Das Meer des Übermenschen. Zarathustras Lehre im Fluss der Metaphern (original) (raw)

Der See des Menschen, das Meer des Übermenschen und der Brunnen des Geistes. Fluss und Fassung einer Metapher Friedrich Nietzsches

Nietzsche-Studien, 2010

Kraft zur Entsagung handelnden Aphorismus Nr. 285 des IV. Buchs führt Nietzsche die Metapher vom See des Menschen ein, der einen Damm der Entsagung aufwirft, um nicht mehr in einen Gott auszufließen. In Za bringt er die Metaphorik des Sees in Fluss. Der scheinbar noch unmetaphorische See der Heimat Zarathustras schwillt zur Metapher des Stromes an und fließt in die Metapher des Meeres aus. Im Fluss dieser Metaphern spielt Nietzsche das Thema des Übermenschen durch: es könnte aus eben diesen Metaphern zu verstehen sein. Im Aphorismus Nr. 378 des V. Buchs der FW fasst Nietzsche die Übermensch-Metapher in die eines Brunnens der "Freigebigen und Reichen des Geistes". Der Begriff "Geist" ersetzt in der Prosa des Aphorismus die dichterische Metapher des Übermenschen-und wird dabei selbst zur Metapher.

Über die Salzflut gleiten. Zum Begriff des "Halkyonischen" bei Nietzsche

Eine genaue Entschlüsselung der auf den ersten Blick sehr rätselhaften Rede vom „Halkyonischen“ beim späten Nietzsche eröffnet nicht nur einen neuen Zugang zu seinem Werk, sondern auch zu der kulturkritischen, gegenwärtigen Relevanz von Nietzsches Denken: Der Appell an eine „halkyonische“ Lebensform zielt nicht auf eine erhabene Versöhnung mit dem Bestehenden in einsamen Bergen, mit der Nietzsche oft assoziiert wird; vielmehr verweist sie auf eine Utopie gelungener Zwischenmenschlichkeit, die einer Verwirklichung nach wie vor harrt. Der späte Nietzsche ist unser Zeitgenosse, seine Aporie die unsere. Aus: Narthex. Heft für kritisches Denken. Vol. 2. Frankfurt a. M. 2016.

Zu den ökologischen Metaphern bei Paulus

2005

Damit will er sein Selbstverständnis als Apostel umschreiben und seine A utorität hervorheben2. In H insicht auf den Auftrag, den Paulus vom A uferstandenen C h ristu s em pfangen hat, schreibt er direkt, dass er άφωρισμένος εις εύαγγέλιον θεού-"ausgesondert fü r das Evangelium Gottes" ist (vgl. Gal 1,15). Das Part. Perf. Pass, άφωρισμένος weist auf das Tun und Handeln Gottes hin (vgl. das aktivische ό άφορίσας in Gal 1,15). Indem Paulus hier von seiner "Aussonderung" spricht, unterstreicht er, dass seine Berufung-wie die der Propheten-als göttliche Erwählung zu verstehen ist3. Das Ziel seiner "Aussonderung" wird genauer m it εις εύαγγέλιον θεού angegeben. Die "A u ssonderung von G ott ist also zu n äch st Z u o rd n u n g zum Evangelium. Z u o rd n u n g zum Evangelium h e iß t aber Z u o rd n u n g zu G ott. Die in der A ussonderung hegende A bsonderung von »M enschen, V erhältnissen und Tätigkeiten«... ist gleichzeitig auch eine Zuordnung zu ihnen. Daß dieser Auftrag ein Paulus zugesprochenes W ort ist..., bestim m t auch sein Verhältnis zu Rom: seine Würde ist die des Evangeliums"4. Die "Aussonderung" ist also bezogen auf 1 Ausführlich dazu A.J. Najda, Der Apostel als Prophet. Z ur prophetischen Dim ension des p au linischen Apostolats (EHS XXIII/784),

Das hundertköpfige Hunds-Ungetüm, das ich liebe Friedrich Nietzsche und das Meer

2002

von Genua aus ins thüringische Naumburg und verkündet wenig später, daß er überhaupt nur noch am Meere leben könne. Damit scheinen alle Hoffnungen von Mutter und Schwester, daß er sich als pensionierter Philologe in Reichweite befestigen ließe, vorerst zerschlagen. Bereits ein Jahr zuvor, im Mai 1879, hatte Nietzsche seinen Basler Professorenkittel an den Nagel gehängt und vagabundierte seitdem als "fugitivus errans" (= umherirrender Flüchtling) zwischen Engadin und Riviera. Wenn nicht am Meer, so hält sich Nietzsche in den nächsten zehn Jahren fast ausschließlich am Wasser auf, pendelte zwischen Sils-Maria, Genua, Sorrent, Rapallo, Venedig, Portofino, Nizza und Nepael, immer auf der Flucht vor Kopf-und Augenschmerzen, ehe er Turin zu seiner Residenzstadt erklärt. Wäre das Meer nur ein biografisches Aperçu, nur eine bloße Vorliebe für die Küstenregionen und deren heilsames Klima-Nietzsche hätte sich dieser Eigenwahmehmung als erster bemächtigt. Kein Philosoph weist einen höheren Verschleiß an nautischen und maritimen Metaphern auf, deren semantische Bezüge derart vielfältig, widersprüchlich und kontingent scheinen, als hätten sie selbst den Aggregatzustand des Meeres angenommen. In seinen Meeresbildern kann man auf Entdeckung fahren, sich treiben lassen oder untergehen. Denn wo immer sich Nietzsche auf dem Gebiete des Geistes gerne als Seefahrer und Columbus figuriert, bleibt er mit einem Bein an Land, ein "unfreiwilliges Landthier", ein Strandläufer und Meergucker, der seine Füße von der anbrausenden Gischt umspülen lässt oder wie die Eidechse in der Sonne auf einem Felsen ruht und in Gedanken auf Abenteuer ausfáhrt. Mit dem anderen Bein aber driftet er ab, kommt im wahrsten Sinne des Wortes vom Kurs ab. Versuche, Nietzsches Meeresmetaphern einzukreisen und ihnen eine eindeutige, stabile Bedeutung im Gesamtwerk zuzuweisen, müssen notwendigerweise scheitern und fuhren einmal mehr das Fortgetragenwerden von der Sprache, die man zu steuern glaubt, vor: "Für einen Menschen, den meine Denkweise rund und ganz gemacht hat, ,ist Alles im Meere', ist das Meer überall: aber das Meer selber hat an Tiefe verloren.-Doch ich war auf dem Wege zu einem ganz andren Gleichnisse und habe mich nur verlaufen! Ich wollte sagen: ich bin