Probleme im Diskurs lösen: Der Zusammenhang von Argumentationskompetenz, Problemlösefähigkeit und Sozialkompetenz (original) (raw)

Argumentative Kompetenzen

2020

B io lo g ie h a u t n a h e r le b e n ! GYMNASIUM HELVETICUM 2/2020 (Version française de ce texte sur : https://bit.ly/2FYzUdk) 3 d FMS-ECG HELVETICA Version française des articles marqués avec un «d» accessible sur : https://www.vsg-sspes.ch/fr/ publikationen/gymnasium-helveticum/ articles-digitales/ 2 / 2020 DE Titelbild: Corona-Krise-Interviews für die Maturaarbeit per Skype (Bild: Gisela Meyer) Photo de couverture : Pandémie-interviews Skype pour le travail de maturité

Topik bei argumentierenden Kindern? – Empirische Tragfähigkeit eines rhetorischen Konzepts

Studia Linguistica, 2017

Topik bei argumentierenden Kindern?-Empirische Tragfähigkeit eines rhetorischen Konzepts 1. Einleitung "Das Boot ist alt, deshalb passt nur eine Person rein, da es sonst untergeht". Diese Begründung eines Handlungsappells zum Verlassen des Bootes arbeitet mit kausalen Topoi aus der Konsequenz, konkret im Modus tollens, und nutzt somit plausible Schlussschemata, wie sie in der traditionellen Rhetorik beschrieben wurden. Dass die Äußerung von einem Kindergartenkind stammt, mag vielleicht zunächst überraschen, stellt aber gleichwohl keinen Einzelfall dar. Die vorliegende Studie 1 folgt deshalb dem Ansatz, Argumentationen von Kindergartenkindern auf topischer Basis als komplexe Form der Persuasion zu analysieren. Persuasion als Verfahren des Überzeugens gegen einen möglichen Widerstand kann in verschiedenster Weise sprachlich und nicht-sprachlich realisiert werden. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich einerseits mit dem Argumentieren auf eine etablierte rhetorische Praktik. Andererseits werden mit Peer-Gesprächen von Kindergartenkindern und der Toposanalyse Daten und die Analysekonzepte auf innovative Art miteinander verknüpft, die bisher entweder primär in gesprächsoder in argumentationsanalytischen Studien bearbeitet wurden. Innerhalb der mündlichen Rhetorik hat die Topik nur vereinzelt Anwendung gefunden (Schwarze 2010) und wurde bisher dominant auf medial schriftliche Argumentationen bezogen (Kienpointner 1992). Daraus ergibt sich die Frage, ob das klassische rhetorische Konzept der Topik für argumentative Gesprächsdaten u.U. 1 Die vorliegende Studie stellt ausschnitthaft Ergebnisse aus dem laufenden Forschungsprojekt der Autorin zum Thema "Argumentationserwerb von Kindergartenkindern in Peer-Interaktionen" dar. Ich danke den HerausgeberInnen des Heftes-insbesondere Cordula Schwarze-für zahlreiche konstruktive Hinweise zu einer ersten Version des Beitrags, die maßgeblich zur Verbesserung beigetragen haben.

Deutungshoheit. Wie Wirtschaftsexperten Diskursmacht herstellen

Wenn sich bestimmte soziale Gruppen gegenüber anderen sozialen Gruppen mit ihrer Interpretation von politischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder ande- ren Ereignissen systematisch durchsetzen, dann basiert diese Diskursmacht auf Deutungshoheit. Ärzte haben diese Deutungshoheit beispielsweise in Bezug auf „Krankheiten“. Dabei stützen sie sich auf ihre Profession als Quelle von Macht und Wissen. Ähnliche Phänomene können auch in anderen Feldern beobachtet werden, etwa wenn Wirtschaftsexperten2 in Medien, Politik und Unternehmen für ihre Problemdefinitionen und Lösungsvorschläge werben. Wie entsteht im öko- nomischen, politischen oder medialen Diskurs Deutungshoheit? Warum gelangen bestimmte soziale Gruppen in eine exklusive Sprecherposition und generieren hohe Aufmerksamkeit für ihre Ideen, Thesen und Problemdefinitionen, wohingegen andere Gruppen tendenziell untergeordnet oder ausgeschlossen werden? Welche Rolle spielen für die Entstehung von Deutungshoheit im Diskurs spirituelle, wel- tanschauliche und professionelle Quellen wie Religion, Ideologie und Wissenschaft, auf die sich Akteure mit Diskursmacht in der Regel stützen?

Familiale Ressourcen für den Erwerb von Argumentationskompetenz

Diskurserwerb in Familie, Peergroup und Unterricht, 2020

Das vorliegende Kapitel betrachtet die Entwicklung der Argumentationskompetenz als einer Schlüsselkompetenz für Lernerfolg im Verlauf der Sekundarstufe I. Die Fragen nach der Abhängigkeit dieser komplexen sprachlichen Fähigkeit von der sozialen Herkunft sowie die nach den Wirkmechanismen dieser Abhängigkeit stehen dabei im Mittelpunkt. Auf der Grundlage einer breit angelegten quantitativen Längsschnittstudie unter Beteiligung von ca. 1400 Schülerinnen und Schülern und deren Eltern konnten unter Nutzung z. T. eigens entwickelter Instrumente Erkenntnisse generiert werden, die wesentlich zum Abbau sozial bedingter Bildungsbenachteiligung beitragen dürften. So konnte die Relevanz von Argumentationskompetenz für schulische Leistungen nachgewiesen und bestätigt werden, dass sich Argumentationskompetenz und ihre Teilkomponenten von der 6. zur 9. Klasse weiterentwickeln. V. a. konnte gezeigt werden, dass für die (Weiter-)Entwicklung argumentativer Kompetenzen Bedingungen in der Familie relevant sind, die auf eher nicht intentional bereitgestellte informelle Lerngelegenheiten in der Eltern-Kind-Interaktion abheben.

