Daniel Hausknost | Vienna University of Economics and Business (original) (raw)
Papers by Daniel Hausknost
Ecological Economics, 2017
Sommer 2005. Ich sitze in einer Boeing der indonesischen Fluglinie Garuda und lasse meinen Blick ... more Sommer 2005. Ich sitze in einer Boeing der indonesischen Fluglinie Garuda und lasse meinen Blick über die Landschaft Sumatras schweifen. Zum Glück habe ich keinen Regenwald erwartet. Ich bin Umweltschützer, also Realist. Unter mir erstrecken sich Millionen Hektar Ölpalmenplantagen. Dort, wo noch vor wenigen Jahren dichte Tieflandregenwälder von tausenden Orang Utans bevölkert wurden. Im Jahr 2005 sind die letzten Flecken davon für immer verschwunden. Ich bin Umweltschützer, also auch sentimental. Das aus den Ölpalmen gewonnene Palmöl soll Indonesiens Abhängigkeit vom Erdöl verringern. Biodiesel heißt das Zauberwort, ein Konzept, das viele Umweltschützer seit Jahrzehnten fordern. Indonesien wird sein Wirtschaftswachstum bald ohne zusätzlichen Ausstoß von fossilem CO2 bewältigen können, es steuert seine Wirtschaft in Richtung "Nachhaltigkeit". Der Biodiesel aus Palmöl wird auch im großen Stil nach Europa und nach China exportiert, denn wir alle wollen ja weg vom Erdöl. Dafür werden die letzten Urwälder Südostasiens verschwinden. Das gleiche wird sich im Amazonasbecken abspielen, man braucht nur die Variable "Palmöl" durch "Soja" zu ersetzen. Wir werden endlich "nachhaltig", unsere Wirtschaft von "erneuerbaren Energien" gespeist und der Kapitalismus "zukunftsfähig" sein. Und dennoch werden wir Ökologiebewegten im großen Stil verloren haben. Wie ist das möglich? Will man heute eine Bilanz über dreißig oder vierzig Jahre Ökologiebewegung ziehen, so wird man auf höchst widersprüchliche Befunde stoßen, wie den oben beschriebenen. Die globalen Indikatoren der Biodiversität und der Stabilität der Biosphäre weisen einerseits steil nach unten. Der Klimawandel ist in vollem Gange, jedes Gegensteuern scheint zu spät und zu verhalten zu passieren. Die Meeresbiologen blicken mit ihren Taucherbrillen allenthalben in trübe Suppen, in denen sich das Leben zunehmend in Schlamm auflöst. Die Artenvielfalt des Planeten sinkt rapide, zu Wasser wie zu Lande. Die Restbestände an vom Menschen relativ unberührten Naturlandschaften verschwinden in atemberaubendem Tempo. Andererseits haben die mehrheitlich der westlichen weißen Mittelschicht entsprungenen UmweltschützerInnen sehr beachtlich dazu beigetragen, dass die Zentren des Kapitalismus ihre Vorgärten aufgeräumt haben. Soll heißen: unsere Flüsse sind wieder mit Forellen, sogar mit Lachsen und anderen sensiblen Tieren bestückt, weil wir unsere Industrie zu teuren Investitionen in die Abwasserreinigung gezwungen haben. Es fällt kein saurer Regen mehr vom Himmel, aus den Schornsteinen unserer Fabriken qualmt es nicht mehr schwefelig gelb, sondern es entsteigen ihnen meist nur noch Wasserdampf, CO2 und ein paar Stickoxide. Unsere Böden sind nur noch selten dioxinverseucht, und der biologische Landbau breitet sich unbeirrt weiter aus. Nun gut, wir haben den Feinstaub als neues Thema entdeckt, aber auch dafür gibt es technische Lösungen und auch diese Schlacht wird die Ökologiebewegung gewinnen. Aber werden wir uns darüber freuen können? Werden wir endlich einmal das Gefühl haben, eine erfolgreiche Bewegung der gesellschaftlichen Veränderung zu sein? Kaum. Denn UmweltschützerInnen freuen sich selten über erreichte Teilerfolge. Es herrscht seit jeher das Gefühl vor, in einem erbitterten Rückzugsgefecht zu stecken. Wieso soll man sich freuen, wenn man eine Linie einmal für ein paar Tage gehalten hat? Jeder Öko weiß doch, dass etwa Feinstaub nur ein Medienthema ist, das von der Industrie durch technische Innovation (auf Druck der Ökos) gewonnen werden wird. Es wird deshalb keine neue, autofreie Gesellschaft anbrechen. Wir haben die Gesellschaft noch nie verändert, wir haben ihr nur gezeigt, wie sie noch länger am leben bleiben kann, ohne sich wirklich ändern zu müssen. Das ist unser größtes Problem. Und tief in uns drinnen wissen wir das alle, die wir bei Greenpeace, Friends of the Earth, dem WWF oder anderen arrivierten
