Zweizeiler | Bedeutung, Beispiele und Funktion (original) (raw)

Ein Zweizeiler ist ein Gedicht, das aus zwei Verszeilen besteht oder eine sehr knappe Mitteilung in Behörden, um interne Abläufe zu beschleunigen. Diese muss nicht aus zwei Zeilen bestehen; eher geht es darum, dass sie so kurz, wie nur möglich gehalten ist und auf Ausschmückungen verzichtet. In der Lyrik gibt es das Distichon, das aus Hexameter und Pentameter besteht.

Liegt allerdings kein Distichon vor, ist der Begriff allgemein. Das bedeutet, dass als Zweizeiler jedes Verspaar bezeichnet werden kann, weshalb es keine festgelegten Regeln zu Metrum und Reim gibt. Nur die Länge ist logischerweise vorgegeben: zwei Zeilen und nicht mehr. Schauen wir dafür auf ein Beispiel.


Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man ’nen Arbeitskreis.


Das obige Beispiel ist ein Zweizeiler aus dem Volksmund, der die institutionalisierte Ratlosigkeit zum Ausdruck bringt. Es ist ersichtlich, dass das Beispiel lediglich aus zwei Verszeilen besteht. In diesem Fall reimen sie sich und folgen dem Muster des Paarreims, da sich zwei aufeinanderfolgende Zeilen reimen.

Allerdings sticht ein weitereres Merkmal ins Auge, das viele Zweizeiler aufweisen: die große Aussagekraft auf engstem Raum. Zwar ist es per Definition nicht erforderlich, dass wesentliche Inhalte in einem solchen Paar transportiert werden, doch sehr häufig sind Aphorismen, Pointen oder auch Bonmots Zweizeiler.

Beispiele für den Zweizeiler

Da sich der Zweizeiler anbietet, um Pointen, Witze und Wahrheiten zu transportieren, haben sich viele solcher Redewendungen in der Sprache etabliert. Einige sind umgangssprachlich, anderer eher derber Natur. Nachfolgend eine kleine Auswahl aus Alltag und Literatur.


Schwer drückt ein voller Beutel,
schwerer ein leerer.
Johann Christoph Friedrich Haug, 1761-1829

Nichts ist verweg’ner, stolzer, kühner
als kleiner Herren kleine Diener.
Karl Julius Weber, 1767-1832

Im Paradiese selbst träfe man wohl einen an,
den man nicht leiden kann.
Conrad Ferdinand Meyer, 1825-1898

Müd und satt,
wie schön is datt!
Friesischer Spruch

Wer nicht mehr weiterweiß,
der bildet einen Arbeitskreis.
Politischer Sinnspruch

Ungläubigen die Wahrheit preisen,
heißt Blinden schöne Dirnen weisen.
Andreas Gryphius, 1616-1664)

Bilde, Künstler, rede nicht
nur ein Hauch sei dein Gedicht.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832

Soll man denn hören einen Toren,
und ihn nicht schlagen um die Ohren?
Johann Fischart, 1546-1591

Die Liebe, welch lieblicher Dunst;
doch in der Ehe, da steckt die Kunst.
Theodor Storm, 1817-1888

Hier liegen meine Gebeine.
Ich wollt, es wären deine.
Grabinschrift

Was rühmst du deinen schnellen Ritt!
Das Pferd ging durch und nahm dich mit.
Emanuel Geibel, 1815-1884

Träume sind nicht Taten;
ohne Arbeit wird dir nichts geraten.
Ernst Moritz Arndt, 1769-1860

Der eine hat die Mühe,
der andere schöpft die Brühe.
Autor unbekannt

Oft nennt die Welt im eitlen Trug
den Weisen dumm, den Narren klug.
Saadi, um 1190-1283

Im Elend stirbt der Alchimiste,
der Dumme findet Gold im Miste.
Saadi, um 1190-1283

Drum grüße jeden Zwerg auf Erden,
er könnt’ mal dein Direktor werden.
Autor unbekannt

Elend wird vergessen,
gibt’s nur was zu essen.
Miguel de Cervantes, 1547-1616

Liebe Köchin, lieber Koch
hier fällt eure Kunst ins Loch.
Klospruch

Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein
Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832

Aber, Wenn und Gar,
sind des Teufels War‘.
Volksweisheit

Der Adler fliegt allein; der Rabe scharenweise.
Gesellschaft braucht der Tor, und Einsamkeit der Weise.
Friedrich Rückert, 1788-1866

Ein Mächtiger, der mit dem Schwächern spricht,
verlangt nur Beifall, Wahrheit nicht.
Karl Wilhelm Ramler, 1725-1798

Wer flieht, kann später wohl noch siegen,
ein toter Mann bleibt ewig liegen.
Samuel Butler, 1612-1680

Wer mit dem Leben spielt, kommt nie zurecht;
Wer sich nicht selbst befiehlt, bleibt immer ein Knecht.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832

Wer sich an andere hält, dem wankt die Welt.
Wer auf sich selber ruht, steht gut.
Paul Heyse, 1830-1914

Der Weisheit erster Schritt ist: alles anzuklagen.
Der Letzte: sich mit allem zu vertragen.
Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799

Worte und Taten – das ist so hinieden –
sind manchmal verschieden.
Kurt Tucholsky, 1890-1935

Wem Zweifel an dem Herzen nagt,
dem ist der Seele Ruh‘ versagt.
Wolfram von Eschenbach

Der kann’s weit bringen in der Welt,
der gar nicht fragt, ob er gefällt.
Johann Gottfried Kinkel, 1815-1882

Freunde und Anker kennet man,
wenn sie Hilf´ in Not getan.
Abraham a Sancta Clara, 1644-1709

Vom Unglück erst zieh´ ab die Schuld
– was übrigbleibt, trag´ in Geduld.
Theodor Storm, 1817-1888

Es recht zu machen jedermann
ist eine Kunst, die niemand kann.
Sprichwort

Wie Laub sind Wörter; wo’s besonders dicht,
es meist an Früchten oder Sinn gebricht.
Alexander Pope, 1688-1740

Nichts ist schwerer zu ertragen
als eine Reihe von guten Tagen.
Sprichwort

Auf Erden lebt kein Menschenkind,
an dem man keinen Mangel find’t.
Sprichwort

Geiz wird nicht satt,
bis er den Mund voll Erde hat.
Sprichwort


Kurzübersicht: Das Wichtigste zum Zweizeiler im Überblick