und was MACHen wir da jetzt um das problem zu LÖsen? || Argumentation im Kindergarten und ihre Förderung in einem Gesprächskreisprojekt einer Kindertagestätte

Gesprächsforschung - Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion, 2020

Im Beitrag werden Problemlösestrategien von Vorschulkindern (fünf bis sieben Jahre) in regelmäßigen, freiwilligen Gesprächskreisen einer Kindertagesstätte un-tersucht. In der Analyse werden über mehrere Gesprächskreise hinweg die Thema-tisierung, die Bearbeitung und der Abschluss eines Problems aus dem Kita-Alltag verfolgt. Im Mittelpunkt stehen die Formen und Funktionen argumentativer Se-quenzen in diesen Problemlöseverfahren und besonders die Topoi, die die Kinder nutzen. Zur Fundierung der Analyse wird der zugrunde liegende Argumentationsbegriff erläutert, außerdem wird auf den Forschungsstand zur Argumentation von Kindern eingegangen, mit einem Schwerpunkt auf Arbeiten, die Argumentation in koopera-tiven Situationen untersuchen. Es zeigt sich, dass Gesprächskreise die Themen der kindlichen Lebenswelt und von Kindern initiierte Themen bearbeiten und einen Rahmen bieten, argumentative Fähigkeiten in Bezug auf exploratives Argumentieren zu beobachten und zu entwi-ckeln.

Probleme lösen am "Runden Tisch": Pädagogischer Diskurs und die Praxis von "Just Community"-Schulen

1996

Ein unvermeidlicher Bestandteil des LehrerInnenberufs ist die Konfrontation mit interpersonalen Konflikten. Solche Konflikte mussen auf irgend eine Weise gelost werden, Regeln des zwischenmenschlichen Umgangs mussen gefunden werden. Wie dies geschieht, hat deshalb moralische Implikationen, weil Anspruche auf gerechte und fursorgliche Behandlung und auf Wahrhaftigkeit zur Debatte stehen. Der folgende Beitrag skizziert ein Modell der Professionsmoralitat, des Berufsethos von Lehrerinnen und Lehrern. Das Hauptmerkmal dieses Modells ist sein Prozesscharakter. Eine gute, verantwortungsvolle Konfliktlosung, so wird behauptet, muss sich diskursiv vollziehen, sozusagen am ''Runden Tisch" erfolgen. Im zweiten Teil wird mit der Konzeption der sog. "Just Community" ein Modell partizipatorischer Einbeziehung von Schulerinnen und Schulern in Entscheidungsprozesse und in die Gestaltung des Schullebens vorgestellt, das die Idee des ''Runden Tisches" in Richtung ...

(2015): Dissensbearbeitung unter Gleichaltrigen – (k)ein Kontext für den Erwerb argumentativer Gesprächsfähigkeiten? In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 62 (1), S. 34–46.

Der Beitrag geht der Frage nach, ob sich in den Peer-Interaktionen von 10- bis 12-Jährigen interaktive Strukturen rekonstrurieren lassen, die argumentativer Natur sind, und inwiefern diese möglicherweise förderlich sein können für den Argumentationserwerb. Anhand authentischer Gesprächsdaten von Präadoleszenten wird mit gesprächsanalytischen Methoden gezeigt, dass Dissensaufrechterhaltung sowie scherzhaft modalisierte Begründungen und Belege für Gesprächsaktivitäten (wie Frotzeln, Dissen, Erzählen) in präadoleszenten Peergroups typisch sind und ernsthaft modalisierte, ausgebaute Begründungen gerade nicht erwartbar sind. Während schulisch-normative Begründungsverfahren also nicht realisiert werden, bieten Peer-Interaktionen nichstdestotrotz einen Kontext für Erprobung und Erwerb scherzhafter und auf Identitätsaushandlung angelegter Dissensbearbeitungsverfahren, die für außerschulische wie berufliche Zusammenhänge nützlich sein können.

Deutungshoheit. Wie Wirtschaftsexperten Diskursmacht herstellen (Kurzfassung)

Wenn sich bestimmte soziale Gruppen gegenüber anderen sozialen Gruppen mit ihrer Interpretation von politischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder anderen Ereignissen systematisch durchsetzen, dann basiert diese Diskursmacht auf Deutungshoheit. Ärzte haben diese Deutungshoheit beispiels- weise in Bezug auf „Krankheiten“. Dabei stützen sie sich auf ihre Profession als Quelle von Macht und Wissen. Ähnliche Phänomene können auch in anderen Feldern beobachtet werden, etwa wenn Wirt- schaftsexperten2 in Medien, Politik und Unternehmen für ihre Problemdefinitionen und Lösungsvor- schläge werben. Wie entsteht im ökonomischen, politischen oder medialen Diskurs Deutungshoheit? Der vorliegende Beitrag will am Beispiel von Wirtschaftsexperten zeigen, wie Deutungshoheit durch die Verbindung von Diskurs und Macht hergestellt wird. Deutungshoheit basiert demnach auf diskur- siven Sprecherpositionen, die durch Praktiken der Ausschließung und Inthronisierung hergestellt werden.