2015), Jugend und Politik. Generationendialog oder Gesellschaftskonflikt? Wien: Facultas, 21-34. ... more 2015), Jugend und Politik. Generationendialog oder Gesellschaftskonflikt? Wien: Facultas, 21-34. Die häufig vorgetragene Rede von der zunehmenden Politikverdrossenheit der heutigen Jugend gleicht einer Beschwörungsformel: In ihr wird einerseits eine pauschale Kritik der älteren Generationen an "der Jugend" ritualisiert, die als selbstbezogen, individualistisch, desinteressiert, pragmatisch und hedonistisch erlebt wird, andererseits richtet sie sich oftmals als Kritik an das politische System selbst, dessen Institutionen als verkrustet und den Herausforderungen der Gegenwart nicht gewachsen erscheinen und dessen Akteur/innen als farblos, uninspiriert und ideenlos wahrgenommen werden. Die Formel erfüllt somit gleichermaßen die diskursive Funktion der moralischen Schelte wie die der systemischen Selbstbeobachtung. Politik-und gesellschaftswissenschaftlich interessant ist vor allem die zweite Funktion, denn während die moralische Verurteilung der Jugend ein über alle Zeiten hinweg stabiles intergenerationales Ritual zu sein scheint, verweist der Befund eines zunehmend unattraktiv erscheinenden institutionellen Partizipationsangebots über die moralisierende Ebene hinaus auf die Tiefenstrukturen moderner Demokratien und ihre möglichen funktionalen Pathologien. Mich interessiert in diesem Beitrag daher weniger die empirisch-deskriptive Aufarbeitung des Befunds vorgeblicher jugendlicher Politik-Abstinenz als die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit effektiver und sinnstiftender Partizipation an der politischen Gestaltung unserer Welt. Dies unterstellt freilich, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen der erlebten Möglichkeit tatsächlicher Mitbestimmung einerseits und politischem Engagement andererseits gibt. Anders ausgedrückt: Wird Partizipation bloß simuliert, wird sie zu einer leeren Formel, oder schlimmer noch, zu einem Instrument der Kooptierung kritischer Stimmen. Dann bleibt unter den inkorporierten "Stakeholdern" der schale Geschmack von vergeudeter Zeit und sinnlosem Tun zurück und das politische System wird als abgehoben und veränderungsresistent erlebt. Genau dies, so die Intuition, der ich in diesem Beitrag nachspüren will, ist das große Dilemma der meisten gegenwärtigen demokratischen Systeme: Sie müssen sich aufgrund erhöhten Legitimationsdrucks "partizipativ" geben, können echte Mitbestimmung aufgrund systemisch-funktionaler Zwänge jedoch nicht zulassen. Dass diese institutionelle Zwickmühle von den zur Partizipation Aufgerufenen (darunter die Jugendlichen) vermehrt durchschaut wird und die "Selbstwirksamkeitswahrnehmung" (Zeglovits und Schwarzer 2011: 271) der beteiligten (jungen) Bürger/innen dabei gegen Null sinkt, könnte bereits eine wichtige Ursache für die emotionale Abkopplung vieler Jugendlicher von der institutionellen Politik sein. Man könnte hier auch von einem zunehmenden Auseinanderklaffen zwischen dem voluntaristischen Anspruch (paradigmatischer Vertreter: Jean-Jacques Rousseau) und der autopoietischen Realität (paradigmatischer Vertreter: Niklas Luhmann) moderner demokratischer Systeme sprechen: Einerseits besteht das normative Ideal der Demokratie in der Entscheidungssouveränität der Bürger/innen (Rousseau 2011 [1762]), andererseits unterliegen die Entscheidungssysteme der Demokratie immer komplexeren und vielschichtigeren Sachzwängen und Regelungsmechanismen, die letztlich von der globalen Wirtschaftsdynamik und vom technologischen Fortschritt geprägt sind (Luhmann 1984). Eine tatsächliche demokratische Steuerung gesellschaftlicher Entwicklung erscheint zunehmend