. Beispielhaft soll im Nachfolgenden gezeigt werden, inwiefern sich der Impressionismus auf die literarische Landschaft auswirkte, welche Merkmale die Literatur dieser Epoche aufwies und welche Vertreter oder Werke die Strömung deutlich machen.

Grundsätzlich greift die Literatur die wesentlichen Merkmale des Impressionismus auf: wesentlich ist also, dass Empfindungen und Eindrücke (Impressionen) festgehalten werden. Es geht hierbei weniger um das Darstellen der Wirklichkeit, als um das, was der Dichter im Augenblick auf- und wahrnimmt.

In der Malerei wurde diese Flüchtigkeit des Moments durch Farbnuancen realisiert, die beinahe zu verschwimmen drohen. In der Literatur sind es Eindrücke, Gedanken sowie Gefühle, die in einzelnen Wörtern, Wortfolgen und teilweise auch Sätzen aneinandergereiht werden. So stellte auch das Literarische eine Welt dar, wie sie sich im Augenblick für den Betrachter auftat. Schauen wir auf ein Beispiel:


Sonnengrüner Rosengarten, Sonnenweiße Stromesflut, Sonnenstiller Morgenfriede, Der auf Baum und Beeten ruht – Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Im obigen Beispiel, der zweiten Strophe aus Detlev von Liliencrons Gedicht Schöne Junitage, werden vornehmlich Impressionen gereiht. Die ersten drei Verszeilen bestehen grundsätzlich aus je einem Adjektiv und einem Nomen, das beschrieben wird. Noch deutlicher wird diese Wiedergabe der Moments durch den Einsatz von Okkasionalismen, die den Anfang der Strophe bestimmen (vgl. Neologismus).

Der Versuch, diese flüchtigen Eindrücke des lyrischen Ichs zu Papier zu bringen, findet sich allerdings nicht nur in der Lyrik, sondern gleichermaßen in der Prosa. Beispiele sind der Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1908) von Rainer Maria Rilke oder auch die Novelle Leutnant Gustl (1900) des österreichischen Erzählers und Dramatikers Arthur Schnitzler.

Die Aufzeichnungen Rilkes bestehen aus 71 Tagebucheinträgen des Protagonisten Malte Laurids Brigge. Das Werk kennt keinen typischen Erzähler (vgl. Erzählperspektive) und hat darüber hinaus keine durchgängige Handlung. Vielmehr wird versucht, die Impressionen und inneren Konflikte des Romanhelden durch einzelne und flüchtige Aufzeichnungen nachzuahmen. Ähnlich verhält es sich beim Leutnant Gustl. Schnitzler verwendete hierbei ausschließlich den inneren Monolog, wodurch die Eindrücke des Protagonisten lediglich im Selbstgespräch reflektiert und wiedergegeben werden.

Typische Formen des Impressionismus in der Literatur sind also vor allem kurz oder zeichnen sich durch eine Aneinanderreihung von flüchtigen Eindrücken aus. Folglich ist auch die Lyrik eine beliebte Gattung jener Zeit. Häufige Textsorten sind die Skizzen, Novellen, Einakter oder auch Tagebucheinträge.

Vertreter impressionistischer Literatur




Kurzübersicht: Das Wichtigste zum Impressionismus im Überblick