illusorisch. Anstelle demokratischer Institutionen wird vermehrt der Markt selbst als politischer Handlungsraum angerufen, in dem Bürger/innen den Lauf der Welt durch individuelles Handeln mitbestimmen sollen. Während somit die Partizipation an der institutionellen Demokratie zunehmend "simulativ" verläuft (Blühdorn 2013), tritt als neue Sphäre bürgerlichen Engagements die "Verbraucherdemokratie" (Lamla 2013) in Erscheinung. Im ersten Bereich wird die Teilhabe an einer technisch, wissenschaftlich und bürokratisch zunehmend ausdifferenzierten Institutionenlandschaft versprochen, die sich in der Praxis jedoch als kaum beeinflussbar und von teilweise schwer zu durchschauenden und nur schwach legitimierten Kräften gesteuert erweist; im anderen Bereich wird Partizipation zu einer ethischen Übung des Individuums umdefiniert, in der das eigene Handeln nicht als das Mitentscheiden an kollektiven Willensakten, sondern als infinitesimaler Beitrag zu einer der Marktlogik unterworfenen Gestaltung der Gesellschaftswirklichkeit erfahren wird. Beide Partizipationsformen, so meine Hypothese, tragen nicht gerade zu einer politischen Erfahrungswelt bei, in der Jugendliche einen lustvollen, bejahenden Zugang zur Demokratie, geschweige denn einen eigenen politischen Tatendrang entwickeln würden. Was diese Konstellation hingegen fördert, ist die Erfahrung, dass sich die Welt auch (und gerade) ohne das aktive Zutun des Individuums rasant verändert und sich sein Beitrag daher auf möglichst pragmatisches, punktuelles Intervenieren innerhalb der eigenen Interessenssphäre oder auf rein
Osteuropa
Das Bekenntnis zu einer nachhaltigeren Zivilisationsform wird immer nachdrücklicher. Politiker al... more Das Bekenntnis zu einer nachhaltigeren Zivilisationsform wird immer nachdrücklicher. Politiker aller Couleur opponieren geschliffen gegen den Klimawandel. Doch dem Plädoyer für Nachhaltigkeit und radikalen Wandel folgen ungenügende Taten. Indikatoren wie der "ökologische Fußabdruck", der den Verbrauch der Biokapazität der Erde durch den Menschen misst, weisen in die falsche Richtung. Die politischen Systeme in Ost und West sind bislang nicht fähig, die größte Herausforderung der Gegenwart zu bewältigen: den Übergang vom fossilen ins postfossile Zeitalter. Die Menschheit muss ihr gesamtes Reproduktionssystem und ihren Stoffwechsel neu konstruieren.
Environmental Politics, 2014
The combined challenges of climate change and resource depletion demand a rapid socio-ecological ... more The combined challenges of climate change and resource depletion demand a rapid socio-ecological transition on a global scale. However, environmental politics in liberal democracies is caught in an 'agentic deadlock' inhibiting the implementation of effective transformative measures. I offer a conceptual framework for the analysis of this agentic deadlock and its structural root-causes, building on the analytic distinction between three 'agentic operators' -decision, choice, and solution -which connects the analysis of agency with the analysis of structural constraints in liberal democracies, enabling us to better understand why agency channelled through the market or institutions of administrative rationality generates very different outcomes than agency channelled through institutions of collective decision-making. While market (choice) and administrative rationality (solution) approaches are more in line with the specific needs of liberal-democratic regime stabilisation, decision-centred approaches have greater transformative potential. The powerful but potentially disruptive agentic operator 'decision' is systematically underemployed due to the system's prioritisation of internal integrity, while the operators 'choice' and 'solution' are overburdened with transformative tasks they are ill-equipped to fulfil. This imbalance must be corrected if the transition towards sustainability is to be successful.
Environmental Politics, 2007
This paper analyses the role of innovation and innovation policy in a purposive socioecological t... more This paper analyses the role of innovation and innovation policy in a purposive socioecological transition of the European Union. More precisely, we ask which kinds of innovation will be required to achieve the aim of a sustainability transition and which kinds of innovation, conversely, will fail to deliver the desired outcomes. While it seems obvious that any such transition will inevitably have to involve a variety of technological, social and systemic innovations, much of the relevant literature exhibits a somewhat uncritical trust in the powers of innovation that needs to be qualified and critically reassessed. The paper analyses three dominant strands of literature, namely the multi-level perspective on socio-technical transitions (MLP), the innovation systems approach (IS) and the long-wave theory of techno-economic paradigm shifts (LWT). All three are epistemologically rooted in evolutionary economics, which provides them with an understanding of social change that is diffic...
Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for ... more Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for humanity to stay within planetary boundaries and ensure socially just and sustainable development. The challenges that this involves are increasingly discussed in terms of socio-ecological and sustainable transformation. The term "transformation" is an appropriate one because it points to the complex financial, economic, social, political, resource and climate dimensions of the crisis.
World Social Science Report 2013, 2013
Work package 204 will generate biophysical scenarios for resource constraints to the supply side ... more Work package 204 will generate biophysical scenarios for resource constraints to the supply side of economic activity in Europe. Scenarios will be both oriented at natural constraints (resource scarcity) and at politically targeted constraints (European climate policies, resource use reduction goals, UNEP global contraction and convergence scenarios) and thus establish material boundaries to serve as input to the macroeconomic models developed in work package 205 and to constitute the biophysical frame for the analyses of other work packages. A particular challenge for this work package is the strong empirical interlinkage between the use of various resources (energy-materials, biomass use -land use -water use, energy -metals etc.). It does not make sense to formulate constraints independently from one another. These interlinkages may then in turn be a challenge for the economic models. There will be an internal workshop to clarify the needs and potentials of the respective economic models in terms of the specification of constraints.
Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for ... more Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for humanity to stay within planetary boundaries and ensure socially just and sustainable development. The challenges that this involves are increasingly discussed in terms of socio-ecological and sustainable transformation. The term "transformation" is an appropriate one because it points to the complex financial, economic, social, political, resource and climate dimensions of the crisis.
Ecological Economics, 2017
Sommer 2005. Ich sitze in einer Boeing der indonesischen Fluglinie Garuda und lasse meinen Blick ... more Sommer 2005. Ich sitze in einer Boeing der indonesischen Fluglinie Garuda und lasse meinen Blick über die Landschaft Sumatras schweifen. Zum Glück habe ich keinen Regenwald erwartet. Ich bin Umweltschützer, also Realist. Unter mir erstrecken sich Millionen Hektar Ölpalmenplantagen. Dort, wo noch vor wenigen Jahren dichte Tieflandregenwälder von tausenden Orang Utans bevölkert wurden. Im Jahr 2005 sind die letzten Flecken davon für immer verschwunden. Ich bin Umweltschützer, also auch sentimental. Das aus den Ölpalmen gewonnene Palmöl soll Indonesiens Abhängigkeit vom Erdöl verringern. Biodiesel heißt das Zauberwort, ein Konzept, das viele Umweltschützer seit Jahrzehnten fordern. Indonesien wird sein Wirtschaftswachstum bald ohne zusätzlichen Ausstoß von fossilem CO2 bewältigen können, es steuert seine Wirtschaft in Richtung "Nachhaltigkeit". Der Biodiesel aus Palmöl wird auch im großen Stil nach Europa und nach China exportiert, denn wir alle wollen ja weg vom Erdöl. Dafür werden die letzten Urwälder Südostasiens verschwinden. Das gleiche wird sich im Amazonasbecken abspielen, man braucht nur die Variable "Palmöl" durch "Soja" zu ersetzen. Wir werden endlich "nachhaltig", unsere Wirtschaft von "erneuerbaren Energien" gespeist und der Kapitalismus "zukunftsfähig" sein. Und dennoch werden wir Ökologiebewegten im großen Stil verloren haben. Wie ist das möglich? Will man heute eine Bilanz über dreißig oder vierzig Jahre Ökologiebewegung ziehen, so wird man auf höchst widersprüchliche Befunde stoßen, wie den oben beschriebenen. Die globalen Indikatoren der Biodiversität und der Stabilität der Biosphäre weisen einerseits steil nach unten. Der Klimawandel ist in vollem Gange, jedes Gegensteuern scheint zu spät und zu verhalten zu passieren. Die Meeresbiologen blicken mit ihren Taucherbrillen allenthalben in trübe Suppen, in denen sich das Leben zunehmend in Schlamm auflöst. Die Artenvielfalt des Planeten sinkt rapide, zu Wasser wie zu Lande. Die Restbestände an vom Menschen relativ unberührten Naturlandschaften verschwinden in atemberaubendem Tempo. Andererseits haben die mehrheitlich der westlichen weißen Mittelschicht entsprungenen UmweltschützerInnen sehr beachtlich dazu beigetragen, dass die Zentren des Kapitalismus ihre Vorgärten aufgeräumt haben. Soll heißen: unsere Flüsse sind wieder mit Forellen, sogar mit Lachsen und anderen sensiblen Tieren bestückt, weil wir unsere Industrie zu teuren Investitionen in die Abwasserreinigung gezwungen haben. Es fällt kein saurer Regen mehr vom Himmel, aus den Schornsteinen unserer Fabriken qualmt es nicht mehr schwefelig gelb, sondern es entsteigen ihnen meist nur noch Wasserdampf, CO2 und ein paar Stickoxide. Unsere Böden sind nur noch selten dioxinverseucht, und der biologische Landbau breitet sich unbeirrt weiter aus. Nun gut, wir haben den Feinstaub als neues Thema entdeckt, aber auch dafür gibt es technische Lösungen und auch diese Schlacht wird die Ökologiebewegung gewinnen. Aber werden wir uns darüber freuen können? Werden wir endlich einmal das Gefühl haben, eine erfolgreiche Bewegung der gesellschaftlichen Veränderung zu sein? Kaum. Denn UmweltschützerInnen freuen sich selten über erreichte Teilerfolge. Es herrscht seit jeher das Gefühl vor, in einem erbitterten Rückzugsgefecht zu stecken. Wieso soll man sich freuen, wenn man eine Linie einmal für ein paar Tage gehalten hat? Jeder Öko weiß doch, dass etwa Feinstaub nur ein Medienthema ist, das von der Industrie durch technische Innovation (auf Druck der Ökos) gewonnen werden wird. Es wird deshalb keine neue, autofreie Gesellschaft anbrechen. Wir haben die Gesellschaft noch nie verändert, wir haben ihr nur gezeigt, wie sie noch länger am leben bleiben kann, ohne sich wirklich ändern zu müssen. Das ist unser größtes Problem. Und tief in uns drinnen wissen wir das alle, die wir bei Greenpeace, Friends of the Earth, dem WWF oder anderen arrivierten
2015), Jugend und Politik. Generationendialog oder Gesellschaftskonflikt? Wien: Facultas, 21-34. ... more 2015), Jugend und Politik. Generationendialog oder Gesellschaftskonflikt? Wien: Facultas, 21-34. Die häufig vorgetragene Rede von der zunehmenden Politikverdrossenheit der heutigen Jugend gleicht einer Beschwörungsformel: In ihr wird einerseits eine pauschale Kritik der älteren Generationen an "der Jugend" ritualisiert, die als selbstbezogen, individualistisch, desinteressiert, pragmatisch und hedonistisch erlebt wird, andererseits richtet sie sich oftmals als Kritik an das politische System selbst, dessen Institutionen als verkrustet und den Herausforderungen der Gegenwart nicht gewachsen erscheinen und dessen Akteur/innen als farblos, uninspiriert und ideenlos wahrgenommen werden. Die Formel erfüllt somit gleichermaßen die diskursive Funktion der moralischen Schelte wie die der systemischen Selbstbeobachtung. Politik-und gesellschaftswissenschaftlich interessant ist vor allem die zweite Funktion, denn während die moralische Verurteilung der Jugend ein über alle Zeiten hinweg stabiles intergenerationales Ritual zu sein scheint, verweist der Befund eines zunehmend unattraktiv erscheinenden institutionellen Partizipationsangebots über die moralisierende Ebene hinaus auf die Tiefenstrukturen moderner Demokratien und ihre möglichen funktionalen Pathologien. Mich interessiert in diesem Beitrag daher weniger die empirisch-deskriptive Aufarbeitung des Befunds vorgeblicher jugendlicher Politik-Abstinenz als die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit effektiver und sinnstiftender Partizipation an der politischen Gestaltung unserer Welt. Dies unterstellt freilich, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen der erlebten Möglichkeit tatsächlicher Mitbestimmung einerseits und politischem Engagement andererseits gibt. Anders ausgedrückt: Wird Partizipation bloß simuliert, wird sie zu einer leeren Formel, oder schlimmer noch, zu einem Instrument der Kooptierung kritischer Stimmen. Dann bleibt unter den inkorporierten "Stakeholdern" der schale Geschmack von vergeudeter Zeit und sinnlosem Tun zurück und das politische System wird als abgehoben und veränderungsresistent erlebt. Genau dies, so die Intuition, der ich in diesem Beitrag nachspüren will, ist das große Dilemma der meisten gegenwärtigen demokratischen Systeme: Sie müssen sich aufgrund erhöhten Legitimationsdrucks "partizipativ" geben, können echte Mitbestimmung aufgrund systemisch-funktionaler Zwänge jedoch nicht zulassen. Dass diese institutionelle Zwickmühle von den zur Partizipation Aufgerufenen (darunter die Jugendlichen) vermehrt durchschaut wird und die "Selbstwirksamkeitswahrnehmung" (Zeglovits und Schwarzer 2011: 271) der beteiligten (jungen) Bürger/innen dabei gegen Null sinkt, könnte bereits eine wichtige Ursache für die emotionale Abkopplung vieler Jugendlicher von der institutionellen Politik sein. Man könnte hier auch von einem zunehmenden Auseinanderklaffen zwischen dem voluntaristischen Anspruch (paradigmatischer Vertreter: Jean-Jacques Rousseau) und der autopoietischen Realität (paradigmatischer Vertreter: Niklas Luhmann) moderner demokratischer Systeme sprechen: Einerseits besteht das normative Ideal der Demokratie in der Entscheidungssouveränität der Bürger/innen (Rousseau 2011 [1762]), andererseits unterliegen die Entscheidungssysteme der Demokratie immer komplexeren und vielschichtigeren Sachzwängen und Regelungsmechanismen, die letztlich von der globalen Wirtschaftsdynamik und vom technologischen Fortschritt geprägt sind (Luhmann 1984). Eine tatsächliche demokratische Steuerung gesellschaftlicher Entwicklung erscheint zunehmend illusorisch. Anstelle demokratischer Institutionen wird vermehrt der Markt selbst als politischer Handlungsraum angerufen, in dem Bürger/innen den Lauf der Welt durch individuelles Handeln mitbestimmen sollen. Während somit die Partizipation an der institutionellen Demokratie zunehmend "simulativ" verläuft (Blühdorn 2013), tritt als neue Sphäre bürgerlichen Engagements die "Verbraucherdemokratie" (Lamla 2013) in Erscheinung. Im ersten Bereich wird die Teilhabe an einer technisch, wissenschaftlich und bürokratisch zunehmend ausdifferenzierten Institutionenlandschaft versprochen, die sich in der Praxis jedoch als kaum beeinflussbar und von teilweise schwer zu durchschauenden und nur schwach legitimierten Kräften gesteuert erweist; im anderen Bereich wird Partizipation zu einer ethischen Übung des Individuums umdefiniert, in der das eigene Handeln nicht als das Mitentscheiden an kollektiven Willensakten, sondern als infinitesimaler Beitrag zu einer der Marktlogik unterworfenen Gestaltung der Gesellschaftswirklichkeit erfahren wird. Beide Partizipationsformen, so meine Hypothese, tragen nicht gerade zu einer politischen Erfahrungswelt bei, in der Jugendliche einen lustvollen, bejahenden Zugang zur Demokratie, geschweige denn einen eigenen politischen Tatendrang entwickeln würden. Was diese Konstellation hingegen fördert, ist die Erfahrung, dass sich die Welt auch (und gerade) ohne das aktive Zutun des Individuums rasant verändert und sich sein Beitrag daher auf möglichst pragmatisches, punktuelles Intervenieren innerhalb der eigenen Interessenssphäre oder auf rein
Osteuropa
Das Bekenntnis zu einer nachhaltigeren Zivilisationsform wird immer nachdrücklicher. Politiker al... more Das Bekenntnis zu einer nachhaltigeren Zivilisationsform wird immer nachdrücklicher. Politiker aller Couleur opponieren geschliffen gegen den Klimawandel. Doch dem Plädoyer für Nachhaltigkeit und radikalen Wandel folgen ungenügende Taten. Indikatoren wie der "ökologische Fußabdruck", der den Verbrauch der Biokapazität der Erde durch den Menschen misst, weisen in die falsche Richtung. Die politischen Systeme in Ost und West sind bislang nicht fähig, die größte Herausforderung der Gegenwart zu bewältigen: den Übergang vom fossilen ins postfossile Zeitalter. Die Menschheit muss ihr gesamtes Reproduktionssystem und ihren Stoffwechsel neu konstruieren.
Environmental Politics, 2014
The combined challenges of climate change and resource depletion demand a rapid socio-ecological ... more The combined challenges of climate change and resource depletion demand a rapid socio-ecological transition on a global scale. However, environmental politics in liberal democracies is caught in an 'agentic deadlock' inhibiting the implementation of effective transformative measures. I offer a conceptual framework for the analysis of this agentic deadlock and its structural root-causes, building on the analytic distinction between three 'agentic operators' -decision, choice, and solution -which connects the analysis of agency with the analysis of structural constraints in liberal democracies, enabling us to better understand why agency channelled through the market or institutions of administrative rationality generates very different outcomes than agency channelled through institutions of collective decision-making. While market (choice) and administrative rationality (solution) approaches are more in line with the specific needs of liberal-democratic regime stabilisation, decision-centred approaches have greater transformative potential. The powerful but potentially disruptive agentic operator 'decision' is systematically underemployed due to the system's prioritisation of internal integrity, while the operators 'choice' and 'solution' are overburdened with transformative tasks they are ill-equipped to fulfil. This imbalance must be corrected if the transition towards sustainability is to be successful.
Environmental Politics, 2007
This paper analyses the role of innovation and innovation policy in a purposive socioecological t... more This paper analyses the role of innovation and innovation policy in a purposive socioecological transition of the European Union. More precisely, we ask which kinds of innovation will be required to achieve the aim of a sustainability transition and which kinds of innovation, conversely, will fail to deliver the desired outcomes. While it seems obvious that any such transition will inevitably have to involve a variety of technological, social and systemic innovations, much of the relevant literature exhibits a somewhat uncritical trust in the powers of innovation that needs to be qualified and critically reassessed. The paper analyses three dominant strands of literature, namely the multi-level perspective on socio-technical transitions (MLP), the innovation systems approach (IS) and the long-wave theory of techno-economic paradigm shifts (LWT). All three are epistemologically rooted in evolutionary economics, which provides them with an understanding of social change that is diffic...
Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for ... more Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for humanity to stay within planetary boundaries and ensure socially just and sustainable development. The challenges that this involves are increasingly discussed in terms of socio-ecological and sustainable transformation. The term "transformation" is an appropriate one because it points to the complex financial, economic, social, political, resource and climate dimensions of the crisis.
World Social Science Report 2013, 2013
Work package 204 will generate biophysical scenarios for resource constraints to the supply side ... more Work package 204 will generate biophysical scenarios for resource constraints to the supply side of economic activity in Europe. Scenarios will be both oriented at natural constraints (resource scarcity) and at politically targeted constraints (European climate policies, resource use reduction goals, UNEP global contraction and convergence scenarios) and thus establish material boundaries to serve as input to the macroeconomic models developed in work package 205 and to constitute the biophysical frame for the analyses of other work packages. A particular challenge for this work package is the strong empirical interlinkage between the use of various resources (energy-materials, biomass use -land use -water use, energy -metals etc.). It does not make sense to formulate constraints independently from one another. These interlinkages may then in turn be a challenge for the economic models. There will be an internal workshop to clarify the needs and potentials of the respective economic models in terms of the specification of constraints.
Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for ... more Access the complete publication at: http://dx.Robust political and social action is required for humanity to stay within planetary boundaries and ensure socially just and sustainable development. The challenges that this involves are increasingly discussed in terms of socio-ecological and sustainable transformation. The term "transformation" is an appropriate one because it points to the complex financial, economic, social, political, resource and climate dimensions of the crisis.